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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.06.2020, RV/7100493/2017

Befristeter Bestandvertrag über ein Geschäftslokal in einem Einkaufszentrum unter Einräumung der Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adr***, vertreten durch i-tax Steuerberatungs GmbH, Triesterstraße 14, 2351 Wiener Neudorf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgebühr, ErfNr. ***1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Vertrag vom gab die ***X*** GmbH als Bestandgeberin der Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf. genannt) eine ca. 410 m² große Geschäftsfläche in einem auf der Liegenschaft EZ ***2*** noch zu errichtenden Einkaufszentrum in Bestand. Dieser Vorgang wurde dem Finanzamt zur Anzeige gebracht.

Mit Bescheid vom erfolgte gegenüber der Bf. gemäß § 200 Abs. 1 BAO bei einer Bemessungsgrundlage von 1,890.264 € die vorläufige Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG in der Höhe von 18.902,64 €.

Die Bemessungsgrundlage setzte sich aus dem vereinbarten monatlichen Mindestpachtzins, dem mtl. Garagenbeitrag, den mtl. Neben- und Werbungskosten (alle Beträge zuzüglich USt) zusammen, wobei von einer bestimmten Vertragsdauer von 10 Jahren ausgegangen wurde. Dazu wurde begründend ausgeführt: "Auf Grund der Verwendung des Mietgegenstandes (Geschäftszwecke) treffen lediglich einige wenige Gründe des § 30 MRG zu, sodass von keinem schrankenlosen Kündigungsrecht des Vermieters gesprochen werden kann. Der endgültige Bescheid ergeht nach Bekanntgabe des tatsächlichen Entgeltes."

Mit Schriftsatz vom wurde durch die steuerliche Vertretung rechtzeitig eine Bescheidbeschwerde erhoben und die Festsetzung der Gebühr in Höhe von 5.471,04 € beantragt, weil es sich um einen Vertrag von unbestimmter Dauer handeln würde und daher der dreifache Jahreswert als Bemessungsgrundlage in Ansatz zu bringen sei. Der Bestandvertrag sei zwar auf bestimmte Dauer von 10 Jahren abgeschlossen worden, der Bestandgeber sei aber berechtigt, das gegenständliche Bestandverhältnis bei Vorliegen der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten vorzeitig zu kündigen.

In der Literatur (Kommentar Twardosz, Rz 36) als auch in etlichen VwGH-Erkenntnissen betreffend die Vergebührung von Verträgen, in denen alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden seien, sei immer von Verträgen unbestimmter Dauer die Rede und zwar unabhängig davon, für welche Geschäftszwecke der Mietgegenstand verwendet werde und wie viele Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG schlussendlich anwendbar seien.

Ausgeführt wurde:

"Vergleiche dazu VwGH (88/15/0040): Geschäftsgegenstand des Mieters: Warenhandel
,Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden behandelt werden muss. Während die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG (früher § 19 Abs. 2 MG) keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit darstellt, vermögen ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis aus gebührenrechtlicher Sicht nicht aufzuheben.' Der VwGH hat in diesem Fall auch ausdrücklich dazu Stellung genommen, dass selbst wenn auf Grund der Geschäftstätigkeit des Mieters von den im § 30 Abs. 2 angeführten 16 Kündigungsgründen nur einige wenige Kündigungsgründe des MRG tatsächlich in Betracht kommen (Z 1, 3, 4 und 7), dies dennoch einer Qualifizierung des Bestandvertrages als Vertrag unbestimmter Dauer nicht entgegensteht.

Vergleiche dazu VwGH (2011/16/0169, Rechtssatznummer 3):
,Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsgründe dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist.' In diesem Fall handelt es sich bei der Mieterin um ein Pflegeheim. Dass bei einem Pflegeheim als Mieterin naturgemäß auf Grund des Geschäftsgegenstandes lediglich nur einige wenige Gründe des § 30 MRG zutreffen, war für die gebührenrechtliche Beurteilung irrelevant.

