Abweisung eines Nachsichtsansuchens mangels Vorliegens einer persönlichen oder sachlichen Unbilligkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache ***, ***, vertreten durch den Erwachsenenvertreter RA Mag. Wolfgang Ruckenbauer, An der Hülben 1 Tür 15, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen vom , betreffend Abweisung eines Antrages auf Nachsicht gemäß § 236 BAO, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:
Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400055/2018, wurde dem Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen *** die Parkometerabgabe in Höhe von insgesamt 2978,40 Euro für die Abstellung dieses Fahrzeuges vom , 16:23 Uhr bis , 9:12 Uhr in Wien ***; und vom , 11:32 Uhr bis , 22:00 Uhr in Wien ***, rechtskräftig vorgeschrieben.
Am stellte der Beschwerdeführer vertreten durch seinen Sachwalter einen Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO sowie einen Antrag auf Stundung gemäß § 212 BAO. Zum Antrag auf Nachsicht wurde zur persönlichen Unbilligkeit Folgendes ausgeführt:
Im Rahmen des Abgabenfestsetzungsverfahrens sei dem Antragsteller zugestanden worden, dass es im Rahmen der Ermessensübung durchaus Gründe gegeben habe, ihn als Zulassungsbesitzer nicht für die Entrichtung der Parkometerabgaben heranzuziehen. Grund für seine Heranziehung sei letztlich der Umstand gewesen, dass der bekannt gegebene Lenker obdachlos gemeldet sei und gemäß einer beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger durchgeführten Abfrage keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehe, sodass von einer Uneinbringlichkeit bzw. erschwerten Einbringlichkeit der Abgaben bei diesem ausgegangen worden sei. In der Sphäre des Antragstellers führe die Heranziehung zur Abgabenentrichtung zu einer besonderen Härte. Der Antragsteller sei nicht nur gesundheitlich stark beeinträchtigt, sondern führe der laufende Pflege- und Therapiebedarf auch zu einer deutlichen Einschränkung seiner finanziellen Möglichkeiten. Durch die Einhebung der Abgaben wäre seine Existenz gefährdet. Gleichzeitig würde eine Nachsicht der Abgabenschuldigkeiten eine Sanierung des Abgabepflichtigen ermöglichen. Der Antragsteller sei vor seiner Erkrankung seinen steuerlichen Verpflichtungen regelmäßig nachgekommen und habe auch die Parkometerabgaben bei Abstellen seines Fahrzeuges regelmäßig entrichtet. Für seinen damaligen Wohnort in 1030 Wien habe er über eine Fahrkarte verfügt. Die Umstände, die zum langfristigen Abstellen des Fahrzeuges geführt hätten, seien außergewöhnlich gewesen. Der Antragsteller sei sowohl "erlassbedürftig" als auch "erlasswürdig". Die Entfernung des Fahrzeuges habe sich schwierig gestaltet, da vom Pflegschaftsgericht erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung ein einstweiliger Sachwalter bestellt worden und anschließend ein Wechsel hinsichtlich der Sachwalterschaft erfolgt sei. Die Feststellung des Sachverhaltes und des Standortes des Fahrzeuges sei erst mit zeitlicher Verzögerung erfolgt. Zudem sei zuvor die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen, um dessen Wert festzustellen. Zur sachlichen Unbilligkeit führte der Antragsteller aus, dass es im konkreten Verfahren zu einer anormalen Belastungswirkung und zu einem atypischen Vermögenseingriff komme. Der Geschehensablauf sei insofern außergewöhnlich als die Inbetriebnahme des Fahrzeuges nicht vom Wissen und Wollen des Zulassungsbesitzers, des Antragstellers, umfasst gewesen sei. Dieser sei aufgrund psychischen Beeinträchtigung durch erlittene Schlaganfälle zu keiner Kontrolle fähig gewesen. Außerdem könne der in diesem Fall in Betracht kommende Vermögenseingriff als atypisch hoch bezeichnet werden, was wiederum eine Folge der besonderen Umstände dieses Falles sei. Der Antragsteller gehe davon aus, dass es nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen könne, dass beispielsweise Zulassungsbesitzer gestohlener Kraftfahrzeuge für Parkometerabgaben in beträchtlicher Höhe herangezogen werden.
