Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.07.2020, RV/7102722/2020

Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für das Kind x in den Zeiträumen vom bis zum sowie vom bis zum zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

In einer dem Finanzamt am übermittelten Beantwortung des Formulars "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" gab der Bf. bekannt, dass sein Sohn x, welcher die Reifeprüfung am erfolgreich absolviert hat, nach Beendigung Zivildienstes, sprich im Herbst 2019 ein Studium beginnen werde.

Am beantwortete der Bf. - unter Vorlage einer Bescheinigung, dass sein Sohn x in der Zeit vom bis zum den Zivildienst absolviert hat -, eine weitere "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" dahingehend, dass vorgenanntes Kind ab dem Jahr 2020 ein Studium beginnen werde.

In der Folge wurde vom Bf. mit Bescheid vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge als für das Kind x in den Zeiträumen vom bis zum sowie vom bis zum zu Unrecht bezogen rückgefordert. Hierbei lautete die Begründung der belangten Behörde wie folgt:

"Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Da die obengenannten Voraussetzungen bei Ihrem Sohn nicht zutreffen, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe."

In seiner mit datierten Beschwerde führte der Bf. betreffend die Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind x nachstehendes aus:

Mit dem oben genannten Bescheid wird (zumindest implizit) der Eindruck erweckt, dass die nunmehr zurückgeforderten Beträge auf Basis nicht ordnungsgemäßer bzw. nicht richtiger Angaben bezogen worden seien. Dieser Ansicht wird entschieden entgegengetreten und insbesondere darauf hingewiesen, dass für meinen Sohn x durch Vorlage entsprechender Unterlagen sowohl der Schulabschluss als auch die Ableistung des Zivildienstes jeweils in den angegebenen Zeiten nachgewiesen wurden. Weiters ist bekanntlich nunmehr der Beginn eines Studiums in einer Vielzahl von Fächern und an vielen Universitäten und Fachhochschulen an eine erfolgreiche Absolvierung von Aufnahmetests, speziellen Aufnahmeverfahren oder dgl. geknüpft, so dass ein frühestmöglicher Beginn eines Studiums (einer Berufsausbildung) in vielen Fällen nicht (mehr) allein durch einen potentiellen Studierenden, im vorliegenden Fall beispielsweise durch meinen Sohn, beeinflussbar bzw. entscheidbar ist. Derart ist in solchen Fällen eine nachträgliche Rückforderung von, von der zuständigen Behörde auf Basis von korrekten und ordnungsgemäßen Angaben vormals bewilligten bzw. gewährten Beihilfen bzw. Beträgen als nicht gerechtfertigt anzusehen oder erscheint, wenn überhaupt, lediglich eine "Streichung" von zusätzlichen/weiteren Beihilfen als gerechtfertigt, falls hierfür bestehende Voraussetzungen in der Zukunft - wie beispielsweise im vorliegenden Fall (zumindest vorübergehend) nicht (mehr) erfüllt sein sollten. Es wird daher beantragt, von der Rückforderung der Beträge in gesamten Umfang abzusehen."

Ergänzend führte der Bf. ins Treffen, dass angesichts der Tatsache, dass gleichzeitig mit der Rechtsmittelerhebung ein Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Sohn y eingebracht worden sei und für vorgenanntes Kind ein dem Rückforderungsbetrag identer Betrag an Familienleistungen zu erwarten sei, aus ökonomischen Gründen einen Gegenverrechnung anzudenken sei.

In der Folge schloss sich die belangte Behörde den Ausführungen des Bf. nicht an und wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom ab. Hierbei lautete die Begründung wie folgt:

Gesetzliche Grundlagen:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Sachverhalt und rechtliche Würdigung:

Ihr Sohn x hat am die Matura bestanden. Im Überprüfungsschreiben vom , eingebracht am , teilten Sie dem Finanzamt mit, dass x nach Ableistung seines Zivildienstes, beginnend ab Oktober 2018, ab Herbst 2019 ein Studium inskribieren wird. Daher wurde die Familienbeihilfe für x für den Zwischenzeitraum der Beendigung der Schulausbildung und Beginn des Zivildienstes und Beendigung des Zivildienstes und Beginn des Studiums gewährt. Im Überprüfungsschreiben vom , eingebracht am , informierten Sie das Finanzamt, dass x das Studium nicht im Herbst 2019 beginnen wird, sondern erst ab 2020.

