Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.07.2020, RV/7500804/2019

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Fehler bei Emailadresseingabe der Behörde

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0080. Zurückweisung mit Beschluss vom , Zl. Ra 2020/13/0079 und 0080.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf2*** wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 15 Abs. 2 des Wiener Tourismusförderungsgesetzes vom , LGBl. für Wien Nr. 13, in der derzeit geltenden Fassung (WTFG), in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), über die Beschwerden des Beschuldigten ***Bf2*** und der haftungspflichtigen Fa. ***Bf1***, beide ***Bf1-Adr*** BRD, und beide vertreten durch Rechtsanwalt ***RA***, ***RA_Adr***, vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien MA6 - Abgabenstrafen vom , mit welchem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerden gegen das Erkenntnis der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien MA6 - Abgabenstrafen vom , ***MA6Zahl***, gemäß § 71 Abs. 1 und 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) abgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Verteidigers Rechtsanwalt ***RA***, des Behördenvertreters ***BV*** und der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) werden die Beschwerden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides anzuführen ist: "§ 33 Abs. 1 und Abs. 4 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, (VwGVG)".

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentlich Revision gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen, vom , ***MA6Zahl***, wurde der Beschwerdeführer ***Bf2***, für schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***Bf1*** als Diensteanbieter/Diensteanbieterin im Sinne des § 3 Z 2 des E-Commerce-Gesetzes, BGBl. I Nr. 152/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2015, im Bereich des Tourismus ab bis zum unterlassen, die nach den Geschäftsunterlagen vorhandenen Identifikationsdaten (Bezeichnung, Name, Geschlecht, Geburtsdaten, Rechtsform) und Kontaktdaten der registrierten Unterkunftsgeber und Unterkunftsgeberinnen sowie sämtliche Adressen der registrierten Unterkünfte (Unterkunftseinheiten) im Gebiet der Stadt Wien unter den im angeführten Erkenntnis zu 1) bis 86) näher angeführten Bezeichnungen auf der Plattform http://www.bestfewo.de dem Magistrat in einer automationsunterstützt auswertbaren Form anzuzeigen und dadurch 86 Verwaltungsübertretungen begangen.

Mit Email vom übermittelte der Vertreter der Bf. eine Beschwerde gegen dieses Straferkenntnis und führte dabei aus, dass die beigefügte Beschwerde von einer Kanzleimitarbeiterin am per E-Mail geschickt worden sei. Durch einen Irrtum der im Übrigen zuverlässigen, jedoch erst kurz in der Kanzlei beschäftigten Mitarbeiterin sei bei der e-mail-Adresse der MA6 die 0 vor der 6 nicht angeführt worden. Am um 17.08 Uhr sei die Übersendung der Mitteilung des Fehlers bei der Nachrichtenzustellung erfolgt.

Es werde ersucht, aufgrund dieses Missgeschicks die Beschwerde, die ursprünglich am versandt worden sei, als rechtzeitig anzusehen bzw. die Wiedereinsetzung in die offene Beschwerdefrist zuzulassen und die Beschwerde, die nochmals angeschlossen werde, entgegenzunehmen.

Mit Bescheid vom wies die Behörde den Antrag vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die erfolgreiche Versendung der E-Mail mit dem Rechtsmittel sei offenkundig nicht überprüft worden, was gerade aber geboten gewesen wäre, wie dies der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2012/10/0100, festgestellt habe. Des Weiteren habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2002/03/0139, ausgesprochen, dass die bloße Bestätigung über die Absendung eines E-Mails nicht den zwingenden Schluss zulasse, dass die Sendung auch beim Empfänger angekommen sei, dies unabhängig davon, ob vom System eine Fehlermeldung generiert worden sei. Zum Nachweis des Einlangens sei vielmehr eine bei Absendung (mit Hilfe der Funktion "Übermittlung der Sendung bestätigen") anzufordernde "Übermittlungsbestätigung" erforderlich.

Daraus ergebe sich, dass ein rechtskundiger Parteienvertreter, der ein fristgebundenes Rechtsmittel per E-Mail einbringt, zur Vermeidung eines über den minderen Grad hinausgehenden Versehens gehalten sei, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Bestätigung über den Erhalt der Sendung durch den Empfänger bzw. eine vom System automatisch generierte "Übermittlungsbestätigung" anzufordern bzw. seinen Kanzleibetrieb so einzurichten und zu überwachen habe, dass derartige Anforderungen durchgeführt werden. Er werde den für ihn geltenden Sorgfaltsanforderungen hingegen nicht gerecht, wenn er sich bloß darauf verlasse, dass nach der Absendung einer E-Mail-Nachricht keine Fehlermeldung erfolgt.

