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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2020, RV/7100929/2020

Keine Familienbeihilfe für Polizeischüler während der Grundausbildung: Die Grundausbildung im Exekutivdienst erfolgt im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, sodass Berufsausübung und nicht Berufsausbildung vorliegt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die am x.2000 geborene Tochter C für die Monate Juni 2019 bis Juli 2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) Bf. brachte am einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für Ihre Tochter C, geb. x.2000, beim Finanzamt ein.

Als Beilage legte sie den Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung der Landespolizeidirektion Wien vor.
Der Vertrag begann mit und war mit 24. Monaten befristet.

Das Finanzamt erließ den im gegenständlichen Verfahren strittigen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge für den Zeitraum Juni 2019 bis Juli 2019.

Begründend führte das Finanzamt aus:

"Zu C:
Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.
Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -Fortbildung
• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.
Laut VwGH Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203 wird die Rechtsauffassung vertreten, dass die Grundausbildung oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentlich Bedienstete in der ersten zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausbildung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzusehen sind."

Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. fristgerecht mit folgender Begründung Beschwerde ein:

"Mit abweisender Entscheidung vom wurde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom (Ra 2018/16/0203) verwiesen, wonach "Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung anzusehen sind".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , 2016/15/0076, , 2007/15/0050).
Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ().
Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu Vermittelnden praktischen Grundkenntnissen unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in der Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).
Meine Tochter ist seit unter einem Sondervertrag gem. § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung bei der Polizei. Die Grundausbildung dauert insgesamt 24 Monate und besteht gemäß Ausbildungsverordnung/-erlass ausschließich aus:
- Besuch von ganztägigen Ausbildungskursen in Form eines schulischen Frontalunterrichts zu Themen wie rechtliche Grundlagen der Befugnisse von Exekutivbeamten
- Verwaltungsrecht
- Strafrecht
- Verkehrsrecht
- Themenzentrierter Unterricht
- Sicherheitspolizeiliche Handlungslehre
- Kriminalistik
- Einsatztraining
- Sporttrainingseinheiten
- Kursen zur körperlichen Selbstverteidigung
- Waffenkunde/Waffenlehre
- Schießübungen
- uvm.

Zum Beweis lege ich einen Ausbildungsplan mit sämtlichen Lehrinhalten bei (Beilage A). Wie aus diesen Ausführungen und dem Ausbildungsplan zu entnehmen ist, handelt es sich hierbei um eine echte Berufsausbildung gemäß den oben zitierten Kriterien des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der Berufsausbildung nach dem FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz).
In Abgrenzung des Begriffes der Berufsausbildung zum Begriff der Berufsausübung ist festzuhalten, dass eine tatsächliche Ausübung des Berufes des Exekutivbeamten der Sicherheitsbehörde/Polizei durch den Auszubildenden/Polizeischüler ausgeschlossen ist, bevor die vorgeschriebenen Ausbildungen - welche allesamt mit Prüfungen (bzw. einer Dienstprüfung) beendet werden - absolviert wurden. Eine Ausübung des Berufes eines Exekutivbeamten ist schon aus Gründen der Sicherheit der Berufsanwärter selbst untersagt.
Da die gesamte Ausbildungsphase somit ausschließlich aus dem Besuch von Kursen, der Aneignung von für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten sowie dem Ablegen von Prüfungen besteht, handelt es sich hierbei unzweifelhaft um eine Berufsausbildung nach dem FLAG."

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und führt aus:

"Sachverhalt:
Ihre Tochter C. absolviert seit dem eine exekutivdienstliche Ausbildung bei der Polizei.
Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen.
Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (zB , ). Unter den Begriff "Berufsausbildung" fallen alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (zB ). Laut Verwaltungsgerichtshof können im Zuge einer Berufsausbildung auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden (zB ) und es fällt auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf unter eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 (zB 2011/16/0077).

