Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gem. § 17 GrEStG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch ***N***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Abweisung des Antrages auf Nichtfestsetzung und Erstattung der zu ErfNr ***1*** vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer zu Recht:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin (Bf) vom betreffend Nichtfestsetzung und Erstattung der zu ErfNr. ***1*** vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer ab. Begründend wurde ausgeführt, dass gem. § 17 GrEStG ein Erwerbsvorgang dann rückgängig gemacht ist, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlange.
Die Stornierungsvereinbarung vom und der Abschluss eines neuerlichen Übergabsvertrages am an die gleiche Erwerberin zu gleichen Vertragsbedingungen seien die logische Konsequenz der steuerlich motivierten Vertragsgestaltung, erfüllen aber nicht die Voraussetzungen des § 17 GrEStG.
Dagegen brachte die Bf mit Schreiben vom Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Parteien aufgrund der Stornierungsvereinbarung aus ihren wechselseitigen vertraglichen Bindungen aus dem Übergabsvertrag vom derart entlassen haben, dass der seinerzeitige Übergeber seine ursprüngliche Rechtsstellung, daher jene Verfügungsmacht über die Liegenschaft die er vor Vertragsabschluss gehabt hatte, zur Gänze wiedererlangt habe. Es habe sehr wohl die Möglichkeit des Liegenschaftseigentümers bestanden, das Vertragsobjekt als das seine zu behalten oder Dritten zu übergeben. Die belangte Behörde habe diesbezügliche Ermittlungen unterlassen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und wies erneut in der Begründung auf den Fehlende Wiedererlangung der Verfügungsmacht des bisherigen Eigentümers. Darüber hinaus wurde auf den engen zeitlichen Zusammenhang hingewiesen
Mit Schreiben vom beantragte die Bf die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.
Die Behörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht zur weiteren Bearbeitung vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Festgestellter Sachverhalt
Die Bf ist seit Pächterin des "***Gut_F***", Katastralgemeinde ***5*** ***G***, ***EZ***.
Laut Auskunft des zentralen Melderegisters ist die Bf an der Adresse ***AdrA*** als Hauptwohnsitz seit gemeldet.
Der bisherige Eigentümer des Übergabsobjektes und Onkel der Bf hat seinen Hauptwohnsitz seit an der Adresse ***AdrA***.
Aufgrund der Eheschließung am änderte die Bf ihren Namen von ***CL*** in ***Bf***.
Der in der Kanzlei des Notars am aufgenommene und unterfertigte Übergabsvertrag (Notariatsakt vom ) lautet auszugsweise:
Erstens: ----Übergabsobjekt und Rechtsverhältnisse----
1. ***RL*** ist Eigentümer der Liegenschaft ***Gut_F***, Katastralgemeinde ***5***, ***EZ*** (Grundbuchsauszug).
2. […]
Die Übernehmerin ***CL*** ist bereits seit (ersten November zweitausendzehn) Pächterin des ***Gut_F*** und damit Wirtschaftsführerin. […]
3. Gegenstand des Übergabsvertrages ist der gesamte ungeteilte landwirtschaftliche Betrieb des Übergebers, […] samt Baulichkeiten und allem, dem landwirtschaftlichen Betrieb gewidmeten Zubehör, Fahrzeugen, Maschinen und Geräten, soweit […]
Zweitens: ----Übergabevereinbarung----
***RL*** übergibt seine Nichte ***CL*** und diese übernimmt von ihrem Onkel dessen im Punkt Erstens näher bezeichnete Liegenschaft "***Gut_F***" ***EZ*** Katastralgemeinde ***5*** ***G***, zu den vom Übergeber für sich ausbedungenen und zurückbehaltenen, zwischen Übergeber und Übernehmerin vereinbarten, im Punkt Drittens näher bezeichneten Gegenleistungen und sonstigen Bedingungen und zwar:
Drittens: ----Gegenleistungen----
Es verpflichtet sich die Übernehmerin für sich und ihre Rechtsnachfolger im Besitze der Übergabsliegenschaft, dem Übergeber auf dessen Lebensdauer folgende Rechte zu gewähren und Leistungen zu erbringen und zwar:
a) Zur Wohnung:
Es räumt die Übernehmerin dem Übergeber das Wohnungsgebrauchsrecht im Sinne der §§ 504 bis 508 (…) des ABGB an den bisher vom Onkel benützten, im ersten Obergeschoß nach Süden und Südwesten gelegenen Schlafzimmer, sowie das Mitbenützungsrecht der sanitären Anlagen und der Wohnküche (…) ein.
