Kosten für einen Hometrainer, ein Dreirad, eine Einstiegsleiter in einen Pool stellen keine außergewöhnliche Belastung dar
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom abgeändert. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Im Beschwerdefall strittig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für Energetiker- und Kinesiologie-Einheiten, Massage-Einheiten, ein Dreirad, eine Einstiegsleiter für einen Pool sowie einen Hometrainer als außergewöhnliche Belastungen bei Vorliegen einer Behinderung ohne Abzug eines Selbstbehaltes im Veranlagungsjahr 2018.
Mit Erklärung zur Arbeitnehmerinnenveranlagung für das Jahr 2018 vom machte die Beschwerdeführerin unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung als außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung iHv EUR 4.074,22 geltend.
Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang um Übermittlung der Belege und einer Kostenaufstellung sowie Informationen zu Förderungen oder Zuschüssen, die die Beschwerdeführerin erhalten habe.
Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom übermittelte die Beschwerdeführerin die Belege sowie eine Kostenaufstellung betreffend die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen (Physiotherapie, Hometrainer, Einstieghilfe für den Pool, Dreirad, Massagen, Kilometergeld, Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten sowie Medikamente).
In der Folge setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom die Einkommensteuer mit EUR 356,00 fest. Nachgewiesene Kosten aus der Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen berücksichtigte sie dabei nur iHv EUR 415,82 (Physiotherapie, Kilometergeld, Medikamente). Begründend führte sie aus, dass die Therapien weder ärztlich verordnet noch ein Ersatz aus der Krankenkasse geleistet worden sei, was für die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung erforderlich sei. Ebenfalls keine Berücksichtigung würden die Ausgaben für die Anschaffungen finden, weil diese zu einer bloßen Vermögensumschichtung geführt hätten. Da die abzugsfähigen Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen niedriger als der für die Beschwerdeführerin ermittelte Selbstbehalt iHv EUR 2.514,61 sei, seien diese insgesamt nicht berücksichtigt worden.
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom , in welcher die Beschwerdeführerin ausführte, dass die Anschaffungen aus gesundheitlichen Gründen erfolgt seien und mit Ausnahme von der Einstiegshilfe in den Pool im Wesentlichen nur von ihr selbst benutzt werden würden. Die Kosten für die Einstiegshilfe in den Pool sowie den Hometrainer habe sie daher nur mit 50% der Kosten angesetzt. Die Massage benötige sie gegen durch Verspannungen verursachte Schmerzen und die Energetik- und Kinesiologie-Einheiten für ihre Psyche. Diese Behandlungen würden jeweils mit einem erlittenen Schlaganfall in Zusammenhang stehen.
Mit Ergänzungsersuchen vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, eine Kopie des Bescheides des Sozialministeriumservice betreffend die Feststellung ihrer Behinderung sowie ärztliche Atteste/Verordnungen zu den im Beschwerdebegehren genannten Therapien und Aufwendungen zu übermitteln.
Am legte die Beschwerdeführerin den Bescheid des Sozialministeriumsservice vom sowie ein im Zusammenhang mit der Antragstellung auf Ausstellung eines Behindertenpasses erstelltes Sachverständigengutachten mit Untersuchung vom vor.
Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin nochmals um Vorlage ärztlicher Atteste/Verordnungen zu den im Beschwerdebegehren genannten Therapien und Aufwendungen sowie um Darstellung des entsprechenden Zusammenhanges mit der festgestellten Behinderung.
