Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 13.07.2020, RV/7102528/2019

§ 33 TP 5 GebG: Bestimmte Vertragsdauer trotz Vereinbarung der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den vorsitzenden Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner und die beisitzende Richterin Mag. Andrea Ebner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gertraud Lunzer und Mag. Daniel Samer in der Beschwerdesache ***BF***, ***Adr***, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Festsetzung der Bestandvertragsgebühr für den Mietvertrag vom , Erfassungsnummer ***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Anwesenheit der Schriftführerin Asli Bayraktar zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am wurde der belangten Behörde der am zwischen der ***Vermieter-OG*** (Vermieterin) und der Beschwerdeführerin (Mieterin) abgeschlossene Mietvertrag zur Anzeige gebracht.

Mit Bescheid vom wurde die Bestandvertragsgebühr nach § 33 TP 5 GebG gemäß § 200 Abs 1 BAO mit EUR 358.253,28 vorläufig festgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Umfang der Abgabenpflicht aufgrund einer vereinbarten umsatzabhängigen Komponente ("Umsatzpacht") noch ungewiss sei und die Vorschreibung daher vorläufig erfolgt sei. Die Betriebskosten seien mangels (ausreichender) Angaben gemäß § 184 BAO geschätzt worden. Aufgrund der Beurkundung der USt-Verrechnung, sei diese dem Entgelt hinzugerechnet worden.

Da nach dem betreffenden Mietvertrag eine Laufzeit von 12 Jahren mit der Option auf zweimalige Verlängerung um jeweils fünf Jahre vereinbart worden sei, liege eine Gesamtmietdauer von 22 Jahren vor. Folglich legte die belangte Behörde der Bemessung für die 1%-ige Bestandvertragsgebühr den (maximal anzuwendenden) 18-fachen Jahreswert, somit EUR 35.825.328,00 zugrunde.

Vorgelagertes Berufungs(Beschwerde)verfahren

Mit Berufung (nunmehr als Beschwerde zu bezeichnen) vom wurde der am erlassene Gebührenbescheid angefochten. Im Wesentlichen erfolgte dabei das Vorbringen, dass es sich bei gegenständlichem Mietvertrag um einen auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Bestandvertrag handle, da die Vermieterin das Bestandverhältnis vorzeitig aus den in § 1118 ABGB genannten Gründen, aus allen erdenklichen Gründen des § 30 MRG sowie aus sonstigen vertraglich vereinbarten Gründen auflösen könne und somit eine umfassende Kündigungsmöglichkeit vereinbart worden sei. Es sei daher ungewiss, dass der Vertrag tatsächlich 12 Jahre dauere.

Begründend verwies die Beschwerdeführerin auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () sowie auf die Gebührenrichtlinien (GebR 2007 Rz 705 mit Verweis auf ), wonach bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliege, selbst dann, wenn einzelne Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG ausgeschlossen worden seien. Für die Gebührenbemessung sei daher bloß der dreifache Jahreswert maßgebend.

Der Beschwerde wurde mit Berufungsvorentscheidung (nunmehr als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnen) vom Folge gegeben. Die Gebühr wurde mit vorläufiger Festsetzung nach § 200 Abs 1 BAO vom dreifachen Jahreswert berechnet und mit EUR 54.730,86 festgesetzt (1 % der Bemessungsgrundlage von EUR 5.473.086,48; zugrundeliegender Jahreswert EUR 1.824.362,16).

Gegenständliches Beschwerdeverfahren

Im Rahmen einer mit datierten Vorhaltsbeantwortung übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde aktualisierte Zahlen hinsichtlich der gegenständlichen Umsatzpacht.

In der Folge erließ die belangte Behörde am einen neuen Gebührenbescheid mit (abermals) vorläufiger Festsetzung und setzte dabei die Rechtsgeschäftsgebühr mit EUR 331.596,14 fest. Neben der entsprechenden Berücksichtigung der aktualisierten Jahreswerte ging die belangte Behörde, so wie im Erstbescheid vom (und somit anders als in der Beschwerdevorentscheidung vom ), wieder von einem Bestandvertrag auf bestimmte Dauer aus und legte der Bemessung der Bestandvertragsgebühr den (aktualisierten) 18-fachen Jahreswert (EUR 33.159.613,69) zugrunde (Jahreswert iHv EUR 1.842.200,76).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche, mit datierte Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Festsetzung der Bestandsvertragsgebühr vom dreifachen Jahreswert beantragt.

