Beiträge zu freiwilliger Krankenversicherung in D: keine WK mangels gesetzlicher Versicherungspflicht bei Wohnsitz in Ö
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reichte am seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 samt Beilagen beim Finanzamt ein und gab an, dass er Bezieher einer ausländischen Pension in Höhe von EUR 15.770,80 war und die Anrechnung von ausländischer Steuer in Höhe von EUR 1.943,- "für 2014" beantrage. Er gab weiter an, dass er unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Pensionseinkünfte) in Höhe von EUR 19.671,36 bezogen habe und machte Sonderausgaben (EUR 1.610,44 an Versicherungsprämien und EUR 396,- an Steuerberatungskosten) sowie außergewöhnliche Belastungen in Höhe von EUR 9.965,46 (mit dem Vermerk "Finanzamt Neubrandenburg") geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 22.279,88 in Höhe von EUR 5.456,- fest. Es berücksichtigte dabei EUR 8.119,52 an Personenversicherungen als Sonderausgaben und begründete dies damit, dass aufgrund des inländischen Wohnsitzes in Deutschland keine gesetzliche Versicherungspflicht bestehe, sodass die Krankenversicherungsbeiträge keine Werbungskosten hinsichtlich der Firmenpension darstellten. Die ausländischen Steuern von EUR 1.943,- wurden nicht berücksichtigt.
In seiner Beschwerde vom wendete sich der Beschwerdeführer gegen die Nichtberücksichtigung von Kosten der Krankenversicherung und Zahlungen an das Finanzamt Neubrandenburg in Höhe von fast EUR 12.000,-. Mit seiner beruflichen Tätigkeit sei eine rege Reisetätigkeit in Europa und USA verbunden gewesen. Er sei zunächst gesetzlich (über die Betriebskrankenkasse seines Arbeitgebers) krankenversichert gewesen und habe dann zu einer privaten Krankenversicherung gewechselt, welche Versicherungsschutz auch für das Ausland gewährte.
Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer mit Ergänzungsersuchen vom 18.3. und auf nachzuweisen, dass er Krankenversicherungsbeiträge für eine gesetzliche Krankenversicherung geleistet habe. Der Beschwerdeführer legte mit Schreiben vom eine Bestätigung der X-Versicherung a.G. vom vor, aus der hervorgeht, dass er im Jahr 2017 EUR 6.509,18 an Beiträgen für die private Krankenversicherung nach § 257 (des deutschen) SGB V geleistet hat. Auf dieser Bestätigung findet sich der Hinweis: "Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bonn, hat uns in Bezug auf die Versicherung, die Grundlage dieses Versicherungsvertrages ist, bestätigt, dass unser Unternehmen die Voraussetzungen des § 257 Abs 2a Satz 1 SGB V erfüllt." Eine weitere Bestätigung der X-Versicherung a.G. vom enthält folgenden Passus: "…Da Sie und Ihre Frau Ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben, unterliegen Sie nicht der Versicherungspflicht in Deutschland. Gerne bestätigen wir Ihnen aber, dass für Sie und Ihre Frau eine Krankheitskostenvollversicherung besteht, die der Versicherungspflicht nach § 193 VVG genügen würde…". Ebenfalls vorgelegt wurden Steuerbescheide des Finanzamtes Neubrandenburg für die Jahre 2015 und 2016.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies unter anderem wie folgt: "… Die Besteuerung der Renten erfolgt nach den Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Deutschland (DBA Ö-D). In diesem Abkommen ist normiert, dass Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung im auszahlenden Staat, andere Renten im Ansässigkeitsstaat besteuert werden dürfen. Für den Zeitraum, in dem ein Steuerpflichtiger in Österreich lebt, ist Österreich der Ansässigkeitsstaat. Dies bedeutet, dass in Österreich die Betriebsrente und in Deutschland die Sozialversicherungsrente besteuert wird.