In diesem Zusammenhang übermittelte die Beschwerdeführerin am einen ärztlichen Befund einer Allgemeinmedizinerin vom sowie eine neuerliche Aufstellung der beantragten Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen. Im Antwortschreiben führte sie aus, die Kosten der Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten seien mit dem steuerlichen Selbstbehalt zu berücksichtigen, wohingegen die übrigen Aufwendungen in Zusammenhang mit ihrer Behinderung stehen würden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer mit EUR 146,00 fest. Die Aufwendungen für den Hometrainer, die Einstiegshilfe in den Pool sowie das Dreirad wurden dabei nicht als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt berücksichtigt, weil diese keine spezifische, ausschließlich auf die Bedürfnisse behinderter Personen abgestimmte Beschaffenheit haben würden. Daran ändere nach Ansicht der belangten Behörde auch eine ärztliche "Befürwortung" nichts. Vielmehr liege eine bloße Vermögensumschichtung vor. Die übrigen Kosten des Beschwerdebegehrens wurden antragsgemäß berücksichtigt. Gegenüber dem Bescheid vom wurden folglich zusätzlich die Massagekosten iHv EUR 600,00 als Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen anerkannt, sodass insgesamt Aufwendungen iHv EUR 1.015,82 berücksichtigt wurden. Da die Aufwendungen für Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten iHv EUR 1.511,40 niedriger als der Selbstbehalt der Beschwerdeführerin iHv EUR 2.2454,61 waren, sei eine Berücksichtigung dieser Aufwendenden in der Arbeitnehmerinnenveranlagung jedoch nicht erfolgt.
Im dagegen gerichteten Vorlageantrag vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Überprüfung der nunmehr strittigen Aufwendungen für das Dreirad, den Hometrainer, die Einstiegshilfe in den Pool sowie die Energetiker- und Kinesiologie-Einheiten als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt, weil diese mit ihrer Behinderung in Zusammenhang stehen würden.
Die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erfolgte am . Im Vorlageantrag vom selben Tag ersuchte die belangte Behörde die Beschwerde abzuweisen, weil es sich bei den angeschafften Artikeln um markengängige, handelsübliche Produkte handeln würde, die auch bei gesunden Personen zur Steigerung des körperlichen Wohlbefindens beitragen können, sodass von einer Vermögensumschichtung auszugehen sei. Einer im Nachhinein ausgestellten ärztlichen Bestätigung, die die Anschaffung eines Dreirades befürworte, komme dabei keine Bedeutung zu.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin erzielte im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, woraus sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte iHv EUR 21.831,03 ergab. Die sonstigen Bezüge iSd § 67 EStG 1988 betrugen insgesamt EUR 3.990,36. Zudem hatte sie Sonderausgaben iHv insgesamt EUR 184,48. EUR 2.454,61
Der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin im Streitjahr betrug 30%. Die Behinderung der Beschwerdeführerin resultierte aus einem Schlaganfall im Jahr 2017. Infolge des Schlaganfalles leidet die Beschwerdeführerin an Gleichgewichtsstörungen und Einschränkungen in ihrer Bewegungsfähigkeit. Das in diesem Zusammenhang erstellte Sachverständigengutachten vom lautete auszugsweise wie folgt:
"[…]
Anamnese: […] lm Vorgutachten vom erhielt [die Beschwerdeführerin] bei Diagnose Zustand nach lnsult 01/2017 einen GdB 30% bestätigt. Der Verdacht auf entzündliche ZNS-Erkrankung mit einem fokalen Kontrastmittel- anreicherndem Herd in Höhe BWK 3 ohne Beschwerden und unter Befundbesserung erreichte keinen Grad der Behinderung. […] Es bestehe laut behandelnder Neurologin ein Anfangsstadium einer MS- Erkrankung. Es sind keine Schübe aufgetreten, es sind auch keine neuen Beschwerden dazugekommen. Die Beschwerden sind nicht eindeutig zuordenbar ob sie vom lnsult oder von der MS stammen. […]
Derzeitige Beschwerden: Z.n.lnsult 01/2017
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: laut Anamnese: Copaxone, Thrombo ASS, Simvastatin
[…]
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: unauffällig
Ernährungszustand: stark übergewichtig
[…]
[...]
