Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.09.2020, RV/7105791/2017

Keine außergewöhnliche Belastung iZm auswärtiger Berufsausbildung, wenn Studienort im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Astoria Steuerberatung GmbH & Co KG, Wachaustraße 42/A/3, 3500 Krems an der Donau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Einkommensteuer 2015, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 beantragte der Beschwerdeführer ua die Berücksichtigung der Kosten für die auswärtige Berufsausbildung seiner Tochter ***1*** iHv 2.600 € als außergewöhnlich Belastungen, wobei als Dauer der auswärtigen Berufsausbildung 12 Monate angegeben wurde.

Im hier angefochtenen Einkommensteuerbescheid des Jahres 2015 berücksichtigte die belangte Behörde die beantragten Kosten für die auswärtige Berufsausbildung nicht und begründete dies wie folgt:

"Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten jedenfalls als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum oder vom Studienort nach den Verordnungen gem. § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 zeitlich noch zumutbar ist. Im gegebenen Fall ist die Hin- und Rückfahrt zumutbar und somit die geltend gemachte auswärtige Berufsausbildung nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig."

In der dagegen erhobenen Beschwerde wendete sich der Beschwerdeführer gegen die Nichtanerkennung der Kosten für die auswärtige Berufsausbildung der Tochter ***1*** und beantragte diese nunmehr für vier Monate im Jahr 2015.

Begründend wurde ausführt:

"***1*** besucht seit September 2015 die höhere Bundeslehranstalt für Tourismus in Krems. Der Unterricht beginnt an vier Tagen in der Woche um 07:45 Uhr und endet nach 6 Stunden um 12:30 Uhr, nach 8 Stunden um 14:10, nach 11 Stunden um 16:55 Uhr und nach 13 Stunden um 18:35. ln der höheren Bundeslehranstalt für Tourismus gibt es auch einmal in der Woche einen Praxistag. Hier müssen die Schüler bereits zur 0. Stunde um 06:50 Uhr erscheinen. Wir haben mittels Pendlerrechner des BMF ermittelt, ob eine Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke zumutbar ist oder nicht. ***1*** ist es nur am Donnerstag, wo der Unterricht nach 11 Stunden endet, zumutbar, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von/zur Schule zu gelangen.

Da ***1*** eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht an jedem Schultag möglich ist, besucht sie das schuleigene Internat der HLF Krems.

In den Lohnsteuer-Richtlinien RZ 882 heißt es, dass Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelten, wenn Schüler für Zwecke ihrer Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (z.B Unterbringung in einem lnternat).

Auch der VwGH hat in seiner Entscheidung vom , Ra 2014/15/0011 ausgesprochen, dass die Fahrt zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte nur dann zumutbar ist, wenn an jedem Tag, an dem die Ausbildungsstätte besucht werden muss, eine öffentliche Verkehrsverbindung (mit einer Fahrtzeit von unter einer Stunde) besteht. Kann die Ausbildungsstätte an zumindest einem Schultag pro Woche nicht (innerhalb einer Stunde) mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden, so folgt daraus bereits, dass sie nicht im Einzugsbereich des Wohnortes liegt.

Beruft man sich auf das VwGH-Urteil sowie auf die Lohnsteuer-Richtlinien RZ 882 steht Herrn [Bf] die Pauschale für die Kosten der auswärtigen Berufsausbildung im Jahr 201 5 jedenfalls zu.

Wir beantragen die Berücksichtigung der pauschalen Kosten von EUR 110,00/Monat, somit EUR 440,00."

Beigelegt waren der Beschwerde fünf Ausfüllvarianten des Formulars "L34 EDV - Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab ", jeweils mit Abfragedatum Montag, . Das erste trug die Kennzeichnung "0.-13. Stunde", das zweite die Kennzeichnung "1.-6. Stunde", das dritte die Kennzeichnung "1.-8. Stunde", das vierte die Kennzeichnung "1.-11. Stunde" und das fünfte die Kennzeichnung "1.-13. Stunde".

Weiters wurde ein Stundenplan der Woche bis und eine Schulbesuchsbestätigung der Höheren Bundeslehranstalt für Tourismus in Krems für ***1*** betreffend die Schuljahre 2015/2016 und 2016/2017 der Beschwerde beigelegt.

