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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.08.2020, RV/3100544/2020

Neue Erkenntnis in Bezug auf die rechtliche Beurteilung der Sachlage ist kein Wiederaufnahmegrund.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den von der belangten Behörde ***FA*** am ausgefertigten Bescheid, mit dem der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend den Einkommensteuerbescheid 2013 abgewiesen wurde, terkannt:

I. Die Bescheidbeschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend den von der belangten Behörde am ausgefertigten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013. Er ersuche um Neuberechnung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013, da er unwissentlich die Werbungskosten seiner Dienstreiseabrechnungen nicht berücksichtigt habe.

2. Die Abgabenbehörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid den mit Schreiben vom eingebrachten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe begehrt, Werbungskosten, die er im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vergessen habe, geltend zu machen, im wieder aufgenommenen Verfahren zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO seien nicht gegeben, da weder Tatsachen oder Beweismittel, die im abgeschlossenen Verfahren nicht bestanden hätten, neu hervorgekommen seien.

3. Gegen den angefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde. Ihm sei im Zeitpunkt der Einbringung der Arbeitnehmerveranlagung 2013 (am ) nicht bewusst gewesen, dass seine nachträglich beantragten Kilometergelder für Aufwendungen gelten gemacht werden könnten. Bis zum habe er beruflich eine andere Situation gehabt, es sei ihm für die Dienstreisen Kilometergeld ausbezahlt worden. Zum Zeitpunkt der Beantragung habe er nichts von der Geltendmachung von Aufwendungen für Dienstzuteilungen gewusst. Er habe alle Beweise, die für die neue Veranlagung nötig seien, dem Sachbearbeiter beigebracht.

4. Mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO lägen nicht vor. Es seien keine Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen. Eine neue Kenntnis in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen sei keine neue Tatsache im Sinne des § 303 BAO.

5. Mit Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer die belangte Behörde um "Überdenken" seines Antrages auf Wiederaufnahme. Zum besseren Verständnis erkläre er nochmals seine Situation. Er sei seit 1981 ständig als Springer bei der Post beschäftigt gewesen und habe ausschließlich seinen Privat-PKW für seine Dienstzuteilungen benutzt. In früheren Arbeitnehmerveranlagungen (in den 80er und 90er Jahren) seien sämtliche Anträge zur Geltendmachung von Reisekosten bei der belangten Behörde abgewiesen worden. Dies mit der Begründung, es bestehe kein Anspruch für die Benutzung des Privat-PKW´s bei Dienstzuteilungen. In den Jahren 2003 bis August 2013 sei er mit seinem Privat-PKW ständig auf Dienstreisen bei verschiedenen Projekten seines Arbeitgebers im Einsatz gewesen. Seine Entschädigung für Dienstreisen sei mit Kilometergeld abgegolten worden. Das heiße, kein Anspruch bei der Arbeitnehmerveranlagung. Nach der Umstrukturierung der Post sei er wieder in den Status des Springers gestellt worden. Seit dieser Zeit habe er keinen Anspruch auf Kilometergeld für Entschädigungen mit seinem Privat-PKW, sondern erhalte nur den gesetzlichen Öffi-Tarif. Für seine Dienstzuteilungen benutze er aber ausschließlich seinen Privat-PKW, was er durch Führen eines Fahrtenbuches nachweisen könne. Dies sei auch in den Arbeitnehmerveranlagungen 2014 bis 2018 anerkannt worden. Zu seinem Wissensstand im Zeitpunkt der Antragstellung bringt der Beschwerdeführer vor, er habe von der Möglichkeit, dass es die Geltendmachung (von Werbungskosten) für den benutzten Privat-PKW gebe, im Jahr 2018 erfahren. Sein Wissensstand zum Zeitpunkt der Einreichung (der Abgabenerklärung) für das Jahr 2013 sei noch jener aus den 80er- und 90er-Jahren gewesen. Das heiße, es handle sich nicht um "Vergessen", sondern um "Unkenntnis" zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages.

6. Die belangte Behörde wertete das Schreiben des Beschwerdeführers vom als Vorlageantrag im Sinne des § 264 BAO und hat die Beschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Erwägungen

1. Nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

2. Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende Umstände (). Als Beweismittel kommt gemäß § 166 BAO alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist (zB Urkunden, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten oder Augenschein).

3. Keine neu hervorgekommenen Tatsachen und folglich keine Wiederaufnahmegründe sind neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen (; ) oder das Hervorkommen von Rechtsirrtümern (; ). Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen sind keine Tatsachen, gleichgültig, ob diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden (; ).

4. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine Tatsachen oder Beweismittel aufgezeigt, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (die Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides 2013 erfolgte am ) bereits existent, aber nicht bekannt waren und damit eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2013 rechtfertigen könnten. Im Vorlageantrag führt er aus, er habe im Zeitpunkt der Einreichung (der Abgabenerklärung) für das Jahr 2013 noch keine Kenntnis darüber gehabt, dass ihm bei Fahrten für den Dienstgeber mit seinem Privat-PKW Werbungskosten (Kilometergelder) zustünden. Die im Jahr 2018 neu erlangte Kenntnis dazu ist weder eine neu hervorgekommene Tatsache noch ein neu hervorgekommenes Beweismittel iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO. Neu war für den Beschwerdeführer im Jahr 2018 nur seine Erkenntnis über die rechtliche Beurteilung der Sachlage. Damit kann eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2013 nicht gerechtfertigt werden. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuweisen.

III. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Rechtslage zu den Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO ist mit der zitierten Judikatur ausreichend geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100544.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at