Status Psychicus: orientiert, Gedächtnis, Auffassung und Aufmerksamkeit unauffällig, Stimmung ausgeglichen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lfd. Nr. | Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummern und des Rahmensatzes | Pos.Nr. | Gdb % |
1 | Zustand nach Insult 01/2017 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz bei geringer Restsystematik; unklare Zuordnung dieser mit Verdacht auf entzündliche ZNS-Erkrankung wird mitberücksichtigt | 30 |
[…]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Eine wesentliche Mobilitätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein-und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet.
[…]"
Der Befund der betreffenden Allgemeinmedizinerin vom lautete auszugsweise wie folgt:
"Diagnose:
st.p. Vertikal versetzte Doppelbilder 1/15
Vertebralisdissektion links
ischämischer ICA lnfarct der Medulla oblogata sin
Adipositas
Vertigo
Die Patientin soll sich aufgrund ihres Übergewichtes viel bewegen, kann wegen Unsicherheit ein Fahrrad nicht benützen, ich befürworte deshalb ein Dreirad zur Therapie. Außerdem benötigt sie Physiotherapie, Massage und Bewegungstherapie."
Mit aktenkundiger Rechnung vom kaufte die Beschwerdeführerin das betreffende Liegeergometer ***X*** um EUR 684,00. Dieses Liegeergometer ist im allgemeinen Sportfachhandel erhältlich und nicht speziell für die Bedürfnisse einer körperlich gehandicapten Person ausgerichtet. Das Liegeergometer wird auch von anderen Personen im Haushalt der Beschwerdeführerin genutzt. Es handelt sich dabei um ein Sport- und Fitnessgerät, das für einen umfassenden Personenkreis, unabhängig von körperlichen Einschränkungen, von Interesse ist.
Mit aktenkundiger Rechnung vom erwarb die Beschwerdeführerin betreffendes "Dreirad ***Y***" um EUR 1.000,00 in einem allgemeinen Sportfachgeschäft. Es handelt sich dabei um keine spezielle Ausstattung für körperlich gehandicapte Personen. Beworben wird das ***Y*** Heckdreirad mit "Fahrspaß kombiniert mit der Sicherheit eines Dreirades - und das für jedermann" (Information des Herstellers). Das betreffende Dreirad ist aufgrund seiner Stabilität ein Sport- und Fitnessgerät, welches insbesondere an Personengruppen adressiert ist, die besonderen Wert auf die erhöhte Sicherheit legen (zB ältere Personen). Der Interessentenkreis ist weit umfassend und stellt nicht auf eine körperliche Beeinträchtigung wie jene der Beschwerdeführerin ab.
Mit aktenkundigem Beleg vom kaufte die Beschwerdeführerin die betreffende "Schwimmbadtreppe ***Z***" um EUR 349,99 zuzüglich EUR 60,00 Versandkosten. Es handelte sich dabei um eine handelsübliche Einstiegleiter in einen Pool, die im allgemeinen Fachhandel für Pools und Poolzubehör erhältlich ist und so auch von der Beschwerdeführerin über die Onlineplattform eBay gekauft wurde. Das von der Beschwerdeführerin erworbene Modell erleichtert durch die 24° Schräge und die breiten Stufen den Ein- und Ausstieg aus einem Pool. Es ist jedoch nicht speziell auf die Bedürfnisse von körperlich beeinträchtigten Personen ausgelegt und nach den deutschen Vorschriften kein orthopädisches Hilfsmittel. Dieses Produkt wird insbesondere von älteren Menschen erworben, weil diesen eine Poolnutzung über eine Standardleiter oftmals nicht möglich ist (Auskunft Verkäufer vom ). Die Einstiegsleiter der Beschwerdeführerin wird auch von anderen Personen genutzt, um in den betreffenden Pool zu gelangen.
