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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2020, RV/7100750/2020

Differenzzahlung bei Anspruch auf ausländische gleichartige Beihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Viktoria Blaser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Kinder ***2*** ***9***, geb. ***3***, für Okt. 2017 - Jän. 2019 und ***2*** ***4***, geb. ***5***, für Okt. 2016 -Dez. 2016, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) ***2*** ist polnischer Staatsbürger und arbeitet in Österreich. Seine Familie lebt in Polen.

Im Zuge des Verfahrens zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe bzw. Kinderabsetzbetrag im Mai 2019 stellte das Finanzamt fest, dass in Polen für den Zeitraum Oktober 2017 bis Jänner 2019 für das Kind ***9*** Familienleistungen zugestanden haben, aber auf Grund der verspäteten Antragstellung die polnische Familienbeihilfe erst ab tatsächlich gewährt wurde.

Für das Kind ***2*** ***8*** wurde die polnische Familienbeihilfe für den Zeitraum Okt. 2016 bis Dez. 2016 gewährt.

Diese Leistungen bzw. der Anspruch fanden bei der Zuerkennung der FB (KG) im Zeitraum Okt. 2017 bis Jän. 2019 und Okt. 2016 bis Dez. 2016 keine Berücksichtigung, sodass die Finanzbehörde die bereits ausbezahlte FB (KG) vom Bf. mit dem Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom , Rückforderungsbetrag iHv € 3.309,95 davon FB € 2.229,26, KG € 1.080,00 rückforderte.

Begründend führte das Finanzamt aus:

"Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung, regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen.

Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Unterschiedsbetrages (Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).

Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist, kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigen.

Da Ihre Gattin in Polen seit unselbständig erwerbstätig

ist, ist ab Oktober 2017 Polen vorrangig für die Zahlung der Familienbeihilfe

zuständig.

Der gesamte Rückforderungsbetrag wird mit der Ihnen zustehenden

Ausgleichs/Differenzzahlung gegenverrechnet."

Der Bf. brachte gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht am Beschwerde ein und führte begründend aus, dass seine Gattin alle notwendigen Anträge in Polen gestellt habe, dass sie in Polen keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hätten und einen Anspruch auf die Kindergeld 500+ nur für den Sohn ***6***.

Auf Grund eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes reichte der Bf. eine Bescheinigung nach, dass die Gattin von 10/2016 bis 12/2016 für den Sohn ***8*** ***2***, geb. ***5***, und ab 5/2018 für den Sohn ***6***, geb. ***3***, Kindergeld 500+ bezogen habe.

Weiters legte der Bf. eine Bestätigung vor, dass Frau ***7*** ***2*** ab bei der Finanzverwaltungskammer als Archivarin beschäftigt sei.

Die Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte nach Zitierung der gesetzlichen Grundlagen (Art. 68 der EU-Verordnung 883/2004 -Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen) begründend aus, dass im gegenständlichen Fall ein mitgliedsstaatenübergreifender Sachverhalt vorliege, da der Bf. als Unionsbürger in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachgehe, während er und seine Familie in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Die Kindesmutter sei ab 10/2017 in Polen erwerbstätig.
Weiters führte das Finanzamt begründend aus:

"Es kommen daher die Bestimmungen Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 zur Anwendung, wobei auf Grund des Wohnortes des Kindes grundsätzlich Polen zur Erbringung von

Familienleistungen zuständig ist. Österreich ist hingegen nach Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004

zur Leistung einer Differenzzahlung verpflichtet.

Seit werden in Polen für jedes zweite und weitere Kind 500 PLN unabhängig vom

Familieneinkommen gewährt; auch für das erste Kind oder Einzelkinder würden 500 PLN

an Familienleistungen gewährt - allerdings darf in diesem Fall das Einkommen der Familie

den Betrag von 800 PLN netto pro Person nicht übersteigen. Bei Familien mit einem

behinderten Kind liegt die Einkommensschwelle bei 1.200 PLN netto pro Person. Diese

Familienleistung wird zusätzlich zum bereits bestehenden "klassischen" Kindergeld in

Polen gewährt - sie ist jedoch gesondert zu beantragen.

§ 4 Abs. 2 FLAG 1967 iVm § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sieht eine Ausgleichszahlung im Falle

eines Anspruchs auf eine ausländische Beihilfe in der Differenz zwischen der

österreichischen Familienbeihilfe und einer ausländischen vergleichbaren Beihilfe vor,

wenn auf diese ausländische Beihilfe ein Anspruch besteht. Nach österreichischem Recht

kommt es daher darauf an, ob ein Anspruch auf eine polnische Familienleistung bestanden

hat - unabhängig davon, ob diese auch beantragt wurde.