Begründend wiederholte die Beschwerdeführerin zunächst im Wesentlichen ihr Vorbringen aus der Beschwerde vom , wonach sowohl laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als auch nach den Gebührenrichtlinien bei Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliege.

Weiter wurde betreffend die auf § 200 BAO gestützte neuerliche Abgabenfestsetzung ausgeführt, dass es sich bei der Frage, ob von einer bestimmten oder unbestimmten Vertragsdauer auszugehen sei, nicht um eine Ungewissheit im Tatsachenbereich handle, sondern um eine rechtliche Fragestellung. Das Rechtsinstitut der Vorläufigkeit könne es der Abgabenbehörde nicht gestatten, bereits in Rechtskraft erwachsene Bescheide in Bezug auf Umstände abzuändern, die nicht im Tatsachenbereich liegen und für die die belangte Behörde bereits eine verbindliche Rechtsmeinung auf Basis eines bereits feststehenden Sachverhalts abgegeben habe. Eine Rechtsansicht, wonach vorläufige Bescheide durch die Abgabenbehörde in jede Richtung abgeändert werden könnten, sei mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, da es keinen Unterschied machen dürfe, ob eine Rechtsfrage (eben ob eine unbestimmte oder bestimmte Vertragsdauer vorliege) in einem endgültigen Bescheid durch die Abgabenbehörde bereits verbindlich oder zufälligerweise in einem Bescheid mit vorläufigem Charakter iSd § 200 BAO entschieden werde. Der Bescheiderlassung stehe aufgrund des Abgehens der bereits von der belangten Behörde manifestierten Rechtsansicht das Hindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen.

Ferner liege hinsichtlich des bekämpften Bescheides ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor. Bei dem in § 33 TP 5 Abs 3 GebG verwendeten Begriff der unbestimmten Vertragsdauer sowie bei der damit in Zusammenhang stehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die einen Vollzugsspielraum voraussetzen, weshalb der genannte Grundsatz anzuwenden sei. Aufgrund des unerwarteten Abgehens der belangten Behörde von ihrer bisherigen Rechtsauffassung erleide die Beschwerdeführerin jedenfalls in unbilliger Weise einen erheblichen abgabenrechtlichen Nachteil.

Von Seiten der belangten Behörde wurde mit eine abweisende Beschwerdevorentscheidung erlassen. Begründend findet sich im Wesentlichen ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall nur eng umgrenzte Kündigungsgründe überhaupt anwendbar seien und nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit von bloß eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten der Vermieterin auszugehen sei. Hinsichtlich des Aspektes von Treu und Glauben bestehe für die Festsetzung einer Abgabe kein Ermessenspielraum, weshalb dieser Grundsatz gegenständlich nicht anwendbar sei. Die Beschwerdeführerin habe keine Dispositionen auf Grund einer vor Erstellung der Urkunde eingeholten Rechtsauskunft getroffen.

Die Festsetzung im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung verbleibe vorläufig, da die Höhe der vom Umsatz abhängigen Pacht nach wie vor nicht ausreichend geklärt sei. Da die Vorläufigkeit die gesamte Abgabenfestsetzung betroffen habe, hätte die belangte Behörde in sämtlichen Punkten einen geänderten Standpunkt einnehmen können.

Im Vorlageantrag vom brachte die Beschwerdeführerin ergänzend zu ihren Ausführungen in der Beschwerde noch vor, dass sie sowohl in die in den Gebührenrichtlinien enthaltene allgemeine Rechtsauslegung als auch in die im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom (nach Erstellung der Urkunde) geäußerte individuelle Rechtsauskunft vertraut habe und damit Dispositionen getroffen habe.