Vergleiche dazu VwGH (2943/76):
Geschäftsgegenstand des Mieters: Betrieb eines Supermarktes

Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und enthält einen Kündigungsverzicht des Mieters für 10 Jahre, während der Vermieter nur dann aufkündigen kann, wenn ein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 1 und 2 des Mietengesetzes (jetzt § 30 MRG) gegeben ist. Die Finanzlandesdirektion für Steiermark ging von einem Vertrag mit bestimmter Dauer aus, mit der Begründung, dass der Vermieter nur bei Vorliegen einiger weniger Tatsachen kündigen könne (entspricht der Argumentation des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern betreffend die Vergebührung des Bestandvertrages vom unserer Klientin). Der VwGH hat jedoch eindeutig und ausführlich expliziert, dass ,von einer Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle - die es rechtfertigen würde, von einer Bindung auf bestimmte Zeit zu reden - dann nicht mehr gesprochen werden könne, wenn im Vertrag alle Kündigungsgründe des § 19 Abs. 2 Mietengesetz angeführt sind …… Dazu tritt der weitere Hinweis auf sämtliche, in Abs. 2 dieser Gesetzesstelle beispielsweise angeführte Kündigungsgründe, von denen nach der Art der in Bestand gegebenen Sache zwar nicht alle, aber keinesfalls bloß einzelne als Kündigungsgrund in Betracht kommen. Die Abgabenbehörden haben daher geirrt, wenn sie in jenem Vertragspunkt die Beurkundung eines Bestandvertrages von zunächst bestimmter Dauer erblickten, an die sich ein Vertragsverhältnis von unbestimmter Dauer schließt.'"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ua. ausgeführt: "Bei der Beurteilung der Vertragsdauer gilt es in gegenständlicher Sache zu bedenken, dass die Bestimmungen des MRG primär auf Wohnraummiete abstellen, aber auch bei einer bloß sinngemäßen Auslegung ein Großteil der Kündigungsmöglichkeiten auf den vorliegenden Fall einer Geschäftsraummiete zwischen zwei Gesellschaften gar nicht anwendbar ist. Keinesfalls wurden - wie die Beschwerdeführerin vermeint - alle Kündigungsgründe des MRG vereinbart. Die der Bestandgeberin tatsächlich offenstehenden Kündigungsmöglichkeiten setzen ein vertragswidriges (Fehl)verhalten der Bestandnehmerin voraus und sind damit dem Einfluss der Bestandgeberin entzogen. Die Bestandgeberin kann den Vertrag während der bestimmten Laufzeit - selbst unter Bedachtnahme auf ihre im Vertrag angeführten Kündigungsmöglichkeiten im Sinne des § 30 MRG - somit keinesfalls jederzeit aus freien Stücken einseitig beenden, sodass gebührenrechtlich ein auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis vorliegt (vgl. -W09, und )."

Hinsichtlich der Verweise der Bf. auf die drei oben genannten VwGH-Entscheidungen wurde ausgeführt: "Zum Erkenntnis des : Im Gegensatz zu gegenständlichem Sachverhalt gab es keine Vertragsklausel, welche die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG beinhaltete. Vielmehr unterzog der VwGH die vereinbarten Kündigungsgründe einer Prüfung auf deren Realisierungswahrscheinlichkeit und kam in diesem Einzelfall zu dem Ergebnis, dass insbesondere aufgrund von offenkundigenParkplatzschwierigkeiten die Realisierung des Kündigungsgrundes nach Punkt III. Z 1 lit. f) des damaligen Vertrages als durchaus wahrscheinlich zu beurteilen ist.

