Famillienheimfahrten in die Slowakei
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LKP Steuerberatung OG, Otto Sagmeister-Gasse 3, 2700 Wiener Neustadt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte die Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 ein und machte Kosten für Familienheimfahrten iHv € 2.754,00 geltend.
Das Finanzamt erließ den beschwerdegegenständlichen Arbeitnehmerveranlagungsbescheid 2019 und gelangte der Pauschbetrag für Werbungskosten (iHv € 132,00) in Ansatz.
Das mit folgender Begründung:
Fahrtkosten, die sich aus der Beibehaltung des Wohnsitzes in einem außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Ort ergeben, gehören zu den nichtabzugsfähigen Lebenshaltungskosten, wenn die Wahl des Wohnsitzes durch persönliche Gründe bedingt ist.
Da Sie seit 2017 laufend in Wien beschäftigt sind, erscheint die Verlegung Ihres Familienwohnsitzes in die Nähe Ihres Beschäftigungsortes innerhalb dieses Zeitraumes zumutbar.
Die Beschwerde wurde erhoben wie folgt:
Ja haben Sie recht ich arbeite in Österreich, aber nach Österreich zu kommen Wohnen oder wie sagen Sie dass Familienwohnsitz in Nähe zu haben ist leider unmöglich weil wir haben eigene Haus in Slowakei, meine Frau sie kenne keine deutsch, und natürlich eines Einkommen für Österreich ist zu schwer für 2 Personen, in Slowakei wir haben eigene Haus, Garten und Animal um welche brauchen wir aufpassen, das macht meine Frau. Ich arbeite nur hier und sonst ich fahre jedes Wochenende nach Hause. Also anbei finden sie noch Bestätigung von meine Frau E9 und das Grundbuchauszug des Haus. Bitte um neue Berechnung des meine AVN 2019.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung:
Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ist beispielsweise in folgenden Fällen unzumutbar:
- bei ständig wechselnder Arbeitsstätte
- wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist
- bei Unzumutbarkeit der (Mit)Übersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen (die am Familienwohnsitz wohnen)
- solange aufgrund fremdenrechtlicher Bestimmungen ein Familiennachzug nicht möglich ist
- wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.
Laut den von Ihnen vorgelegten Unterlagen hat die Gattin kein Einkommen, es gibt keine Landwirtschaft, welche zur Selbstversorgung bewirtschaftet wird und weiters sind keine minderjährigen Kinder vorhanden. Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in der Slowakei erfolgt daher aus privaten Gründen. Die Kosten für die Familienheimfahrten stellen daher keine Werbungskosten dar und konnten nicht berücksichtigt werden, die Beschwerde war daher abzuweisen.
Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Ich habe Beschwerde gegen Bescheid beantragt weil war keine Familienheimfahrten bezahlt. Umzug nach Österreich ist nicht möglich weil, meine Frau hat Krebs, deswegen sie ist nur Zuhause, nur ich arbeite. Hier aber leider Gottes ich habe schon auch Krebs, ich bin auch schon seit voriges Jahr August 2019 in Krankenstand. Falls Sie brauchen Untersuchungen von Doktor über Krebs kann ich gerne nachreichen.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) hat in der Arbeitnehmerveranlagungserklärung Kosten für Familienheimfahrten als Werbungskosten geltend gemacht, die im Einkommensteuerbescheid mit der Begründung, dass die Beibehaltung des Wohnsitzes in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort - nach Ablauf einer angemessenen Frist zur Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Dienstortes - privat veranlasst ist und die Kosten der Heimfahrten somit nicht abzugsfähig sind. In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führt der Bf. unter anderem aus, dass der Familienwohnsitz in seinem Eigentum steht und er auch über einen Garten verfügt. Des Weiteren wird angeführt, dass ein Mangel an Deutschkenntnissen seiner Gattin, sowie eine Krebserkrankung seiner Gattin, sowie ein eigenes Krebsleiden die Übersiedlung unzumutbar erscheinen lassen. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wird ausgeführt, dass die angegebenen Gründe keine Unzumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes darstellen, die zur Abzugsfähigkeit der Kosten für die Heimfahrten führen. Der Vorlageantrag wurde fristgerecht eingebracht.