Dem Anbringen legte der Sachwalter medizinische Berichte, Patientenbriefe und Gutachten sowie Meldebestätigungen des Pensionistenwohnheimes, eine Bezugsbestätigung für das Jahr 2018, Erlagscheine der Ratenhöhe der Bank und weitere Unterlagen zum angegebenen Kredit vor.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom wurde der Antrag auf Nachsicht der Gesamtschuld an Parkometerabgaben in Höhe von insgesamt 2.978,40 Euro abgewiesen. Nach ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Nachsichtsansuchens wurde begründend zusammengefasst ausgeführt, die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liege in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend mitverursacht sein. Die Bezahlung der Abgaben und Nebengebühren in der Höhe von 2.978,40 Euro sei im gegenständlichen Fall jedoch nicht Verursacher einer unverhältnismäßigen Vermögensbeeinträchtigung bzw. Existenzgefährdung. Es könne nicht erkannt werden, warum im Hinblick auf die bestehende Vermögenssituation die vom Antragsteller behauptete Existenzgefährdung nunmehr ausgerechnet durch die Nachsicht der Parkometerabgabe abzuwenden wäre. Diesbezüglich sei darauf zu verweisen, dass die Unbilligkeit jedenfalls dann nicht gegeben sei, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht sei, dass die Nachsicht der Gesamtschuld an der Existenzgefährdung nichts zu ändern vermöge. Im Übrigen werde durch die gesetzlichen Regeln über die Exekutionsbeschränkung (§ 53 AbgEO iVm § 291a EO) das Eintreten einer unzumutbaren finanziellen Belastung hintangestellt. Dass die sofortige Entrichtung von Abgabenforderungen, die für das mehrere Monate dauernde Abstellen eines Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone entstanden seien, im Einzelfall für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden sein könne, treffe zu. Eine Gefährdung der Existenzgrundlage des Abgabepflichtigen habe jedoch nicht festgestellt werden können, Zahlungserleichterungen könnten grundsätzlich gewährt werden, weshalb es nach der Rechtsprechung keiner Nachsicht bedürfe. Selbst wenn dabei die Tilgungszeit über 20 Jahre betrüge, begründe dies noch keine persönliche Unbilligkeit. Des Weiteren werde festgestellt, dass der Antragsteller bereits bisher sämtliche Gläubiger nicht gleich befriedigt habe. Laut der Aufstellung des Antragstellers überweise er monatliche Raten an eine Bank (Kreditrückzahlung in Gesamthöhe von 8.615,52 Euro), wogegen er hinsichtlich der bestehenden Abgabenschulden bei der Wiener Abgabenbehörde unzweifelhaft bis dato keinerlei Zahlungen geleistet habe. Bei der Ausübung des Ermessens sei auch zu berücksichtigen, ob sich eine Nachsicht und der damit verbundene Verzicht durch die Abgabenbehörde ausschließlich zulasten der Finanzverwaltung und zugunsten anderer Gläubiger des abgabepflichtigen (also zugunsten der Bank) auswirken würden. Eine persönliche Unbilligkeit liege somit nicht vor. Zur sachlichen Unbilligkeit sei festzuhalten, dass die nachträgliche Inanspruchnahme eines Fahrzeugbesitzers oder Zulassungsbesitzers keinesfalls ein vom Gesetz bzw. Verordnungsgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis darstelle. Der gegenständliche Sachverhalt falle in den Kernbereich dieser Regelung und die den Antragsteller treffende Abgabepflicht in die Intention und Ziele des Verordnungsgebers. Das Fahrzeug sei nicht gestohlen worden, es sei lediglich im Dunkeln geblieben, durch wen das Fahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt worden sei, da der Lenker nicht ausgeforscht bzw. vom Zulassungsbesitzer genannt werden konnte. Es handle sich somit um eine regelmäßig vorhersehbare Rechtsfolge, die jeden Abgabepflichtigen (Zulassungsbesitzer bzw. Besitz seines Fahrzeuges) in allen gleich gelagerten Sachverhalten gleichermaßen treffe, wenn das Fahrzeug mehreren Personen zugänglich sei. Es liege keine abnormale Belastungswirkung und kein im atypischen Vermögenseingriff gelegener Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Verordnungsgeber beabsichtigten Ergebnissen vor. Vielmehr resultiere die Abgabepflicht aus einer ganz allgemeinen Auswirkungen der auf diesen Sachverhalt anwendbaren generellen Normen.