Obwohl Ihr Sohn beabsichtigt hat, ab Herbst 2019 zu studieren, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum nach Abschluss der Schulausbildung, da x nicht mit einer weiteren Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt (=Herbst 2019) begonnen hat, welche einen Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeiten zwischen Schulabschluss und Beginn einer weiteren Berufsausbildung auslösen würde. Daher ist Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

In seinem mit datierten Vorlageantrag verwies der Bf. auf die bisherigen Beschwerdeausführungen sowie auf die Möglichkeit der Gegenverrechnung des Rückforderungsbetrages mit den für den Sohn y zu erwartenden Familienleistungen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

In der Folge legte das BFG dem Erkenntnis nachstehenden, aus der Aktenlage sowie dem Parteienvorbringen resultierenden Sachverhalt zu Grunde:

Im Anschluss an die am erfolgreich absolvierte Matura hat der Sohn des Bf. gemäß den Angaben der mit datierten Beantwortung des Überprüfungsschreibens in der Zeit vom bis zum seinen Zivildienst geleistet. In einer weiteren mit datierten Beantwortung der Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe führte der Bf. aus, dass das Kind x - in Abweichung der Angaben vom , wonach die Aufnahme eines Studiums im Herbst 2019 angedacht sei, - erst ab 2020 studieren werde. Der Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Zeiträume vom bis zum sowie vom bis zum tritt der Bf. im Wesentlichen mit dem Argument, dass einerseits die Gewährung der Familienleistungen auf ordnungsgemäßen Angaben basiert hätten, und insoweit im Falle vorübergehender Nichterfüllung eine "Streichung" nur auf zukünftige Ansprüche beschränkt sei, entgegen.

2. Rechtliche Würdigung

2.1. Streitgegenstand

Ausgehend von dem unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalt steht die Anspruchsberechtigung des Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind x in den Zeiträumen vom bis zum sowie vom bis zum , respektive andersrum gesprochen die Rechtmäßigkeit der Rückforderung für nämliche Zeiträume auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

2.2. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Nach der - für den vorliegenden Fall relevanten - Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d erster Halbsatz FLAG 1967 besteht ferner ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 - in der ab (BGBl. I Nr. 156/2017) geltenden Fassung - normiert ferner einen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, ein Kinderabsetzbetrag in näher festgelegter Höhe zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden.

2.3. Rechtliche Beurteilung

2.3.1. Anspruch des Bf. auf Familienbeihilfe im Zeitraum vom bis zum

Nach einhelliger Auffassung der Literatur, der Judikatur und auch der Verwaltungspraxis ist die Ableistung des Präsenz- (Zivil) Dienstes nicht als Ausbildung für einen Beruf im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG anzusehen. Während der Leistung des Präsenz-(Zivil) Dienstes besteht sohin kein Anspruch auf Familienbeihilfe ().

In Ansehung der Tatsache, dass der Zivildienst keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellt, besteht auch kein Anspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Antritt desselben. § 2 Abs. 1 lit. d FLAG idF des Budgetbegleitgesetzes 2011 regelt nach dem eindeutigen Wortlaut den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung. Der Zeitraum zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn eines Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes ist davon ausdrücklich nicht erfasst (; ).

Ergänzend ist anzumerken, dass die vom Bf. offenbar angedachte ausdrückliche Regelung, dass für die Zeit zwischen Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn eines Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes Anspruch auf Bezug von Familienbeihilfe bestünde, im Übrigen zu keiner Zeit bestanden hat. Lediglich bis zur Änderung des § 2 FLAG durch das Budgetbegleitgesetz 2011 bestand nach dem, - dem Rechtsbestand bis zum angehörenden § 2 Abs. 1 lit. d FLAG - ein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung.

In Ansehung vorstehender Ausführungen war daher seitens des BFG ein im Zeitraum vom bis zum bestehender Anspruch des Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu verneinen, weswegen die Rückforderung der für nämlichen Zeitraum bezogenen Beträge völlig zu Recht erfolgte.

Das vom Bf. ins Treffen geführte Argument, wonach der Zuerkennung der Familienbeihilfe auf die Angaben seiner Beantwortung vom zu Grunde gelegt worden seien (Studium ab 2019 nach erfolgter Ableistung des Zivildienstes), vermag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da die Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auf objektiven Kriterien basiert, sprich dieses sohin auch dann zu Tragen kommt, wenn - wie im zu beurteilenden Fall - die Zuerkennung der Familienbeihilfe für obigen Zeitraum seitens der belangten Behörde in Verkennung der Rechtslage erfolgt ist (vgl. u.a. VwGH v., 97/13/0185; , 98/13/0067).

2.3.2. Anspruch des Bf. auf Familienbeihilfe im Zeitraum vom bis zum

Ausgehend von dem unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalt, wonach der Bf. in seinem Antwortschreiben vom einräumte, dass das Kind x erst ab dem Jahr 2020 ein Studium beginnen werde, steht für das BFG zweifelsfrei fest, dass nach § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 von einem Beginn der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Ableistung des Zivildienstes keine Rede sein kann, weswegen in Ermangelung einer Anspruchsberechtigung auch die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzträge für diesen Zeitraum in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften erfolgte. Betreffend die Einwendung, der "Nichtrückforderbarkeit" ausbezahlter Familienleistungen wird der Bf. ungeachtet der Tatsache, dass die Hingabe der Geldbeträge, dem Regime des FLAG 1967 folgend, nicht auf einem Bescheid beruhte, - schon um Wiederholungen zu vermeiden-, auf die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes unter Punkt 2.3.1. verweisen.

Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da die mangelnde Anspruchsberechtigung des Bf., respektive vice versa die Rechtmäßigkeit der Rückforderung direkt auf den Bestimmungen des FLAG 1967 basiert.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102722.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at