Zurücknahme mangels erfolgter Mängelbehebung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter Dr. Sebastian Pfeiffer LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ABC- Wirtschaftstreuhandg.m.b.H., Siebensterngasse 21, 1070 Wien, gegen die Bescheide des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Körperschaftsteuer 2016 und Umsatzsteuer 2016 den Beschluss:
Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Sachverhalt
Auf Basis unbeantworteter Vorhalte schätze die belangte Behörde die Körperschaft- und Umsatzsteuer der Beschwerdeführerin ***Bf1*** (in der Folge "Bf.") für das Streitjahr 2016. Die Bescheide ergingen jeweils am .
Nach mehrmaliger Fristerstreckung wurde die Frist für die Beschwerde bis zum letztmalig verlängert.
Die Beschwerde lautet auszugsweise:
"[...]
Gegen die Bescheide vom über die Festsetzung der Umsatz- und Körperschaftsteuer für das Jahr 2016 erheben wir als bevollmächtigter Steuerberater
Beschwerde
und begründen diese wie folgt:
Wir beantragen Festsetzung laut gesondert eingebrachter Erklärung
[...]"
Die in der Beschwerde angeführte Erklärung wurde nicht abgegeben.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Die Bf. beantragt in den Vorlageanträgen für Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2016 wiederum die Veranlagung laut gesondert eingereichten Erklärungen. Derartige Erklärungen wurden nicht abgeben.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. aufgetragen, folgende Mängel der Beschwerde innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu beheben, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte. Konkret wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheidbeschwerde folgende Elemente fehlen:
Die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO)
Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO)
Eine Begründung (§ 250 Abs. 1 lit. d BAO)
Der vorgenannte Beschluss (Mängelbehebungsauftrag) wurde am zugestellt.
Eine Mängelbehebung der Beschwerde durch die Bf. fand innerhalb der gesetzten Frist nicht statt. Am wurden von der Bf. nunmehr neue Körperschaft- und Umsatzsteuererklärungen eingebracht.
2. Beweiswürdigung
Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, sowie dem Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom .
Vor diesem Hintergrund nahm das Bundesfinanzgericht den obig festgestellten Sachverhalt gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen an.
3. Erwägungen
3.1. Zu Spruchpunkt 1: Zurücknahme
Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat die Bescheidbeschwerde zu enthalten:
die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
eine Begründung.
Der gegenständlichen Bescheidbeschwerde mangelt es an einer Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, der Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und einer Begründung.
Der vom Bundesfinanzgericht gefasste Beschluss vom , wonach die Mängel binnen drei Wochen zu beheben sind, blieb unbeantwortet. Die gesetzte Frist von drei Wochen ist in Hinblick auf die mehrfachen Fristverlängerungen der belangten Behörde (Antrag vom auf Verlängerung bis zum ; Antrag vom auf Verlängerung bis zum ; Antrag vom auf Verlängerung bis zum sowie Antrag vom auf Verlängerung bis zum ) als angemessen zu beurteilen. Denn durch die gewährten Fristverlängerungen stand der Bf. eine Frist zur Einbringung der Beschwerde von über vier Monaten zu.
Der Auftrag zur Mängelbeseitigung gemäß § 85 Abs. 2 BAO ist nicht in das Ermessen der Behörde gestellt. Entscheidet die Behörde, wenn die Voraussetzungen für eine Mängelbehebung vorliegen, ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages, etwa in Form der Abweisung wegen Unvollständigkeit, belastet sie ihre Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Hat die Abgabenbehörde erster Instanz keinen Mängelbehebungsauftrag erlassen, so ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt und zufolge § 279 BAO wie die Abgabenbehörde erster Instanz auch verpflichtet, die Mängelbehebung im Verfahren nach § 85 Abs. 2 BAO aufzutragen (vgl. mwN).
Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Berufung kraft Gesetzes als zurückgenommen (vgl. ).
Im vorliegenden Fall wurde dem Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht entsprochen. Die Beschwerde gilt daher kraft Gesetz als zurückgenommen.
3.2. Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit der Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des . Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 250 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103454.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at