Rechtmäßige Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen wegen Nichtvorliegens einer Berufsausbildung einer Polizeischülerin
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0156. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7100264/2021 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind x für den Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Als Ergebnis einer Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe teilte die Bf. der belangten Behörde am mit, dass ihre Tochter x am ihr Studium an der y abgebrochen habe, respektive seit dem als Polizeischülerin in einem auf der Bestimmung des § 36 VBG fußenden, zweijährig befristeten Dienstverhältnis zur LPD-Wien stehe.
Mit der Begründung, dass sich das Kind x nicht mehr in Berufsausbildung befinde, wurde von der Bf. mit Bescheid vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für vorgenanntes Kind als im Zeitraum vom bis zum zu Unrecht bezogen zurückgefordert.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom eine Beschwerde mit nachstehender Begründung erhoben:
"Das im bekämpften Bescheid als Begründung für die Nichtgewährung der begehrten
Familienbeihilfe angeführte Erkenntnis des VwGh zu ZI. 2018/16/0203 - insbesondere die Annahme einer gegebenen Berufsausübung während der Grundausbildung - ist auf meinen Fall nicht anzuwenden!
Zunächst möchte ich klarstellen, dass wir ein Sonderfall eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses, welches per Sondervertrag zwischen meiner Tochter und dem Bund geschlossen wurde, sind. Demzufolge erhalte xx während der Grundausbildung für den Exekutivdienst einen fix festgesetzten Ausbildungsbeitrag (im Sinne einer Lehrlingsentschädigung) und ist in keiner Besoldungs- oder Verwendungsgruppe eingestuft, wie dies der Regelfall im öffentlichen Dienst ist. Sie ist somit als "Ausnahmefall im öffentlichen Dienst zu werten und findet auf sie das grundsätzlich für öffentlich Bedienstete - im privatrechtlich und öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis - geltende Prinzip, dass bereits die Ausbildungszeit am Beginn des Dienstverhältnisse mit einer entsprechender Einstufung in eine Gehaltsstufe und Zuordnung zu einer Verwendungsgruppe verbunden ist, keine Anwendung (Anmerkung: Die vormals praktizierte Vorgangsweise, "Polizeischüler bereits im Zuge ihrer Grundausbildung in die Verwendungsgruppe E2c zu übernehmen, findet aktuell keine Anwendung mehr).
Folglich wird sie erst nach erfolgreichem Abschluss ihrer Grundausbildung, welche mit einer abzulegenden Dienstprüfung endet in öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis der Verwendungsgruppe E2b überstellt. Somit sind klar die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG erfüllt und steht dies auch in keinem Widerspruch zum Erkenntnis des VwGH zu ZI. 2018/16/0203.
Zu dem zitierten Erkenntnis des VwGH im Falle eines in Ausbildung zur Verwendung zum grenz- und fremdenpolizeilichen Exekutivdienst stehenden Bediensteten ist darauf hinzuweisen, dass diese Ausbildung zwar ebenfalls im Rahmen eines Sondervertrags erfolgt, aber im Unterschied zu unseren Fall die erste Phase der Ausbildung auch eine praktische Verwendung (nach einer Erstausbildung und vor einer Ergänzungsausbildung) einschließt. Dieser Ausbildungsabschnitt ist bereits von einer faktischen Berufsausübung geprägt, was dieser Phase der Grundausbildung auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs nimmt. Folglich erfolgt in diesem Zeitraum auch eine verwendungs- und besoldungsspezifische Einordnung (hier in die Entlohnungsgruppe v 4, Bewertungsgruppe 1), wie dies auch in anderen öffentlichen Dienstverhältnissen üblicherweise der Fall ist. Somit ist eben für diese Fallkonstellation von keiner Berufsausbildung als Tatbestands Voraussetzung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auszugehen.
Der VwGH stellt darüber hinaus dezidiert fest, dass dieser Zeitraum einer praktischen Verwendung (zwischen zwei Ausbildungsmodulen) deshalb keiner Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 gleichzustellen ist, da damit weder die Erlangung einer fachlichen Qualifikation noch die Ablegung entsprechender Prüfungen verbunden ist. Die erfolgreiche Absolvierung dieser "ersten Phase der Dienstausübung" stelle auch keine Voraussetzung für die Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis dar, sondern diene lediglich dazu, die zur Erfüllung kommender Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten zu erlangen.
In unserem - gegenständlichen Antrag zu Grunde liegenden - außerordentlichen Dienstverhältnisses sind jedoch genau dieses Erfordernis im Sinne des FLAG gegeben und erfolgt bei mir während des zweijährigen Zeitraumes meiner Grundausbildung zu keiner Zeit die Einordnung in eine Entlohnungsgruppe bzw. Bewertungsgruppe.
Dazu hat auch das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom zu GZ. RV/5100538/2014 unter Berufung auf eine einschlägige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes festgestellt, dass selbstverständlich auch unter der Grundausbildung zum Exekutivdienst ein "anerkanntes Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu verstehen ist."
In der Folge wurde das Rechtsmittel der Bf. mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom abgewiesen, wobei die belangte Behörde dieselbe wie folgt begründete:
"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 67) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht.
Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.
x ist seit in einer exekutivdienstlichen Ausbildung. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203 die Auffassung, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentliche Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung in Sinne des FLAG 67 anzusehen sind, weshalb ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben ist.
Demzufolge besteht u.a. für Personen, die eine Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung ("Polizeischüler/innen") absolvieren, kein Anspruch auf die Familienbeihilfe."
Der gegen die BVE erhobene Vorlageantrag vom lautete wie folgt:
"Ich beantrage nunmehr meine Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
Hinsichtlich der Begründung meines Begehrens und der beantragten Änderungen verweise ich auf meine Beschwerde vom . Das Bundesfinanzgericht hat auch in seiner Entscheidung vom zu GZ. RV/5100538/2014 unter Berufung auf eine einschlägige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes festgestellt, dass selbstverständlich auch unter der Grundausbildung zum Exekutivdienst ein "anerkanntes Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu verstehen ist. Das Monatsentgelt, welches man während der Absolvierung der Ausbildung erhält ("Ausbildungsbeitrag"), ist als "Lehrlingsentschädigung' im Sinne des FLAG anzusehen und daher auch nicht auf die Einkommensgrenze von € 10.000,-; gemäß FLAG anzurechnen Es sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG somit erfüllt und steht dies auch in keinem Widerspruch zum Erkenntnis des VwGH zu Zl. 2018/16/0203.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Festgestellter Sachverhalt
Die Tochter der Bf. hat - nach dem mit Abmeldung vom bewirkten Abbruch des Studiums - einen auf 24 Monate befristeten Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung mit der Landespolizeidirektion Wien abgeschlossen und die Ausbildung am begonnen.
Im Zusammenhang mit der für den Zeitraum vom bis zum 30.09.20109 verfügten Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge führt die Bf. in ihrer Beschwerde unter Berufung auf das Erkenntnis des - ins Treffen, dass ihre Tochter im Rahmen der Ausbildung ein Monatsentgelt lukriere, welches jenem einer, aus einem anerkannten Lehrverhältnis stammenden Lehrlingsentschädigung entspreche und demzufolge nach § 5 Abs. 1 lit. b FLAG nicht als Teil beihilfenschädlichen Einkommens zu werten sei.
2. Rechtliche Würdigung
Strittig ist, ob für die Ausbildung der Tochter der Bf. im Rahmen eines Sondervertrages mit der Landespolizeidirektion Wien für den Exekutivdienst als Berufsausbildung zu qualifizieren ist, respektive andersrum gesprochen die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum vom bis zum zu Recht erfolgte.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Was unter dieser Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (vgl. z.B. , und ).
Unter den Begriff "Berufsausbildung" fallen alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (vgl. z.B. ).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte sich im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203 mit einem Sachverhalt zu befassen, der mit dem hier beschwerdegegenständlichen Fall zwar nicht ident ist, nämlich mit dem Familienbeihilfenanspruch für die Zeit zwischen Grundausbildung und Ergänzungsausbildung eines Grenzpolizisten (und nicht mit der Ausbildung zum Exekutivdienst im Allgemeinen).
Der VwGH hat aber die Abweisung des Familienbeihilfenanspruchs, respektive die Rechtmäßigkeit der Rückforderung der Familienbeihilfe in der Entscheidung bestätigt und dieses Erkenntnis zum Anlass genommen, (erstmals) allgemein gültige Aussagen zur familienbeihilfenrechtlichen Relevanz der Ausbildungsphase eines öffentlich Bediensteten zu treffen und ausgesprochen:
"7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Die Revision erweist sich insofern als zulässig, als sich der Verwaltungsgerichtshof zur familienbeihilfenrechtlichen Relevanz der Ausbildungsphase eines öffentlichen Dienstverhältnisses noch nicht geäußert hat, jedoch aus den nachfolgenden Erwägungen als nicht als berechtigt.
10 Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der 'Berufsausbildung' alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , 2016/15/0076, , 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein 'duales System' der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).
12 Im Revisionsfall stand der Sohn des Revisionswerbers seit in einem - aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG begründeten - privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (§ 1 Abs. 1 VBG). Weiters traf das Verwaltungsgericht die Feststellung, dass der Sohn des Revisionswerbers in der Zeit von Juli 2016 bis einschließlich August 2017 seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt habe. Von einer Berufsausbildungsphase während dieser Zeit könne keine Rede sein. Eine solche sei von Dienstgeberseite auch nicht beabsichtigt, wie sich an der dienst- und gehaltsrechtlichen Stellung und dem Fehlen jeglicher Ausbildungsordnung zeige.
13 Die Revision zieht, wie bereits dargelegt, die vom Verwaltungsgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht in Zweifel; sie führt demgegenüber ins Treffen, dass die gesamte 'Ausbildungsphase' des Dienstverhältnisses als solche im Sinn des FLAG zu werten sei.
Dieser Argumentation kann schon insofern nicht gefolgt werden, als das FLAG den Begriff einer 'Ausbildungsphase' nicht kennt.