Im Bescheid vom wird eine +500-Leistung für ***8*** für 4-8/16 und 10-12/16

bestätigt. Für ***6*** haben Sie 5-9/18 die +500-Leistung erhalten. Da die Gattin ab

10/17 beschäftigt ist, besteht ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf die +500 Leistung. Es

wurden Ihnen ha. ab 10/17 +500 PLN für ***6*** abgezogen.

Wenn Sie den Antrag schon im April 2016 eingereicht hätten, wäre es ab April 2016 zu

einer Auszahlung der "+500-Leistung"gekommen. Eine Fristversäumnis zur

Antragseinbringung in Polen ändert nicht die Sachlage bezüglich der Auszahlung in

Österreich. Der Rückforderungsbescheid mit einem Abzug von einmalig +500 (mtl.) erging

daher zu Recht.

Ihre Beschwerde war daher abzuweisen"

Der Bf. stellte den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und führte ergänzend aus:

"Mir wird vorgeworfen, dass ich polnischer Staatsbürger sei, meine Gattin in Polen arbeitet daher habe ich nur Anspruch auf eine Differenzzahlung was auch stimmt. Ich habe in Österreich von Oktober 2017 - Jänner 2019 insgesamt € 5.774,09 für meine beiden Kinder erhalten. Für die strittige Zeit in Polen habe ich nur die 500+ Familienleistung von Mai 2018 - Jänner 2019 erhalten, weil ich den Antrag erst am Mai 2018 nach falscher Information in Polen gestellt habe. Das ist lediglich eine Information für Sie. Für die strittige Zeit sollte ich 16 x € 116,- erhalten, was insgesamt € 1.856,- ausmacht.
Ich habe € 5.774,09 erhalten (Im Anhang liegt eine Auflistung bei), in Polen habe ich € 1.856 (Im Anhang liegt eine Auflistung bei).

Also laut Gesetz wenn beide Elternteile in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten arbeiten, ist

jeder Staat voranging für die Familienleistungen zuständig in denen das Kind lebt.

In diesem Fall muss jener Staat, der die höheren Familienleistungen vorsieht eine Differenzzahlung auf seinem Leistungsniveau aufzahlen.

Ich habe in Polen € 1.856,- erhalten, in diesem Fall muss das österreichische Finanzamt die Differenzleistung erbringen (€ 3.918,09).

In meinem Fall leben die Kinder in Polen, die erhaltene Familienbeihilfe in Polen beträgt € 1.856,- und diesen Betrag sollte ich dem Finanzamt in Österreich rückerstatten und nicht die € 3.309,05 wie im Bescheid vom angegeben ist."

Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf., ein polnischer Staatsbürger, arbeitet in Österreich. Seine Familie lebt in Polen.

Seit Oktober 2017 geht die Ehegattin des Bf. in Polen einer Erwerbstätigkeit nach.
Für das Kind ***9*** standen im Zeitraum Oktober 2017 bis Jänner 2019 polnische Familienleistungen in Höhe von 500 PLN/mtl. zu.
Aufgrund einer verspäteten Antragstellung wurden Familienleistungen 500+ aber erst ab tatsächlich gewährt.

Für das Kind ***4*** wurden polnische Familienleistungen im Zeitraum Oktober 2016 bis Dezember 2016 gewährt.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben des Bf., auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Bf. sowie auf die Ergebnisse der von der Behörde durchgeführten Ermittlungen.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob dem Bf. die österreichische Familienbeihilfe auch für die Monate zusteht, für die der Bf. (unbestrittenermaßen) die ihm in Polen zustehende Familienleistungen nicht beantragt hat.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 2 Abs 1 lit a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe. Nach Abs 2 leg cit hat jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Gemäß § 2 Abs 8 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben.

§ 4 Abs 1 FLAG 1967 normiert, dass Personen, die Anspruch auf eine gleichartige Beihilfe haben, keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben.

In § 4 Abs 2 FLAG 1967 ist vorgesehen, dass österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs 1 und § 5 Abs 5 vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beilhilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

Nach Abs 3 leg cit wird die Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

§ 4 Abs 6 FLAG 1967 normiert, dass die Ausgleichszahlung, mit Ausnahme der Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe, als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt.