Im Rahmen der am am Bundesfinanzgericht stattgefundenen mündlichen Senatsverhandlung wurde die Sach- und Rechtslage erörtert und die Beschwerdeführerin noch auf die Möglichkeit der Stellung eines Nachsichtsantrages verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Feststellungen & Beweiswürdigung

Mit vorliegendem Mietvertrag, unterzeichnet am , werden von der ***Vermieter-OG*** als Vermieterin Geschäftsräumlichkeiten im Ausmaß von etwa 574 Quadratmeter an die Beschwerdeführerin als Mieterin vermietet. Es handelt sich um exklusive Geschäftsflächen in ausgezeichneter Wiener Innenstadtlage.

Das Mietverhältnis ist vertraglich für die Dauer von 12 Jahren abgeschlossen ( bis ). Der Beschwerdeführerin ist vertraglich die Option eingeräumt, das Mietverhältnis zwei Mal für die Dauer von jeweils fünf Jahren zu verlängern. Die Verlängerungsoptionen können laut Vertrag jeweils nur in Anspruch genommen werden, wenn die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Ausübung allen Vertragsverpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen ist und keine Zahlungsrückstände zwischen der Erklärungsabgabe und dem Ablauf des bestehenden Mietverhältnisses bestehen.

Kündigungsrechte der Beschwerdeführerin als Mieterin

Die Beschwerdeführerin ist als Mieterin gemäß Punkt 5.4. des Vertrages vor Ablauf der vereinbarten Dauer berechtigt, das Mietverhältnis aus den in § 1117 ABGB genannten Gründen zur sofortigen Auflösung zu bringen.

§ 1117 ABGB lautet:

Der Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der Räume beim Vertragsabschluß gekannt hat.

Kündigungsrechte der Vermieterin

Gemäß Punkt 5.3. kann die Vermieterin das Mietverhältnis vorzeitig aus den in § 1118 ABGB genannten Gründen, aus allen erdenklichen Gründen des § 30 Abs 2 MRG sowie aus weiteren, in Punkt 13 des Vertrages angeführten Gründen auflösen.

§ 1118 ABGB lautet:

Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen erheblichen nachteiligen Gebrauch davon macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermiethetes Gebäude neu aufgeführt werden muß. Eine nützlichere Bauführung ist der Miether zu seinem Nachtheile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber nothwendige Ausbesserungen.

§ 30 Abs 2 MRG lautet:

Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

Bei den im Punkt 13 des Vertrages angeführten Auflösungsgründen handelt es sich wörtlich um Folgende:

Der Vermieter ist berechtigt, das Mietverhältnis aus allen erdenklichen Kündigungsgründen des § 30 MRG bzw gemäß § 1118 ABGB zu beenden bzw ohne Rücksicht auf etwa vereinbarte oder gesetzliche Termine oder Fristen den Vertrag auflösen bzw vom Vertrag zurücktreten, wenn

a) der Mieter mit Entgeltzahlungen entweder in der Höhe eines Hauptmietzinses oder eines Anteiles an den Nebenkosten in Höhe des jeweiligen Monatspauschales trotz schriftlicher zugestellter Mahnung unter Setzung einer 14-tägigen Nachfrist im Rückstand ist, oder eine eventuell eingeräumte Zahlungsstundung nicht einhält,

b) der Mieter den Mietgegenstand, dem Gemeingebrauch dienende Bereiche oder gemeinsame technische Einrichtungen Vertrags- oder widmungswidrig gebraucht oder den Mietgegenstand einem Dritten ganz oder teilweise unbefugt überlässt, den Mietgegenstand oder gemeinsame Teile der Anlagen nachteilig nutzt, wodurch sonst vermeidbare Schäden an der Haussubstanz eintreten und trotz schriftlicher, mit eingeschriebener Briefsendung zugestellter Mahnung unter Setzung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist die Zuwiderhandlungen fortsetzt oder später wiederholt,

c) der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters genehmigungspflichtige bauliche Veränderungen vornimmt,

d) der Mieter wesentliche rechtskräftige behördliche Auflagen oder gesetzliche Bestimmungen nicht erfüllt,

