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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.08.2020, RV/5100068/2017

Bewertung eines vorbehaltenen Wohnungsrechts

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Übergabsvertrag vom mit ***Übergeberin*** und über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Übergabevertrag vom mit ***Übergeber*** zu Recht:

  • Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit den im Spruchkopf dieses Erkenntnisses genannten Grunderwerbsteuerbescheiden vom setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 201 BAO Grunderwerbsteuer für den zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Eltern ***Übergeberin*** und ***Übergeber*** abgeschlossenen Übergabsvertrag vom mit dem Betrag von jeweils 1.113,08 Euro fest. Als Bemessungsgrundlage legte die belangte Behörde der GrESt iHv 2% dabei jeweils den gem § 16 BewG ermittelten Kapitalwert eines Wohnrechtes im Betrag von 55.654,00 Euro zugrunde. In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde dazu ua wie folgt aus: "Bei Überprüfung der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durch den befugten Parteienvertreter […] wurde folgender Sachverhalt festgestellt: Als Gegenleistung wird den Übergebern ein Wohnrecht eingeräumt. Amtliche Bewertung € 600,/Monat gem. §16BewG 15,4596facher Jahreswert = € 111.308,80 davon je 1/2"

Mit zwei im Wesentlichen inhaltsgleichen Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die vorgenannten Bescheide ein. Begründend führte der Beschwerdeführer jeweils zusammengefasst aus, die amtliche Bewertung des Wohnrechtes auf Basis von € 600 pro Monat erscheine ihm "sehr stark überbewertet zu sein." Für die seinen Eltern zur Verfügung stehenden ca.80 m 2 ergebe sich gem dem ortsüblichen Tarif (€ 5,08-5,2 pro m 2) unter Berücksichtigung der Garage, Keller etc eine monatliche Bewertung von maximal € 430,-.

Mit Beschwerdevorentscheidungen der belangten Behörde vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde dabei jeweils zusammengefasst aus, dass gem § 17 Abs 2 BewG Maßstab für die Bewertung eines Wohnungsgebrauchsrechtes der ortsübliche Mietzins am Verbrauchsort, den der Begünstigte als Miete aufwenden müsste, um in der gegenständlichen Wohnung wohnen zu können, sei. Laut dem der belangten Behörde vorliegenden Bauplan habe das Obergeschoß des gegenständlichen Gebäudes eine Wohnfläche von ca 125 m 2. Der Richtwert laut Richtwertgesetz, der in diesem Zusammenhang als Orientierungshilfe herangezogen werden könne, betrage € 5,58/m 2. Von diesem Wert habe die belangte Behörde bereits einen Abschlag vorgenommen.

Mit zwei im Wesentlichen inhaltsgleichen Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer einen "Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht". In zwei wiederum im Wesentlichen inhaltsgleichen Schreiben vom führte der Beschwerdeführer als ergänzende Begründung aus, dass die von der belangten Behörde angegebene Wohnfläche von 125 m 2 seinen Eltern nicht zur Verfügung stehe, da Räume im Erdgeschoß vermietet sind und das Wohnhaus ebenso sein Hauptwohnsitz sei und er Teile des Hauses alleinig bewohne. Die seinen Eltern zur Verfügung stehende Wohnfläche betrage 80m 2.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am schlossen der Beschwerdeführer und seine Eltern ***Übergeberin*** und ***Übergeber*** einen die zu jeweils 50% im Miteigentum der Eltern des Beschwerdeführers befindliche Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1***, betreffenden "Übergabsvertrag".

Punkt III. des Übergabsvertrages lautet wie folgt:

"Herr ***Bf1***, geb. ***tt.mm.jjjj***, als Übernehmer räumt seinen Eltern als Übergeber, nämlich Frau ***Übergeberin***, geb. ***jjjj.mm.tt***, und Herrn ***Übergeber***, geb. ***jjjj.mm.tt***, die Dienstbarkeit des lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsrechtes gemäß § 521 1. Fall ABGB an der Liegenschaft ***EZ1***, ***KG1***, Bezirksgericht ***Ort1***, ein, mit welcher die Benützung folgender Räumlichkeiten und sonstiger Anlagen für den persönlichen Bedarf gegeben ist:

Das soeben eingeräumte Wohnungsrecht umfasst das Wohnhaus auf der gegenständlichen Liegenschaft, demnach den Keller, das Erdgeschoss, den 1, Stock und den Dachboden, ausgenommen den beiden sich im Erdgeschoss nebeneinander befindenden Büroräumen. Das Wohnungsrecht umfasst auch die Mitbenützung des gesamten Gartens sowie die Mitbenützung der sich auf der Liegenschaft befindenden Doppeldurchfahrtsgarage sowie die Mitbenützung der getrennt vom Haus stehenden Einzelgarage. Das Wohnungsrecht umfasst nicht die Benützung des sich auf der Liegenschaft befindenden Betriebsgebäudes (Werkstatt). …"

Das vorgenannte Wohnungsrecht wurde im C-Blatt (Lastenblatt) des Grundbuches eingetragen (vgl ebendort Nr 7a: "239/2013 WOHNUNGSGEBRAUCHSRECHT gem. Pkt. III Übergabsvertrag 2012-12-17 für ***Übergeber*** geb ***jjjj.mm.tt*** ***Übergeberin*** geb ***jjjj.mm.tt***")

Punkt X. des Übergabsvertrages lautet wie folgt:

"Zum Zwecke der Gebührenbemessung wird festgestellt, dass der 3-fache Einheitswert jedes Hälftean eils am Übergabsobjekt € 43.167,66 beträgt. Das Wohnungsrecht wird mit jährlich € 1.200,00 bewertet."