Am erhob der Sachwalter des Beschwerdeführers als gesetzlicher Vertreter Beschwerde gegen die Abweisung des Nachsichtsersuchens. In Ergänzung zum Antrag wurde darin ausgeführt, aus der Aktenlage sei zu ersehen, dass dem Beschwerdeführer die Entrichtung der Abgabenschuld nicht möglich sei. Auch Raten könnten nicht eingehalten werden, da nach der Homepage der Stadt Wien Ratenvereinbarungen von zwölf Monaten maximal eingegangen werden würden und dies eine monatliche Rate von 250,00 Euro bedeuten würde. Das Existenzminimum komme dem Beschwerdeführer nicht zugute, da er nominell eine höhere Pension habe. Tatsächlich werde aber durch das gesetzliche Vorrecht der Stadt Wien für die Pflegekosten und den entsprechenden Einbehalt von 80 % der Pension das Existenzminimum im Sinne des § 291a EO unterschritten. Entsprechend würde die Nachsicht der Zahlungsverpflichtung eine Sanierungsmöglichkeit für den Beschwerdeführer eröffnen. Zur sachlichen Unbilligkeit wurde ausgeführt, ein außergewöhnlicher Geschehensablauf liege vor, da die Nutzung des Kraftfahrzeuges und auch das regelmäßig an verschiedenen Orten vorgenommene Abstellen ohne Entrichtung der Parkometerabgabe ohne Wissen und ohne Einwirkungsmöglichkeit des Beschwerdeführers und auch gegen seinen Willen geschehen sei. Der Vermögenseingriff beim Beschwerdeführer wäre atypisch hoch.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Am erstellte der Beschwerdeführer durch seinen Sachwalter einen Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Hinsichtlich der Begründung und der beantragten Änderungen wurde u.a. auf den Nachsichtsantrag vom sowie auf die Beschwerde vom verwiesen. Die Beschwerdesache wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Dem Beschwerdeführer wurde als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen *** Parkometerabgabe in Höhe von insgesamt 2.978,40 Euro für die Abstellung dieses Fahrzeuges vom , 16:23 Uhr bis , 9:12 Uhr in Wien ***; und vom , 11:32 Uhr bis , 22:00 Uhr in Wien ***, rechtskräftig vorgeschrieben. Er wurde dabei als Gesamtschuldner der Wiener Parkometerabgabe herangezogen (vgl. BFG - Erkenntnis vom , RV/7400055/2018, Behördenakt AS 142-174).
Der Antragsteller wird von einem Sachwalter vertreten. Er befindet sich zur Pflege und Betreuung in einem Pensionistenwohnheim der Stadt Wien. Sein Gesundheitszustand ist als schlecht zu bezeichnen (vgl. dem Nachsichtsantrag beigelegte medizinische Berichte, Patientenbriefe und Gutachten sowie Meldebestätigungen des Pensionistenwohnheimes, Behördenakt AS 175-202).
