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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.04.2020, RV/7101267/2020

Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Zunächst machte der, die ungarische Staatsbürgerschaft besitzende und im streitgegenständlichen Zeitraum in Österreich nichtselbständig erwerbstätige Bf. im Rahmen seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 Kosten der doppelten Haushaltführung in Höhe von 2.754,00 Euro sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten im Betrag von 2.160,00 Euro als Werbungskosten geltend.

In dem mit datierten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2027 wurde obige Aufwendungen mit nachstehender Begründung nicht als Werbungskosten anerkannt:

"Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind nur Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, so können Kosten für Familienheimfahrten nur vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend wird bei einem verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von zwei Jahren angesehen. Da in Ihrem Fall die Voraussetzungen nicht zutreffen, konnten die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden."

In der gegen vorgenannten Becheid - innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist - eingebrachten Beschwerde vom führte der Bf. zu den Streitpunkten nachstehendes aus:

" Sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte Sie, die beantragten Kosten mir zu berücksichtigen. Ich bin jede Woche allein mit meinem eigenen PKW zwischen meinem Familienwohnsitz in Ungarn (x) und meinem Arbeitsort in Österreich gefahren. Mein Beschäftigungsort war vom Familienwohnsitz zu weit entfernt, um täglich nach Hause zu fahren. Ich habe eine Lebensgefährtin, die in Ungarn beschäftigt ist. Eine Mitübersiedlung der gesamten Familie ist nicht zumutbar."

Seitens der belangten Behörde wurde dem Bf. mit Schriftsatz vom nachstehendes aufgetragen:

"Sie werden ersucht, binnen oben genannter Frist, folgende Nachweise in deutscher Sprache und Kopie für das Kalenderjahr 2017 zu erbringen:

1. Übermittlung einer beglaubigten Übersetzung des der Beschwerde beigefügten Dokuments vom (Urteil).

2. Ihren Einkommensnachweis in Ungarn (Bescheinigung EU/EWR der ungarischen Steuerbehörde zur Einkommenssteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums - Formular E 9 für das Kalenderjahr 2017)

3. Nachweis der Wohnungskosten am Familienwohnsitz in Ungarn (z.B. Grundbuchsauszug, Mietvertrag etc.)

4. Genaue Darlegung und Nachweis der Gründe, die eine Verlegung des Familienwohnsitzes an Ihren Beschäftigungsort unzumutbar machen ua Einkommensnachweis Ihrer in Ungarn lebenden Lebensgefährtin [Formular E9, bestätigt von der ungarischen Steuerbehörde], Schulbesuchsbestätigung des Kindes etc.)

5. Belegmäßiger Nachweis für die entstandenen Kosten im Zusammenhang mit Ihrer Wohnung am Beschäftigungsort (Mietvertrag & errichtete Miete 2017) und Angabe der Anzahl der Quadratmeter dieser Unterkunft.

6. Angabe und Nachweis Ihres Haushaltes am Beschäftigungsort vor dem , da eine Meldung in y laut Abfrage beim Zentralen Melderegister erst ab dem bestand.

7. Belegmäßiger Nachweis und Aufstellung der entstandene Kosten im Zusammenhang mit Familienheimfahrten:

Bei einer Beförderung mit dem Auto: ua. Fahrtenbuch, Treibstoffrechnungen, Mautbelege, Nachweise über zurückgelegte Kilometer etc.;

Für die Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder sonstigen Mitfahrgelegenheiten: Anzahl der Fahrten und Nachweis der entstandenen Kosten;

Bei Mitbeförderung von anderen Personen in Ihrem Auto: Name der Mitbeförderten und Höhe der dafür enthaltenen Beträge.

8. Wie oft wurden die Heimfahrten vom Arbeitgeber steuerfrei vergütet und wie hoch sind die dafür erhaltenen Ersätze (Bestätigung des Arbeitgebers erforderlich)?

9. Sie haben in Ihrer Beschwerde ein Pendlerpauschale/einen Pendlereuro beantragt. Gemäß § 3 der Pendler Verordnung stellt der Ausdruck aus dem Pendlerrechner die Basis fü die Berücksichtigung dieser Begüstigungen dar. Bitte üermitteln Sie daher den Ausdruck aus dem Pendlerrechner. Soweit Sie noch keinen Ausdruck erstellt haben, steht Ihnen dieser Rechner unter www.bmf.gv.at zur Verfüung.

10. Wie ist Ihre üerwiegende Arbeitszeit (z.B. 08:00 - 16.00 Uhr) und wo befindet sich Ihre Arbeitsstäte? Eine diesbezüliche Dienstgeberbestäigung ist beizubringen.