Der 1. Stock des sich auf der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Wohnhauses hat eine Wohnnutzfläche von ca 125 m 2 und umfasst laut Bauplan 1 Badezimmer, 1 WC, 1 Küche, 1 Schlafzimmer, 1 Wohnzimmer, 1 Arbeitszimmer und 2 Kinderzimmer.

Beweiswürdigung

Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen - soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen - der Grunderwerbsteuer.

Nach § 4 Abs 1 GrEStG 1987 idF BGBl I 2009/135 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist bei einem Kauf Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Dies gilt auch für andere einen Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäfte, zumal der Begriff der Gegenleistung in § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt ist ().

Unter die dem Verkäufer bzw dem Übergeber des Grundstückes vorbehaltenen Nutzungen iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 gehört insbesondere auch ein diesem verbliebenes Wohnrecht (; vgl zB auch ; ; ).

Im vorliegenden Fall wurde die Einräumung eines dinglichen Wohnungsrechtes zugunsten der Eltern des Beschwerdeführers vereinbart (vgl dazu Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.04 § 521 Rz 4). Die (Personal-)Dienstbarkeit der Wohnung wurde demgemäß verbüchert und wirkt als absolutes Recht nicht nur inter partes, sondern gegenüber jedermann und wird auch durch eine allfällige Veräußerung des Grundstückes nicht berührt (vgl Koziol - Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I 14 Rz 1348).

Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Bewertung des Wohnungsrechtes der Höhe nach.

Ist die Steuer von der Gegenleistung zu erheben, ist diese Gegenleistung nach den Bestimmungen des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (§§ 2 - 17 BewG 1955) zu bewerten ( § 1 Abs 1 BewG 1955; vgl dazu Fellner, Grunderwerbsteuer-Kommentar 15 zu § 5 GrEStG 1987 Rz 22 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).

Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen oder Leistungen ist nach den Bestimmungen des § 16 BewG 1955 zu ermitteln. Nach § 16 Abs 1 BewG 1955 ergibt sich der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen, der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sowie dauernden Lasten abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung).

Der Wert von Nutzungen und Leistungen, die nicht in Geld bestehen, ist gemäß § 17 Abs 2 BewG 1955 mit den üblichen Mittelpreisen des Verbraucherortes anzusetzen. Eine in Sachwerten bestehende Leistung ist somit nach dem Wert zu beurteilen, den sie objektiv gesehen, für den Leistungsempfänger hat. Das bedeutet, dass der Geldbetrag errechnet werden muss, den der Leistungsempfänger aufwenden müsste, um sich die Leistung am Verbraucherort zu beschaffen. Als Wert eines Wohnungsrechtes kann somit ein fiktiver Mietzins angesetzt werden, der auch unter Fremden erzielbar wäre (vgl zum Ganzen Fellner, Grunderwerbsteuer-Kommentar 15 zu § 5 GrEStG 1987 Rz 28).

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall eine Schätzung ( § 184 BAO) des fiktiven Mietzinses anhand der Bestimmungen des Richtwertgesetzes vorgenommen (vgl dazu zB auch ) und diesen der gem § 16 BewG 1955 durchgeführten versicherungsmathematischen Berechnung des Kapitalwertes zugrunde gelegt.

Der Beschwerdeführer wendet in diesem Zusammenhang zunächst ein, dass die von der belangten Behörde der Schätzung zugrunde gelegte Wohnnutzfläche von 125m 2 zu groß sei. So würden seine Eltern tatsächlich nur etwa 80 m 2 Wohnfläche nutzen, da auch er selbst Teile des Gebäudes (alleine) nutze. Damit verkennt der Beschwerdeführer jedoch, dass Gegenstand der Bewertung ausschließlich das seinen Eltern vorbehaltene verbücherte Recht sein kann. Soweit dieses Recht faktisch nicht vollumfänglich ausgeübt wird bzw eine seitens des Beschwerde-führers erfolgende Beeinträchtigung dieses Rechts von den Berechtigten geduldet wird, kann sich dies nicht wertmindernd auf das Wohnungsrecht als solches auswirken, zumal den Berechtigten das Recht zukommt, andere - und somit auch den Beschwerdeführer - jederzeit von der Benützung auszuschließen (actio confessoria; vgl dazu Koziol - Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I 14 Rz 1371 ff). Maßgeblich für die Bewertung ist somit der Umfang der Wohnnutzfläche, auf den sich das Wohnungsrecht erstreckt und nicht jener Umfang, der von den Berechtigten tatsächlich genutzt wird.

Ist somit der Bewertung des gegenständlichen Wohnungsrechtes eine Wohnnutzfläche von 125m 2 zugrunde zu legen, geht aber auch die Behauptung des Beschwerdeführers, dass der ortsübliche Mietzins zwischen 5,08 und 5,2 Euro pro m 2 liege, ins Leere, da sich selbst bei einem Betrag von 5,08 Euro pro m 2 ein Mietzins von insgesamt 635,- Euro pro Monat ergeben würde, der somit über dem von der belangten Behörde geschätzten Wert von 600,- Euro pro Monat liegt.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass über die Höhe des von der belangten Behörde geschätzten fiktiven Mietzinses hinaus seitens des Beschwerdeführers in der Sache keine Einwendungen erhoben wurden und auch das BFG keine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Bescheide zu erkennen vermag. Insbesondere erfolgte die Aufteilung des gem § 16 BewG 1955 berechneten Kapitalwerts des Wohnungsrechts auf die Berechtigten zu jeweils 50% im Einklang mit der diesbezüglichen Rsp des VwGH (vgl ). Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

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