Im Anlassfall sei nicht vorgebracht worden, dass eine derartige Bestätigung angefordert worden bzw. die Einholung einer derartigen Bestätigung unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre. Im Übrigen sei dem Header der Fehlermeldung zu entnehmen, dass diese erstmals bereits am , kurz nach der Versendung der gegenständlichen E-Mail, zugestellt worden sei. Der vorgelegte Ausdruck vom sei vielmehr die Benachrichtigung, dass vom Server keine weiteren Zustellversuche mehr unternommen würden. Bei entsprechender Kontrolle des E-Mail-Postfaches hätte der Eingang der (ersten) Fehlermeldung bereits früher auffallen können und müssen, eine neuerliche Übermittlung der Beschwerde wäre dann noch fristgerecht möglich gewesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom wird der gesamte Inhalt des Bescheides GZ: ***MA6Zahl***, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts angefochten und die Aufhebung des Bescheides begehrt.

Dazu wird vorgebracht:
"1. Die Beschwerde gegen das Straferkenntnis wurde vom bevollmächtigten Rechtsvertreter am nachmittags erstellt. Am Montag, dem fügte die Assistentin des Rechtsvertreters, Frau ***XY*** anweisungsgemäß noch einige kleine Korrekturen am Schriftsatz durch. Nach Unterfertigung durch den Anwalt wurde die Beschwerde eingescannt und per E-MaiI versandt.

Der einschreitende Rechtsvertreter sendet fristgebundene Eingaben grundsätzlich nicht erst am letzten Tag der Frist ab, sondern zumindest einen Tag vorher. Damit soll sichergestellt werden, dass Schriftsätze bei dem jeweiligen Adressaten sicher rechtzeitig einlangen. Zugleich kann damit auf allfällige Zustellprobleme noch reagiert werden, weil der letzte Tag der Frist noch nicht erreicht wurde.

Im gegenständlichen Fall ist die korrekte E-Mail-Adresse im Adressfeld der Beschwerde richtig angegeben. Die Versendung des E-Mails, der die Beschwerde als Anhang beigefügt war, erfolgte am Montag, dem um 17:14:48 Uhr.

Frau ***XY***, die in dieser Kalenderwoche von 13:00-18:00 Uhr in der Kanzlei des Rechtsvertreters arbeitete und ebenso wie ihre Kolleginnen das Postfach office@legis.at betreut, erhielt entgegen der Ausführungen im Bescheid weder am 20.05. noch am 21.05. eine Fehlermeldung, auch die anderen Kanzleikräfte nicht.

2. Erst am Mittwoch, dem , 17:08 Uhr generierte das System (Microsoft Outlook) die Meldung, dass die Beschwerde gegen das Straferkenntnis unzustellbar sei. Diese Nachricht hat Frau ***XY*** sofort dem in dieser Angelegenheit zuständigen Rechtsvertreter vorgelegt. Aus dieser Nachricht war auch erkennbar, dass im E-Mail die Adresse des Magistrat der Stadt Wien mit kanzleiarp@ma6.wien.gv.at angegeben war anstatt mit kanzlei-arp@ma06.wien.gv.at, wie dies auch auf dem Original der Eingabe richtig angeführt war. Auch im elektronischen Akt (System Advokat) war die E-MaiI-Adresse der Magistratsabteilung 6 richtig eingegeben.

Daraufhin wurde die Beschwerde zusammen mit der Fehlermeldung von Microsoft Outlook um 17:52 Uhr nochmals übersandt.
Beweis:
zeugenschaftliche Einvernahme von Frau
***XY***, ***XYAdr***

3. Die (registrierte) Domain der Stadt Wien ist wien.gv.at, ma06 ist die Subdomain. Dies bedeutet, dass der adressierte Server (wien.gv.at) richtig adressiert war, der Subserver jedoch nicht korrekt, dennoch hat die versendete E-Mail den Server wien.gv.at tatsächlich erreicht. Weil das System jedoch an keine Subdomain weiterleiten konnte kam die Nachricht auf die sogenannte "Grey-List" und der Mailserver der Rechtsanwaltskanzlei nahm insgesamt 188 Zustellversuche vor und versuchte nahezu 48 Stunden lang, die E-Mail zuzustellen. Wäre auch die Domain falsch gewesen, wäre sofort, längstens nach 24 Stunden eine Fehlermeldung versandt worden, sodass die Eingabe noch rechtzeitig erneut eingebracht hätte werden können.

4. Zur Möglichkeit eine automatisch generierte "Übermittlungsbestätigung" anzufordern wird ausgeführt, dass solche Übermittlungsbestätigungen trotz Anforderung nicht immer generiert werden, z.B. bei Übersendungen an die Domain gmail.com oder etwa bei einer am erfolgten Übermittlung an einen Richter beim Bundesfinanzgericht, wie aus der Beilage./2 ersichtlich, wo die Nachricht des mail-servers zwar den Abschluss der Zustellung anzeigt, allerdings mit dem Zusatz: Vom Zielserver (beim BFG) wurde keine Zustellungsbenachrichtigung gesendet. Weiters besteht die auch häufig von Empfängern genutzte Möglichkeit, diese Funktion deaktivieren, sodass auch eine Absendung mithilfe der Funktion "Übermittlungsbestätigung" nicht verlässlich ist, wie der Vorgang vom deutlich zeigt.