Obiger Vorhalt wurde vom Bf. wie folgt beantwortet:

"Sehr geehrte Damen und Herren, mit Bezug auf Ihr Ersuchen um Ergänzung vom sende ich Ihnen beiliegend die benötigten Unterlagen. Meine überwiegende Arbeitszeit ist 7:00 - 18:00 Uhr. Meine Arbeitsstätte befindet sich immer anderswo, meistens in Wien, nah (ca. 2 km) von meinem Wohnsitz (y). Eine Verlegung des Familienwohnsitzes an meinen Beschäftigungsort ist unzumutbar, da meine Lebensgefährtin in Ungarn steuerlich relevante Einkünfte bezieht."

Mit Schriftsatz vom wurde gegenüber dem Bf. ein Ergänzungsersuchen nachstehenden Inhaltes erlassen:

"Sie werden ersucht binnen oben genannter Frist folgende Nachweise zu erbringen bzw. Fragen zu beantworten:

- Nachweis der Höhe der Unterhaltskosten durch Übermittlung des Gerichtsurteils (in deutscher Sprache) bzw. schriftlichen Vergleich etc.

- Nachweis, dass dieser Unterhaltspflicht nachgekommen wurde (z.B. Zahlungsbelege; Empfangsbestätigung etc.)

- Ersucht wird um Nachweis der Höhe der Wohnungskosten am Beschäftigungsort sowie am Familienwohnsitz.

- Übermittlung einer Berechnung der Familienheimfahrten sowie der gesamt gefahrenen Kilometer."

Dieses Ersuchen wurde seitens des Bf. wie folgt beantwortet:

Sehr geehrte Damen und Herren, mit Bezug auf Ihr Ersuchen um Ergänzung vom sende ich Ihnen beiliegend die benötigten Unterlagen, die mir zur Verfügung stehen. Wir haben nur eine mündliche Vereinbarung mit meiner Exfrau (a) über die Höhe der Unterhaltskosten. Ich zahle 20.000 HUF Unterhalt im Monat. Ich arbeite seit dem in Österreich, seitdem fahre ich jede Woche allein mit meinem eigenen PKW zwischen meinem Familienwohnsitz in Ungarn (x) und meinem Wohnsitz (Adresse: y) am Arbeitsort in Österreich. Mein Beschäftigungsort war vom Familienwohnsitz zu weit entfernt (160 km), um täglich nach Hause zu fahren.

In der Folge wurde die Beschwerde des BF. mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom abgewiesen, wobei das Finanzamt begründend nachstehendes ausführte:

1. Kosten für Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

Aufwendungen für Familienheimfahrten vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz stellen nur dann Werbungskosten dar, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen.

Durch die Erwerbstätigkeit veranlasste Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung stellen Werbungskosten dar, wenn dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann.

Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

Gegenständlich ist eine tägliche Rückkehr auf Grund von der Entfernung von mehr als 80 km zwischen Familienwohnsitz und Beschäftigungsort nicht zumutbar.

Allerdings ist für den Abzug von Kosten des zweiten Haushaltes am Berufungsort das Vorliegen eines Mehraufwandes Voraussetzung. Ist die Beibehaltung der Wohnmöglichkeit an einem auswärtigen Ort für den Steuerpflichtigen mit keinerlei Kosten, so kann von Mehrkosten nicht gesprochen werden ().

Im Ersuchen um Ergänzung vom wurden Sie ersucht, die entstandenen Kosten am Familienwohnsitz in Ungarn nachzuweisen. Ein derartiger Nachweis erfolgte nicht. Allerdings übermittelten Sie eine Wohnsitzbescheinigung, aus der ersichtlich ist, dass Sie von bis in o Ungarn wohnhaft waren. Aufgrund der Meldung ab 1990 und Ihrem Geburtsjahr 1982 geht das ho. Finanzamt davon aus, dass es sich auf Grund desselben Wohnsitzes seit dem 7. Lebensjahr, nicht um einen eigenständigen Haushalt mit Ihnen anfallenden Kosten handelt. Auf Grund des fehlenden Mehraufwandes am Familienwohnsitz können Kosten für dauernde doppelte Haushaltsführung nicht geltend gemacht werden.

Mangels Vorliegen der Voraussetzungen der Kosten für doppelte Haushaltsführung, waren die Beschwerde auch hinsichtlich der Kosten für Familienheimfahrten abzuweisen.

