Kein Betriebsausgabenabzug bei freiwilligen Zahlungen nach § 67 Abs 8 lit f EStG
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Miterledigte GZ: |
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RV/5100892/2020 |
RV/5100891/2020 |
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3068/2020 anhängig. Gesetzesprüfungsverfahren zu § 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 mit eingeleitet. Mit Erk. v. , G 228/2021 zu Recht erkannt: § 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 wird als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft. Mit Erk. v. , E 3068/2020, wegen verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** (Bescheidadressat Gruppenmitglied und Gruppenträger), vertreten durch ICON Wirtschaftstreuhand GmbH, Stahlstraße 14, 4020 Linz, vom , gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2015 bis 2017
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
2. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
A. Im BP- und Beschwerdeverfahren dargestellter Sachverhalt:
1. Im Rahmen einer Betriebsprüfung der Jahre 2015 bis 2017 bei der Bf. wurde im Bericht vom unter Tz 3 folgendes festgehalten:
a. Durch das Unternehmen seien anlässlich der Auflösung von Dienstverhältnissen freiwillige Abfertigungen bzw Sozialplanzahlungen an Dienstnehmer gewährt worden. Die Aufwendungen für freiwillige Abfertigungen würden durch das Unternehmen ab Inkrafttreten des Abzugsverbotes des § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 8 EStG bei der steuerlichen Gewinnermittlung außerbücherlich zugerechnet.
b. Bei der Überprüfung dieser Zurechnungen im Zuge der BP sei festgestellt worden, dass derartige Aufwendungen in der Lohnverrechnung auf mehrere Lohnarten verteilt worden seien. Diejenigen Lohnarten in der Lohnverrechnung, welche Sozialplanzahlungen betreffen würden, seien bisher nicht zugerechnet und als Aufwand berücksichtigt worden.
c. Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs 6 darstellten, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern seien, dürften gemäß § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 8 EStG ab bei der Ermittlung der Einkünfte nicht abgezogen werden (EStR 2000, Rz 4852m, 3513). Durch die BP erfolge eine Gewinnerhöhung im Ausmaß jener Sozialplanzahlungen, welche nicht dem 6%igen Steuersatz unterliegen würden.
Gewinnerhöhung WJ 2015: 41.825,28 €
Gewinnerhöhung WJ 2016: 259.178,71 €
Gewinnerhöhung WJ 2017: 261.837,77 €
2. Mit Schreiben vom wurde gegen die Feststellungsbescheide Gruppenmitglied 2015 - 2017 vom Beschwerde eingelegt:
a. Die Beschwerde richte sich gegen die Feststellung der Einkünfte der Höhe nach.
b. Man stelle den Beschwerdeantrag, die Einkünfte wie folgt festzustellen:
Gesamtbetrag der Einkünfte 2015: 111,366.067,27 €
Gesamtbetrag der Einkünfte 2016: 109.209.761,60 €
Gesamtbetrag der Einkünfte 2017: 109.804.745,75 €
c. Von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung sei gemäß § 262 Abs 2 BAO abzusehen und die Beschwerde direkt dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
d. In den Jahren 2015 bis 2017 habe die Bf. Sozialplanvereinbarungen mit den von einer Betriebsänderung betroffenen Mitarbeitern abgeschlossen, um die damit einhergehenden Härten zu mildern. Teil dieser Vereinbarungen seien auch Einmalzahlungen (freiwillige Abfertigungen) anlässlich der Auflösung des jeweiligen Dienstverhältnisses gewesen. Die entsprechenden Aufwendungen seien in den Büchern als Betriebsausgabe erfasst worden. Eine außerbücherliche Hinzurechnung im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung habe nicht stattgefunden.
e. Durch die jüngst stattgefundene steuerliche Außenprüfung über die Jahre 2014 bis 2017 sei es unter anderem zu einer Feststellung betreffend dieser Sozialplanzahlungen gekommen (vgl Tz 3 des beiliegenden Prüfungsberichtes vom ). Soweit es sich um Einmalzahlungen an Mitarbeiter handle, für die eine Anwartschaft gegenüber einer betrieblichen Mitarbeitervorsorgekasse (BV-Kasse) bestehe, sei der Betriebsausgabenabzug gemäß § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 8 EStG versagt worden. Mit den gegenständlich bekämpften Feststellungsbescheiden vom sei eine entsprechende Gewinnerhöhung vorgenommen worden.