[…]
Die Unterpunkte b) "Betriebskosten", c) "Naturalien" d) "Verköstigung, Handreichung bei Krankheit und Gebrechlichkeit" und e) "Begräbnis" enthalten detailliert ausformulierte Aufgaben, die von der Übernehmerin in den angeführten Fällen zu übernehmen sind und das persönliche Verhältnis der Vertragsparteien wiederspiegeln.
Fünftens: ----Übergabszeitpunkt----
Die Übergabe und Übernahme des Vertragsobjektes in den Besitz und Genuss der Übernehmerin wird mit Unterfertigung dieses Vertrages vollzogen. […]
Siebtens: ----Nebenbestimmungen----
[…]
b) […] Die Vertragsparteien vereinbaren ein bis befristetes einseitiges Rücktrittsrecht der Übernehmerin für den Fall, dass geänderte Gesetzeslage oder von der hier beschriebenen Spruchpraxis abgehender Vorschreibungen der Abgabenbehörde Änderungen eintreten, die zu einer Erhöhung, oder aber auch für den Fall, dass das Rechtsgeschäft später abgeschlossen würde, zu einer wesentlichen Verringerung der Abgabenlast führen.
[…]
Mit Stornierungsvereinbarung (Notariatsakt vom , Geschäftszahl 591) am , aufgenommen in der Kanzlei und am selben Tag unterfertigt wurde der Übergabsvertrag vom unter Hinweis auf Punkt Siebtens, Absatz Erstens, litera b) letzter Satz storniert.
Der in der Kanzlei des Notars am aufgenommene und unterfertigte Übergabsvertrag (Notariatsakt vom , Geschäftszahl 593) ist inhaltlich nahezu ident mit dem Übergabsvertrag vom . Ergänzt wurde
Zweitens: ----Übergabevereinbarung ----
***RL*** übergibt an seine Nichte ***Bf*** und diese übernimmt von ihrem Onkel die im Punkte Erstens näher bezeichnete Liegenschaft ***EZ*** KG ***5*** ***G***, um das "***Gut_F***" eine weitere im land- und forstwirtschaftlichen Erwerb stehende Generation lang im Familienbesitz zu halten. Es ist dem Übergeber ein Anliegen, dem Ehegatten der Übernehmerin und Vater der gemeinsamen Kinder, dem ***RH***, in Würdigung seiner materiellen Aufwendungen und Arbeitsleistungen, welche er im Zuge der bevorstehenden Renovierung des schwer sanierungsbedürftigen Anwesens erbringt, ein lebenslanges Aufenthaltsrecht am ***Gut_F*** zu sichern; es ist dem Übergeber auch recht, wenn die Übernehmerin dem ***RH*** einen Hälfteanteil des Gutes ins Eigentum überschreibt; in allen übrigen Fällen der Veräußerung (es sei denn an Nachkommen der Übernehmerin), auch der Vermietung und Verpachtung, hat die Übernehmerin mit dem Onkel das Einvernehmen herzustellen. Die Vertragsparteien wissen, dass ein Veräußerungsverbot mangels näherer Verwandtschaft nicht ins Grundbuch eingetragen werden kann. Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Vertragsparteien die Übergabe des Vertragsobjektes zu den vom Übergeber ausbedungenen und zurückbehaltenen, im Punkte Drittens näher bezeichneten Gegenleistungen und Bedingungen und zwar:
Fünftens: ---- Übergabezeitpunkt----
Die Übergabe und Übernahme des Vertragsobjektes in den Besitz und Genuss der Übernehmerin vereinbaren die Parteien mit Ablauf des heutigen Tags; […]
Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig, ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen bzw. aus der vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Abfragen von Datenbanken und können somit gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
Rechtliche Beurteilung
Gem. § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird. Ist die Steuer bereits festgesetzt, so ist nach Abs. 4 leg. cit. die Festsetzung entsprechend abzuändern.
Die Steuerschuld entsteht im Grunderwerbsteuerrecht grundsätzlich mit Verwirklichung des Steuertatbestandes und kann in der Regel durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen, mag diesen auch von den Parteien Rückwirkung beigelegt worden sein, nicht mehr beseitigt werden. Eine Ausnahme von diesem für die Verkehrsteuern geltenden Grundsatz stellt § 17 GrEStG dar.