Beweismittel:
siehe eingescannte Aktenteile
Stellungnahme:
Nach der Aktenlage bezieht die Gattin des Bf. in der SK keine Einkünfte. Nach der Familienbeihilfendatenbank sind keine betreuungsbedürftigen Kinder vorhanden und nach dem Grundbuchsauszug liegt auch eine Landwirtschaft nicht vor. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes wäre nach dem Bf. darin gelegen gewesen, dass die Gattin nicht Deutsch spräche und (so, wie der Bf. selbst) krank wäre. Das Finanzamt beantragt unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen die Abweisung der Beschwerde, da die vom Bf. genannten Gründe für die Zuerkennung von Werbungskosten für Familienheimfahrten keine dauerhafte Unzumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes darstellen und die Frist, während der die Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes (von etwa 2 Jahren) zumutbar gewesen wäre, bereits abgelaufen war.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Nach Einbringung der Beschwerde führte das Finanzamt mit dem an den Bf. gerichteten Schreiben folgende Ermittlungen durch:
Im Zuge der Beschwerde geben Sie bekannt, dass Sie das Formular E 9 für Ihre Gattin vorlegen sowie einen Grundbuchauszug. Bitte geben Sie bekannt, seit wann Ihre Gattin in der Slowakei beschäftigt ist.
Weiters bitte um Bekanntgabe mit welchem Verkehrsmittel die Familienheimfahrten durchgeführt wurden. Sollten Sie die Heimfahrten mit dem eigenen PKW gemacht haben, bitte um Vorlage einer Kopie des Zulassungsscheines sowie um Vorlage des Fahrtenbuches bzw. über eine Aufstellung der Heimfahrten aus der die Entfernung Wohnort und Familienwohnsitz ersichtlich ist.
Die Beantwortung durch den Bf. ergab Folgendes:
Anbei finden Sie gewünschte Dokumenten, Fahrtenbuch leider habe ich mir nicht geschrieben, ich wusste nicht über das. werde ich versuchen nächtesmal. Meine Frau arbeitet nicht sie ist nur zu hause weil sie Krebs Krankenheit hat und das wegen sie ist nur zu hause, wir leben in Dorf, wir haben Tiere zu hause über welche sie aufpasst, in der Woche ich bin in Wien und jedes Wochenende ich fahre nach Hause. Ab voriges Jahr leider Gottes mir hat auch Krebs erfundet [befundet], zur Zeit ich besuche Terapien und so hoffentlich wird alles wider gut. Ja hoffentlich angegebene Dokumenten und Beantwortung würd ok für Sie.
Die vorgelegte Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union E9 weist betreffend die Ehegattin des Bf. Einkünfte, die im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegen, iHv € 0,00 aus.
Der vorgelegte Grundbuchsauszug weist einen Grundbesitz des Bf. und seiner Ehegattin im Ausmaß (,Vymera') von 707 m² (nahe einer Stadt im Norden der Slowakei mit rd. 40.000 Einwohnern) aus.
Gemäß dem vorgelegten Zulassungsschein ist der Bf. (seit August 2016) im Besitz eines Kfz VW Golf Baujahr 2004.
Der Bf. wurde im Dezember 1962 geboren, war somit am Ende des Beschwerdezeitraumes 57 Jahre alt.
In den Jahren 2003 bis 2009 war der Bf. im Inland selbständig tätig, er erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Ab dem Jahr 2010 war der Bf. im Inland nichtselbständig tätig.
Ab November 2015 war er wie folgt nichtselbständig beschäftigt:
0911-3112 2015 D. KG
0101-3112 2016 D. KG
0101-2909 2017 D. KG
2011-3112 2017 P GES.M.B.H.