Mit Ersuchen um Ergänzung trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer folgendes auf:

"Sie werden ersucht, eine Schulbestätigung, eine Internatsbestätigung und Bestätigung der Schule über den Praxistag (wie oft pro Woche und Dauer) für 2015 vorzulegen."

Mit fristgerechtem Antwortschreiben übermittelte der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Schule, in welcher einerseits die bereits mit der Beschwerde übermittelte Schulbesuchsbestätigung auf das Schuljahr 2017/2018 ausgeweitet wurde und andererseits folgendes angegeben wurde:

"Die Schülerin hat im Schuljahr 2015/2016 und 2016/2017 im angeschlossenen Lehrhotel gewohnt (monatliche Kosten: € 288,-- für 10 Monate).

Weiters wird bestätigt, dass in jedem Schuljahr ein Praxistag von 9 Stunden im Stundenplan vorgesehen ist."

Mit Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und begründet dies wie folgt:

"In der Beschwerde vom werden die Kosten für auswärtige Berufsausbildung für Ihre Tochter ***1*** beantragt, mit der Begründung, dass eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht an jedem Schultag möglich sei, und deshalb das schuleigene Internat der Bundeslehranstalt für Tourismus in Krems besucht wird. Als Nachweis für die zeitliche Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr zum Wohnort wurden Ausdrucke aus dem Pendlerrechner für die einzelnen Unterrichtszeiten vorgelegt.

Ausbildungsstätten innerhalb von 80 km zum Wohnort gelten dann nicht als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen und somit Grund für den Freibetrag für auswärtige Berufsausbildung gem. § 34 Einkommensteuergesetz, wenn die Fahrzeit für die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Ausbildungsort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt.

Beim günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel muss es sich - ungeachtet dessen, ob der Auszubildende dies auch tatsächlich benutzen kann - um ein solches handeln, welches während des Tages Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde sicherstellt. Die Zumutbarkeit ist gegeben, wenn an jedem Tag, an die Ausbildungsstätte aufgesucht werden muss, eine solche Verkehrsverbindung (mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde) besteht (siehe Verordnung BGBl 624/1995 idF BGBL II 449/2001).

Laut Fahrplanauskunft der ÖBB verkehren an jedem Unterrichtstag und zu allen angegebenen Unterrichtszeiten öffentliche Verkehrsmittel, welche Verkehrsverbindungen mit den oben angeführten Voraussetzungen sicherstellen.

Der Pendlerrechner ist kein geeignetes Werkzeug zur Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes.

Der Hinweis auf die VwGH Entscheidung vom Ra 2014/15/001 geht ebenfalls ins Leere, da in dieser Entscheidung über den Fall, wenn an Unterrichtstagen öffentliche Verkehrsmittel nicht verkehren, abgesprochen wurde.

Der Freibetrag für auswärtige Berufsausbildung für den Ausbildungsort Krems steht daher nicht zu."

Im Zuge des Vorlageantrages führte der Beschwerdeführer - unter teilweiser Wiederholung des Beschwerdevorbringens - ua folgendes aus:

"Die 15-jährige Tochter von Herrn [Bf], ***1***, besucht seit die Höhere Bundeslehranstalt für Tourismus in Krems an der Donau. Für die Zwecke ihrer Ausbildung wohnt sie auch seit diesem Zeitpunkt von Montag bis Freitag im angeschlossenen Lehrhotel. Dadurch entstehen Herrn [Bf] monatliche Kosten von EUR 288,00 für den Besuch des lnternats.