Die Beschwerdeführerin nahm im Streitjahr 2018 zwölf Kinesiologie-Einheiten um EUR 671,40 (samt Kilometergeld) und zwölf Energetiker-Einheiten um EUR 840,00 für ihr psychisches Gleichgewicht in Anspruch. Eine ärztliche Verordnung, dass diese alternativen Therapieformen in Zusammenhang mit ihrer Behinderung stehen würden, liegt nicht vor. Eine psychische Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin in Zusammenhang mit ihrer festgestellten Behinderung besteht nicht (Sachverständigengutachten vom ). Unstrittig verbesserte sich jedoch der psychische Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im Streitjahr 2018 durch diese Behandlungen; diese Kosten wurden von der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt berücksichtigt.
Zur Linderung ihrer (Verspannungs-)Schmerzen benötigte die Beschwerdeführerin im Streitjahr laut ärztlicher Verordnung Massagen. Hiefür fielen ihr Kosten für zwölf Ganzkörpermassagen iHv EUR 600,00 an. Diese Kosten wurden von der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt berücksichtigt.
Weiters entstanden der Beschwerdeführerin im Streitzeitraum unstrittig Kosten für Physiotherapie iHv EUR 185,30, Kilometergeld iHv EUR 58,80 (Nachuntersuchung) und EUR 27,72 (MRT Kontrolle) sowie Medikamente iHv EUR 144,00; somit insgesamt Kosten iHv EUR 415,82, die von der belangten Behörde auch bereits im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 berücksichtigt wurden.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.
Aus dem Sachverständigengutachten vom ergibt sich, dass die Behinderung der Beschwerdeführerin mit einem Grad von 30% aus einem Schlaganfall im Jahr 2017 resultiert sowie dem Verdacht auf eine mögliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Infolge des Schlaganfalles leidet die Beschwerdeführerin an Gleichgewichtsproblemen, wie sich aus ihrer Beschwerde vom sowie dem Befund der Allgemeinmedizinerin vom ergibt. Dass die Beschwerdeführerin entsprechend ihrem Beschwerdevorbringen infolge ihres im Jahr 2017 erlittenen Schlaganfalles an (Verspannungs-)Schmerzen leidet, steht für das Bundesfinanzgericht nach Maßgabe der allgemeinen Lebenserfahrung außer Zweifel, insbesondere weil auch entsprechende Therapien mit ärztlichem Befund vom verordnet wurden.
A) Dreirad
Die Anschaffung des Dreirades als Hilfsmittel im Zusammenhang mit der Behinderung der Beschwerdeführerin wurde nicht ärztlich verordnet. Der von der der Beschwerdeführerin beigebrachte Befund der Allgemeinmedizinerin ist vom , somit nach dem Kauf des Dreirades ausgestellt worden. Aus diesem Befund ergibt sich, dass sich die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Übergewichtes viel bewegen soll. Eine konkrete Therapie für die Benützung des Dreirades wurde nicht verordnet. Es geht nicht hervor für welchen Zeitraum ein Training mit dem Dreirad vorgesehen ist und in welcher Intensität (Trainingsplan) dies zu erfolgen hat. Nach dem Befund der Allgemeinmedizinerin vom wird lediglich das Dreirad zur Therapie gegen das Übergewicht "befürwortet". Die bloße Anordnung einer betreffenden Ärztin in Zusammenhang mit der Multiplen Sklerose im Anfangsstadium die "Kondition zu wahren" stellt keine ärztliche Anordnung einer konkreten Therapie (Zeitraum, Therapieplan) dar.
Es ist nicht in Abrede zu Stellen, dass das Dreirad bei manchen Wegen für die Beschwerdeführerin eine Erleichterung darstellt und eine zusätzliche Möglichkeit der (Fort-)Bewegung schafft, die Anschaffung ist jedoch nicht behinderungsbedingt erforderlich. Ein Dreirad ist vielmehr als Freizeit-und Sportgerät zu betrachten. Dies ergibt sich auch aus der Informationsbroschüre des Herstellers, wonach es für jedermann geeignet ist sowie aus Online-Informationen des Fachhandels, welche als Zielgruppe des Dreirades insbesondere "Erwachsene und Senioren" ansprechen (***Website***.