f. Bei den Gewinnerhöhungen handle es sich um
- eine Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art 5 StGG und Art 1 erstes ZP-EMRK als auch um
- eine Verletzung der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art 2 StGG und Art 7 B-VG.
g. Durch das AbgÄG 2014 habe der einfache Gesetzgeber die lohnsteuerliche Begünstigung beendigungskausaler Bezüge stark beschränkt. Demnach seien nach Maßgabe der Bestimmungen des § 67 Abs 6 EStG idgF "sonstige Bezüge", insbesondere freiwillige Abfertigungen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfielen, nur dann mit dem begünstigten Pauschalsteuersatz von 6% zu versteuern (Viertel- und Zwölftelregelung), sofern Zeiträume betroffen seien, für die keine Anwartschaften gegenüber einer BV-Kasse bestünden (= Abfertigung alt). Mitarbeiter, für die eine solche Anwartschaft hingegen bestehe (= Abfertigung neu), könnten den begünstigten Pauschalsteuersatz für Auszahlungen ab gemäß § 124b Z 254 EStG nicht mehr in Anspruch nehmen und hätten derartige Bezüge daher zum Tarif zu versteuern.
§ 67 Abs 8 lit f EStG sehe vor, dass beendigungskausale Bezüge, sofern sie im Rahmen von Sozialplänen als Folge von "Betriebsänderungen" iSd § 109 ArbVerfG anfielen und soweit dafür nicht der Steuersatz von 6% zur Anwendung komme, bis zu einem Betrag von 22.000,00 € mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergebe, zu versteuern seien. Diese Halbsatzbegünstigung gelte auch für Mitarbeiter im System "Abfertigung neu".
h. (1) Neben der lohnsteuerlichen Behandlung freiwilliger Abfertigungen stelle sich die Frage, wie dieser Personalaufwand auf betrieblicher Ebene zu behandeln sei. Die betriebliche Veranlassung als Grundvoraussetzung für die steuerliche Betriebsausgabeneigenschaft iSd § 4 Abs 4 EStG, stehe für derlei beendigungskausale Mitarbeiterbezüge wohl außer Zweifel. Mit dem AbgÄG 2014 habe der einfache Gesetzgeber die steuerliche Abzugsfähigkeit für derartige Bezüge stark eingeschränkt. Er knüpfe dabei an die lohnsteuerliche Behandlung der jeweiligen Entgelte an.
(2) Gemäß § 12 Abs 1 Z 8 KStG iVm § 20 Abs 1 Z 8 EStG dürften bei der Einkünfteermittlung nicht abgezogen werden: "Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs 6 darstellten, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern seien. Der reine Wortlaut würde eigentlich nahelegen, dass damit bloß sonstige Bezüge iSd Viertel- und Zwölftelregelung gemeint seien, nicht hingegen auch Sozialplanzahlungen, die in § 67 Abs 8 lit f EStG gesondert geregelt seien.
i. (1) Der einfache Gesetzgeber habe in seiner Übergangs- bzw Inkrafttretensvorschrift des § 124b Z 254 EStG Folgendes normiert: § 20 Abs 1 Z 8 idF des BGBl I Nr. 13/2014 sei erstmalig auf Auszahlungen anzuwenden, die nach dem anfielen. Dies gelte nicht für Auszahlungen aufgrund von Sozialplänen im Sinne des § 67 Abs 8 lit f EStG, die vor dem abgeschlossen worden seien. Der Gesetzgeber habe mit dieser Inkrafttretensbestimmung offenbar klarstellen wollen, dass Sozialplanzahlungen, die auf einer bis spätestens Ende Februar 2014 abgeschlossenen Vereinbarung basierten, vom damals neuen Abzugsverbot noch nicht erfasst sein sollten. Diese Bestimmung ergebe jedoch nur dann Sinn, wenn grundsätzlich im Umkehrschluss davon auszugehen sei, dass Sozialplanzahlungen dem Grunde nach als "sonstige Bezüge gemäß § 67 Abs 6 EStG" anzusehen seien und daher ebenfalls dem Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 8 iVm § 12 Abs 1 Z 8 KStG unterliegen würden.
