Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe eines subsidiär Schutzberechtigten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wiener Kinder-und Jugendhilfe 1,4,5,6,7,8,9, Amerlingstraße 11, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend die Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom stellte die Rechtsvertretung der Kinder- und Jugendhilfe für den minderjährigen Bf. einen auf § 6 Abs. 5 FLAG 1967 fußenden Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem .
Hierbei wurde begründend ausgeführt, dass der Bf., dessen Eltern unbekannt seien den Status eines subsidiär Schutzberechtigten aufweise, in voller Obsorge der Kinder- und Jugendhilfe stehe und sich seit dem im Rahmen der vollen Erziehung in einer sozialpädagogischen Einrichtung, sprich Wohngemeinschaft SOS - Kinderdorf untergebracht sei, welche nicht ausschließlich von der Stadt Wien finanziert werde, sondern eine auf Spendengeldern fußende Eigenfinanzierung aufweise. Die Unterbringung des Bf. in nämlicher Einrichtung verursache der Stadt Wien tägliche Kosten von mindestens 80,00 Euro.
In der Folge wurde der Antrag seitens der belangten Behörde mit Bescheid vom unter Hinweis auf den Status des Bf. als subsidiär Schutzberechtigter abgewiesen.
Die Vertretung des Bf. begründete, die mit datierte Beschwerde wie folgt:
Der bekämpfte Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 5 FLAG wurde damit begründet, dass der subsidiärschutzberechtigte Minderjährige keiner selbständigen oder unselbständigen Beschäftigung nachgeht, womit erkennbar auf § 3 Abs. 3 FLAG Bezug genommen wurde.
Durch § 6 Abs. 5 FLAG idF BGBl, wurde ein eigenständiger Anspruch von Kindern geschaffen, die in voller Erziehung untergebracht sind.
Kinder haben einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe unter denselben Voraussetzungen unter denen ein Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat. (§ 6 Abs. 1 bis 3).
Der entsprechende Initiativantrag (GP XXVI lA 386/A) führt dazu wie folgt aus: Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht durch eine Sonderregelung die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich selbst die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe).
Nachdem es sich bei dem Rechtsmittelwerber um einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling handelt, kann die Familienbeihilfe von keinem Elternteil bezogen werden. Auch unterliegt der Minderjährige noch der Schulpflicht, womit es ihm nicht möglich ein Einkommen aus einer Beschäftigung zu lukrieren."
In der Folge wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom mit nachstehender Begründung abgewiesen:
"Sachverhalt:
Ihnen wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Sie sind weder unselbständig noch selbständig erwerbstätig. Mit Bescheid vom wurde Ihr Antrag abgewiesen.
Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) gewährt wurde, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG 2005 zuerkannt wurde.
Würdigung:
Anspruch auf Familienbeihilfe für Personen, denen subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, besteht nur bei einer unselbständigen oder selbständigen Beschäftigung des Antragstellers und wenn keine Leistungen aus der Grundversorgung bezogen werden. Das FLAG 1967 verlangt ausdrücklich eine tatsächliche Erwerbstätigkeit. Für Zeiten des Bezuges einer Leistung aus der Krankenversicherung (z.B. Krankengeld) oder Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe), sowie der gesetzlichen Karenz oder der Meldung als Arbeitssuchende ist ein Familienbeihilfenanspruch ausgeschlossen.
Da Sie nicht unselbständig oder selbständig beschäftigt sind, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe."
Mit Eingabe vom wurde ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG eingebracht.
In ihrem mit datierten Vorlagebericht führte die belangte Behörde aus, dass - entgegen bisheriger verwaltungsbehördlicher Argumentation- der mangelnde Anspruch des Bf. auf Familienbeihilfe einzig und allein auf der Tatsache des Bezuges von Leistungen aus der Grundversorgung beruhe, weswegen sich die Frage nach dem Vorliegen einer Erwerbstätigkeit überhaupt nicht stelle.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Festgestellter Sachverhalt
In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden, auf der Aktenlage und dem Parteienvorbringen basierenden Sachverhalt zu Grunde:
Der minderjährige, die afghanische Staatsbürgerschaft besitzende Bf. stand als unbegleiteter Asylwerber seit dem zunächst in Betreuung eines in Wien domizilierten Krisenzentrums der MA 11 und ist dieser - im Anschluss der am erfolgten gerichtlichen Übertragung der vollen Obsorge an vorgenannte MA - seit dem in einem, ebenfalls in Wien befindlichen SOS - Kinderdorf untergebracht. Der mit datierten Gerichtsbeschluss hält fest, dass die Grundversorgung des Bf. (Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung, Taschengeld bzw. notwendige Sach- und Geldleistungen, Beratung und Betreuung) vermittels der auf Art. 15a B-VG basierenden Grundversorgungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern gewährleistet ist. Der den Status eines subsidiär Schutzberechtigten innehabende Bf. ist neben der an obere Stelle angeführten Unterbringung laut aktenkundigem Versicherungsdatenauszug vom ab dem bis laufend bei der Österreichischen Gesundheitskasse versichert.
2. Rechtliche Würdigung
2.1. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder und- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).
§ 3 Abs. 1 und 4 FLAG 1967 lauten:
(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht nach § 279 Abs. 1 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.2. Rechtliche Beurteilung
In Ansehung des unter Punkt 1 dargestellten Sachverhaltes, demgemäß der Unterhalt des Bf. via organisierter Unterbringung, Verpflegung, Gewährung der Krankenversicherung ab dem bis laufend etc. sprich sohin unstrittiger Leistungen aus der Grundversorgung zur Gänze aus öffentlichen Mitteln abgedeckt ist, kommt nach dem Dafürhalten des BFG der auf § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gestützte Anspruch auf Familienbeihilfe nicht zum Tragen. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass bereits eine einzige Leistung aus der Grundversorgung, wie beispielsweise die Tragung der Kosten der Krankenversicherung einem Anspruch auf Familienbeihilfe abträglich ist ( RV/0383-G/13; ). In nämlicher Weise hat der Verwaltungsgerichtshof ein mit Leistungen aus der Grundversorgung begründetes, den Antrag der Bf. auf Familienbeihilfe ablehnendes Erkenntnis des seinerseits mit - die Revision abweisendem - Erkenntnis vom , Ra 2014/16/0014 bestätigt.
Anzumerken ist, dass obiger Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichtes aufgrund der Norm des § 279 Abs. 1 BAO die bisherige ausschließlich mit der Nichtentfaltung einer Erwerbstätigkeit begründete Ablehnung des Antrags durch die belangte Behörde keineswegs abträglich ist.
In Ansehung vorstehender Ausführungen geht aber auch die seitens der Obsorge berechtigten MA ins Treffen geführte Argumentation, wonach sich die Unterbringung des Bf. im SOS- Kinderdorf mit der Stadt Wien täglich anheimfallenden Kosten von rund 80,00 Euro zu Buche schlägt, ins Leere, da die Familienbeihilfe schon in ihrer Eigenschaft als Familienleistung nach nicht der Abdeckung deartiger "Verlustgeschäfte" dient.
Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da die mangelnde Anspruchsberechtigung bereits auf den gesetzlichen Vorschriften des FLAG 1967 gründet.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102714.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at