Unsere Beschwerde wurde abgewiesen, da die tägliche Hin- und Rückfahrt mit dem günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel unter einer Stunde möglich ist. Laut dem VOR-Routenplaner beträgt die Fahrtzeit mit dem günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ohne Wartezeiten zwischen 51 und 58 Minuten (unter der Voraussetzung, dass im Abend- und Morgenverkehr es zu keinen Verkehrsverzögerungen (Stau, Ampel) kommt). Laut Beschwerdevorentscheidung ist das günstigste Verkehrsmittel jenes, ungeachtet dessen, ob der Auszubildende dies auch benützen kann, das während des Tages Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtzeit von höchstens einer Stunde sicherstellt. Wie in RZ 883 LStR vermerkt, werden die Wartezeiten vor Beginn des Unterrichts bzw. nach Beendigung des Unterrichts nicht berücksichtigt. ***1*** hätte jedoch tägliche Wartezeiten von bis zu einer Stunde/je Strecke in Kauf zu nehmen und wäre somit bis zu 2 Stunden je Strecke unterwegs.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob eine Fahrtzeit inkl. Wartezeiten von bis zu 2 Stunden/je Strecke einer 15-Jährigen zuzumuten ist. Laut Pendlerrechner ist die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für die Wegstrecke nicht zumutbar. Aufgrund der langen Schulzeiten (bis 18:35 Uhr) bzw. dem frühen Unterrichtsbeginn (06:50 Uhr) müsste ***1*** bereits um 05:29 Uhr das Haus verlassen bzw. kommt um 19:57 Uhr zuhause an. Aufgrund der Wartezeiten kommt es zu An- und Abreisezeiten von bis zu 2 Stunden von der Ausbildungsstätte bis zum Familienwohnsitz und umgekehrt. Aus diesem Grund und um die täglichen Fahrtzeiten zu vermeiden, besucht ***1*** das Internat.

Die Entfernung zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte beträgt zwischen ca. 20,00 und 23,60 km, abhängig davon, ob man die kürzeste oder die schnellste Route fährt. Die Entfernung liegt auch nur knapp unter den in den LstR Z 882 genannten 25 km. Auch gibt es unsererseits neben der höheren Bundeslehranstalt für Tourismus keine adäquate Ausbildungsstätte im Einzugsbereich, außer wenn man eine Lehre in der Tourismusbranche anstrebt.

[…]

Aufwendungen sind nur insoweit außergewöhnlich, als sie höher sind als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwachsen. Da Herrn [Bf] für die auswärtige Berufsausbildung der Tochter monatliche Kosten iHv EUR 288,00 entstehen, die einem anderen Steuerpflichtigen nicht erwachsen, sind diese somit als außergewöhnlich zu betrachten.

Eine Belastung erwächst zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Herr [Bf] ist aus rechtlichen und sittlichen Gründen seiner Tochter gegenüber verpflichtet, für ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen zu sorgen. Außerdem ist er ihr gegenüber verpflichtet, ihr die Schulausbildung zu gewähren, die sie für optimal hält.

Unserer Meinung nach kann für die Beurteilung des Falles nicht die strikte Richtlinienmeinung von einer Stunde und der 25 km Grenze herangezogen werden, sondern es muss das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall betrachtet werden. Einem Arbeitnehmer wäre laut Pendlerrechner die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels für die Strecke [Wohnort] nach [Studienort] nicht zumutbar."

Beigelegt waren dem Vorlageantrag bereits im bisherigen Verfahren vorgelegte Unterlagen sowie neu hinzukommend mehrere Internet-Abfragen des VOR-Routenplaners.

Mit Vorlagebericht vom nahm die belangte Behörde die Beschwerde- und Aktenvorlage gemäß § 265 BAO vor und führte hierin ua aus:

"Sachverhalt

[…]

Unstrittig dürfte nach den bisherigen Ausführungen des Bf. sein, dass die Fahrzeit zwischen Spitz und Krems mit dem günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel an allen Unterrichtstagen im Zeitraum 9-12/2015 unter einer Stunde betrug und die Entfernung zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte weniger als 25 km beträgt.

Stellungnahme:

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsstätte besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Gemäß § 1 Abs. 2 der VO, BGBl. 1995/624 idF BGBl. II 2001/449 gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar ist.

Gemäß § 3 der gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, ergangenen VO BGBl. II 2001/296, ist von der Gemeinde Spitz die tägliche Hin- und Rückfahrt vom und zum Studienort Krems zeitlich noch zumutbar. Ein gemäß § 1 Abs. 2 der VO BGBl. 1995/624 idF BGBl. II 2001/449 möglicher Nachweis, dass die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort Krems unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt und demnach die tägliche Hin- und Rückfahrt mit dem öffentlichen Verkehrsmittel (trotz Nennung der Gemeinde Spitz in der gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 ergangenen Verordnung) nicht zumutbar ist, wurde nicht erbracht und scheint die Nichterfüllung dieser Bedingung unstrittig zu sein.

Gemäß § 1 Abs. 3 der VO BGBl. 1995/624 idF BGBl. II 2001/449 gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (z.B. Unterbringung in einem Internat).

