Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 02.09.2020, RV/5100602/2020

Erfolgsaussichten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Norbert Zöls sowie die weiteren Senatsmitglieder ***2***, ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend die Abweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) in Anwesenheit der Schriftführerin ***5*** in der Sitzung am zu Steuernummer ***1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt Familienbeihilfe (8.578,80 €) und Kinderabsetzbeträge (3.504,00 €) zurück, welche der Beschwerdeführer (Bf) für seinen Sohn im Zeitraum Februar 2014 bis Jänner 2019 bezogen hatte. Da der Bf. seit in Deutschland beschäftigt sei und seine Ehegattin seit in Österreich eine Berufsunfähigkeitsrente beziehe, sei ab Juni 2013 Deutschland vorrangig zuständig für die Auszahlung der Familienleistungen. Der Erstattungsbetrag in Höhe von 8.576,80 Euro sei bereits von der Familienkasse Bayern Süd überwiesen worden. Die Ausgleichszulage sei für den Zeitraum Februar 2014 bis Jänner 2019 ebenfalls mit dem Rückstand gegenverrechnet worden.

In der Beschwerde vom wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Kinderabsetzbetrag im Ausmaß von 3.504,00 € zu Unrecht zurückgefordert worden sei, obwohl in der Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung eine Ausgleichszahlung inklusive Kinderabsetzbetrag für diesen Zeitraum gewährt worden sei.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Die Familienkasse Bayern habe den Betrag von 8.576,80 € bereits überwiesen. Die Ausgleichszulage hätte mit dem Rückstand (Kinderabsetzbetrag in Höhe von 3.504,00) gegenverrechnet werden müssen, jedoch sei die Ausgleichszulage versehentlich an den Bf am 26.03.3019 bar ausgezahlt worden. Daher bestehe auf dessen Abgabenkonto ein Rückstand in Höhe von 3.504,00 €.

Mit Schreiben vom beantragte der Bf die Aussetzung der Einhebung für den strittigen Betrag von 3.504,00 €.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ohne nähere Begründung ab.

In der Beschwerde vom wurde u.a. auf die Bestimmungen der §§ 212a Abs.1 sowie 230 Abs. 6 BAO verwiesen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde in der weiteren Folge mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Bei richtiger Buchung wäre kein Rückstand entstanden. Jedoch sei die Ausgleichszulage an den Bf versehentlich bar ausbezahlt worden. Durch eine falsche Buchung sei ein Betrag von 3.504,00 € zu Unrecht bezogen worden. Gem. § 212a Abs. 2 lit.a BAO sei eine Aussetzung nicht zu bewilligen, soweit die Bescheidbeschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend scheint. Dies sei im beschwerdegegenständlichen Fall gegeben.

Im Vorlageantrag vom wurde vorgebracht, dass am ein Betrag von 3.653,20 € über Post überwiesen worden seien, als Verwendungszweck seien Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Juni 2004 bis Jänner 2014 angegeben worden. Letztendlich wurde der Antrag auf Senatszuständigkeit gestellt.

Mit Erkenntnis vom GZ RV/5100131/2020 wies das BFG die Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Rückforderung von zu Unrecht bezogener Beträge (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) für den Sohn für den Zeitraum Februar 2014 bis Jänner 2019 als unbegründet ab.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist unstrittig. Strittig ist, ob das Finanzamt die beantragte Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO bewilligen hätte müssen.

Rechtslage:

§ 212a Abs. 1 und 2 BAO lauten:

"(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist."

Erwägungen

Die Aussetzung der Einhebung dient der faktischen Effizienz von Bescheidbeschwerden (vgl. ). Bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht dieser Rechtsanspruch auf Bewilligung eines auf Aussetzung der Einhebung gerichteten Antrags.

Eine Aussetzung ist nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO hingegen nicht zu bewilligen, soweit die Bescheidbeschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Der VwGH führte im Erkenntnis vom , 2000/16/0383 aus, dass eine Abweisung nur dann in Betracht kommt, wenn die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels offenkundig ist, wenn also die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist (ebenso ).

Bei der Prüfung, ob die Beschwerde wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist, ist im Aussetzungsverfahren die Entscheidung über die Beschwerde nicht vorwegzunehmen. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen (vgl. ).

Für das Verwaltungsgericht sind für die Beurteilung nachstehende Überlegungen maßgeblich:

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (nachfolgend: FLAG 1967) Familienbeihilfe gewährt wird, steht gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. § 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 letzter Satz auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden. Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 26 Rz 10).

Nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. EU Nr. L 166 vom und den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. EU Nr. L 284 vom , ist Deutschland derjenige Mitgliedstaat ist, der für die Gewährung der Familienleistungen vorrangig zuständig ist und Österreich lediglich subsidiär (für die Gewährung einer allfälligen Ausgleichszahlung).

Der Bf. bezog daher im Zeitraum Februar 2014 bis Jänner 2019 in Österreich Familienleistungen in der Höhe von 12.080,00 Euro (Familienbeihilfe: 8.576,80 Euro; Kinderabsetzbetrag: 3.504,00 Euro) zu Unrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher als wenig erfolgversprechend, weil die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person- bereits auf Grund obiger Ausführungen- erkennbar ist.

In diesem Zusammenhang ergeht der Hinweis, dass das Verwaltungsgericht bereits mit Erkenntnis vom zu GZ. RV/5100131/2020 die Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.03.3019 als unbegründet abgewiesen und ebenso keinen Zweifel daran gelassen, dass der Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbetragsbezug für den Sohn im maßgebenden Zeitraum zu Unrecht erfolgt ist. Letztendlich hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass es sich in Wahrheit um einen Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto (§ 216 BAO) des Bf handelt, der nicht im Verfahren gegen den Rückforderungsbescheid zu führen ist.

Zudem kommt eine Bewilligung der Aussetzung ab dem Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsmittels in der Regel nicht mehr in Betracht. Insbesondere im Hinblick darauf, dass im beschwerdegegenständlichen Fall kein Säumniszuschlag festgesetzt und in der weiteren Folge eine Ratenzahlung bewilligt wurde (s. dazu Auch Ritz, BAO, 6. Auflage, § 212a Rz 12).

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der im beschwerdegegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100602.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at