Somit ist evident, dass auch die Benutzung der Funktion Empfangs-/Zustellungsbenachrichtigung Sicherheit bietet, dass eine Übersendung tatsächlich beim Empfänger einlangte, bzw. das Ausbleiben der Bestätigung nicht bedeutet, dass die Übermittlung nicht stattfand. Sicherheit bietet hingegen der elektronische Rechtsverkehr (ERV) weil bei dessen Verwendung immer eine Bestätigung des Empfangs oder eine Fehlermeldung an den Absender versandt wird. Weshalb zwar VfGH, VwGH, Landesverw.G und Sozialvers.Träger am ERV teilnehmen, nicht jedoch BFG und Verwaltungsbehörden ist für die Bf und deren Rechtsvertreter nicht nachvollziehbar. Der Vorteil des ERV ist, dass die elektronischen Protokollierungen und Verständigungen durch das Bundesrechenzentrum erfolgen müssen.

Weil in der Kanzlei des Rechtsvertreters zum weitaus überwiegenden Teil Eingaben per ERV verschickt werden und die Funktion "Übermittlungsbestätigung" nicht verlässlich ist, wurde diese auch im vorliegenden Fall nicht benützt. Wie der Übermittlungsvorgang vom zeigt, hätte die Funktion keine verlässliche Information erbracht. Die Nicht-Verwendung ist daher kein schwerwiegendes Fehlverhalten, das eine Wiedereinsetzung verhindern könnte.
Beweis:
Nachricht des Mail-Servers vom Beilage./2

5. Die Ansicht der Behörde, dass dem Header der Fehlermeldung zu entnehmen sei, dass diese erstmals bereits am kurz nach Versendung der E-Mail zugestellt wurde, kann nicht geteilt werden. Aus den ursprünglichen Nachrichtenköpfen ergibt sich, dass der Mailserver in der Kanzlei die vom PC von Frau ***XY*** abgesandte E-Mail am um 17:14:47 Uhr (allerdings ist dabei die CTU-Zeit 15:14:47 + 0000 von Greenwich angeführt) übernommen hat und sie eine Sekunde später, nämlich um 17:14:48 (mit zwei Stunden, +0200 Zeitverschiebung zur CTU) an kanzlei-arp@ma6.wien.gv.at versandt hat. Offensichtlich aufgrund der nicht-korrekten Subdomain wurde die E-Mail zwar an den Domainserver der Behörde zugestellt, dieser konnte sie allerdings nicht weiterleiten und das Datenpaket kam in die Grey-List, gleichsam in die Warteschlange, bis diese ungültig wurde. Erst dann, 2 Tage und 188 Zustellversuche später wurde die Nachricht an den Absender generiert, die zwei Tage später, am eintraf.

Eine frühere Fehlermeldung hat jedoch das Sekretariat des Rechtsvertreters nicht erhalten.

6. Alle Mitarbeiter in der Kanzlei des Rechtsvertreters sind ausdrücklich dazu angehalten, eingehende E-Mails oder per E-Mail versandte Benachrichtigungen unverzüglich dem in der Sache zuständigen Anwalt oder, falls dieser nicht anwesend ist, einem Kollegen oder einer Kollegin vorzulegen. So ist es auch in diesem Fall geschehen, in dem Frau ***XY*** nach Erhalt der Information über den Fehler bei der Nachrichtenzustellung sofort den hier einschreitenden Anwalt informierte.

Dass die Mitarbeiterin beim Versenden der E-Mail, welchem die Beschwerde samt Straferkenntnis angeschlossen waren, nicht bemerkte, dass bei der Subdomain der MA6 nur ma6 und nicht ma06 als Adressat angeführt war oder sie die falsche Subdomain selbst eingegeben hat, stellt nach Ansicht des Wiedereinsetzungswerbers einen minderen Grad des Versehens im Sinne einer leichten Fahrlässigkeit dar, da fehlerhafte Übermittlungen gelegentlich auch sorgfältigen Menschen passieren können. Die Adresse der Behörde ist im elektronischen Akt hinterlegt, sodass im Postausgang nur MA6 aufscheint; die gesamte E-Mail Adresse nur dann, wenn man mit dem Mauszeiger über den Adressaten fährt, oder die Mail ausdruckt. Da die Mitarbeiterin unmittelbar nach Versenden des E-Mails noch weitere Tätigkeiten verrichtete und um 18:00 Uhr die Kanzlei verließ erfolgte auch kein sofortiger Ausdruck des E-Mails. Dies nahm Frau ***XY*** erst am nächsten Tag bei Dienstbeginn vor. Weil keine Fehlermeldung eingelangt war, nahm sie an, dass die Übermittlung funktioniert hatte. Nachdem ihr derartiges auch vorher nicht passiert war, hatte sie auch keinen dringenden Grund zur Überprüfung. Dass sie diese Überprüfung der Zustelladresse erst vornahm, als zwei Tage später die Fehlermeldung bei ihr eintraf, stellt daher kein grobes Verschulden dar. Sie hat in der Folge auch richtig und gemäß Dienstanweisung reagiert.