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, stellt die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar.
Dieses Erkenntnis betrifft zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt hat, jedoch verneint der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziert dies als Berufsausübung (vgl. Rz 16, 17). Es ist daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert wird (vgl. ).
Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht erfüllt und es spielt daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.
Da Ihre Tochter C. keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 absolvierte, besteht ab dem kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung stellte die Bf. den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen

"Der Abweisungsbescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , verletzt mich in meinem subjektiven Recht. Diese Rechtsverletzung ergibt sich im Detail aus folgenden Überlegungen:
ISd § 2 Abs 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe bei Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, für ein volljähriges Kind, welches das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , 2016/15/0076, , 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen.

Meine Tochter, C hat am die Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum Wien - aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung begründeten - privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (§ 1 Abs. 1 VBG) - begonnen.
Die im angefochtenen Abweisungsbescheid angeführte Begründung, wonach ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis (einschließlich Grundausbildung oder Ausbildungsphase/n) hingegen bereits als "Berufsausübung" zu werten ist und nicht die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erfüllt, weshalb in diesem Zusammenhang kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag besteht (vgl. VwGH Ra 2018/16/0203 vom ) geht ins Leere, da sie keine fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung absolviert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sehr deutlich den Unterschied der im Bereich des Bundesministeriums für Inneres vorhandenen exekutivdienstlichen Ausbildungen aufgearbeitet:

Zur Verdeutlichung werden die Unterschiede der Ausbildungslaufbahn der 'Grenzpolizisten' jenen der 'Polizisten' (Exekutivdienst) überblicksmäßig gegenübergestellt


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Fremden- u. grenzpolizeilicher Exekutivdienst

(Erlass des BMI-SI1400/1082-SIAK-ZGA/2015 vom )Grundausbildung für den Exekutivdienst
Grundausbildung für Exekutivdienst
(Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst
-Grundausbildungsverordnung
Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017
Basisausbildung: 6 Monate (Lehrplan, Stundentafel - Unterrichtseinheiten 880, mündliche Prüfung, Zeugnis), Entgelt: 50,29% des Referenzbetrages (§ 3 Abs. 4 GG)
Basisausbildung: 12 Monate (Lehrplan, Stundentafel)Entgelt: 50,29% des Referenzbetrages ( § 3 Abs. 4 GG) während der gesamten Ausbildung
Kursunterbrechung - Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich sowie Unterstützung im sicherheitspolizeilichen BereichEntgelt: SONDERBESTIMMUNGEN - Normalentgelt Exekutivdienstliche Zulagen und Nebengebühren
Berufspraktikum 1 - 3 MonateKennenlernen des Dienstbetriebes ... Die Polizeibediensteten werden dabei, ..., von Exekutivbediensteten geschult und betreut
Ergänzungsausbildung - 9 Monate Lehrplan, Stundentafel 1166 Unterrichtseinheiten, Prüfungen, Zeugnis
Vertiefung - 5 Monate

(Lehrplan, Stundentafel)
Berufspraktikum II - 4 Monate Einführung in den Dienstbetrieb
Mündliche Gesamtprüfung; Dienstprüfung
Unterrichtseinheiten gesamt: 2046
Unterrichtseinheiten gesamt: 2612

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner festgehalten,
dass es unstrittig ist, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen sind.
Das Finanzamt Wien 2/20/21/22 hat unzutreffend und rechtswidrig eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründet (weil das FLAG 1967 den Begriff der Ausbildungsphase nicht kennt) bei der 24-monatigen durchgehenden Ausbildung von meiner Tochter angenommen.

Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).
Die 24-monatige - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - durchgehende Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche meine Tochter absolviert, ist daher als eine Berufsausbildung anzusehen und begrüdet den Anspruch auf Familienbeihilfe gem. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Entscheidung wird der unstrittige Sachverhalt, wie er sich aus dem Verwaltungsgeschehen ergibt, zu Grunde gelegt.

Demnach hat die Tochter der Bf. ab Juni 2019 auf Grund eines von ihr mit der Landespolizeidirektion Wien abgeschlossenen Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Grundausbildung begonnen.

Strittig ist, ob der Bf. für die Zeit, in der sich die Tochter in Ausbildung befindet, Familienbeihilfe zusteht.

Rechtlich ist folgendes auszuführen:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , 2016/15/0076, , 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).