e) über das Vermögen des Mieters ein Insolvenzverfahren eröffnet wird und ein in diesem Zeitpunkt bestehender Mietzinsrückstand (siehe lit a) nicht binnen 14 Tagen nachbezahlt wird, jedoch bedarf es diesbezüglich keiner gesonderten Mahnung,

f) der Mieter entgegen Punkt 14.1. die Kaution trotz schriftlicher, mit eingeschriebener Briefsendung zugestellter Aufforderung nicht binnen 14 Tagen erlegt oder entgegen Punkt 14.4. seiner Verpflichtung zur Wiederauffüllung der Kaution nicht fristgerecht nach Aufforderung nachkommt.

Von Seiten des Bundesfinanzgerichtes werden diesbezüglich nachfolgende Feststellungen getroffen:

Es handelt sich zunächst bei den vereinbarten gesetzlichen Kündigungsgründen nach § 1118 ABGB im Wesentlichen um Kündigungs- bzw Aufhebungsrechte, die insbesondere dann zustehen, wenn die Mieterin einen erheblich nachteiligen Gebrauch des Mietgegenstandes vornimmt oder trotz Mahnung den Mietzins nicht entrichtet. Es wird somit ein Fehlverhalten des anderen Vertragspartners vorausgesetzt, eine Ausübung der Kündigungsrechte nach Belieben ist nicht möglich und die Ausübung ist jeglichem Einfluss der Vermieterin entzogen. Hinsichtlich des auch im Gesetzeswortlaut genannten Kündigungsgrundes für den Fall, dass ein vermietetes Gebäude neu aufgeführt werden muss, ist festzustellen, dass sich das gegenständliche Gebäude in einem offensichtlich sehr guten Zustand befindet und daher eine Neuerrichtung des Gebäudes als hochgradig unwahrscheinlich anzusehen ist.

Hinsichtlich der vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG ist festzustellen, dass diese primär auf die Wohnraummiete abstellen; der gegenständliche Vertrag regelt jedoch einen Fall der Geschäftsraummiete, wodurch die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 5, 6, 8, und 16 MRG von vornherein bereits nicht zur Anwendung gelangen können.

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 2 MRG kommt nicht zur Anwendung, weil das Mietentgelt nicht in einer Dienstleistung besteht. Ebenso greift die Z 10 dieser Bestimmung nicht, weil der Mietgegenstand nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten bestimmt ist. § 30 Abs 2 Z 11 MRG scheidet aus, weil diese Bestimmung nur für den Bund, ein Bundesland oder eine Gemeinde gilt. § 30 Abs 2 Z 12 MRG setzt ein Untermietverhältnis voraus, welches im konkreten Fall nicht vorliegt. § 30 Abs 2 Z 14 und Z 15 MRG kommen nicht in Betracht, weil es sich beim gegenständlichen Mietgegenstand um kein Miethaus handelt und überdies ein Abbruch oder Umbau des Gebäudes als unwahrscheinlich gilt.

Die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 1 (Mietzinsrückstand), Z 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch oder rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten), Z 4 (Untervermietung) und Z 7 (vertragswidrige Verwendung) MRG setzen wiederum ein Fehlverhalten des anderen Vertragspartners voraus, womit die Kündigungsrechte wieder nicht nach Belieben ausgeübt werden können und die Ausübungsmöglichkeit jeglichem Einfluss der Vermieterin entzogen sind.

Auch alle unter Punkt 13 des gegenständlichen Mietvertrags vereinbarten weiteren Kündigungsgründe (Mietzinsrückstand, vertrags- oder widmungswidriger Gebrauch des Mietgegenstands, Vornahme von nicht genehmigten baulichen Veränderungen, Verletzung von wesentlichen behördlichen Auflagen oder gesetzlichen Bestimmungen, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei gleichzeitiger Nicht-Nachzahlung des Mietzinsrückstands, Nicht-Wiederauffüllung der Kaution) setzen ein entsprechendes Fehlverhalten der Beschwerdeführerin voraus, womit abermals die Vermieterin ihr Kündigungsrecht nicht nach eigenem Belieben ausüben kann.