0210-0911 2017 A
0101-3112 2018 P GES.M.B.H.
0101-3009 2019 P GES.M.B.H.
Diese Feststellungen beruhen auf den Abgabeninformationssystemabfragen.
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e leg. cit. dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 (z.B. ).
In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof erkannt, dass die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen.
Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache insbesondere in der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehepartners haben (vgl. für viele ). Diese Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. ). Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus den Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. , mwN).
Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (, mit Verweis auf die Erkenntnisse vom , 95/14/0124 und vom , 2005/14/0039).
Werbungskosten sind wie Betriebsausgaben grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde nach Art und Umfang nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. ).
Es können nur tatsächlich angefallene Kosten anerkannt werden, daher ist ein Nachweis der tatsächlichen Kosten erforderlich.
Eigenes Haus in Slowakei:
Im Erkenntnis vom , RV/7104910/2017, erwog das Bundesfinanzgericht
Behält der Steuerpflichtige den bisherigen Familienwohnsitz deswegen bei, weil er dort ein Eigenheim errichtet hat, so sind die Aufwendungen für Familienheimfahrten privat veranlasst und nicht abzugsfähig (Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, vgl. ).
Mangelnde Deutschkenntnisse der Ehegattin des Bf.:
Im Erkenntnis vom , RV/7103420/2016, erwog das Bundesfinanzgericht
(betreffend das Bf.-Vorbringen, wonach es der Gattin aufgrund sprachlicher Barrieren im Beruf sowie einer Ungleichstellung der erlangten ausländischen elektrotechnischen Berufsausbildung mit einer entsprechenden Referenzqualifikation in Österreich aus beruflichen Gründen nicht möglich bzw. nicht zumutbar war, den Wohnsitz nach Wien zu verlegen):
Fehlende DEUTSCH-Kenntnisse stellen aufgrund der Erlernbarkeit von Fremdsprachen z.B. in Sprachschulen keine dauerhafte und gravierende, sondern nur eine vorübergehende Beeinträchtigung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilhabe dar, folglich dessen das Versäumnis der Gattin, sich das zum Sprechen der deutschen Sprache erforderliche Wissen und Können zu verschaffen, für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in A-Stadt aus persönlicher Vorliebe spricht.
Gleiches trifft auf die Ehegattin des Bf. zu.
Erkrankung der Ehegattin und des Bf.:
Im Vorlageantrag wurde erstmalig vorgebracht, ein Umzug nach Österreich sei nicht möglich, weil seine Frau Krebs hat; ebenfalls wurde erstmalig vorgebracht, dass auch er, der Bf. Krebs hat. Die Nachreichung von Unterlagen hinsichtlich der Untersuchungen wurde angeboten.
Da nicht einmal auf der Behauptungsebene argumentiert wurde, im Inland, in Wien, sei ein gegenüber dem slowakischen schlechteres medizinisches (Krebs)Versorgungsangebot gegeben, wurde ein objektiver, nachvollziehbarer - mit der angegebenen Erkrankung in Verbindung stehender - Grund für den Verbleib der Ehegattin des Bf. in der Slowakei nicht genannt.
Nachweis der geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten:
Auf Grund der obigen Ausführungen ist nur der Vollständigkeit halber festzuhalten:
Betreffend Fahrtkosten, welchen laut dem Vorbringen des Bf. Fahrten mit dem eigenen Kfz zugrunde liegen, ist die Nachweisführung (anders als bspw. hinsichtlich Telefonaten mit öffentlichen Telefonapparaten) etwa mittels Vorlage der Tankbelege, Service- und Reparaturrechnungen und Fahrzeugbegutachtungen möglich, was keiner weiteren Ausführungen bedarf.
Mangels Vorlage jedweder Unterlagen, vom Zulassungsschein abgesehen, blieb im Dunkeln, a) mit welchem Verkehrsmittel der Bf. die Strecken und b) wie oft er diese Strecken
tatsächlich zurückgelegt hatte.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103572.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at