Andererseits ist aufgrund der dargestellten Unzuverlässigkeit der Funktion "Übermittlungsbestätigung" in der Nicht-Verwendung dieser Funktion ebenfalls kein grobes Verschulden zu erblicken, insbesondere dann nicht, wenn fristgebundene Eingaben, die per E-Mail versandt werden mindestens einen Tag vor Ende der Frist abgesandt werden, sodass bei einer falschen Domainadresse die entsprechende Fehlermeldung sofort, in der Regel nach 12 Stunden, spätestens aber nach 24 Stunden vom System versandt wird.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass die anwaltlichen Kontrollpflichten nach der Rechtsprechung nicht überdehnt werden dürfen und unter dem Gesichtspunkt des in einer Rechtsanwaltskanzlei bestehenden Arbeitsdrucks zu werten sind.
In der Kanzlei des einschreitenden Rechtsvertreters ist in über 20 Jahren noch niemals eine Frist versäumt worden, wenngleich fehlerhafte Zustellungen selten, aber doch vorgekommen sind. Da jedoch die Kanzleimitarbeiter angewiesen sind, in einem solchen Fall sofort zu reagieren und fristgebundene Schriftstücke spätestens einen Tag vor Ablauf der Frist eingebracht werden, konnte aufgrund der Kanzleiorganisation ein derartiger Fall bisher vermieden werden.

Aus den dargelegten Gründen steht die durch außergewöhnliche Umstände erfolgte Verspätung der Übersendung der Beschwerde der beantragten Wiedereinsetzung nicht entgegen.

Die ***Bf1*** sowie deren Geschäftsführer ***Bf2*** stellen den
Antrag, den Bescheid GZ:
***MA6Zahl*** vom ersatzlos zu beheben, die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist zuzulassen und das Verfahren fortzusetzen."

In der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Parteien auf das bisherige Vorbringen, insbesondere seitens des Vertreters der Bf. auf die umfangreichen Ausführungen der Beschwerdeschrift verwiesen. Festgehalten wurde, dass eine Übermittlungs- oder Lesebestätigung der Behörde über die erfolgreiche Zustellung der E-Mail vom nicht angefordert und auch bei der Behörde nicht nachgefragt worden sei, ob das Rechtsmittel fristgerecht übermittelt wurde bzw. bei der Behörde einlangte.

Von der beantragten Ladung der Assistentin des Vertreters der Bf., Frau ***XY***, zur zeugenschaftlichen Einvernahme wurde Abstand genommen, da das Bundesfinanzgericht vom in der Beschwerdeschrift vorgebrachten Sachverhalt, welcher seitens der beantragten Zeugin bestätigt hätte werden können, ohnehin ausgegangen ist und der Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall stellten der Bf1. und die haftungspflichtige GmbH mit Schriftsatz vom durch ihren Vertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gleichzeitig wurde eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom übermittelt, da die ursprünglich von einer Kanzleimitarbeiterin per E-Mail am versandte Beschwerde gegen das Straferkenntnis infolge eines Fehlers bei der Adresseneingabe die Behörde nicht erreicht hat und die Übersendung der Mitteilung des Fehlers bei der Nachrichtenzustellung erst am um 17.08 Uhr erfolgte, wodurch die Beschwerde daher unbestrittenermaßen verspätet eingebracht wurde.

Die Behörde wies in der Folge den Antrag mit Bescheid vom ab.

Zu prüfen ist gegenständlich, ob es sich nach den Umständen des Einzelfalles um einen minderen Grad des Versehens handelt und die Wiedereinsetzung zu bewilligen ist oder ob ein bestimmtes Fehlverhalten einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten über den Grad eines leichten Versehens hinausgeht.

Der Rechtsvertreter erstellte am Nachmittag des einen Beschwerdeschriftsatz gegen das Straferkenntnis und fügte die Assistentin des Rechtsvertreters am Montag, dem , anweisungsgemäß noch einige kleine Korrekturen am Schriftsatz durch. Nach Unterfertigung durch den Anwalt wurde die Beschwerde eingescannt und von der Sekretärin um 17:14:48 Uhr per E-MaiI statt an die richtige E-Mail-Adresse kanzlei-arp@ma06.wien.gv.at irrtümlich an die E-Mail-Adresse kanzleiarp@ma6.wien.gv.at gerichtet.

Vom E-Mail Server der belangten Behörde wurde das Rechtsmittel nicht empfangen, weil die angegebene E-Mail-Adresse nicht existiert.

Am Mittwoch, dem , 17:08 Uhr erhielt die Kanzlei die Meldung, dass die Beschwerde gegen das Straferkenntnis unzustellbar sei. Diese Nachricht wurde sofort dem in dieser Angelegenheit zuständigen Rechtsvertreter vorgelegt. Daraufhin wurde die Beschwerde zusammen mit der Fehlermeldung von Microsoft Outlook um 17:52 Uhr nochmals übersandt.

