Eingaben, welche im Anschluss an eine mündliche Verhandlung vom LVwG zu Protokoll genommen werden, unterliegen keiner Gebühr.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***Adr***, vertreten durch Berlin & Partner Rechtsanwälte, Schwarzstraße 21, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühr und Gebührenerhöhung, Erfassungsnummer ***ErfNr***, Steuernummer ***StNr***, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und Sachverhalt
Der Richter des Landesverwaltungsgerichtes ***xy*** (LVwG) ***R***, =R, hat ein Protokoll über die mündliche Verhandlung am betreffend das Beschwerdeverfahren des ***BF*** gemäß ***xy*** Jagdgesetz (Zahl ***Z/2***) - gegen ein Erkenntnis des Ehrensenates des Ehrengerichtes der ***xy*** Jägerschaft - angefertigt. Darin sind festgehalten: die Verkündung des stattgebenden Erkenntnisses, der Antrag des Einschreiters auf Übersendung der Verhandlungsschrift und die Rechtsmittelbelehrung. Zuletzt beantragt Rechtsanwalt ***V***, =V, als Vertreter des Beschwerdeführers, unter Vorlage einer Leistungsaufstellung die Bezahlung seiner Vertretungskosten durch die gegnerische Seite, welchen Antrag R ebenfalls schriftlich zu Protokoll genommen hat.
"Der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers ***BF*** beantragt Folgendes: …
3. Der Beschuldigtenvertreter legt Kostennote über die Kosten des Verfahrens (Vertretungskosten samt Barauslagen und Umsatzsteuer in Höhe von zz € und beantragt die Übernahme und Bezahlung dieser Kosten durch die Behördeim Sinn des § 52 Abs. 9 VwGVG."
V hat das Protokoll als Vertreter des ***BF*** unterzeichnet.
Mit Beschluss vom (Zahl ***Z/1***) hat R den Antrag des ***BF*** auf Kostenersatz als unzulässig zurückgewiesen, weil gemäß § 74 Abs. 1 AVG jeder Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens die ihm erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten habe. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass " … gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG der Antrag einer festen Eingabengebühr von 14,30 € unterliegt. Gemäß § 11 Abs. 1 GebG entsteht die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses."
In der Zustellverfügung des Beschlusses wird V, in Vertretung von ***BF***, überdies aufgefordert, unverzüglich nach Zustellung dieser Entscheidung 14,30 € an festen Gebühren für den Antrag auf das Konto … des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern einzuzahlen und dem LVwG den Einzahlungsbeleg (elektronisch) zu übermitteln, widrigenfalls eine Notionierung zu erfolgen hätte.
In Bezug auf die Eingabengebühr hat V in einem Schreiben vom dem LVwG gegenüber die Ansicht vertreten, dass eine Eingabe im Sinne des § 14 TP 6 Abs. 1 GebG nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ein schriftliches Anbringen sein müsse, der Antrag auf Kostenersatz jedoch mündlich vorgetragen worden sei.
"Auch wenn sie anlässlich der Verhandlung am die schriftlich vorbereiteten Ausführungen zum mündlich vorgetragenen Antrag auf Kostenersatz zum Akt genommen haben, begründet dies keinesfalls eine schriftliche Eingabe."
Der Mandant werde die Gebühr daher nicht bezahlen, da der Hinweis auf die Eingabengebühr zu Unrecht erfolgt sei.
Zunächst hat R betreffend die Gebührenpflicht des in der Verhandlung am zu Protokoll genommenen Konstenantrages telefonisch Rücksprache mit dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (GVG) gehalten und mit Mail vom von diesem die Auskunft erhalten, ein nach Verkündigung des Erkenntnisses eingebrachter Antrag zB auf Zuspruch von Vertretungskosten sei keineswegs von der Pauschalgebühr für das ursprüngliche Beschwerdeverfahren mitumfasst. Ein derartiger Antrag stelle eine Eingabe iSd. § 14 TP 6 GebG dar, welche mit 14,30 € zu vergebühren sei. Werde an Stelle einer Eingabe das Anliegen zu Protokoll genommen, so sei die Gebühr gemäß § 14 TP 7 Abs. 1 Z 1 GebG in entsprechender Höhe zu entrichten.