14 Zwar spricht das Verwaltungsgericht auch davon, dass laut der vorgelegten Vertragsschablone für den Sondervertrag nach § 36 VBG in den ersten sechs Monaten des Dienstverhältnisses eine Grundausbildung erfolge und die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer sich auf Anordnung der Personalstelle nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von zwei Jahren einer Ergänzungsausbildung zum Exekutivbeamten (E2b) zu unterziehen und mit dieser Ergänzungsausbildung die Grundausbildung für den Exekutivdienst erfolgreich abzuschließen sei.
15 Dies ist allerdings vor dem Hintergrund der maßgebenden dienstrechtlichen Bestimmungen zu sehen:
§ 66 VBG über die 'Ausbildungsphase' des Vertragsbediensteten trifft nähere Bestimmungen über die besoldungsrechtliche Einordnung des Vertragsbediensteten 'am Beginn des Dienstverhältnisses bis zum Abschluss der Ausbildungsphase' (Abs. 1) und über die Dauer der Ausbildungsphase (Abs. 2 - in der Entlohnungsgruppe v4 das erste Jahr des Dienstverhältnisses). Den ErläutRV 1561 BlgNR 20. GP zur Neufassung des § 66 VBG durch das Vertragsbedienstetenreformgesetz, BGBl, I Nr. 10/1999, zufolge ist in der ersten Zeit des Dienstverhältnisses (Ausbildungsphase) vom Vertragsbediensteten noch nicht die vollwertige Ausübung aller Aufgaben seines Arbeitsplatzes zu erwarten.
§ 67 Abs. 1 VBG verweist nunmehr auf den 3. Abschnitt des Allgemeinen Teils des BDG 1979, der wiederum in seinem
1. Unterabschnitt über die dienstliche Ausbildung als Maßnahme der Personal- und Verwaltungsentwicklung in § 23 Abs. 1BDG 1979 bestimmt, dass die dienstliche Ausbildung dem Beamten die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten vermitteln, sie erweitern und vertiefen soll. Der 2. Unterabschnitt über die Grundausbildung bestimmt in § 25 Abs. 1 leg. cit. näher, die Grundausbildung hat die Grund- und Übersichtskenntnisse sowie fachliche, soziale und methodische Fähigkeiten, die für den vorgesehenen Aufgabenbereich erforderlich sind, zu vermitteln. Überdies soll die Grundausbildung zur Erfüllung von Ernennungs- oder Definitivstellungserfordernissen führen.
Nach § 26 Abs. 1 BDG 1979 haben die obersten Dienstbehörden für ihren Zuständigkeitsbereich die Grundausbildung durch Verordnung zu regeln (Grundausbildungsverordnung).
16 Absolviert der öffentlich Bedienstete (hier: in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nach § 1 Abs. 1 VBG) seine Grundausbildung oder Ausbildungsphase erfolgreich, hat dies nicht eine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge. Dem öffentlich Bediensteten soll die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden (vgl. die zit. ErläutRV zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt.
17 Der Umstand, dass der öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs.
18 Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt. Schon deshalb ermangelte es (auch) während des revisionsgegenständlichen Zeitraumes eines Anspruchs auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge."
Damit wird höchstgerichtlich klargestellt, dass (vgl. Rz 16 ff des zitierten Erkenntnisses) im Falle des Eintritts in ein Dienstverhältnis zum Bund bereits von einer Berufsausübung auszugehen ist, die einen Familienbeihilfenanspruch ausschließt, auch wenn in dieser Zeit im Auftrag des Dienstgebers eine Grundausbildung oder Ausbildungsphase absolviert wird. Diese Ausbildungsphase dient der Berufsausübung und kann demnach nicht als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gewertet werden (vgl. auch ; RV/0480-G/06).
Wird dem öffentlich Bediensteten die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung im Rahmen seines Dienstverhältnisses vermittelt (etwa in Form einer Grundausbildung), liegt darin bereits die Ausübung eines Berufes.
Nichts Anderes gilt beispielsweise während der Grundausbildung in der Finanzverwaltung. Auch diese stellt keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar (vgl. ; ; , RV/5100458/2017).
Der Vollständigkeit halber ist seitens des BFG anzumerken, dass auch keine Rede davon sein kann, dass aus dem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203 abzuleiten sei, dass der Verwaltungsgerichtshof für die Zeit der Grund- und der Ergänzungsausbildung Familienbeihilfe gewährt hätte, da diese Zeiten überhaupt nicht den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gebildet haben.
Zu den Ausführungen der Bf. in Bezug auf die Einordnung der Polizeigrundausbildung als "anerkanntes Lehrverhältnis" i.S.d. § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 () ist festzuhalten, dass diese Frage nunmehr vom Verwaltungsgerichtshof () so entschieden wurde, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung um keine Berufsausbildung i.S.d. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 (und damit auch um kein "anerkanntes Lehrverhältnis" i.S.d. § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967), sondern um Berufsausübung handelt.
In Anbetracht vorstehender Ausführungen vermag das BFG in der Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da das BFG der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom18.12.2018, Ra 2018/16/0203 folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103207.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at