Eine Übermittlungs- oder Lesebestätigung der Behörde über die erfolgreiche Zustellung dieser E-Mail wurde nicht angefordert. Eine Nachfrage bei der Behörde durch die Assistentin, ob das Rechtsmittel fristgerecht übermittelt wurde und bei der Behörde einlangte, erfolgte nicht. Der Beschwerdeschriftsatz langte bei der belangten Behörde nicht innerhalb der Beschwerdefrist ein.

Rechtslage:

Zunächst ist festzuhalten, dass bei einer Entscheidung über einen
Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Beschwerdefrist § 33 VwGVG und
nicht § 71 AVG anzuwenden ist. Die Rechtsprechung zu § 71 AVG kann aber auf § 33
VwGVG übertragen werden und es stellt die Anführung der unzutreffenden Gesetzesstelle
im Spruch des angefochtenen Bescheides keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar
(vgl. etwa ).

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre die Auffassung, dass als "Ereignis" nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern prinzipiell jedes, auch inneres, psychisches Geschehen, ein psychologischer Vorgang - einschließlich der "menschlichen Unzulänglichkeit" - anzusehen sei. Zu den Ereignissen iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG 1991, die zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen können, zählt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folglich heute auch "innere (psychologische) Vorgänge", wie zB Vergessen, Versehen, Irrtum (vgl. Hengstschläger/Leeb, § 71 Tz 35).

Um die Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, muss das Ereignis für den Wiedereinsetzungswerber entweder unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein (Hengstschläger/Leeb, § 71 Tz 37).

Ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht
verhindert werden kann. Mit dem Begriff "unabwendbar" stellt das Gesetz objektiv auf
die Möglichkeiten des Durchschnittsmenschen ab (Hengstschläger/Leeb, § 71 Tz 39, mit
Judikaturnachweisen).

Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht (von dieser Partei) nicht erwartet werden konnte. Ob ein Ereignis als "unvorhergesehen" einzustufen ist, richtet sich nach den subjektiven Verhältnissen der Partei, nach den tatsächlichen Umständen und dem konkreten Ablauf der Ereignisse und nicht nach dem "objektiven Durchschnittsablauf" (Hengstschläger/Leeb, § 71 Tz 38, mit Judikaturnachweisen).

Das im Begriff der "Unvorhergesehenheit" gelegene Zumutbarkeitsmoment ist dahin zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein minderer Grad des Versehens unterläuft. Ein solcher minderer Grad des Versehens liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Der Wiedereinsetzungswerber darf aber nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. etwa ). Die Einhaltung von
Rechtsmittelfristen erfordert von der Partei und ihrem Vertreter größtmögliche Sorgfalt
(vgl. etwa ).

Das Verschulden des Parteienvertreters trifft nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt (vgl. , mwN).

Dem Verschulden der Partei selbst an der Fristversäumung ist ein Verschulden des Vertreters, nicht jedoch ein Verschulden anderer Personen gleichzuhalten. Führt das Fehlverhalten anderer Personen, etwa das von Angestellten, zu einer Fristversäumung, so ist zu prüfen, ob der Parteienvertreter (oder die Partei selbst) dadurch ein schuldhaftes Verhalten gesetzt hat, dass er (oder sie) eine ihm (oder ihr) auferlegte Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hat. Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen ist (vgl. etwa den hg. VwGH Ra 2014/15/0009 - Beschluss (Volltext) VwGH Ra 2014/15/0009 - Beschluss (Volltext)). Dabei ist durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auch auszuschließen sind. Der Vertreter hat ein wirksames Kontrollsystem vorzusehen, das im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet ist (vgl. etwa die Beschlüsse des , VwGH Ro 2014/16/0004 - Beschluss (Volltext) VwGH 2014/16/0004 - Beschluss (Volltext) VwGH Ro 2014/16/0004 - Beschluss (RS 1) VwGH 2014/16/0004 - Beschluss (RS 1) , und vom , 2013/16/0196 VwGH 2013/16/0196 - Beschluss (Volltext) VwGH 2013/16/0196 - Beschluss (RS 1) ).

In rechtlicher Hinsicht ist sohin festzuhalten, dass bei einem Fehler von Hilfskräften eines Rechtsanwalts, wie hier bei einer Assistentin, es diesfalls nicht auf deren Verschulden, sondern auf das des Rechtsanwalts ankommt. Sofern einen Rechtsanwalt kein grobes Überwachungs- oder Organisationsverschulden trifft und es sich um ein einmaliges Versehen handelt, das angesichts der Verlässlichkeit und Bewährung der Kanzleikraft nicht zu erwarten war und trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung der Kanzleiangestellten unterlaufen sind, liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor.