2. Pendlerpauschale und Pendlereuro:

Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht. Darüber hinaus stehen Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG nur dann zu, wenn entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst ("kleines Pendlerpauschale") oder die Benutzung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens 2 Kilometer beträgt ("großes Pendlerpauschale"). Bei Anspruch auf das Pendlerpauschale steht auch ein Pendlereuro zu (§ 33 Abs 5 Z 4 EStG). Gemäß § 3 der Pendler Verordnung stellt der Ausdruck aus dem Pendlerrechner die Basis für die Berücksichtigung dieser Begünstigungen dar.

Die Strecke zwischen Ihrer Wohnung in y und Ihrer Arbeitsstätte (laut Lohnzettel) in z betrug laut Pendlerrechner 5 km. Nach Ausdruck aus dem Pendlerrechner ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels (öffentliches Verkehrsmittel) aufgrund der Fahrzeit mit dem Massenbeförderungsmittel zumutbar. Aufgrund der Wegstrecke von weniger als 20 km besteht kein Anspruch auf ein Pendlerpauschale.

Im Vorlageantrag von führte der Bf. nachstehendes aus:

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich stelle innerhalb offener Frist gegen den Bescheid einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht. Das Finanzamt hat meine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid abgewiesen. Ich habe zahlreiche Unterlagen beigebracht. Das Finanzamt hat die vorgebrachten Beweise nicht berücksichtigt, als hätte ich überhaupt keine Unterlagen vorgelegt, so hat es auch den Sachverhalt mangelhaft festgestellt. Ich habe alle Unterlagen geschickt, die den Erwartungen einer Privatperson entsprechen. Ich fahre jede Woche allein mit meinem eigenen PKW zwischen meinem Familienwohnsitz in Ungarn (Adresse x) und meinem Wohnsitz (Adresse: y) am Arbeitsort in Österreich. Mein Beschäftigungsort war vom Familienwohnsitz zu weit entfernt (160 km), um täglich nach Hause zu fahren. Meine Lebensgefährtin hat im Jahr 2017 steuerlich relevante Einkünfte (2.207.103 HUF, also ca. 7.116,47 EUR) bezogen. Die Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung sind sogar für Alleinstehende für sechs Monaten zu beanspruchen. Also können die Aufwendungen für die Familienheimfahrten und für die doppelte Haushaltsführung meines Erachtens als Werbungskosten anerkannt werden. Aus diesen Gründen stelle ich den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Ich ersuche, die Bescheide des Finanzamtes zu ändern und im neuen Bescheid die beantragten Werbungskosten zu berücksichtigen. Ich bitte Sie darum, in meiner Angelegenheit als Härtefall angemessen zu verfahren und eine positive Entscheidung zu treffen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt und Streitgegenstand

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis, nachstehenden aus der Aktenlage und dem Parteienvorbringen herrührenden Sachverhalt zu Grunde:

Der die ungarische Staatsbürgerschaft besitzende Bf. ist seit April 2017 in Österreich bei einem an der Adresse z domizilierten Unternehmen nichtselbständig erwerbstätig bzw. seit August nämlichen Jahres an der Adresse y polizeilich gemeldet.

In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 beantragte der Bf. neben Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros im Ausmaß von 279,00 Euro bzw. von 4,50 Euro, mit der Begründung, dass seine Lebensgefährtin im Jahr 2017 an dem in x domizilierten Familienwohnsitz Einkünfte von umgerechnet 7.100,00 Euro erzielt habe, Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 2.754,00 Euro sowie Familienheimfahrten im betraglichen Ausmaß von 2.160,00 Euro als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hat der Bf. behufs des ungarischen, mit dessen Lebensgefährtin bestehenden Familienwohnsitzes eine Meldebestätigung vorgelegt aus, welcher die Begründung desselben mit dem Datum ersichtlich ist, während sich der Familienwohnsitz des Bf. seit dessen 7. Lebensjahr und sohin auch im streitgegenständlichen Zeitraum an der Adresse o befunden hat.

Während der Bf. im Verwaltungsverfahren die angefragten Aufwendungen am Familienwohnsitz zur Gänze schuldig geblieben ist wurde für die an oberer Stelle mehrmals angeführte Adresse in Wien eine, an eine namentlich nicht genannte Person gerichtete Vermieterbestätigung des Inhalts dass diese im Jahr 2017 für ihre in m gelegene Unterkunft den Betrag von 1.860,00 Euro entrichtet hat. Was den Nachweis des Ausmaßes der geltend Aufwendungen für Familienheimfahrten anlangt, so hat der Bf. neben einer tabellarischen Aufstellung der unternommenen Fahrten eine Kopie des auf den Namen seiner Lebensgefährtin lautenden Zulassungsscheines vorgelegt.