(2) Dieser Zusammenhang werde in der Literatur damit erklärt, dass es sich dem Wortlaut der Regelungen nach um wesensgleiche Bezüge handle, da sich sowohl § 67 Abs 6 EStG als auch § 67 Abs 8 lit f EStG auf "Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen" beziehen würden (beendigungskausale Bezüge).
Darüber hinaus setze die Regelung für Sozialplanzahlungen des Abs 8 lit f begünstigungstechnisch auf dem Abs 6 auf, da die Besteuerung mit dem Hälftesteuersatz nur dann greife, soweit nicht der Steuersatz von 6% zur Anwendung komme. Eine (allenfalls auch im Rahmen eines Sozialplans) gewährte freiwillige Abfertigung an Mitarbeiter, die dem betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigen-Vorsorgegesetz (BMSVG) unterlägen (Abfertigung neu), werde daher dem Grunde nach als sonstiger Bezug iSd § 67 Abs 6 EStG gesehen, der lediglich nicht der Besteuerung mit dem festen Satz von 6% unterliege.
(3) Dieser Logik folgend, erachte auch die Finanzverwaltung derartige Sozialplanzahlungen als nicht abzugsfähig. Eine allfällige lohnsteuerliche Begünstigung (Hälftesteuersatz für 22.000,00 €) ändere daran nichts. Zwar habe die Richtlinienmeinung keine für Gerichte bindende Wirkung, die Ansicht scheine aber mit dem Willen des Gesetzgebers konform zu gehen. Der Finanzverwaltung könne man daher keine denkunmögliche Gesetzesanwendung unterstellen. Die Verfassungswidrigkeit wurzle in den angewendeten gesetzlichen Regelungen selbst, welche sich nur bei entsprechender Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof beheben lasse.
j. (1) Es bestünden im Hinblick auf die Sozialplanzahlungen Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität des Betriebsausgabenabzugsverbotes nach § 20 Abs 1 Z 8 EStG und des § 12 Abs 1 Z 8 KStG, da durch diese in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums eingegriffen werde. Dieses schütze auch das Geldvermögen einer Person. Ein Grundrechtseingriff liege bei einem sonstigen Eigentumseingriff vor. Die behördliche Vorschreibung einer Abgabe könne einen solchen Eingriff darstellen.
(2) Mit Versagung des Betriebsausgabenabzuges habe sich für die Bf. die KÖSt erhöht, dies greife in ihr Eigentum ein.
(3) Das Abzugsverbot stelle eine verfassungswidrige Rechtsgrundlage dar. Ein Eingriff ins Eigentum sei nur verhältnismäßig, wenn
- das Ziel der Regelung im öffentlichen Interesse liege (Prüfung der Relation),
- die Regelung zur Erreichung des Zieles geeignet sei und
- die Regelung erforderlich sei (möglichst schonend).
(4) Öffentliches Interesse:
Laut den Materialien zum AbgÄG 2014 hätten die Änderungen die Stärkung der Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts zum Ziel, insbesondere die Verringerung der Einkommensschere zwischen Führungskräften und normalen Dienstnehmern. Eine dieser Maßnahmen betreffe die Einschränkung der "Golden Handshakes" gemäß § 67 Abs 6 EStG (freiwillige Abfertigung, Vergleichssummen und Kündigungsentschädigungen sowie andere Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume). Deren vormalige steuerliche Begünstigung sei als zu attraktive Möglichkeit zur Personalfreisetzung erachtet worden. Die Beseitigung solle daher auch eine längere Beschäftigung älterer Arbeitnehmer bewirken. Das durch das AbgÄG 2014 normierte Betriebsausgabenabzugsverbot solle die Wirkungen des § 67 EStG verstärken. Es solle eine langfristige Verhaltensänderung der Rechtsunterworfenen bewirkt werden.
In einem früheren Erkenntnis (VfSlg 19.933/2014) habe der VfGH die Rechtseingriffe als verhältnismäßig erachtet, die Besonderheit von Sozialplänen aber nicht thematisiert. Dieser Aspekt sei daher zu untersuchen.