Auch ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muss daher bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft gemacht bzw. müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden (vgl. u.a. VwGH Erkenntnisse vom , Zl. 2005/05/0100, vom , Zl. 2005/09/0015, vom , Zl. 2006/18/0080, und vom , Zl. 2010/12/0098, sowie Beschlüsse vom , Zl. 2009/02/0108, und vom , Zl. 2013/02/0124), wobei das Fehlen der Angaben zur Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsvorbringens keinen Form- bzw. Inhaltsmangel darstellt, welcher gemäß § 13 Abs. 3 AVG einer Verbesserung zugänglich wäre (siehe VwGH Erkenntnisse vom , Zl. 2005/09/0015 = VwSlg. 16834 A/2006, und vom , Zl. 2006/18/0080). Es führt vielmehr zur Nichtstattgebung des Antrages.

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben kann nicht erkannt werden, dass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im vorliegenden Fall gegeben wären:

Wie sich aus dem Wiedereinsetzungsantrag bzw. der Beschwerdeschrift ergibt, wurde die Beschwerde von einer Assistentin des Rechtsanwalts des Antragstellers an eine unrichtige E- Mail-Adresse (x@ma6.gv.at anstelle richtig x@ma06.gv.at) gesendet.

Ein Anbringen ist aber nur dann als eingebracht anzusehen, wenn es der Behörde tatsächlich zugekommen ist, nur in diesem Fall kann auch von einer Entgegennahme durch die Behörde ausgegangen werden. Eine E-Mail-Sendebestätigung lässt dabei nicht den zwingenden Schluss zu, dass das gesendete E-Mail beim Empfänger auch tatsächlich eingelangt ist (vgl. etwa /0251VwGH 2008/10/0251 - Erkenntnis (Volltext) VwGH 2008/10/0251 - Erkenntnis (RS 1); , 2012/05/0180, jeweils mwH).

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in einem vergleichbaren Fall im Erkenntnis vom , 2012/10/0100 ausgeführt:

"Im vorliegenden Fall liegt das die Fristwahrung hindernde Ereignis darin, dass die Kanzleibedienstete MM die Vorstellung nicht an die vom Beschwerdevertreter angegebene, sondern - weisungswidrig - an eine andere E-Mail-Adresse übersendet hat. In weiterer Folge wurde die Fristwahrung (bzw. die möglichst frühzeitige Erkennung der Falschadressierung) dadurch gehindert, dass der Beschwerdevertreter keine Kenntnis von der unterbliebenen Übermittlung - etwa durch eine vom E-Mail-System automatisch generierte Fehlermeldung - erlangte.
[…]
Nach der hg. Judikatur hat sich derjenige, der sich gegenüber der Behörde des Mittels der Telekopie bedient, zur vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Wird eine solche Kontrolle nicht vorgenommen, so kann im Rahmen eines Wiedereinsetzungsverfahrens nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens die Rede sein (vgl. etwa das bereits von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom , Zl. 2004/07/0100, mwN). Dies gilt auch für die Einbringung von fristgebundenen Eingaben per E-Mail. Im von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2002/03/0139, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die bloße Bestätigung über die Absendung eines E-Mails nicht den zwingenden Schluss zulasse, dass die Sendung auch beim Empfänger angekommen sei, dies unabhängig davon, ob vom System eine Fehlermeldung generiert worden sei. Zum Nachweis des Einlangens sei vielmehr eine bei Absendung (mit Hilfe der Funktion ,Übermittlung der Sendung bestätigen') anzufordernde ,Übermittlungsbestätigung' erforderlich.

Daraus ergibt sich, dass ein rechtskundiger Parteienvertreter, der ein fristgebundenes Rechtsmittel per E-Mail einbringt, zur Vermeidung eines über den minderen Grad hinausgehenden Versehens gehalten ist, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Bestätigung über den Erhalt der Sendung durch den Empfänger bzw. eine vom System automatisch generierte ,Übermittlungsbestätigung' anzufordern bzw. seinen Kanzleibetrieb so einzurichten und zu überwachen, dass derartige Anforderungen durchgeführt werden. Er wird den für ihn geltenden Sorgfaltsanforderungen hingegen nicht gerecht, wenn er sich bloß darauf verlässt, dass nach der Absendung einer E-Mail-Nachricht keine Fehlermeldung erfolgt.

Der Beschwerdeführer, dem die belangte Behörde das Unterlassen der Einholung einer derartigen Eingangsbestätigung durch seinen Rechtsvertreter zum Vorwurf gemacht hat, bringt - wie schon im Verwaltungsverfahren - in der Beschwerde und den ergänzenden Schriftsätzen nicht vor, dass die Einholung einer derartigen Bestätigung unmöglich oder unzumutbar gewesen sei. Ebenso wenig bringt er vor, dass sein Rechtsvertreter den Kanzleibetrieb so organisiert habe, dass bei der Übermittlung von fristgebundenen Rechtsmitteln per E-Mail eine derartige Bestätigung angefordert wird. Nach dem Vorbringen in der Beschwerde hat der Beschwerdevertreter sich vielmehr vorliegend mit der Rückmeldung der Kanzleikraft begnügt, dass nach der Absendung der Vorstellung per E-Mail keine Fehlermeldung erfolgte, obwohl - wie in der Beschwerde ausdrücklich ausgeführt wird - das Ausbleiben einer derartigen Fehlermeldung nicht zwingend darauf schließen lässt, dass die Sendung auch tatsächlich - dem richtigen Empfänger - übermittelt worden ist.