Aus den obigen Ausführungen ist ersichtlich, dass es sich sowohl bei der ,Fahrzeit von mehr als einer Stunde' als auch bei der ,25 km-Grenze' nicht - wie die steuerliche Vertreterin des Bf. vermeint - um eine Richtlinienmeinung, sondern um im Verordnungsweg festgelegte Größen handelt, die keinen Auslegungsspielraum zulassen.

Dass für die Festlegung des Einzugsbereiches iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 die zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 ergangene - und nicht die gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 ergangene - Verordnung heranzuziehen ist, bedarf keiner näheren Begründung."

Mit hg. Beschluss vom wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, dem Gericht binnen einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses ein ergänzendes Sachvorbringen zu erstatten.

In seiner Stellungnahme vom betonte der Beschwerdeführer unter Verweis auf sein bisheriges Vorbringen den Umstand, dass zwar die reine Fahrtzeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen 50 und 58 Minuten betrage, dass jedoch die Wartezeiten am Bahnhof bis zur Abfahrt oft länger als eine Stunde betragen würden. Derartige abendliche Wartezeiten seien für eine 15-jährige Schülerin nicht zumutbar. "Wenn es einem Erwachsenen auf seinem täglichen Weg von und zur Arbeitsstätte laut Pendlerrechner unzumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, sollte dies auch für ein 15-jähriges Mädchen gelten".

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Tochter des Beschwerdeführers ***1*** hatte Ihren Hauptwohnort im Streitjahr 2015 - ident mit dem Beschwerdeführer - in [Wohnort] und besuchte in den Monaten September bis Dezember 2015 die Höhere Bundeslehranstalt in [Studienort]. In diesen Monaten besuchte die Tochter auch das schuleigene Internat am selben Standort.

Die Entfernung zwischen dem Hauptwohnort der Auszubildenden und der Ausbildungsstätte beträgt unter 25 km.

Die Fahrtzeit für die einfache Strecke zwischen Hauptwohnort der Auszubildenden und Ausbildungsstätte beträgt unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels an keinem Schultag mehr als eine Stunde.

Beweiswürdigung

Zu dieser Sachverhaltsfeststellung gelangt das Bundesfinanzgericht aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Die Wohnadresse und die Adresse der besuchten Höheren Bundeslehranstalt sind aktenkundig und wurden auch im Verfahren von den Parteien nicht in Streit gezogen. Die Dauer des Schulbesuches im Streitjahr 2015 von September bis Dezember (vier Monate) wird durch die aktenkundige Bestätigung der Schule belegt, ebenso wie der Besuch des schuleigenen Internats.

Eine Entfernung über 25 km zwischen dem Hauptwohnort und der Ausbildungsstätte wurde auch vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht behauptet und belegen alle vorgelegten und aktenkundigen Beweismittel ebenso ein Unterschreiten der Grenze von 25 km (vgl auch das dbzgl Vorbringen im Vorlageantrag). Zudem wurde auch der entsprechenden ausdrücklichen Feststellung im Vorlagebericht der belangten Behörde - welchem gleich wie einer Beschwerdevorentscheidung Vorhaltscharackter zukommt -, wonach es unstrittig feststehe, dass die Entfernung zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte weniger als 25 km betrage, seitens des Beschwerdeführers nicht widersprochen.

Dass die Fahrtzeit für die Hin- oder Rückfahrt zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte mit dem günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel über eine Stunde dauern würde, wurde auch vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht behauptet und belegen alle vorgelegten und aktenkundigen Beweismittel ebenso ein Unterschreiten der Grenze von einer Stunde (vgl auch das dbzgl Vorbringen im Vorlageantrag). Zudem wurde auch der entsprechenden ausdrücklichen Feststellung im Vorlagebericht der belangten Behörde - welchem gleich wie einer Beschwerdevorentscheidung Vorhaltscharackter zukommt -, wonach es unstrittig feststehe, dass die Fahrtzeit vom Wohnort zum Studienort nicht mehr als eine Stunde betrage, seitens des Beschwerdeführers nicht widersprochen.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsstellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 34 Abs 8 EStG lautet:

"Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt."