B) Hometrainer
Gleiches gilt für das Liegeergometer, für das ebenfalls keine konkrete ärztliche Verordnung vorliegt. Vielmehr soll sich die Beschwerdeführerin im Generellen "viel bewegen" und ihre "Kondition bewahren". Ein konkreter Therapieplan mit Hilfe des betreffenden Ergometers wurde jedoch nicht ärztlich verordnet. Das Liegeergometer ist im allgemeinen Sportfachhandel erhältlich und wurde auch von der Beschwerdeführerin in einem solchen gekauft. Es ist nicht speziell für körperlich beeinträchtigte Personen ausgerichtet, wenngleich "durch den sehr tiefen Einstieg können Menschen mit Handicap sehr leicht auf- und absteigen" (***Website***). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wird ein Liegeergometer jedoch nicht nur von körperlich beeinträchtigten Personen genutzt, sondern beispielsweise auch in vielen Fitnessstudios angeboten und generell von Personen genutzt, die den Rücken durch die Rückenlehne entlasten wollen. Dementsprechend richtet sich die Produktbeschreibung nach der Website des Herstellers generell an Personen, die zu Hause trainieren wollen, ohne dabei nach körperlichen Merkmalen zu unterscheiden (***Website***). Daher ist auch das Liegeergometer als Freizeit-und Sportgerät zu betrachten, dessen Anschaffung nicht behinderungsbedingt erforderlich war. Dies ergibt sich umso mehr, als die Beschwerdeführerin selbst einräumt, das Liegeergometer nicht ausschließlich selbst zu benützen.
C) Einstiegsleiter in den Pool
Die Einstiegsleiter in den Pool wurde im allgemeinen Fachhandel für Poolzubehör über das Portal eBay gekauft. Die Beschwerdeführerin konnte aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr selbstständig über eine senkrechte Einstiegsleiter in den Pool gelangen, weshalb stattdessen die gegenständliche schräggestellte Schwimmbadtreppe angeschafft wurde. Schwierigkeiten, eine steile Einstiegsleiter in den Pool zu verwenden, haben nach telefonischer Auskunft des Verkäufers der betreffenden Einstiegsleiter vom viele Personen, insbesondere Ältere Personen. Aus diesem Grund entscheiden sich viele Personen für das von der Beschwerdeführerin gewählte Modell der Einstiegsleiter, weil es durch die 24° Schräge und die breiten Stufen den Einstieg in den Pool wesentlich erleichtert. Laut E-Mail des Verkäufers sowie telefonischer Rücksprache vom gilt das von der Beschwerdeführerin gewählte Modell nicht als spezielle Ausstattung für körperlich beeinträchtigte Personen nach den deutschen Vorschriften. Derartige orthopädische Hilfsmittel beginnen erst in einer ab einer Preisklasse von ca EUR 2.000,00. Es handelt sich daher bei dem von der Beschwerdeführerin erworbenen Modell um ein handelsübliche Einstiegsleiter in einen Pool, die nicht speziell für die Bedürfnisse einer körperlich gehandicapten Person ausgerichtet ist. Da eine andere Einstiegsmöglichkeit in den betreffenden Pool nicht vorhanden ist, wird die Einstiegsleiter auch von anderen Personen genutzt, um in den Pool zu gelangen. Eine ausschließliche Nutzung durch die Beschwerdeführerin liegt somit nicht vor.
D) Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten
Die Beschwerdeführerin machte Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten als alternative Behandlung statt Medikamente für ihr seelisches Gleichgewicht geltend, weil ihre Psyche durch den Schlaganfall angegriffen gewesen wäre. Eine ärztliche Verordnung für diese Therapieform liegt nicht vor. Auch ist den vorgelegten ärztlichen Befunden kein Therapieansatz ihre Psyche betreffend zu entnehmen. Die im Sachverständigengutachten vom angeführten Medikamente, die im Zusammenhang mit ihrer Behinderung verordnet wurden, sind nicht zur Behandlung psychischer Zustände vorgesehen. Vielmehr wird im betreffenden Sachverständigengutachten zum Status der Psyche der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass dieser "orientiert, Gedächtnis, Auffassung und Aufmerksamkeit unauffällig, Stimmung ausgeglichen" ist. Wenngleich diese alternativen Therapieformen eine positive Auswirkung auf das seelische Gleichgewicht der Beschwerdeführerin im Streitjahr haben konnten, liegt kein unmittelbarer Zusammenhang mit der Behinderung der Beschwerdeführerin vor.