Dem Beschwerdevertreter - und somit dem Beschwerdeführer - ist somit als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden anzulasten, nicht - durch entsprechende Organisation seines Kanzleibetriebes - dafür Sorge getragen zu haben, dass anlässlich der Übersendung der Vorstellung an die belangte Behörde per E-Mail eine Bestätigung über den Erhalt durch den Empfänger angefordert wird."

Das Gesetz ermöglicht eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nur dann, wenn die Partei ein "minderer Grad des Versehens trifft" worunter leichte Fahrlässigkeit zu verstehen ist. Eine solche leichte Fahrlässigkeit liegt aber nur dann vor, wenn ein Fehler begangen wird, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft. Ein strengerer Maßstab wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch an beruflich rechtskundige Parteienvertreter gestellt. Rechtsanwälten kommt eine umfassende Sorgfalts- und Überwachungspflicht des Kanzleipersonals zu und muss die Büroorganisation so eingerichtet werden, dass die fristgerechte Einbringung von Rechtsmitteln gesichert scheint. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter seine Kanzlei so zu organisieren, dass nach menschlichem Ermessen die Versäumung von Fristen ausgeschlossen ist. Dazu gehört auch, dass sich der Parteienvertreter bei der Übermittlung von Eingaben im elektronischen Weg vergewissert, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Unterbleibt diese Kontrolle aus welchen Gründen auch immer, stellt dies ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden dar. Diese in der Rechtsprechung entwickelten Leitlinien, die allgemein dem Umstand Rechnung tragen, dass die Sendung von Eingaben im elektronischen Wege fehleranfällig ist, lassen sich auch auf die Übermittlung von Eingaben im Web-ERV übertragen (vgl. ; , Ra 2016/09/0001).

Wenn daher gegenständlich vorgebracht wird, Sicherheit, ob eine Übersendung tatsächlich beim Empfänger einlangt, biete der Elektronische Rechtsverkehr (ERV) und sei für den Rechtsvertreter nicht nachvollziehbar, weshalb die Verwaltungsbehörden wie auch das Bundesfinanzgericht nicht am ERV teilnehmen, so zeigt er damit auf, dass ihm bewusst ist, dass im Emailverkehr mit Verwaltungsbehörden mit Übermittlungsfehlern zu rechnen ist. Umso mehr hat der Rechtsanwalt sohin alle Vorsorgen zu treffen, die notwendig sind, um die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben zu gewährleisten und erscheint daher eine besondere Kontrolle erforderlich, ob die Übermittlung erfolgreich war. Dazu gehört nicht nur die wirksame Überwachung der Angestellten in Bezug auf Einhaltung der Fristen, sondern auch die Kontrolle dahingehend, dass fristgebundene Rechtsmittel tatsächlich an die richtige Stelle versendet und von dieser eine Bestätigung über den Erhalt der Sendung nicht nur angefordert, sondern auch übermittelt wird. Nicht ohne Grund wird in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses darauf hingewiesen, "dass der Absender/die Absenderin die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risiken (zB Übertragungsverlust, Verlust des Schriftstückes) trägt". Ob eine Zustellung eines Rechtsmittels an die Behörde tatsächlich erfolgt ist, kann durch telefonische Nachfrage am selben Tag oder auch noch innerhalb der Rechtsmittelfrist zustehenden Tag erfolgen. Das bloße Absenden einer E-Mail, wie dies gegenständlich der Fall war, genügte nicht. Die Übermittlung von E-Mails führt - wie dies der Vertreter auch einräumt - oft zu Fehlern und technischen Problemen, sodass gerade bei solchen Übermittlungsarten entsprechende Kontroll- und Überwachungsmechanismen greifen müssen, um das Risiko einer nicht erfolgreichen Zustellung von fristgebundenen Rechtsmitteln auszuschalten. Kontrollmechanismen wie Sorgfalts- und Überwachungspflicht funktionierten gegenständlich nicht ausreichend. Zumal es auch einem Durchschnittsmenschen zumutbar ist, ein ordnungsgemäßes Einlangen eines fristgebundenen Rechtsmittels per E-Mail bei der entsprechenden Behörde zu kontrollieren oder bei dieser nachzufragen, ob es tatsächlich eingebracht wurde, konnte sich der Rechtsvertreter der Bf. nicht mit Erfolg auf das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes berufen. Festzuhalten ist gegenständlich auch, dass die Möglichkeit bestanden hätte - wie dies die belangte Behörde im Vorlagebericht vom zutreffend ausgeführt hat und der Aktenlage zu entnehmen ist - um ein kurze Bestätigung des Eingangs dieser Email, wie in vorangegangenen Emails vom (Einspruch) und (Stellungnahme zur Aufforderung zur Rechtfertigung) praktiziert, zu ersuchen. Zudem würden laut der belangten Behörde einlangende E-Mails grundsätzlich immer - manuell - gegenüber dem Absender bestätigt, was beim Ausbleiben einer solchen Benachrichtigung bis am Folgetag zum Nachfragen Anlass geben hätte sollen, womit eine fristgerechte Einbringung der Beschwerde zu diesem Zeitpunkt noch möglich gemacht hätte.