Entgegen der Argumentation der Beschwerdeführerin hat der VwGH mit Erkenntnis vom , 2011/16/0169, die Rechtsauffassung des (damaligen) unabhängigen Finanzsenates, dass sich die für die Vermieterin denkmöglichen Kündigungsgründe auf solche Gründe des § 30 Abs. 2 MRG beschränkten, die in einem negativen Verhalten der Mieterin begründet seien und aufgrund der besonderen Fallkonstellation davon auszugehen sei, dass diese inhaltlich eingeschränkten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG kaum verwirklicht würden und daher aus gebührenrechtlicher Sicht Bestandverträge von bestimmter Dauer vorlägen, bestätigt.

Das Erkenntnis des , behandelte einen Vertrag, nach dem der Vermieter nur dann kündigen konnte, wenn ein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des (nicht mehr in Geltung stehenden) § 19 Abs. 1 und 2 des Mietengesetzes gegeben ist. Der Vermieter konnte im Gegensatz zum gegenständlichen Fall den Vertrag bereits aus wichtigen Gründen jederzeit kündigen, wie sich aus dem ausdrücklichen Hinweis auf § 19 Abs. 1 des Mietengesetzes ergab."

Im Vorlageantrag vom replizierte die Bf., dass alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG zwischen den Vertragsparteien vereinbart worden seien und die vom Finanzamt herangezogenen Entscheidungen des UFS und BFG mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichbar seien, weil dort die Kündigungsgründe entweder einzeln aufgezählt wurden oder "analog" oder "im Sinne des § 30 MRG" gelten sollten. Diese Fälle lägen gegenständlich nicht vor.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes wurde zu bedenken gegeben, dass die Bestimmungen des MRG primär auf Wohnraummieten abstellen, gewisse Kündigungsmöglichkeiten auf den vorliegenden Fall einer Geschäftsraummiete zwischen zwei Gesellschaften gar nicht anwendbar seien. Nach Prüfung der Kündigungsmöglichkeiten des § 30 Abs. 2 MRG würden nach Ansicht des Finanzamtes im Wesentlichen nur die Kündigungsmöglichkeiten der Ziffern 1 (Mietrückstand), 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch) und 7 (Leerstand) verbleiben. Darüber hinaus sei die Bestandgeberin im Falle einer vorzeitigen Kündigung gemäß Vertragspunkt 5.1 verpflichtet, der Bestandnehmerin die Restbuchwerte zum Zeitpunkt des Vertragsendes zu ersetzen, was der Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe weiter erschwere.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am kam durch Unterzeichnung ein Vertrag zustande, wonach eine Geschäftsfläche im Ausmaß von ca. 410 m² in einem noch zu errichtenden Einkaufszentrum in Bestand gegeben wurde.

In Punkt 5. "Bestandzeit" wurde festgehalten: "5.1 Das Bestandverhältnis beginnt am und wird auf bestimmte Dauer von 10 Jahren, daher bis abgeschlossen. Der Bestandgeber ist unbeschadet der vereinbarten Laufzeit berechtigt, das gegenständliche Bestandverhältnis bei Vorliegen der Kündigungsgründe des § 30/2 MRG unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten vorzeitig aufzulösen. In diesem Fall ist der Bestandgeber verpflichtet, dem Bestandnehmer die Restbuchwerte zum Zeitpunkt des Vertragsendes zu ersetzen."

Als Bestandentgelt wurde ein umsatzabhängiger Hauptbestandzins (unter Zugrundelegung eines Mindest-Hauptbestandzinses), die Leistung von Betriebs- und Nebenkosten, zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart.