Was das Kündigungsrecht der Beschwerdeführerin als Mieterin nach § 1117 ABGB betrifft ist auszuführen, dass sich auch der Eintritt dieser Gründe als hochgradig unwahrscheinlich erweist, zumal nicht davon auszugehen ist, dass sich der Mietgegenstand derart entwickelt, dass er sich als untauglich oder unbrauchbar erweist.

Trotz der weitreichenden Vereinbarung von diversen Kündigungsgründen kommt somit faktisch als einzig verbleibender Kündigungsgrund, der nicht auf ein Fehlverhalten der Beschwerdeführerin als Mieterin zurückzuführen ist und tatsächlich zur Anwendung gelangen könnte, der Eigenbedarf gemäß § 30 Abs 2 Z 9 MRG in Betracht. Es liegt somit eine Beschränkung auf eine einzige Kündigungsmöglichkeit vor.

Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages aufgrund des verbleibenden Kündigungsgrundes des allfälligen Eigenbedarfs der Vermieterin ist festzustellen, dass diese im beschwerdegegenständlichen Fall äußerst gering erscheint. Bei der Vermieterin handelt es sich um eine GmbH & Co OG, deren Geschäftsgegenstand offensichtlich im Bereich der Vermietung der gegenständlichen Immobilie liegt; sie benötigt für sich selbst nicht in umfangreichem Ausmaß Räumlichkeiten und insbesondere auch nicht die im gegenständlichen Fall vorliegenden exklusiven Geschäftsflächen im Ausmaß von etwa 574 Quadratmeter, für die grundsätzlich ein Nettomietzins von über EUR 125.000,00/Monat anfallen würde.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die vorzeitige Kündigung des Mietvertrages durch die Vertragsparteien bloß äußerst eingeschränkt möglich ist. Es ist somit von einer hochgradigen Unwahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages auszugehen.

Feststellungen betreffend die Ungewissheit und verfahrensrechtliche Aspekte

Aufgrund der vertraglich vereinbarten Umsatzkomponente erweist sich die Höhe der letztendlich geschuldeten Miete als ungewiss. Die Ungewissheit lag bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Bescheiderlassung am vor und ist bis dato gegeben.

Nachdem die belangte Behörde bei der erstmaligen Bescheiderlassung am von einer bestimmten Vertragsdauer ausgegangen war, änderte sie diese Beurteilung im Rahmen der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom ab und nahm eine unbestimmte Vertragsdauer an. Diese Beschwerdevorentscheidung wurde gemäß § 200 BAO mit vorläufiger Festsetzung erlassen. Ihr lag ein gebührenrechtlicher Jahreswert iHv EUR 1.824.362,16 zugrunde.

Am wurde von der belangten Behörde ein weiterer vorläufiger Bescheid gemäß § 200 BAO erlassen: Mit diesem Bescheid begegnete die belangte Behörde einerseits eingetretenen Änderungen im Zusammenhang mit der Umsatzabhängigkeit der Miete. Der der Gebühr zugrundeliegende Jahreswert wurde von ursprünglich EUR 1.824.362,16 pro Jahr auf EUR 1.842.200,76 pro Jahr angepasst.

Andererseits qualifizierte die belangte Behörde im Rahmen der Bescheiderlassung vom den Mietvertrag (anders als zuvor bei der Beschwerdevorentscheidung vom ) wieder (so wie bei der erstmaligen Bescheiderlassung am ) als auf bestimmte Dauer abgeschlossen.

Die Feststellungen zu den Veränderungen der umsatzabhängigen Miete ergeben sich insbesondere aus der Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin vom und den darin dargestellten Berechnungen. Die übrigen getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Mietvertrag, und stellten sich nicht zuletzt im Rahmen der abgehaltenen mündlichen Senatsverhandlung als unstrittig heraus.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)

Gegenständlich liegt ein Bestandvertrag vor, der gemäß § 33 TP 5 des Gebührengesetzes 1957 (GebG ) der Rechtsgeschäftsgebühr unterliegt. Nach Absatz 1 Z 1 unterliegen Bestandverträge im Allgemeinen einer Gebühr nach dem Wert in Höhe von einem Prozent der Bemessungsgrundlage. Gemäß Absatz 3 sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.

Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Der gegenständlich vorliegende Bestandvertrag unterliegt dem Grunde nach somit der Gebührenpflicht.

Zur vorläufigen Festsetzung aufgrund vorliegender Ungewissheit

Im gegenständlichen Fall erließ die belangte Behörde zunächst am einen (ersten) vorläufigen Gebührenbescheid nach § 200 der Bundesabgabenordnung (BAO ). Daraufhin wurde im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens am eine Beschwerdevorentscheidung mit vorläufiger Festsetzung erlassen und schließlich erging mit ein neuer Gebührenbescheid mit vorläufiger Festsetzung. Während die belangte Behörde im Gebührenbescheid (BVE) vom von einer unbestimmten Vertragsdauer ausging, qualifizierte sie im nunmehr angefochtenen Gebührenbescheid vom eine bestimmte Vertragsdauer.

Die Beschwerdeführerin behauptet die verfahrensrechtliche Unzulässigkeit dieser Vorgehensweise und vertritt die Auffassung, dass im Rahmen der Bescheiderlassung vom keine Umqualifizierung von einer unbestimmten in eine bestimmte Vertragsdauer vorgenommen werden hätte dürfen.

Von Seiten des Bundesfinanzgerichtes erfolgt sohin vorweg eine Prüfung der verfahrensrechtlichen Zulässigkeit dieser Vorgehensweise: Gemäß § 200 Abs 1 BAO kann eine vorläufige Festsetzung erfolgen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabenpflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig.

Voraussetzung für die Erlassung eines vorläufigen Bescheides gemäß § 200 Abs 1 BAO ist, dass eine zeitlich bedingte Ungewissheit im Tatsachenbereich vorliegt, die sich auf ein in der Zukunft liegendes Ereignis bezieht und entscheidungsrelevant ist (vgl etwa ; , 2010/15/0073). Von derartigen Ungewissheiten im Tatsachenbereich sind Ungewissheiten bei der Lösung einer Rechtsfrage zu unterscheiden ().

Im gegenständlichen Fall wurde der (erste) Bescheid vom aufgrund der umsatzabhängigen Miete und der damit verbundenen Ungewissheit hinsichtlich der Höhe des vereinbarten Mietzinses rechtmäßig mit vorläufiger Festsetzung erlassen. Gleiches gilt für die im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte vorläufige Festsetzung, da die Ungewissheit nach wie vor gegeben war.

Schließlich lag auch bei der Erlassung des beschwerdegegenständlich angefochtenen Bescheids vom eine entsprechende Änderung im Tatsachenbereich vor: Während im zuvor erlassenen Bescheid (BVE vom ) der Gebührenbemessung ein Jahreswert von EUR 1.824.362,16 zugrunde lag, belief sich der diesbezügliche Jahreswert bei der Vorschreibung vom aufgrund der Umsatzentwicklung bei der Beschwerdeführerin auf EUR 1.842.200,76.

Die Ersetzung des Gebührenbescheides vom durch den Bescheid vom erwies sich somit dem Grunde nach gemäß § 200 Abs 1 BAO als rechtmäßig. Zum Umstand, dass die belangte Behörde dabei auch von ihrer zuvor getroffenen Beurteilung abging und nunmehr das Vorliegen einer bestimmten Vertragsdauer beurteilte, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei einem weiteren Bescheid, der nach einem vorläufigen Bescheid erlassen wird, keinerlei innere Bindung an den zuvor erlassenen vorläufigen Bescheid besteht. Dies gilt ausdrücklich auch für Bereiche, in denen keine Ungewissheit bestand. Auch in diesen Bereichen kann eine geänderte Auffassung, Beurteilung und Wertung Platz greifen. Es ist diesbezüglich nicht von einer Teilrechtskraft auszugehen (vgl ; , 92/16/0068; , 91/16/0137; sowie zuletzt auch ). Dies ergibt sich nach der zitierten Rechtsprechung aus dem Grund, da die Vorläufigkeit der Abgabenfestsetzung die gesamte Abgabenfestsetzung umfasst und nicht nur jenen Teil der Festsetzung, hinsichtlich dessen die Ungewissheit bestand, die zur Erlassung eines vorläufigen Bescheides führte.

