Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2020, RV/7100539/2020

Einheitswert, tatsächliche Bewirtschaftung ist unerheblich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***, ***, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom sowie vom , betreffend Beiträge u. Abgabe von land- u. forstwirtschaftl. Betrieben für die Jahre 2015 bis 2017 sowie 2019, zu Recht:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom wurden für den unter der EW-Gz. *** erfassten Grundbesitz des Beschwerdeführers die Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Jahre 2015 bis 2017 mit 30,- Euro für 2015 und jeweils 30,48 Euro für 2016 und 2017 festgesetzt.

Mit Bescheid vom wurden für den unter der EW-Gz. *** erfassten Grundbesitz des Beschwerdeführers die Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für das Jahr 2019 mit 31,28 Euro festgesetzt.

Mit Schreiben vom sowie vom erhob der Beschwerdeführer dagegen Beschwerde. Zur Begründung führte er jeweils aus, dass die betreffenden Grundstücke nicht land- und forstwirtschaftlich genützt würden.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde jeweils inhaltsgleich aus:

Die Beschwerde richte sich gegen die Bescheide über Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben vom bzw. . Diese Bescheide seien gemäß § 295 BAO auf Basis des Hauptfeststellungsbescheides bzw. Grundsteuermessbescheides zum (mit Wirksamkeit zum ) vom ergangen.

Sei ein Bescheid (wie die nunmehr angefochtenen Beitragsbescheide) von einem Feststellungsbescheid (Einheitswertbescheid) abzuleiten, so sei er gemäß § 295 Abs. 1 BAO ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.

In der Beschwerde werde angeführt, dass die Grundstücke nicht land- und forstwirtschaftlich genutzt würden. Dazu werde wie folgt mitgeteilt:

Der Gang zur Ermittlung des Einheitswertes eines landwirtschaftlichen Betriebes habe nach den Vorschriften der §§ 36 bis 39 Bewertungsgesetz 1955 (BewG 1955) zu erfolgen. Demnach sei von einem Hauptvergleichsbetrieb auszugehen, der die Betriebszahl 100 und einen Hektarsatz von 2.400 Euro habe. In der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen vom sei dieser Hauptvergleichsbetrieb definiert worden. Es sei dies ein Betrieb, der gemäß § 34 Abs. 1 BewG 1955 die besten natürlichen Ertragsbedingungen aufzuweisen habe. Dies werde nur dann erreicht, wenn die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche dieses Betriebes eine Bodenklimazahl von 100 aufweise. Einen solchen Betrieb gäbe es jedoch in der Praxis nicht. Schon aus diesem Grund könne der Hauptvergleichsbetrieb nur ein fiktiver Betrieb sein. Unabhängig von diesen Ausführungen erhalte gemäß § 44 BewG 1955 mit der Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung der Inhalt dieser Kundmachung rechtsverbindliche Kraft und sei daher der belangten Behörde für eine nähere Überprüfung nicht zugängig. Zudem sei es auf das Ergebnis der Bewertung des Betriebes ohne Einfluss, ob es sich dabei um einen tatsächlich existenten oder nur um einen fiktiven Betrieb handele. Dabei stelle der Gesetzgeber, wenn er den Begriff "Ertragswert" solcherart umschreibe, einen objektiven Bewertungsmaßstab auf und bediene sich dazu einer Fiktion (). Für die Bewertung sei der erzielbare und nicht der tatsächlich erzielte Ertrag von Bedeutung, weil es eines objektiven Bewertungsmaßstabes bedürfe, um zu vermeiden, dass sich bei der Einheitsbewertung unterschiedlich hohe Werte je nach der Intensität der Bodenbewirtschaftung durch den jeweiligen Betriebsinhaber ergäben (). Der Hauptvergleichsbetrieb diene als Bewertungsbasis, die einen idealisierten Betrieb umschreibe. Dieser habe ausschließlich die Aufgabe, Ausgangspunkt für die Vergleichsmaßstäbe der weiteren Einwertung zu sein, indem dort die gemäß § 32 Abs. 2 BewG 1955 maßgebenden Bewertungskriterien aufgelistet und mit Ausgangswerten versehen seien. Die Einwertungen der in derselben Kundmachung veröffentlichten Vergleichsbetriebe müssten auf sie Bezug nehmen. Die Vergleichsbetriebe würden den Rahmen der möglichen Zu- und Abschläge für die Kriterien der wirtschaftlichen Ertragsbedingungen vorgeben, die im selben Ausmaß auf Betriebe, die keine Vergleichsbetriebe seien und gemäß § 38 Abs. 4 BewG zu bewerten seien, anzuwenden seien.

Daraus ergebe sich für das Begehren des Beschwerdeführers die Schlussfolgerung, dass die im Kataster als "landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesenen Grundstücke, welche einer rechtskräftigen Bodenschätzung unterzogen seien und laut Flächenwidmungsplan und ortsüblicher Gepflogenheit nicht als Bauland ausgewiesen seien, als landwirtschaftliche Einheit zu bewerten seien, unabhängig davon, ob eine tatsächliche Nutzung stattfinde bzw. mit welcher Intensität diese erfolge.

Entscheidend sei die Möglichkeit einer landwirtschaftlichen Nutzung und nicht die tatsächliche Nutzung oder das Brachliegen, welches aus freien Stücken erfolge.

Mit als Vorlageantrag gewertetem Schreiben vom führte der Beschwerdeführer aus, dass ein Betrieb eine organisatorische Einheit sei, die eine Tätigkeit ausführe, welche auf die Erzielung eines Gewinns ausgerichtet sei. Bei Grundbesitz sei dafür eine Bewirtschaftung erforderlich. Der Beschwerdeführer bewirtschafte seinen Grundbesitz nicht.