Durch die alternativmedizinischen Behandlungen hat sich offenkundig der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin verbessert, weswegen diese Behandlungen im Jahr 2019 nur noch eingeschränkt in Anspruch genommen wurden. Da auch die belangte Behörde durch Anerkennung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt in der Beschwerdevorentscheidung dies als erwiesen annahm, besteht für das Bundesfinanzgericht kein Grund an einer Verbesserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin im Streitjahr aufgrund dieser Behandlungen zu zweifeln. Die hiefür im Jahr 2019 angefallenen Kosten berücksichtigte die belangte Behörde im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 ebenfalls aus außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 34 Abs. 1 EStG 1988 lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
[…]"
Nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen näher geregelten Selbstbehalt übersteigt.
§ 34 Abs. 6 EStG 1988 lautet auszugsweise wie folgt:
"(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
[…]
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."
Gemäß § 1 Abs. 1, 1.Teilstrich, der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl Nr 303/1996 idF BGBl II Nr 430/2010, sind, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat, die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Nach § 4 der Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
Unter Belastungen im Sinn des § 34 EStG 1988 sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern stellen dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl zuletzt etwa , mwN).
Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Eine andere Beurteilung kann allerdings geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl ).
A) Dreirad und B) Hometrainer
Dass ein Hometrainer für jemanden anderen als die Beschwerdeführerin einen Nutzen haben kann, ist eindeutig zu bejahen, zumal offenkundig ist, dass gerade Hometrainer sehr beliebte und gängige Artikel zur Aufrechterhaltung der persönlichen Fitness und Gesundheitsförderung darstellen. Es ist nämlich bei einem marktgängigen Hometrainer keineswegs eine spezifische Beschaffenheit gegeben, die diesen nur für diverse Heilungen und Linderungen von Erkrankungen brauchbar macht, sondern bildet er durchaus für viele andere Personen, die nicht krank sind oder behandelt werden müssen, eine erhöhte Attraktivität als Sportartikel bzw zur Gesundheitsvorsorge (vgl die zu einem Hometrainer ergangene Entscheidung des -I/04).
Selbiges gilt auch für das angeschaffte handelsübliche Dreirad, das als allgemeines Sport- und Freizeitgerät anzusehen ist (vgl auch die zu einem Liegefahrrad ergangene Entscheidung des ). Die erhöhte Stabilität gegenüber einem handelsüblichen Fahrrad stellt dabei keine spezifische Beschaffenheit betreffend die körperliche Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin dar, sondern richtet sich entsprechend der Herstellerinformation an einen allgemeinen, insbesondere an Erwachsene und Senioren gerichteten Interessentenkreis.
Auch wenn nicht in Abrede zu stellen ist, dass die Beschwerdeführerin sowohl den Hometrainer als auch das Dreirad zur "Bewahrung ihrer Kondition" verwendet, ändert dies nichts daran, dass diese Wirtschaftsgüter keine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit aufweisen und somit durch ihre Anschaffung kein endgültiger Verbrauch, Verschleiß oder sonstiger Wertverzehr stattgefunden hat. Daher ist schon allein mangels Bestehens einer "Aufwendung" (durch die Hingabe von Geld wurde ein gleichwertiger Vermögensgegenstand erstanden) bzw einer "Belastung" (unter einem Erwerb von Vermögensgegenständen ist im allgemeinen Sprachgebrauch keine "Belastung" zu verstehen) keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 gegeben (vgl , mwN).