Gemäß § 5 Abs 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Nach § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Im Beschwerdefall sind aber nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten. Vielmehr sind die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der Folge als VO (EG) Nr. 883/2004 bezeichnet, und (EG) Nr. 987/2009 vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) Nr. 883/2004, die beide ab in Kraft traten, anzuwenden. Diese haben allgemeine Geltung, sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat ("Durchgriffswirkung"). Die Verordnungen gehen dem nationalen Recht in ihrer Anwendung vor ("Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts").

Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:
Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:
Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i)) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

Aus § 26 Abs 1 FLAG ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbetrag).

Subjektive Momente wie ein allfälliges Verschulden der Behörde, Gutgläubigkeit des FB-Bezuges oder die Verwendung der FB für den Unterhalt des anspruchsvermittelnden Kindes, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat ().

Gemäß § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Nach § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Das Bestehen des FB-Anspruches für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach-und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein.

Erwägungen

Die Verordnungen 883/2004 und DVO 987/2009 traten am in kraft und sind daher für den gegenständlichen Fall anwendbar. Der Bf. fällt als EU-Staatsbürger unter den persönlichen Geltungsbereich der VO 883/2004.

Der Bf. ist polnischer Staatsbürger und in Österreich beschäftigt. Seine Frau und seine beiden Kinder leben in Polen. Seine Frau ist seit Oktober 2017 in Polen erwerbstätig.

Mit Beschäftigungsbeginn seiner Gattin im Oktober 2017 besteht Anspruch auf eine polnische Familienleistung für die Kinder.

Unter Heranziehung der obigen Ausführungen hatte der Bf. bis zu dem Zeitpunkt der Berufstätigkeit seiner Gattin in Polen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe.

Wenn eine Person Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe hat, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe. (§ 4 FLAG 1967)

Der Sinn dieser Bestimmung ist der, dass der Gesetzgeber verhindern will, dass im Inland und im Ausland für dieselben Kinder Beihilfe bezogen wird.

Der Bf. führte in dem Vorlageantrag aus, dass seine Gattin den strittigen Zeitraum nur die 500+ Familienleistungen von Mai 2018 bis Jänner 2019 erhalten habe, weil sie den Antrag erst im Mai 2018 nach falschen Informationen in Polen gestellt habe.

Es kommt jedoch nicht darauf an, ob aufgrund des Anspruches auf eine gleichartige ausländische Beihilfe diese auch tatsächlich bezogen wird.
Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 1 FLAG 1967 nur auf den entsprechenden ausländischen Anspruch - unabhängig von dessen Kenntnis oder dem tatsächlichen Bezug dieser ausländischen Beihilfe als Kriterium des inländischen FB-Anspruchsverlustes - abgestellt (). (vgl. ).

Nach § 26 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Diese Verpflichtung zur Rückzahlung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Fehlen objektiv die Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe, besteht eine Verpflichtung zur Rückzahlung. Daraus folgt, dass dem Finanzamt kein Ermessen eingeräumt ist, ob ein Rückforderungsbescheid zu erlassen ist oder nicht.

Wie den vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, war für den strittigen Zeitraum für die Bezahlung der Familienbeihilfe Polen zuständig.

Im vorliegenden Fall wurde die FB und das KG auch für den Zeitraum Okt. 2017 -Jän. 2019 und Okt. 2016 - Dez.2016 zu Unrecht ausbezahlt, weil für diesen Zeitraum bereits Anspruch auf polnische Beihilfe bestand. Für diesen Zeitraum war die bereits ausbezahlte FB und das KG daher zurückzufordern.

Der Rückforderungsbescheid erging daher zu Recht.

Da der Bf. jedoch in Österreich beschäftigt ist, hat er den Anspruch auf Auszahlung des Unterschiedsbetrages zwischen der österreichischen Familienbeihilfe und den polnischen Familienleistungen.
Aus den obigen Ausführungen ist ersichtlich, dass die Rückforderung zu Recht erfolgt ist und die im Bescheid vom (Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge) ausgewiesene Höhe des Betrages in richtiger Höhe angesetzt wurde.
Der Antrag auf Ausgleichszahlung (Differenzzahlung) ist grundsätzlich gesondert zu stellen.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit Rechtsfragen zu beurteilen waren, folgt das Gericht den gesetzlichen Grundlagen. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 5 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 4 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 2 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100750.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at