(5) Zielerreichung:
Bei Golden Handshakes möge die Einschränkung geeignet sein, die Einkommensschere zu verringern oder das frühzeitige Ausscheiden weniger wahrscheinlich zu machen, ob dies auch auf Sozialplanzahlungen zutreffe, sei zu bezweifeln. Von Betriebsänderungen seien üblicherweise normale Dienstnehmer und weniger das Topmanagement betroffen. Um den Verlust des Arbeitsplatzes sozial verträglicher zu gestalten, würden Sozialpläne aufgelegt, welche Einmalzahlungen vorsehen würden. Deren Gewährung mit einem Abzugsverbot zu belegen, mache deren Vereinbarung künftig weniger wahrscheinlich. In der Nichtgewährung könne man keinen Beitrag zur Schließung der Einkommensschere erblicken. Da Härten abgemildert werden sollten, konterkariere das Abzugsverbot die Zielerreichung. Die Mitarbeiter würden dadurch auch nicht länger in Beschäftigung gehalten.
(6) Gelindestes Mittel:
Der Gesetzgeber unterscheide nicht zwischen normalen freiwilligen Abfertigungen und solchen im Rahmen von Sozialplänen. Lohnsteuerlich werde nur eine zusätzliche Begünstigung gewährt. Soweit es den Betriebsausgabenabzug betreffe, würden beide Arten freiwilliger Abfertigung gleich behandelt.
Die Regelungen der §§ 67 Abs 6 und Abs 8 lit f EStG sowie 20 Abs 1 Z 8 EStG und 12 Abs 1 Z 8 KStG seien im Zusammenhang nicht das gelindeste Mittel zur Zielerreichung. Sie differenzierten in Bezug auf freiwillige Abfertigungen nicht dahingehend, ob sie im Rahmen eines Sozialplans ausbezahlt würden oder nicht. Dies wäre dem Gesetzgeber ein leichtes gewesen. Das Abzugsverbot im Rahmen des Sozialplans sei ein unverhältnismäßiger Eingriff ins Eigentum und verletze auch das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz. Es würden nämlich Härtefallmaßnahmen den freiwilligen Abfertigungen (Golden Handshakes) gleichgestellt. Der Gleichheitssatz verbiete aber auch Ungleiches gleich zu behandeln. Die Ungleichbehandlung bewirke, dass von künftigen Einmalzahlungen im Rahmen von Sozialplänen künftig Abstand genommen werde. Das seien aber gesellschaftspolitisch erwünschte Maßnahmen, wie an § 67 Abs 8 lit f unschwer zu erkennen sei.
k. Abgrenzung des Aufhebungsgegenstandes:
Das Hauptbegehren richte sich auf die Aufhebung der Wortfolge "und Z 8" in § 12 Abs 1 Z 8 KStG idF 2014. Dies sei auch der geringstmögliche Eingriff, um einen verfassungskonformen Zustand herzustellen.
Die Streichung dieser Wortfolge bewirke zwar, dass sämtliche freiwillige Abfertigungen (in und außerhalb von Sozialplanvereinbarungen) für Körperschaften zum Betriebsausgabenabzug zugelassen seien, es gebe aber keine weniger invasive Eingriffsmöglichkeit. Die enge Verzahnung von § 67 Abs 6 mit Abs 8 lit f erlaube es nicht, die Aufhebung einer bestimmten Wortfolge in einer dieser Bestimmungen anzuregen, die einen Betriebsausgabenabzug nur für Einmalzahlungen im Rahmen von Sozialplänen bewirken würde.
l. Als Eventualbegehren führe man die Streichung (zur Gänze)
- des § 20 Abs 1 Z 8 EStG oder
- des § 67 Abs 6 Z 7 EStG
jeweils idF AbgÄG 2014, an.
m. Die Rechtsvorschriften seien präjudiziell. Die Gesellschaft sei durch die Vorschreibung beschwert. Die Beschwerde sei rechtzeitig.
3. Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Bestimmte Bezugsteile, bei denen es sich um Einmalzahlungen von freiwilligen Abfertigungen anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses handelt, wurden bisher nicht zugerechnet und somit als Aufwand berücksichtigt.