Die Kosten für die Anschaffung des Hometrainers und des Dreirades sind aber auch nicht als außergewöhnlich zu qualifizieren, weil - wie oben bereits angeführt - eine Vielzahl von Menschen, unabhängig von Bestehen einer Behinderung, derartige Geräte anschaffen und diese aus verschiedensten Gründen benützen (allgemeine Fitnessgedanken, sportliche Trainingsüberlegungen, Vorbeugung gegen oder Bekämpfung von Übergewicht usw).
Da somit im gegenständlichen Fall dem Grunde nach keine "Belastung" des Einkommens im Sinne des § 34 EStG 1988 vorliegt und auch das Merkmal der Außergewöhnlichkeit fehlt, gelangt das Bundesfinanzgericht auf Basis der in freier Beweiswürdigung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen vor diesem rechtlichen Hintergrund zum Ergebnis, dass die in Rede stehenden Kosten für den Hometrainer und das Dreirad nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.
C) Einstiegsleiter in den Pool
Bei der von der Beschwerdeführerin angeschafften Einstiegsleiter in den Pool handelt es sich ebenfalls um ein handelsübliches Modell, dass keine behindertenspezifische Beschaffenheit aufweist. Wenngleich die Gleichgewichtsstörungen der Beschwerdeführerin für die Anschaffung dieser Einstiegshilfe womöglich wesentlich waren, ändert dies nichts daran, dass - entsprechend der Auskunft des Verkäufers der Einstiegsleiter - ein großer Interessentenkreis für diese Einstiegsleiter besteht. Da steile und durch das Wasser rutschige Leitersprossen oftmals eine Gefahrenquelle der Poolnutzung darstellen, besteht offenkundig ein allgemeines Interesse an einer Einstiegstreppe mit breiteren Stufen. Da eine handelsübliche Einstiegstreppe in den Pool keine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit aufweist, hat durch ihre Anschaffung kein endgültiger Verbrauch, Verschleiß oder sonstiger Wertverzehr stattgefunden.
Darüber hinaus wird dieses Modell der Einstiegstreppe von einer Vielzahl von Personen angeschafft, unabhängig davon, ob körperliche Einschränkungen bestehen oder nicht. Damit fehlt es aber der streitgegenständlichen Einstiegstreppe an der für die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 erforderlichen Außergewöhnlichkeit.
Auf Basis der in freier Beweiswürdigung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gelangt das Bundesfinanzgericht vor diesem rechtlichen Hintergrund zum Ergebnis, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Kosten für die Einstiegsleiter in den Pool nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können.
D) Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten sowie Massage-Einheiten
Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Kosten der Heilbehandlung nach § 4 der Verordnung ist, dass diese in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen (vgl Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 35 Tz 17; sowie ).
Dies trifft im Beschwerdefall unstrittiger Weise auf die ärztlich verordneten Massageeinheiten zu, weshalb die belangte Behörde die hiefür entstandenen Kosten iHv EUR 600,00 mit der Behinderung der Beschwerdeführerin in einem Kausalzusammenhang setzte und als außergewöhnliche Belastung entsprechend § 4 der Verordnung berücksichtigte.
Der Beschwerde war daher hinsichtlich der geltend gemachten Berücksichtigung der Kosten für die Massageeinheiten iHv EUR 600,00 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt stattzugeben.
Eine derartige ärztliche Verordnung besteht im Beschwerdefall für die Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten nicht. Vielmehr ist aufgrund der Attestierungen im Sachverständigengutachten vom betreffend den psychischen Zustand der Beschwerdeführerin davon auszugehen, dass diese Kosten (zwölf Kinesiologieeinheiten um EUR 671,40 (samt Kilometergeld) und zwölf Energetiker-Einheiten um EUR 840,00; somit insgesamt EUR 1.511,40) gerade in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung der Beschwerdeführerin stehen. Auf Basis der in freier Beweiswürdigung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen kommt eine Abzugsfähigkeit der Aufwendungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 daher nicht in Betracht.