Der Antragsteller bedient einen Kredit, dessen monatliche Tilgungsraten iHv 406,46 Euro nicht eingehalten werden konnten, weshalb eine Rate von zehn Euro eingerichtet ist (vgl. Erlagscheine der Ratenhöhe der Bank zum angegebenen Kredit, Behördenakt AS 201-202). Die Kalkulation der monatlichen Einnahmen und Ausgaben des Antragstellers stellt sich wie folgt dar (Darstellung folgt jener im Nachsichtsantrag belegt durch die Beilagen, Behördenakt AS 175-202):
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Einnahmen in Euro | Ausgaben in Euro | |
PVA | 1986,18 (netto) | |
Apotheke | Ca. 57,18 | |
FSW Pflegegebühren | 1601,74 | |
Taschengeld | 100,00 | |
AuxBD | 26,00 | |
Physiotherapie einmal in zwei Wochen | 193,00 | |
Ergotherapie einmal in zwei Wochen | 150,00 | |
WGKK Refundierung physio 55 % | 106,00 | |
WKGKK Refundierung Ergo 55 % | 83,00 | |
Rate Bank (statt 406,46 Euro) | 10,00 | |
Kontoführung | 20,00 | |
Summe | 2175,18 | 2157,92 |
Verfügbar | 17,26 |
Dem Beschwerdeführer wurde eine Stundung bis sowie bis bewilligt. Eine Ratenzahlung von zehn Euro monatlich wurde dem Beschwerdeführer nicht bewilligt (Behördenakt AS 219).
Am stellte der Sachwalter im Hinblick auf die limitierte finanzielle Situation einen Antrag auf Ratenzahlung in Höhe von monatlich 100,00 Euro (Behördenakt, AS 228). Im November 2019 wurde ein auf ein Jahr befristetes Teilzahlungsanbot an den gerichtlichen Erwachsenenvertreter übermittelt. Seit werden monatliche Zahlungen in Höhe von 200,00 Euro getätigt, sodass am Abgabenkonto des Beschwerdeführers derzeit noch 1.778,40 Euro aushaften (vgl. E-Mail-Auskunft der belangten Behörde vom samt Kontoauszug im BFG-Akt).
2. Beweiswürdigung
Sämtliche Feststellungen beruhen zweifelsfrei auf den (zitierten und näher dargestellten) von der belangten Behörde übermittelten Aktenstücken sowie auf den Eingaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsstellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Gemäß § 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinne des § 236 BAO (BGBl. II 435/2005) liegt eine persönliche Unbilligkeit insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.
Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine persönliche Unbilligkeit vor, wenn gerade durch die Einhebung der Abgabe die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet oder die Abstattung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten (so insbesondere einer Vermögensverschleuderung) verbunden wäre. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung (; , 2010/16/0219; , 2013/15/0173).
Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Jedenfalls muss es zu einer anormalen Belastungswirkung und - verglichen mit ähnlichen Fällen - zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen.
Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber. Es ist daher seine Sache im Sinne der ihn treffenden Mitwirkungspflicht einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann ().
3.1.2. Der Beschwerdeführer hat seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ausreichend dargelegt und die Umstände, auf die er die Nachsicht stützt konkret dargelegt, sodass im Folgenden zu prüfen ist, ob eine Unbilligkeit vorliegt.
3.1.2.1. Zum Vorliegen der persönlichen Unbilligkeit führt der Beschwerdeführer ins Treffen, bereits im Rahmen des Abgabenfestsetzungverfahrens sei ihm zugestanden worden, dass es im Rahmen der Ermessensübung durchaus Gründe geben könnte, ihn als Zulassungsbesitzer nicht für die Entrichtung der Parkometerabgaben heranzuziehen. Grund für die Heranziehung des Antragstellers sei letztlich der Umstand gewesen, dass der bekannt gegebenen Lenker obdachlos gemeldet sei und gemäß einer beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger durchgeführten Abfrage keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehe, sodass von einer Uneinbringlichkeit bzw. erschwerten Einbringlichkeit der Abgaben beim Genannten ausgegangen worden sei. In der Sphäre des Beschwerdeführers führe die Heranziehung zur Abgabenentrichtung zu einer besonderen Härte. Der Antragsteller sei nicht nur gesundheitlich stark beeinträchtigt, sondern führen der laufende Pflege - und Therapiebedarf auch zu einer deutlichen Einschränkung seiner finanziellen Möglichkeiten. Damit bringt der Beschwerdeführer letztlich vor, dass die Abgabenschuld (Parkometerabgabe) aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation bei ihm uneinbringlich sei.