Durch die BP sei eine Gewinnerhöhung im Ausmaß jener Sozialplanzahlungen erfolgt, welche nicht dem 6%igen Steuersatz unterliegen würden. Die Verfahren habe man für die Jahre 2015 bis 2017 gemäß § 303 BAO wiederaufgenommen und neue Feststellungsbescheide Gruppenmitglied für die Jahre 2015 bis 2017 erlassen.
B. Der Entscheidung zugrunde gelegter Sachverhalt:
Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass die Arbeitnehmer der Bf. freiwillige Abfertigungen nach § 67 Abs 8 lit f EStG im Rahmen einer Betriebsänderung erhalten haben. Die Höhe der von der BP zur Versteuerung herangezogenen Beträge und die Freiwilligkeit der Zahlung wurden nicht beeinsprucht.
C. Rechtslage:
1. Nach § 12 Abs 1 Z 8 KStG dürfen Aufwendungen der Z 8 des § 20 Abs 1 EStG nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden.
2. Nach § 20 Abs 1 Z 8 EStG dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Z 6 EStG darstellen, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind.
3. Gemäß § 67 Abs 6 EStG sind sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zB freiwillige Abfertigungen und Abfindungen) nach Maßgabe bestimmter Bestimmungen mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern.
4. Gemäß § 67 Abs 8 lit f EStG sind Bezüge bis zu einem Betrag von 22.000,00 € mit der Hälfte des Steuersatzes (bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges) zu versteuern, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen anfallen, soweit sie nicht nach Abs 6 mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind.
5. Gemäß § 124b Z 254 EStG ist § 20 Abs 1 Z 8 EStG erstmalig auf Auszahlungen anzuwenden, die nach dem anfallen. Dies gilt nicht für Auszahlungen aufgrund von Sozialplänen im Sinne des § 67 Abs 8 lit f, die vor dem ersten März 2014 abgeschlossen wurden.
D. Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt:
1. a. Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich, ob gegen die Nichtabzugsfähigkeit von Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Auszahlung von Einmalzahlungen gemäß § 67 Abs 8 lit f EStG Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität bestehen.
b. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist das BFG verpflichtet, einen Antrag auf Normenkontrolle zu stellen. Voraussetzung ist die Anwendbarkeit der Norm und das Vorliegen von Bedenken zur Verfassungskonformität der anzuwendenden Norm. Bedenken liegen vor, wenn Zweifel an der Verfassungskonformität der Gesetzesbestimmung bestehen. Das ist nach objektiven Gesichtspunkten zu prüfen, wobei auf die Art der Norm, ihre Position im Normenzusammenhang und die bisherige Rechtsprechung des VfGH Bedacht zu nehmen ist (Heinrich, BFGjournal, 2020, 9).
c. Die Anwendbarkeit des § 12 Abs 1 Z 8 KStG ist unstrittig.
2. a. Von der Bf. wird auch nicht bestritten, dass Auszahlungen im Rahmen von Sozialplänen nach § 67 Abs 8 lit f EStG und freiwillige Zahlungen gemäß § 67 Abs 6 EStG prinzipiell dieselbe steuerliche Behandlung erfahren.
b. Die mögliche Verfassungswidrigkeit der gleichen steuerlichen Behandlung von freiwilligen Abfertigungen nach § 67 Abs 6 EStG und Sozialplanzahlungen wird bereits in der Veröffentlichung vom auf der Icon-Page unter "Sozialplanzahlungen, Ausschluss vom Betriebsausgabenabzug" thematisiert. Die "doch realistische Chance" beim VfGH wird darin gesehen, dass die Pönalisierung der Abmilderung sozialer Härten durch ein Abzugsverbot nicht dazu beitragen kann, das Einkommensgefälle in der Bevölkerung zu reduzieren und sich der VfGH "in einem neuerlichen Verfahren anders entscheiden könnte, als bei den Golden Handshakes".
c. In der Beschwerde vom wird dazu ausgeführt, die unsachliche Gleichbehandlung bewirke, dass von Sozialplänen Abstand genommen werde. Dem könne man nur entgegenwirken, indem man die Wortfolge "und Z 8" in § 12 Abs 1 Z 8 KStG aufhebe.