In der Folge ist am ein amtlicher Befund des LVwG über die Verkürzung von Stempelgebühren betreffend den Antrag des ***BF*** vom beim GVG eingelangt.
Daraufhin hat das GVG mit Bescheiden je vom betreffend die Eingabe des ***BF*** beim LVwG vom
die Gebühr gemäß § 14 TP 7 Abs. 1 Z 1 GebG in Verbindung mit § 14 TP 6 Abs. 1 GebG in Höhe von 14,30 € festgesetzt, weil die Gebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet worden sei, und
eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von 7,15 € (50 % der nicht entrichteten Gebühr) festgesetzt.
Gegen beide Bescheide richtet sich die gegenständliche Beschwerde des ***BF***, nunmehriger Beschwerdeführer, =Bf., vom , weil nach ständiger Rechtsprechung des VwGH mündliche Anbringen keine Gebührenpflicht begründen könnten.
"Bei den in der Verhandlung erstatteten mündlichen Anträgen auf Kostenersatz handelt es sich weder um eine gebührenpflichtige Eingabe iSd. § 14 TP 6 Abs. 1 GebG noch um ein gebührenpflichtiges Protokoll iSd. § 14 TP 7 Abs. 1 GebG und können die mündlichen Anträge daher keine Gebührenpflicht auslösen. … Vorrausetzung für eine gebührenpflichtige Eingabe iSd. § 14 TP 6 Abs. 1 GebG ist ein bestimmtes Begehren. Das Leistungsverzeichnis per enthält allerdings kein bestimmtes Begehren, weil mit der Übergabe einer Leistungsaufstellung keine amtliche Tätigkeit des Gerichts begehrt wird. Ein Begehren könnte lediglich den mündlichen Anträgen auf Kostenersatz entnommen werden, welche allerdings mangels Schriftlichkeit eine Gebührenpflicht nicht auslösen. Gleiches gilt auch für Protokolle iSd. § 14 TP 7 Abs. 1 GebG, zumal diese den Tatbestand einer gebührenpflichtigen Eingabe erfüllen müssen."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das GVG die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil in der Niederschrift über die Verhandlung vom der mündlich vorgetragene Antrag auf Erstattung der dem Bf. entstandenen Kosten schriftlich festgehalten worden sei. Damit sei ein Anbringen iSd. § 14 TP 6 GebG protokolliert worden, das der Gebühr nach § 14 TP 7 GebG unterliege.
In seinem Vorlageantrag vom führt der Bf. ergänzend aus, das GVG übersehe die Befreiungsbestimmung des § 14 TP 6 Abs. 5 Z 7 GebG, nach welcher Eingaben in Verwaltungsstrafverfahren von der Gebühr ausgenommen seien.
Am hat das GVG die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen
TP 6 Eingaben
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von 14,30 Euro.
Nach § 14 TP 6 Abs. 5 GebG unterliegen nicht der Eingabengebühr, Eingaben …
7. im Verwaltungsstrafverfahren
TP 7 Protokolle (Niederschriften)
Gemäß § 14 TP 7 GebG unterliegen Protokolle, die an Stelle einer Eingabe errichtet werden, der für die Eingabe, die sie vertreten, in der Tarifpost 6 festgesetzten Gebühr.
Dies gilt nicht für Protokolle, die Eingaben an die Gerichte vertreten.
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben.
Gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 GebG entsteht die Gebührenschuld bei Eingaben, Beilagen und Protokollen gemäß § 14 TP 7 Abs. 1 Z 1 und 2 in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren in einer Instanz schriftlich ergehende abschließende Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen zugestellt wird.
Rechtliche Beurteilung
Bei der festgesetzten Gebühr handelt es sich um eine feste Gebühr für Protokolle iSd. Tarifbestimmung des § 14 TP 7 GebG.