Die in der Beschwerdevorentscheidung angeführten §§ 36 bis 39 des BewG 1955 würden lediglich den Einheitswert eines Grundstückes festlegen. Jedes Grundstück habe einen Wert, deshalb sei es noch kein landwirtschaftlicher Betrieb.

Das Bundesgesetz vom über eine Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben stelle fest, dass Gegenstand der Abgabe die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 Z.2 des Grundsteuergesetzes 1955 sowie Grundstücke im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 2 des Grundsteuergesetzes 1955, soweit es sich um unbebaute Grundstücke handele, die nachhaltig land- und forstwirtschaftlich genutzt würden, seien.

Die im Besitz des Beschwerdeführers befindlichen Grundstücke würden nicht landwirtschaftlich benutzt, daher sei der Grund für Abgaben, die aus einer landwirtschaftlichen Tätigkeit resultieren würden, nicht gegeben.

Über Aufforderung der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer einen Fragebogen zu seinem Grundbesitz im März 2016 übermittelt. Danach hätten zwei Mitarbeiter der Bezirksstelle der Landwirtschaftskammer die Grundstücke besichtigt und festgestellt, dass dies im Sinne eines Betriebes nicht bearbeitet würden.

Es sei dem Beschwerdeführer bei dieser Gelegenheit mitgeteilt worden, dass dieser das Obst nur für den Eigenbedarf verwenden und das Gras nicht vor Ende Juli abmähen dürfe. Daran halte er sich.

Im Bescheid vom sei ihm ein Jahresbetrag iHv 30,48 Euro vorgeschrieben worden. Danach seien am mit Buchungsmitteilung 2/2017 die Beiträge für 2015 und 2017 annulliert worden.

Wenn die belangte Behörde weiterhin der Ansicht sei, dass der Beschwerdeführer einen landwirtschaftlichen Betrieb führe dann solle diese nachweisen, dass das Bundesgesetz vom nicht gelte oder aber er sich nicht an die erteilten Vorlagen halte.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften, für welche mit Hauptfeststellungsbescheid bzw. Grundsteuermessbescheid zum ein Grundsteuermessbetrag von 1,60 Euro festgestellt wurde.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen entsprechen dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Der Beschwerdeführer begründete seine Beschwerde damit, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb handele. Ein Betrieb sei eine organisatorische Einheit, die eine Tätigkeit ausführe, welche auf die Erzielung eines Gewinns ausgerichtet sei. Bei Grundbesitz sei dafür eine Bewirtschaftung erforderlich. Der Beschwerdeführer bewirtschafte hingegen seinen Grundbesitz nicht.

Dazu ist auszuführen, dass die Berechnung des Einheitswertes eines landwirtschaftlichen Betriebes nach den Vorschriften der §§ 36 bis 39 BewG 1955 erfolgt. Demnach ist von einem Hauptvergleichsbetrieb auszugehen, welcher in der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen vom definiert wurde. Bei dem Hauptvergleichsbetrieb handelt es sich um einen fiktiven Betrieb.

Der Gesetzgeber stellt, wenn er den Begriff "Ertragswert" umschreibt, einen objektiven Bewertungsmaßstab auf und bedient sich dazu einer Fiktion (). Für die Bewertung ist der erzielbare und nicht der tatsächlich erzielte Ertrag von Bedeutung, weil es eines objektiven Bewertungsmaßstabes bedarf, um zu vermeiden, dass sich bei der Einheitsbewertung unterschiedlich hohe Werte je nach der Intensität der Bodenbewirtschaftung durch den jeweiligen Betriebsinhaber ergeben (). Der Hauptvergleichsbetrieb dient als Bewertungsbasis, die einen idealisierten Betrieb umschreibt. Dieser hat ausschließlich die Aufgabe, Ausgangspunkt für die Vergleichsmaßstäbe der weiteren Einwertung zu sein, indem dort die gemäß § 32 Abs. 2 BewG 1955 maßgebenden Bewertungskriterien aufgelistet und mit Ausgangswerten versehen sind. Die Einwertungen der in derselben Kundmachung veröffentlichten Vergleichsbetriebe müssen auf sie Bezug nehmen. Die Vergleichsbetriebe geben dabei den Rahmen der möglichen Zu- und Abschläge für die Kriterien der wirtschaftlichen Ertragsbedingungen vor, die im selben Ausmaß auf Betriebe, die keine Vergleichsbetriebe seien und gemäß § 38 Abs. 4 BewG zu bewerten sind, anzuwenden sind.

Daraus ergibt sich für das Begehren des Beschwerdeführers - wie bereits von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt - die Schlussfolgerung, dass die im Kataster als "landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesenen Grundstücke, welche einer rechtskräftigen Bodenschätzung unterzogen sind, als landwirtschaftliche Einheit zu bewerten sind, unabhängig davon, ob eine tatsächliche Nutzung stattfindet bzw. mit welcher Intensität diese erfolgt.

Entscheidend ist daher die Möglichkeit einer landwirtschaftlichen Nutzung und nicht die tatsächliche Nutzung oder das Brachliegen, welches aus freien Stücken erfolgt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit Erkenntnis vom , 0171/77, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass für die Bewertung der erzielbare und nicht der tatsächlich erzielte Ertrag von Bedeutung ist, weil es eines objektiven Bewertungsmaßstabes bedarf, um zu vermeiden, dass sich bei der Einheitsbewertung unterschiedlich hohe Werte je nach der Intensität der Bodenbewirtschaftung durch den jeweiligen Betriebsinhaber ergeben. Darüber hinaus lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§§ 36 bis 39 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100539.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at