Im Punkt 20 "Vertragsauflösung aus wichtigem Grund" wurde folgendes vereinbart:

"Der Bestandgeber ist berechtigt, diesen Bestandvertrag ungeachtet der abgeschlossenen Dauer ohne Einhaltung von Fristen oder Terminen aufzulösen, wenn der Bestandnehmer:

  • mit Entgeltzahlungen trotz Mahnung und Nachfristsetzung von sieben Tagen im Rückstand ist, wobei die Auflösung des Bestandvertrages auch wirksam mit Räumungsklage erklärt werden kann,

  • bei Nichterfüllung behördlicher Auflagen oder gesetzlicher Bestimmungen durch den Bestandnehmer;

  • der Bestandnehmer trotz Mahnung und Setzung einer mindest 3-tägigen Nachfrist seine Betriebspflicht verletzt;

  • den Bestandgegenstand, die der gemeinsamen Verwendung und Benützung dienenden Bereiche und technischen Anlagen unbefugt benutzt oder diese an Dritte weitergibt und dieses Verhalten trotz Abmahnung und Nachfristsetzung beibehalten und nicht unterlassen wird;

  • sich gegenüber dem Bestandgeber, dessen Angestellten und Bediensteten, Kunden oder Besuchern des Freizeit- und Erlebnisshopping Centers oder anderen Bestandnehmern oder dessen Angestellten gegenüber grob ungebührlich verhält;

  • gegen eine wesentliche Bestimmung dieses Vertrages verstößt und trotz Abmahnung und Nachfristsetzung durch den Bestandgeber dieses Verhalten nicht einstellt;

  • ein Insolvenzverfahren eröffnet, oder mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wird;

  • wiederholte Male Exekutionen im Bestandobjekt durchgeführt werden oder ein Zwangsverwalter eingesetzt wird.

Dem Verhalten des Bestandnehmers ist dasjenige seiner Bediensteten, Angehörigen und sonst für ihn tätig werdenden Personen (Lieferanten u.s.w.) gleichzustellen, sofern er nicht unverzüglich geeignete Maßnahmen zum Abstellen und Vermeidung von Wiederholungsfällen trifft."

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der vorgelegten Urkunde, deren Inhalt unstrittig ist und dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entspricht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 17 Abs. 1 GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Es ist daher auf den erklärten Vertragswillen abzustellen ().

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.

Abs. 3 leg. cit. in der gegenständlich anzuwendenden Fassung besagt: "Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen."

§ 30 Mietrechtsgesetz (MRG) bestimmt unter dem Titel "Kündigungsbeschränkungen" Folgendes:

"(1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihmzusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird."

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. ).

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. ; bis 0112; ).

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (). Ein floskelhafter Verweis auf § 30 Abs. 2 MRG genügt noch nicht, um gebührenrechtlich in jedem Fall von einem Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer auszugehen.

Im gegenständlichen Fall wird eine Geschäftsfläche in einem noch zu errichtenden Einkaufszentrum in Bestand gegeben. Betrachtet man die in Punkt 5.1 des Vertrages der Bestandgeberin eingeräumten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG, so ergibt sich, dass die in Z 5, 6, 8 und 16 eingeräumten Kündigungsgründe nicht zur Anwendung gelangen können, da diese Ziffern auf die Vermietung von Wohnraum abstellen. Z 2 kommt nicht in Betracht, weil der vereinbarte Mietzins nicht in einer Dienstleistung besteht. Z 10 eignet sich nicht als Kündigungsgrund, weil das Bestandsobjekt ein Geschäftslokal ist und nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten dient. Z 11 (öffentliches Interesse), Z 12 (Untermietverhältnis), Z 14 und Z 15 (beziehen sich auf ein Mietshaus) sind aufgrund des anderen Sachverhaltes ebenfalls nicht anwendbar. Abgesehen davon handelt es sich gegenständlich um ein erst zu errichtendes Einkaufszentrum und kann von der Möglichkeit eines Abbruchs des Hauses nicht ausgegangen werden. Z 13 ist kein eigener Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit vor, weitere Umstände als Kündigungsgründe zu vereinbaren, was im gegenständlichen Fall auch in Anspruch genommen wurde. Z 9 (Eigenbedarf) ist bei einer Besitz- und Vermietungs-GesmbH, die ein Einkaufszentrum betreibt, nicht vorstellbar (; ; ). Damit verbleiben die Kündigungsgründe der Ziffern 1 (rückständiger Mietzins), 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes), 4 (gewisse Fälle von Untervermietung) und 7 (keine regelmäßige Verwendung zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung). Diese vier verbliebenen Kündigungsgründe setzen ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners voraus und können daher von der Vermieterin nicht nach Belieben ausgeübt werden.