Die Prüfung einer Zuerkennung des Pauschalbetrags für auswärtige Berufsausbildung hat sich ausschließlich auf die in § 34 Abs 8 EStG 1988 normierte Voraussetzung zu beschränken, ob "im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" besteht, die die Vermeidung des Mehraufwandes ermöglicht hätte (). Mit dem Pauschalbetrag des § 34 Abs. 8 EStG 1988 werden nämlich nur die Mehrkosten aufgrund der Entfernung des Ausbildungsorts vom Wohnort berücksichtigt (vgl bereits ).

§ 2 der zu § 34 Abs 8 EStG 1988 erlassenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes (StF BGBl 624/1995) in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des BGBl II 2001/449, lautete:

"(1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat)."

Da im vorliegenden Fall die Ausbildungsstätte nicht (erst) außerhalb einer Entfernung von 25 km zum Wohnort gelegen ist, kommt eine Anwendung von § 2 Abs 3 der zitierten Verordnung schon deshalb nicht in Betracht (vgl ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, muss es sich beim in der Verordnung genannten "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" - ungeachtet dessen, ob die Auszubildende dieses auch tatsächlich benutzen kann - um ein solches handeln, welches während des Tages Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde sicherstellt. Aus der Zusammenschau von § 2 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Satz der Verordnung ergibt sich zudem, dass die "tägliche Fahrt" maßgeblich ist. Die Zumutbarkeit ist somit (nur) gegeben, wenn an jedem Tag, an dem die Ausbildungsstätte aufgesucht werden muss, eine solche Verkehrsverbindung (mit einer Fahrtdauer von je höchstens einer Stunde) besteht (vgl ; ). Zu beachten ist auch, dass es sich bei dem "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" um die schnellstmögliche Verbindung zwischen zwei Orten, dem Wohnort und dem Studienort, handelt, weshalb die Erreichbarkeit der Abfahrstelle innerhalb der Gemeinde keine Rolle spielt (vgl ; ). Individuelle Wartezeiten vor oder nach Antritt der Fahrten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers - nicht in die Beurteilung der "Fahrzeit" iSd § 2 der oben zitierten Verordnung miteinzubeziehen (vgl ; , mwN; , mwN).

§ 26 Abs 3 Studienförderungsgesetz 1992 in der hier maßgeblichen Stammfassung (BGBl 1992/305) lautete:

"Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch Verordnung festzulegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar."

Gemäß § 3 der zu § 26 Abs 3 Studienförderungsgesetz 1992 erlassenen Verordnung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl 1993/608, ist von der Gemeinde Spitz die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Krems zeitlich noch zumutbar.

Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren die durch den Pendlerrechner belegte Unzumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln für den vorliegenden Fall ins Treffen führt, muss darauf hingewiesen werden, dass auch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die beiden Bestimmungen § 16 Abs 1 Z 6 EStG und § 34 Abs 8 EStG nicht miteinander vergleichbar sind. Während für die Gewährung eines Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG zu prüfen ist, "ob dem Pendler ein in der Benützung von Massenbeförderungsmitteln statt einer Teilnahme am Individualverkehr gelegener Verzicht auf eine Verkürzung der Fahrzeiten zugemutet werden kann", geht es "um die Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr, bei der Auslegung des Begriffes ,Einzugsbereich' in § 34 Abs 8 EStG" (vgl , mwN). Allein diese durch die bezughabenden obigen Rechtsgrundlagen näher umschriebene Voraussetzung, dass "im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" besteht, ist bei der Prüfung der Zuerkennung des Pauschalbetrages gemäß § 34 Abs 8 EStG entscheidend (vgl nochmal , mwN).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann abstellend auf den oben festgestellten Sachverhalt keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer mangels Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen nicht den Pauschalbetrag gemäß § 34 Abs 8 EStG zuerkannt hat.

Eine Prüfung, ob die für die Schulausbildung seiner Tochter aufgewendeten Ausgaben als außergewöhnliche Belastung nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG zu berücksichtigen wären, konnte im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf das im Jahr 2015 bezogene Einkommen des Beschwerdeführers und der damit verbundenen Höhe des Selbstbehaltes, welcher die aktenkundigen Ausgaben bei weitem übersteigt, unterleiben (vgl ).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war (hier: Entfernung und Fahrzeit zwischen Wohnort und Studienort), liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor (vgl zB ).

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105791.2017

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