Allerdings ist im DBA Ö-D auch geregelt, dass der Ansässigkeitsstaat die Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung zwar nicht besteuern darf, aber für die Bemessung des Steuersatzes der anderen Einkünfte heranziehen darf. In Österreich wird also die Betriebsrente und die SV-Rente zusammengezählt, ein Steuersatz ermittelt und dieser Steuersatz auf die Betriebsrente angewendet. Dadurch kommt es zu keiner Doppelbesteuerung, weil die SV-Rente selbst in Österreich nicht besteuert wird. …
Eine Abzugsfähigkeit der vom Beschwerdeführer an die private Krankenversicherung "Die X-Versicherung" mit Sitz in Deutschland geleisteten Beiträge als Werbungskosten kommt demnach nur in Betracht, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer die Beiträge auf Grund einer gesetzlichen Versicherungspflicht geleistet hat. In Deutschland besteht seit dem Jahr 2009 ausnahmslos eine allgemeine Krankenversicherungspflicht (§ 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz). Nach dieser Vorschrift sind alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen. In der Vorhaltsbeantwortung des zweiten Vorhaltes wurde eine Bestätigung der X-Versicherung a.G. vom vorgelegt in der ausdrücklich angeführt wurde, dass keine Versicherungspflicht in Deutschland gegeben ist. …"
In seinem Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer, "die weder sachlich noch rechtlich gerechtfertigte Forderung nach Nachweis einer (auch am derzeitigen Wohnort gültigen) gesetzlichen Versicherungspflicht fallen zu lassen und die Beiträge wieder wie in den früheren Jahren als abzugsfähige Werbungskosten anzuerkennen". In seinem Vorlagebericht vom beantragte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer hat seinen Hauptwohnsitz seit dem Jahr 1989 in Österreich, was im Zentralen Melderegister ersichtlich ist. Er bezog im Jahr 2017 Pensionszahlungen von der Deutschen Rentenversicherung Bund in A (Deutschland) in Höhe von EUR 18.333,- und Firmenpensionszahlungen von der Y AG in A (Deutschland) in Höhe von EUR 22.279,98. Weiter leistete er im Jahr 2017 insgesamt EUR 6.509,18 an Beiträgen zu einer privaten Krankenversicherung bei der X-Versicherung a.G. in B (Deutschland). Das ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und ist im übrigen unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Der Beschwerdeführer ist in Österreich ansässig.
Gemäß Art. 18 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen BGBl III 182/2002 idF BGBl III 32/2012 (DBA-Deutschland) dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten, welche eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus dem anderen Vertragsstaat erhält, nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Gemäß Abs. 2 des DBA-Deutschland dürfen Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaates erhält, abweichend von Abs. 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.
Nach Art. 23 Abs. 2 lit d DBA-Deutschland dürfen Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in Österreich auszunehmen sind, in Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen dieser Person einbezogen werden (Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt).
Zwischen den Verfahrensparteien ist unstrittig, dass die von der Y AG erhaltenen Bezüge solche im Sinn des Art. 18 Abs. 1 DBA-Deutschland sind und daher der Besteuerung in Österreich unterliegen. Weiter ist unstrittig, dass die Bezüge von der Deutschen Rentenversicherung Bund solche aus der (deutschen) gesetzlichen Sozialversicherung sind (Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland) und daher Deutschland das Besteuerungsrecht dafür zukommt, während die Bezüge in Österreich für die Festsetzung der Einkommensteuer progressionserhöhend zu berücksichtigen sind.
Strittig ist hingegen, ob die vom Beschwerdeführer an die private Krankenversicherung in Deutschland geleisteten Beträge Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (so der Beschwerdeführer) oder (Topf-)Sonderausgaben (so das Finanzamt) sind. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 sind Werbungskosten unter anderem Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht insoweit, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen. Wesentliches Tatbestandsmerkmal ist hier das Bestehen einer gesetzlichen Versicherungspflicht. Eine Versicherungspflicht nach österreichischem Recht besteht für den Beschwerdeführer nicht, da er keinerlei inländische Einkünfte bezieht, an die eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung anknüpfen könnte.
Auch eine Versicherungspflicht in Deutschland besteht für den Beschwerdeführer nicht: § 193 Abs. 3 des deutschen Versicherungsvertragsgesetzes normiert eine Verpflichtung, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen (allgemeine Krankenversicherungspflicht) ausdrücklich nur für Personen mit Wohnsitz im Inland. Der Beschwerdeführer hat weder behauptet noch belegt, dass er einen Wohnsitz in Deutschland hätte, er ist vielmehr in Österreich ansässig. Daher unterliegt er in Deutschland nicht der allgemeinen Krankenversicherungspflicht.
Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung sind daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig (vgl ). Sie sind jedoch als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu berücksichtigen, und zwar gemäß § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 zu einem Viertel des Höchstbetrages von EUR 2.920,-.
Die vom Beschwerdeführer begehrte Anrechnung deutscher Einkommensteuer hat das Finanzamt zu Recht nicht vorgenommen: weder das DBA-Deutschland noch innerstaatliche Normen gebieten diese. Schließlich kommt auch die Berücksichtigung deutscher Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht: Die Bezahlung eigener Abgabenschuldigkeiten erfolgt zwar zwangsläufig, erfüllt jedoch nicht das im § 34 Abs. 1 und 2 EStG 1988 normierte Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit (). Im übrigen dürfen bei den einzelnen Einkünften unter anderem Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern nicht abgezogen werden (§ 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988) .
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Würdigung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 18 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100140.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at