Wenn die Bf. vermeint, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 2018/16/0203 lediglich über die beihilfenrechtliche Relevanz der Grundausbildung im fremden-und grenzpolizeilichen Dienst abgesprochen bzw. die Grundausbildung sowie die Ergänzungsausbildung in diesem Bereich als Berufsausbildung anerkannt so ist ihr folgendes entgegenzuhalten(vgl. ):

Die Bf. unterliegt einem Irrtum, wenn sie zur Stützung ihres Standpunktes Passagen aus dem zitierten Erkenntnis als Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes interpretiert, die in Wahrheit die Wiedergabe der dem Erkenntnis zu Grunde liegenden Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/4100058/2018 im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung durch den Verwaltungsgerichtshof darstellt.

Dabei handelt es sich im Konkreten um die von der Bf. dem Verwaltungsgerichtshof zugeschriebene "Aufarbeitung" der Unterschiede zwischen der Grundausbildung im fremden-und grenzpolizeilichen Exekutivdienst einerseits und der exekutivdienstlichen Grundausbildung andererseits, sowie um die Auffassung der Verwaltungsgerichtshof habe festgestellt:

Unstrittig ist, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen sind.

(Von der damals belangten Behörde wurden diese Zeiten als Berufsausbildung anerkannt, nicht jedoch die Zeit, in der das Kind Dienst als Grenzpolizist versah, die somit streitgegenständlich war).

Der Verwaltungsgerichtshofes begründete die Revisionszulassung wie folgt:
Die Revision erweist sich insofern als zulässig, als sich der Verwaltungsgerichtshof zur familienbeihilfenrechtlichen Relevanz der Ausbildungsphase eines öffentlichen Dienstverhältnisses noch nicht geäußert hat, jedoch aus den nachfolgenden Erwägungen als nicht als berechtigt.

Daraus ergibt sich klar, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren NICHT zwischen der Grundausbildung im fremden-und grenzpolizeilichen Dienst einerseits und im exekutivpolizeilichen Dienst andererseits unterschied, sondern die jeweilige Grundausbildung als im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses erbracht, erachtete.

Dies ergibt sich auch aus der Formulierung:

Absolviert der öffentlich Bedienstete (hier: in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nach § 1 Abs. 1 VBG) seine Grundausbildung oder Ausbildungsphase erfolgreich, hat dies nicht eine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge. Dem öffentlich Bediensteten soll die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden (vgl. die zit. ErläutRV zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt.

Der Umstand, dass der öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs.

Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt. Schon deshalb ermangelte es (auch) während des revisionsgegenständlichen Zeitraumes eines Anspruchs auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Durch diesen Satz bringt der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass jedenfalls im beschwerdegegenständlichen Zeitraum, das war jener der Dienstverrichtung, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestand und darüberhinaus auch nicht für Zeiten der Grundausbildung und Zusatzausbildung, weil jedenfalls mit Abschluss des Dienstvertrages (siehe oben) ein Dienstverhältnis begründet wurde und daher eine den Beihilfenbezug ausschließende Berufsausübung vorlag.

Das Bundesfinanzgericht gelangte daher auch im gegenständlichen Fall zu der Auffassung, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom bereits abschließend die Rechtsfrage entschied, dass öffentlich Bedienstete, und als solch zählen auch Personen, die auf Grund eines Sondervertrages nach § 36 VBG in die fremden-und grenzpolizeilichen Ausbildung bzw in die exekutivdienstliche Ausbildung aufgenommen werden, eine Beruf ausüben, im Rahmen dessen eine Ausbildung zu absolvieren ist, und daher mangels Berufsausbildung kein Anspruch auf Familienbeihilfe gem. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht.
(Vgl. BFG RV/7100641/2020, BFG RV/7100644/2020)

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 letzter Satz auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

Mangels Vorliegens eines Anspruchsgrundes hatte der Beschwerdeführer somit ab September 2018 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, weshalb wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob eine im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses absolvierte Grundausbildung Berufsausbildung oder Berufsausübung darstellt wurde im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203 abschließend geklärt, sodass die Reviison auszuschließen war.

Wien, am

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