3. Das Bundesfinanzgericht kann sich den Ausführungen der Bf. aus folgenden Gründen nicht anschließen:
a. (1) § 20 Abs 1 Z 8 EStG wurde mit AbgÄG 2014 neu gefasst. In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt:
"Einem Abzugsverbot sollen Auszahlungen unterliegen, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs 6 darstellen (freiwillige Abfertigungen und Abfindungen von ausstehenden Entgeltsansprüchen). Dieses Abzugsverbot soll aber nur insoweit greifen, als diese Auszahlungen beim Empfänger nicht dem Steuersatz von 6% unterliegen und korrespondiert somit mit der Einschränkung der Begünstigung in § 67 Abs 6.
Dieses Abzugsverbot soll alle Auszahlungen betreffen, die nach dem anfallen. Dies gilt nicht für Auszahlungen aufgrund von Sozialplänen im Sinne des § 67 Abs 8 lit f, die vor dem abgeschlossen wurden."
(2) Den Erläuterungen kann damit zunächst entnommen werden, dass Auszahlungen im Rahmen von Sozialplänen nach § 67 Abs 8 lit f EStG, die nach dem abgeschlossen wurden, ebenso vom Abzugsverbot betroffen sein sollen, wie Zahlungen nach § 67 Abs 6 EStG.
b. (1) Im Vorblatt (Ministerialentwurf) zur Neuregelung im AbgÄG 2014 sind Ausführungen zum Ausgangszustand und zum Zielzustand enthalten:
Ausgangszustand:
Freiwillige Abfertigungen, Vergleichssummen und Kündigungsentschädigungen sowie andere Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume sind begünstigt zu versteuern und bieten daher sehr attraktive Möglichkeiten zur Personalfreisetzung.
Zielzustand:
Steuerliche Begünstigung von Vergleichssummen und Kündigungsentschädigungen sowie eine steuerliche Begünstigung von anderen Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume sind nicht mehr möglich. Das Ziel ist erreicht, wenn die begünstigte Besteuerung von freiwilligen Abfertigungen nur noch in begrenztem Ausmaß möglich ist.
(2) Die Zielsetzung des Gesetzgebers war - bezogen sowohl auf § 67 Abs 6 EStG als auch auf § 67 Abs 8 lit f EStG - nicht bloß, wie von der Bf angenommen, die Verringerung von Einkommensunterschieden. Vielmehr sollten steuerliche Begünstigungen von Vergleichssummen, Kündigungsentschädigungen und anderen freiwilligen Zahlungen empfindlich eingeschränkt werden. Klares Ziel der Regelung war damit das Auslaufen der steuerlichen Förderung freiwilliger Zahlungen.
Dieses Ziel ist nicht per se verfassungswidrig.
Einerseits hat der Gesetzgeber ganz allgemein das Recht steuerliche Begünstigungen wieder zurückzunehmen. Zumal dann, wenn - wie im gegenständlichen Fall - der Abschluss dieser Vereinbarungen nach der Normierung des Abzugsverbots erfolgt und der Unternehmer sich darauf auch einstellen kann.
Andererseits kann es grundsätzlich nicht der Steuerpolitik obliegen, jede - wenn auch "gesellschaftspolitisch erwünschte" - Maßnahme von Unternehmern mit besonderen Steuerbegünstigungen zu fördern. Aus diesem Grund wollte der Gesetzgeber die im Vorblatt angesprochene "Attraktivierung der Personalfreisetzung" künftig vermeiden. Die Begünstigung fördert zudem indirekt auch Betriebsänderungen der Unternehmen (meist ohnehin mit steuerlichem Hintergrund), also Verhaltensweisen deren steuerliche Begünstigung der Gesetzgeber des AbgÄG 2014 offensichtlich nicht als Aufgabe der öffentlichen Hand gesehen hat.