Die nach der Z 13 vereinbarten weiteren Kündigungsgründe sind im Vertrag unter Punkt 20. "Vertragsauflösung aus wichtigem Grund" aufgezählt und enthalten acht Fälle. Der Auflösungsgrund der rückständigen Entgeltzahlung stellt eine Modifikation des § 30 Abs. 2 Z 1 MRG dar, genauso wie die Verletzung der Betriebspflicht eine Modifikation des § 30 Abs. 2 Z 7 darstellt. Alle diese zusätzlich vereinbarten Kündigungsgründe liegen in der Sphäre der Bestandnehmerin und können - mit Ausnahme des Auflösungsgrundes der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Bestandnehmerin und der Exekutionsführung - nur bei Vertragsverletzungen geltend gemacht werden.

Auflösungsgründe, die aus Vertragsverletzungen resultieren, setzen ein grobes Fehlverhalten der Bestandnehmerin voraus und sind diese jeglichem Einfluss der Bf. als Bestandgeberin entzogen. Bei vertragskonformen Verhalten steht ihr damit kein Kündigungsrecht zu und besteht keine Möglichkeit einer Vertragsauflösung aufgrund freier Entscheidung. Die vereinbarten Kündigungsgründe lassen damit nur sehr eingeschränkt eine vorzeitige Kündigung zu und ist eine frühzeitige Auflösung des auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrages als nicht wahrscheinlich einzustufen. Dies umso mehr, als der Bestandgeber bei einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages auch zu einem Ersatz der Restbuchwerte verpflichtet ist (Punkt 5.1 des Vertrages).

Bezüglich der von der Bf. in der Bescheidbeschwerde herangezogenen VwGH Entscheidungen wird auf die Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht hat sich in den letzten Jahren mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen die Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können und wurden Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe anwendbar blieben, als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt; so zB zuletzt in ; , RV/7100109/2017; , RV/7101823/2017; , RV/7100215/2017; , RV/7105629/2018; , RV/7101156/2016; , RV/7101160/2017; , RV/7105121/2016.

Gegen die Entscheidungen des , , RV/7101160/2017 und , RV/7105121/2016 wurden Revisionen beim VwGH erhoben. Dieser hat sie jeweils mittels Beschluss zurückgewiesen (; ; ). Im letztgenannten Fall hatte das BFG bei einer Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ebenfalls eine Einzelfallprüfung durchgeführt und kam zum Ergebnis, dass nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof stützte diese Rechtsansicht mit einem Hinweis auf die anderen beiden Beschlüsse folgendermaßen: "Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen."

Nach dem Gesamtbild sind die der Bestandgeberin eingeräumten Auflösungsgründe nicht von so umfassender Natur, dass im gegenständlichen Fall die Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen Auflösung des Bestandsvertrages gegeben ist und wurde die grundsätzliche Bindung der Vertragsparteien auf 10 Jahre damit nicht aufgehoben. Da einzelne im Vertrag vereinbarte Kündigungsrechte nicht dazu führen, dass ein auf eine bestimmte Zeit eingegangenes Bestandverhältnis gebührenrechtlich als eines mit einer ungewissen Dauer zu qualifizieren ist, war der Beschwerde nicht zu folgen und ist vom erklärten Willen der Vertragsparteien, sich auf 10 Jahre zu binden, auszugehen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision war als nicht zulässig zu erklären, weil das Erkenntnis nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und der VwGH in jüngster Zeit bereits mehrfach Revisionen in ähnlichen Fällen mittels Beschluss zurückgewiesen hat (Ra 2017/16/0111; Ra 2018/16/0040; Ro 2018/16/0004).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100493.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at