Diesem Vorbringen ist die eingangs dargestellte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, wonach keine persönliche Unbilligkeit (Existenzgefährdung durch drohende Abgabeneinhebung) im Sinne des § 236 BAO gegeben ist, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch bei Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts ändern würde (vgl. zB ). Bedenkt man, dass der vom Beschwerdeführer gewünschte Sanierungseffekt lediglich dazu führen würde, dass er an seine kreditgewährende Bank wieder eine höhere Rate für seinen Kredit zahlen könnte, träte nicht der gewünschte Sanierungseffekt ein, zumal die Abgabenbehörde dadurch schlechter gestellt wäre. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer durch die §§ 291a EO und 53 AbgEO in seiner wirtschaftlichen Existenz geschützt.
Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer seit Dezember 2019 an die Wiener Abgabenbehörde Ratenzahlungen iHv 200,00 Euro monatlich tätigt, was den Abgabenrückstand auf 1.778,40 Euro verringert hat, ist abschließend auszuführen, dass es keiner Abgabennachsicht bedarf, wenn Zahlungserleichterungen wirtschaftlich begründeten Härten aus der Abgabeneinhebung abhelfen können (). Eine persönliche Unbilligkeit liegt daher nicht vor.
3.1.2.2. Zum Vorliegen der sachlichen Unbilligkeit führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen habe seine Wurzeln in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf, der eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst habe. Der Geschehensablauf sei insofern außergewöhnlich als die der Vorschreibung zugrundeliegende Inbetriebnahme des Fahrzeuges nicht vom Wissen und Wollen des Beschwerdeführers umfasst gewesen sei und dieser durch erlittene Schlaganfälle zu keiner Kontrolle fähig gewesen sei. Es könne nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen, dass beispielsweise Zulassungsbesitzer gestohlener Kraftfahrzeuge zur Leistung der Parkometerabgaben in beträchtlicher Höhe herangezogen werden.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass die Bestimmungen des Wiener Parkometergesetzes und der Wiener Parkometerverordnung, mit welchen er als Zulassungsbesitzer und damit als Gesamtschuldner für die Parkometerabgabe rechtskräftig herangezogen wurde, gerade die nachträgliche Inanspruchnahme eines Fahrzeugbesitzers oder Zulassungsbesitzers vorsehen und damit keinesfalls ein vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Eine sachliche Unbilligkeit des Einzelfalles liegt jedenfalls nicht vor, wenn die Abgabenforderung ganz allgemein die Auswirkung einer generellen Rechtsnorm ist, die alle Abgabepflichtigen in gleicher Weise trifft ().
Mangels Feststellungen im genannten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, dass das Fahrzeug gestohlen worden ist, handelt es sich auch um keine unvorhersehbare Rechtsfolge. Die Rechtsfolge der Parkometerabgabenvorschreibung kann vielmehr - wie die belangte Behörde bereits dargelegt hat - jeden Fahrzeug- bzw. Zulassungsbesitzer treffen. Auch die Höhe der vorgeschriebenen Abgabe erscheint aufgrund des beträchtlichen Abgabenzeitraumes nicht als atypisch hoch. Materiellrechtlich legislatorisch bedingte Unzulänglichkeiten ("Ungerechtigkeiten") sind keine Unbilligkeiten im Sinne des § 236 BAO (Stoll, BAO, 2421).
Das Bundesfinanzgericht kann daher bei der gegenständlichen Abgabenvorschreibung weder eine abnormale Belastungswirkung noch einen im atypischen Vermögenseingriff gelegenen Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber beabsichtigten Ergebnissen erkennen.
3.1.3. Die belangte Behörde hat daher im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen einer Unbilligkeit der Abgabeneinhebung verneint, sodass es sich erübrigt, auf das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Ermessensübung einzugehen.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Fragen, welche Voraussetzungen für die Gewährung der Nachsicht erfüllt sein müssen und wann Unbilligkeit iSd § 236 BAO vorliegt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits beantwortet (vgl. dazu die unter II.3.1. zitierten Entscheidungen).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400203.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at