Ein Erwerbsvorgang ist nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar - was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt - der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmöglichkeit aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer seine ursprüngliche (freie) Rechtstellung nicht wiedererlangt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt das Rückgängigmachen eines Kaufvertrages im Sinn des § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 voraus, dass der ursprüngliche Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss hatte (vgl zB , , weiters Fellner in Fellner, Grunderwerbsteuer, § 17 GrEStG Rz 14 und die dort dargestellte hg. Judikatur).
Die Vorschriften des § 17 GrEStG 1987 über die Nichtfestsetzung der Steuer setzen eine ernsthaft gemeinte Rückgängigmachung voraus ().
Von der Wiedererlangung einer freien Verfügungsmacht durch die Stornierungsvereinbarung und einer ernsthaft gemeinten Rückgängigmachung kann im zu beurteilenden Fall aus folgenden Gründen nicht gesprochen werden:
Nach den vorliegenden, vom selben Notar errichteten Urkunden hat der Übergeber in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang, nämlich eine Woche nach Stornierung des ersten Übergabsvertrages den neuen Übergabsvertrag zu denselben Konditionen an die selbe Übernehmerin unterzeichnet. Auch anhand der Geschäftszahlen ist ersichtlich, dass ein unmittelbar zeitlicher Zusammenhang besteht, liegen doch die Geschäftszahlen lediglich eine Nummer auseinander (Stornierungsvereinbarung GZ 591, Übergabsvertrag 593).
Auch wenn zwischen Stornierungsvereinbarung und neuerlichem Übergabsvertrag eine Woche liegt, hat nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts der Übergeber seine Verfügungsmacht über die Liegenschaft nicht wiedererlangt, wurde doch der 2. Übergabsvertrag nahezu wortgleich ausgefertigt, woraus zuschließen ist, dass bereits vor Stornierung des Vertrages die erneute Übergabe bereits vereinbart war.
Weiters ist fest zu halten, dass das Motiv der Stornierung lediglich aufgrund eines steuerlichen Grundes erfolgt ist. Eine Rückübertragung (auch im Hinblick auf die zeitliche Abfolge der Vorgänge) und demzufolge Wiedererlangung der Verfügungsmacht war - wie bereits die belangte Behörde im Erstbescheid festgestellt hat - wohl nicht beabsichtigt.
Auch die Tatsache, dass die Bf seit 2010 Pächterin der Liegenschaft ist und durchgehende an der Adresse gemeldet war, entkräfte das Argument in der Beschwerde, der Übergeber hätte die Möglichkeit gehabt die Liegenschaft zu behalten oder an Dritte entgeltlich oder unentgeltlich zu
Darüber hinaus wird im 2. Übergabsvertrag unter Punkt Zweitens schriftlich festgehalten, dass das "***Gut_F***" eine weitere im land- und forstwirtschaftliche Erwerb stehende Generation lang im Familienbesitz zu halten ist. Dies impliziert starkes Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien über die Bewirtschaftung des Objektes.
Darüber hinaus ist der Übergabsvertrag ein sehr individuell gestalteter Vertrag (zB Punkt Drittens Gegenleistung), der auf die persönliche Beziehung zwischen Onkel und Nichte stark Bezug nimmt. Es stand daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts bereits im Zeitpunkt des ersten Übergabsvertrages fest, dass die Bf Eigentümerin des ***Gut_F*** werden sollte.
Auch in Anbetracht des bereits seit bestehenden Pachtverhältnisses und der durchgehenden Meldung der Bf am ***Gut_F*** als Hauptwohnsitz, kann nicht von einer Wiedererlangung der Verfügungsmacht des Übergebers gesprochen werden.
Ergänzend wird noch festgehalten, dass § 17 GrEStG eine Begünstigungsbestimmung () ist. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Dabei hat bei derartigen Begünstigungstatbeständen wie § 17 GrEStG der die Begünstigung in Anspruch nehmende Steuerpflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (). Es wäre somit an der Bf gelegen einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die faktische Rückübertragung und somit das Wiedererlangen der Verfügungsmacht des Übergebers darzulegen.
Der unzweifelhaft zwischen der Aufhebung des Übergabsvertrages und der Übergabe der Liegenschaft an dieselbe Person unter den gleichen Bedingungen bestehende enge zeitliche und sachliche Zusammenhang lässt somit mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass zwischen den Vertragsparteien bereits vor der Stornierung Einigkeit darüber bestand, die in Frage stehende Liegenschaft erneut an die Bf zu übertragen.
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben) bzw. wurden sie in der Literatur einhellig beantwortet. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Mischkreu/Steiner/Knesl in BFGjournal 2020, 416 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100750.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at