Im gegenständlichen Fall war die belangte Behörde daher berechtigt bzw im Sinne der Gesetzesbindung verwaltungsbehördlichen Handelns sogar dazu angehalten, neben der Anpassung der zugrundliegenden Miethöhe auch hinsichtlich der Frage, ob es sich bei gegenständlichem Bestandvertrag um einen Vertrag von bestimmter oder unbestimmter Dauer handelt, von ihrer zuvor in der Beschwerdevorentscheidung vom vertretenen Beurteilung abzugehen und insgesamt eine vollkommen neue Beurteilung zu treffen.

Zur Bewertung der wiederkehrenden Leistungen

Entsprechend obiger Feststellungen haben die Vertragsparteien dem Wortlaut nach ein Mietverhältnis für die Dauer von zwölf Jahren vereinbart, wobei die Beschwerdeführerin als Mieterin vertraglich berechtigt ist, das Mietverhältnis zwei Mal für die Dauer von je fünf Jahren zu verlängern. Der Vermieterin wurde ein vertragliches Kündigungsrecht aus den in § 1118 ABGB genannten Gründen, aus allen erdenklichen Gründen des § 30 Abs 2 MRG oder aus sonstigen im Vertrag angeführten Gründen eingeräumt. Die Mieterin kann das Vertragsverhältnis nach den in § 1117 ABGB genannten Gründen zur sofortigen Auflösung bringen.

Grundsätzlich würde die nicht ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten die Annahme eines Vertrages auf unbestimmte Zeit nach sich ziehen (vgl ), doch spricht der VwGH klar aus, dass auch bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser Gründe zum Ergebnis führen kann, dass von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen ist (vgl ; , Ra 2019/16/0182).

Entscheidend für die Frage, ob gebührenrechtlich ein Vertrag von bestimmter oder unbestimmter Dauer vorliegt, ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages, sondern der gesamte Vertragsinhalt (vgl etwa ). Es geht letztendlich darum, ob die Vertragsparteien nach dem erklärten Vertragswillen für eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Gebührenrechtlich ist von einem auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Vertrag auszugehen, wenn sich aus seinem Inhalt ergibt, dass er entweder von keinem der Vertragspartner einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist (; , 98/16/0176).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden zu beantworten (vgl ; , 91/15/0040; , Ra 2019/16/0182).

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist entsprechend der obigen Feststellungen bei den meisten der vertraglich festgeschriebenen Kündigungsgründe eine Realisierung entweder faktisch nicht möglich oder aber setzt sie ein grobes Fehlverhalten des Vertragspartners voraus. Jene Gründe, die ein grobes Fehlverhalten voraussetzen, können dabei nicht zu einer Vertragsauflösung aufgrund einer freien Entscheidung der Vermieterin führen, zumal die Gründe bei vertragskonformem Verhalten der Mieterin nicht in Betracht kommen. Diese Gründe sind somit auch nicht weiter in Betracht zu ziehen (vgl ).

Es verbleibt somit bloß der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG . Voraussetzung für die Ausübung des Grundes wäre, dass die vermieteten Räumlichkeiten zur Zweckerfüllung der Vermieterin dringend benötigt werden und die vorliegende unabweisliche Notwendigkeit nur durch Aufkündigung des Bestandverhältnisses erreicht werden kann (vgl ). Eine Realisierung dieses Kündigungsgrundes ist entsprechend der obigen Feststellungen unter Bedachtnahme auf Gewicht und Wahrscheinlichkeit der Ausübung im gegenständlichen Fall als hochgradig unwahrscheinlich zu qualifizieren.