Schließlich sollte nicht unerwähnt bleiben, dass laut Angaben des Vertreters die mit der Versendung des Emails betraute Mitarbeiterin zwar zuverlässig, jedoch erst kurz in der Kanzlei beschäftigt war und diesbezüglich eine besondere Kontrolle erforderlich erscheint (vgl. , wonach die Berufung eines Rechtsanwaltes auf eine "stichprobenartige Überprüfung" der von seinem Kanzleipersonal vorgenommenen Eintragungen im Fristenkalender für die Erfüllung der dem Rechtsanwalt gegenüber seinem Kanzleipersonal obliegenden Überwachungspflicht nicht als ausreichend anzusehen war (Hinweis E , 86/04/0072); dies jedenfalls dann nicht, wenn die fragliche Kanzleibedienstete erst seit kurzer Zeit beim betreffenden Rechtsanwalt beschäftigt war.

Im Lichte der dargelegten Judikatur ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes aber jedenfalls als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden anzusehen, dass sich der Rechtsanwalt darauf verlassen hat, dass nach der Absendung des E-Mails keine Fehlermeldung erfolgt ist, er die erforderliche Bestätigung über den Eingang des E-Mails nicht angefordert hat und dadurch keine wirksame Überwachung der Angestellten in Bezug auf Einhaltung der Fristen sowie eine Kontrolle dahingehend erfolgt ist, dass das fristgebundene Rechtsmittel tatsächlich an die richtige Stelle versendet und von dieser eine Bestätigung über den Erhalt der Sendung nicht nur angefordert, sondern auch übermittelt wird.

Ein nur minderer Grad des Versehens liegt somit fallbezogen nicht vor, weshalb die Beschwerden spruchgemäß abzuweisen waren.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Rechtsbelehrung und Hinweise

Der beschwerdeführenden Partei steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Personen mit geringem Einkommen und Vermögen können einen Antrag auf Gebührenbefreiung und/oder auf kostenlose Beigebung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes stellen. Der Verfahrenshilfeantrag selbst ist gebührenfrei und muss nicht von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Es muss aber die Rechtssache, für die Verfahrenshilfe begehrt wird, angegeben und bekannt gegeben werden, ob die beschwerdeführende Partei von der Entrichtung der Eingabengebühr befreit werden will und/oder ob ihr eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt beigestellt werden soll. Ein Antrag auf Verfahrenshilfe ist gemäß § 50 Abs. 3 VwGVG nur nach einem Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch mindestens einen der hiezu Berechtigten zulässig. Ein Nachweis über einen rechtzeitigen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ist anzuschließen. Das Antragsformular samt Vermögensbekenntnis kann beim Verfassungsgerichtshof elektronisch, postalisch oder persönlich eingebracht werden. Das Formular für postalische oder persönliche Einbringung liegt in der Geschäftsstelle des Verfassungsgerichtshofes auf; es kann auch von der Website des Verfassungsgerichtshofes (www.vfgh.gv.at; im Bereich Kompetenzen und Verfahren / Verfahrenshilfe) heruntergeladen werden. Die Einbringung per E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Den Parteien steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche (§ 28 Abs. 1 VwGG, soweit zugelassen) oder eine außerordentliche (§ 28 Abs. 3 VwGG) Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung gemäß § 24 Abs. 1 VwGG beim Bundesfinanzgericht einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Bei entsprechend ungünstiger Einkommens- und Vermögenslage kann Verfahrenshilfe gewährt werden. Ein Antrag auf Verfahrenshilfe ist gemäß § 50 Abs. 3 VwGVG nur nach einem Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch mindestens einen der hiezu Berechtigten zulässig. Ein Nachweis über einen rechtzeitigen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ist anzuschließen. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst. Der Antrag ist im Falle der ordentlichen Revision beim Bundesfinanzgericht einzubringen. Das Antragsformular ist elektronisch auf der Website des Bundesfinanzgerichtes (https://www.bfg.gv.at/verfahren/Muster_Antrag_auf_Verfahrenshilfe.pdf) erhältlich. Zur Erhebung einer außerordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof (Postfach 50, 1016 Wien) einzubringen; bereits der Antrag hat diesfalls eine Begründung zu enthalten, warum die Revision für zulässig erachtet wird. Das Antragsformular für postalische oder persönliche Einbringung ist im Servicecenter des Verwaltungsgerichtshofes (Judenplatz 11, 1010 Wien) oder elektronisch auf der Website des Verwaltungsgerichtshofes (www.vwgh.gv.at; im Bereich Verfahren / Verfahrenshilfe) erhältlich, auf welche auch zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen verwiesen wird.

Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühren ergeben sich aus § 17a VfGG und § 24a VwGG.

[...]

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500804.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at