Das objektive Nettoprinzip gilt auch nicht absolut, der Gesetzgeber darf es durchbrechen, wenn es sachlich gerechtfertigt ist (Mechtler/Pinetz, ecolex 2015, 148). Die Vermeidung der steuerlichen Begünstigung freiwilliger Zahlungen ist ein zulässiger außerfiskalischer Zweck, der im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es in Zeiten steigender Budgetüberschüsse dem Gesetzgeber unbenommen bleiben muss, überbordende steuerliche Begünstigungen wieder zurückzunehmen.
c. (1) Der VfGH hat sich zu dieser Frage bereits ausdrücklich geäußert. In VfGH G/136/2014, G 166/2014 und G 186/2014 vom , wird in Rn 107 festgehalten, dass der Gesetzgeber bei Normierung des § 20 Abs 1 Z 8 EStG nicht an die Rechtsform von Unternehmen anknüpfe, sondern an die Rechtsgrundlage für die jeweilige Abfertigungs- und Abfindungszahlung. Diese Anknüpfung ziele nicht auf eine unterschiedliche Behandlung von Abfertigungen (hier Vorstandsmitglieder AG und Geschäftsführer GmbH) ab, sondern enthalte den Grundgedanken, dass Abfertigungen, die nicht zwingend seien, sondern individualrechtlich vereinbart würden und damit im Gestaltungsspielraum des Unternehmers lägen, nur mehr beschränkt zum Betriebsausgabenabzug zugelassen seien. In Rn 108 wird dazu ausgeführt, dass der VfGH nicht finden könne, dass der Gesetzgeber in § 20 Abs 1 Z 8 EStG mit der Anknüpfung
- an den Rechtsgrund der Abfertigung und
- an die Dispositionsmöglichkeiten der Unternehmen
seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte.
(2) Diese Rechtsprechung verdeutlich die vorangehenden Ausführungen, wonach das Abstellen des Gesetzgebers auf die freiwilligen (im Gegensatz zu den zwingenden) Abfertigungen keine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes bewirken kann.
(3) Damit ist auch das Hauptargument der Ungleichbehandlung hinfällig, wonach die unterschiedliche Behandlung von Golden Handshakes und freiwilligen Sozialplanzahlungen Verfassungswidrigkeit bewirken soll. Wie im konkreten Fall der vorangehend geschilderten VfGH-Rspr (mit dem Gegensatz Vorstand AG und Geschäftsführer GmbH), ist auch im vorliegenden Fall nicht auf etwaige Unterschiede in der Zielgruppe von § 67 Abs 6 und Abs 8 lit f EStG abzustellen, sondern auf den Unterschied zwischen freiwilligen und zwingenden Abfertigungen. Insofern besteht eben nicht "Ungleiches" (das ungleich behandelt wird), da in beiden Absätzen des § 67 EStG freiwillige Abfertigungen zulässig sind, wie auch in LStR 1114f klargestellt wird:
"Im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung des § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 ist eine unmittelbare Anlehnung an die angeführten Definitionen des ArbVG nicht angebracht, weil sie kleinere Betriebe von der Begünstigung ausschließen würde. Als Sozialplan im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988 kann daher auch eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und der gesamten Belegschaft (allen Arbeitnehmern) verstanden werden, die Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der nachteiligen Folgen von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen zum Inhalt hat."
d. Auch die Anregung auf Aufhebung der Wortfolge "und Z 8" selbst ist nach Ansicht des BFG nicht zielführend. Die Beschwerde begehrt die Aufhebung der Wortfolge "und Z 8" in § 12 KStG. Dieses Begehren müsste dazu führen, dass auch vom VfGH schon untersuchte und als verfassungskonform angesehene Konstellationen wiederum vom Abzugsverbot befreit werden würden. Einer derartigen Anregung würde der VfGH nach Ansicht des BFG nicht folgen.
e. Zusammengefasst hat der Gesetzgeber einen weiten rechtspolitischen Spielraum, soweit der Maßstab für die Verfassungswidrigkeit eines Abzugsverbotes betroffen ist. Aufgrund der Zweckoffenheit des jeweiligen Abzugsverbots kommen dem Gesetzgeber bei Einschränkung des objektiven Nettoprinzips weitreichende Befugnisse zu (Metzler/Pinetz, ecolex, 2015, 148)
Da Bedenken bezüglich der Verfassungskonformität der Sozialplanregelung nicht erhärtet werden konnten, war die Beschwerde abzuweisen.
E. Zulassung zur Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Eine Rechtsfrage mit besonderer Bedeutung liegt nicht vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 Z 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 67 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 67 Abs. 8 lit. f EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | Platzer in PV-Info 7-8/2022, 33 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100884.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at