Es ergibt sich somit, dass aufgrund des befristet abgeschlossenen Vertragsverhältnisses und der vorliegenden hochgradigen Unwahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages in gebührenrechtlicher Hinsicht von einem auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Bestandverhältnis auszugehen ist.

Hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Option, das Mietverhältnis zwei Mal für die Dauer von jeweils fünf Jahren zu verlängern, ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Vertragsverlängerung durch Optionsausübung nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung bedeutet, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert. Eine solche Bedingung ist gemäß § 26 GebG derart zu behandeln, dass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (vgl ua ).

Im gegenständlichen Fall wurde das Mietverhältnis auf die Dauer von 12 Jahren abgeschlossen und der Mieterin die Option eingeräumt, das Mietverhältnis zwei Mal für die Dauer von jeweils fünf Jahren zu verlängern, weshalb insgesamt von einer Vertragsdauer von 22 Jahren auszugehen ist.

Die Bemessung der Bestandvertragsgebühr hat daher gegenständlich vom gemäß § 33 TP 5 Abs 3 GebG maximal anzuwendenden 18-fachen Jahreswert zu erfolgen.

Berufung auf Treu und Glauben

Von Seiten der Beschwerdeführerin wird schließlich noch die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben eingewandt. Ihr sei von Seiten der belangten Behörde mit der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom eine individuelle Rechtsauskunft geäußert worden und auch aus den Gebührenrichtlinien ergebe sich, dass bei Vereinbarung der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG ein Bestandverhältnis von unbestimmter Dauer vorliege. Außer Frage stehe auch, dass die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsansicht nicht offenkundig unrichtig sei.

Von Seiten des Bundesfinanzgerichtes erfolgt diesbezüglich der Hinweis, dass der Grundsatz von Treu und Glauben natürlich auch im Abgabenrecht zu beachten ist (vgl etwa ), der Anwendungsbereich beschränkt sich jedoch grundsätzlich auf Ermessensentscheidungen sowie nach überwiegender Ansicht auch auf die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe. Jedenfalls muss für die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben ein entsprechender Vollzugsspielraum gegeben sein (vgl ).

Bei der Anwendung der beschwerdegegenständlich relevanten Bestimmung des § 33 TP 5 GebG liegen jedoch weder auszulegende unbestimmte Rechtsbegriffe vor, noch räumt die Norm eine entsprechende Ermessensausübung ein - womit kein Vollzugsspielraum gegeben ist. Die belangte Behörde war daher infolge der Gesetzesbindung des Behördenhandelns letztendlich verpflichtet, von der (zuvor im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung getroffenen) gesetzeswidrigen Auslegung abzugehen und eine rechtmäßige Auslegung vorzunehmen. Einer diesbezüglichen Gesetzesbindung ist Vorrang vor dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben einzuräumen.

Bei der Anwendung der Norm des § 200 BAO liegt die Erlassung eines Bescheides mit vorläufiger oder endgültiger Festsetzung zwar im Ermessen der Abgabenbehörde, kein Ermessen wird der Behörde jedoch bei der darauffolgenden und hier beschwerdegegenständlichen Festsetzung im Zuge der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit eingeräumt. Mangels Vollzugsspielraums der belangten Behörde kann der Grundsatz von Treu und Glauben somit kein anderes Ergebnis nach sich ziehen.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war die Revision nicht zuzulassen, weil durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt ist, dass die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen, bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht entgegen steht. Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelangte das Bundesfinanzgericht aufgrund der Gewichtung und Unwahrscheinlichkeit der Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe zum Ergebnis, dass ein Vertrag von bestimmter Dauer vorliegt (vgl ).

Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die vorgenommene Auslegung des vorliegenden Mietvertrages keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl ). Die Beurteilung, ob ein konkreter Bestandvertrag vom Bundesfinanzgericht im Einzelfall in seiner Gesamtgestaltung als Vertrag von bestimmter oder von unbestimmter Dauer gedeutet wird, ist, von krassen Fehlentscheidungen abgesehen, keine Frage, die über den Einzelfall hinausgeht und daher einer Revision grundsätzlich nicht zugänglich (vgl ; , Ra 2019/16/0182).

Wien, am

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