Eine Eingabe ist ein schriftliches Anbringen, wodurch im Interesse einer Privatperson eine Anordnung oder Verfügung der Behörde innerhalb ihres gesetzlichen Wirkungskreises veranlasst werden soll.
"Eine Eingabe im Sinn des § 14 TP 6 Abs. 1 GebG 1957 ist ein schriftliches Anbringen, wodurch ein bestimmtes Verhalten einer Privatperson zur amtlichen Kenntnis gebracht oder im Interesse einer Privatperson eine Anordnung oder Verfügung innerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises von der Behörde getroffen werden soll." ( 2003/16/0060).
Die Eingabe muss nicht auf die Herbeiführung einer Entscheidung gerichtet sein; es genügt, dass durch die Eingabe eine amtliche Tätigkeit der angerufenen Behörde im Rahmen des ihr zustehenden Wirkungskreises begehrt wird. Ein bloß teilweises Privatinteresse genügt zur Erfüllung des Tatbestandes.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem LVwG vom hat der Bf. zweifellos ein Anbringen im Sinne des § 14 TP 6 GebG gestellt, indem er die Übernahme und Bezahlung seiner Anwaltskosten durch das LVwG begehrt hat.
"Der Rechtsanwalt des Bf. beantragt Folgendes: … 3. Der Beschuldigtenvertreter legt Kostennote … und beantragt …"
Wird ein solches (mündliches) Anbringen in einem Protokoll schriftlich festgehalten, ist es gemäß § 14 TP 7 GebG ebenfalls gebührenpflichtig.
"Ein Protokoll unterliegt dann der Gebührenpflicht, wenn es inhaltlich den Tatbestand einer gebührenpflichtigen Eingabe erfüllt, nämlich ein Anbringen enthält". (Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, zu § 14 TP 7 Rz 5)
Gegenstand der Gebühr ist das Protokoll selbst, also jenes Schriftstück, in welchem das gebührenpflichtige Anbringen enthalten ist. Demzufolge handelt es sich bei der Verhandlungsschrift vom , in welcher der Kostenantrag des Bf. protokolliert worden ist, jedenfalls um ein, der Gebührenpflicht gemäß § 14 TP 7 Abs. 1 Z 2 GebG unterliegendes, Protokoll (vgl. ).
Die Gebührenschuld ist gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 GebG im Zeitpunkt der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses vom entstanden, welcher das Verfahren betreffend den im Protokoll enthaltenen Kostenantrag abgeschlossen hat.
Die eindeutige Gesetzeslage sowie Judikatur und Literatur widersprechen daher dem Beschwerdevorbringen, die bloße Vorlage eines Kostenverzeichnisses sei keine Eingabe bzw. das mündliche Anbringen auf Kostenersatz könne mangels Schriftlichkeit keine Gebührenpflicht auslösen.
Nach dem letzten Satz des § 14 TP 7 Abs 1 Z 1 GebG unterliegen allerdings Protokolle, die Eingaben an die Gerichte vertreten, nicht der Stempelgebühr nach der hier besprochenen Gesetzesstelle.
Diese Bestimmung korrespondiert mit der Befreiungsbestimmung der TP 6 Abs. 5 Z 1. insofern, als auch Eingaben an Gerichte nicht der Gebühr unterliegen; pflichtig sind nur Justizverwaltungsangelegenheiten und seit 2014 gewisse Eingaben (Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung, auf Wiederaufnahme oder gesonderte Anträge auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, Vorlageanträge), für die Pauschalgebühren lt. BuLVwG-Verordnung anfallen. Für Eingaben, auf welche die Verordnung nicht anwendbar ist, kommt die Befreiungsbestimmung wiederum zum Tragen.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der Gebührenbescheid sowie der Bescheide über eine Gebührenerhöhung waren aufzuheben.
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Infolge der eindeutigen Gesetzeslage ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung offen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 14 TP 6 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 6 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 9 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 11 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102231.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at