Ausgehend von den in der Arbeitnehmerveranlagungserklärung 2017 gestellten Anträgen stehen sowohl die ertragsteuerliche Anerkennung der Aufwendungen aus den Titeln der doppelten Haushaltführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten, als auch die Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros in Streit.

2. Rechtliche Würdigung

2.1. Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

2.1.1. Doppelte Haushaltsführung (2.754,00 Euro)

Gemäß § 16 Abs 1 EStG sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 119 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. In diesem Zusammenhang sieht § 138 Abs 1 BAO vor, dass die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen haben. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung. § 138 Abs 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde. Zudem handelt es sich im streitgegenständlichen Fall um Sachverhaltselemente, die ihre Wurzeln im Ausland haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in ständiger Rechtsprechung ausführt, besteht in solchen Fällen eine erhöhte Mitwirkungs-, Beweismittelbeschaffungs- und Beweisvorsorgepflicht (vgl. Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung6, Rz 10 ff zu § 115 mwN).

Von einer doppelten Haushaltsführungwird dann gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss, und die Verlegung des (Familien-)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 EStG.

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet.

Betreffend das Vorliegen eines Familienwohnsitzes im Jahr 2017 ist anzumerken, dass aus den vorliegenden Ausweisen des Bf. und dessen Lebensgefährtin hervorgeht, dass ein solcher erst mit begründet worden ist und demzufolge dem im Verfahren wiederholt vorgebrachten Argument des Bf., wonach die Beibehaltung des ungarischen Familienwohnsitzes schon in der nachweislichen Erzielung von Einkünften seiner Lebensgefährtin begründet liegt, schon per se der Boden entzogen.

Was nun eine im Jahr 2017 durch den Bf. bedingte eigenständige Führung eines - seit Kindheitstagen des Bf. bestehenden Hausstandes - an der Adresse o anlangt, so - ist ungeachtet dessen, dass schon nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eine derartige Führung durch den Bf. als ausgeschlossen zu betrachten ist -, der Bf. trotz entsprechender abgabenbehördlicher Aufforderung den Nachweis des Anfallens jedweder im Zusammenhang mit der Beibehaltung der Wohnmöglichkeit in Ungarn anfallender Aufwendungen schuldig geblieben ist und ergo dessen schon aus letztgenanntem Blickwinkel nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder eine Berücksichtigung von Aufwendungen am Arbeitsort aus dem Titel der vorübergehenden, noch jener der auf Dauer ausgelegten doppelten Haushaltsführung in Betracht kommt ().

In diesem Zusammenhang verbleibt seitens des BFG ergänzend anzumerken, dass dem Umstand, dass - angesichts der an oberer Stelle explizit dargestellten Gestaltung der vorgelegten Vermieterbestätigung - dem Bf. auch die Beweisführung für den Anfall von Aufwendungen für den am Arbeitsort geführten Haushalt misslungen ist, lediglich der Charakter einer Randnotiz beizumessen ist.

Zusammenfassend ist in der Versagung nämlicher Aufwendungen keine Rechtswidrigkeit zu erblicken und war daher der Beschwerde in diesen Punkt eine Absage zu erteilen.

2.1.2 Aufwendungen für Familienheimfahrten (2.160,00 Euro)

Der Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 1 EStG zufolge dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Ebenfalls nicht abzugsfähig (Abs 1 Z 2 EStG) sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit. e EStG sind nicht abzugsfähig Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)Ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG angeführten Betrag übersteigen.

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen wäre. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten allerdings dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird).

In Ansehung der rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtes unter Punkt 2.1.1. kommt eine Berücksichtigung von Aufwendungen - ungeachtet dessen, dass der Bf. für das Anfallen derselben jeglichen Beweis schuldig geblieben ist -, nicht in Betracht und war daher die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.

2.2. Pendlerpauschale und Pendlereuro (279,00 Euro bzw. 4,50 Euro)

InAnbetracht der Tatsache, dass der Bf. der Nichtanerkennung nämlicher Aufwendungen weder in der Beschwerde selbst, noch in seinen im Vorlageantrag getätigten Ausführungen explizit entgegengetreten ist, wird - schon um Wiederholgen zu vermeiden -, auf die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde in der BVE verweisen.

Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.

3. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im vorliegenden Fall insoweit nicht vor, da die ertragsteuerliche Nichtberücksichtigung der Aufwendungen einerseits direkt auf den gesetzlichen Bestimmungen des EStG 1988 fußt, anderseits die Aberkennung derselben in Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht.

4. Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101267.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at