Zu prüfen ist, ob dieser Aufwendungen iHv insgesamt EUR 1.511,40 als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 berücksichtigt werden können.
Krankheitskosten sind nach allgemeiner Rechtsauffassung außergewöhnlich und auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig iSd § 34 EStG 1988. Abzugsfähig sind beispielsweise Aufwendungen für Arzt und Krankenhaus, Medikamente, Ambulanzgebühren, Behandlungsbeiträge, Selbstbehalte, Zuzahlungen etc (vgl Jakom/Peyerl EStG 2019, § 34 Rz 90 "Krankheitskosten" und die dort angeführte Judikatur).
Aber nicht alle Kosten, die bei Behandlung einer Krankheit entstehen, sind einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich. Nach der Judikatur werden nur Kosten anerkannt, die mit einer Heilbehandlung bzw -betreuung typischerweise verbunden sind. Nicht absetzbar sind Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können (). Behandlungen die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielen, selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf einer konkreten Krankheit positiv auswirken kann, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende Heilbehandlung zu beurteilen (vgl ).
Bei Maßnahmen, deren Beitrag zur Heilung bzw Linderung einer Krankheit oder zur günstigen Entwicklung einer Behinderung nicht hinreichend erwiesen ist und die daher bei der medizinischen Behandlung auch nicht typischerweise anfallen, fehlt es am Merkmal der Zwangsläufigkeit. Dies trifft insbesondere auf Mittel bzw Behandlungsformen aus dem Bereich der Außenseiter-, Komplementär-, Alternativ- bzw Naturmedizin (wie etwa die im Beschwerdefall strittigen Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten) zu. Jedoch ist den durch solche Maßnahmen verursachten Kosten die Eignung als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 nicht von vorne herein bzw in jedem Fall abzusprechen. Entscheidend ist, ob die Wirkungsweise eines Mittels bzw einer Behandlung im konkreten Einzelfall hinreichend nachgewiesen wird. Im Allgemeinen erweist sich eine im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes (und damit vor der Anwendung) erstellte, ärztliche Verordnung als geeigneter Nachweis für die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme (vgl -G/06). Auch dem Kostenersatz durch den Sozialversicherungsträger kommt Indizwirkung zu. Doch sind dies keineswegs die einzigen Möglichkeiten einer Nachweisführung. Es ist letztlich Sache des Antragstellers, der Behörde jene Beweismittel zur Verfügung zu stellen, die eine Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erlauben.
Auf Basis der in freier Beweiswürdigung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gelangt das Bundesfinanzgericht vor diesem rechtlichen Hintergrund zum Ergebnis, dass im Beschwerdefall auch die Zwangsläufigkeit hinsichtlich der gegenständlichen Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten nachweislich gegeben ist.
Nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit jedoch nur insoweit wesentlich, als sie einem einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Nach Abs. 5 leg cit sind den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes sonstige Einkünfte iSd § 67 leg cit hinzuzurechnen. Daraus ergibt sich im Streitjahr 2018 ein für die Berechnung des Selbstbehaltes maßgebendes Einkommen iHv EUR 24.546,09. Von diesem Betrag ist nach § 34 Abs. 4 leg cit ein Selbstbehalt iHv 10% zu berechnen. Da die Aufwendungen für die Kinesiologie- und Energetiker-Einheiten iHv insgesamt EUR 1.511,40 den im Beschwerdefall maßgebenden Selbstbehalt iHv EUR 2.454,61 nicht übersteigen, kommt die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung mangels wesentlicher Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht in Betracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die beschwerdegegenständliche Rechtsfrage zur Außergewöhnlichkeit von Belastungen ist bereits durch die im Erkenntnis näher ausgeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl insbesondere ; ; ; und ). Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl zB ). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | -I/04 -G/06 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106176.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at