Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 31.01.2020, RV/4100303/2019

Wegfall Rechtspersönlichkeit

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin NU in der Beschwerdesache der Fa. A Ges.m.b.H., Ort, gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt B vom , betreffend Körperschaftsteuervorauszahlung 2018 und die als Bescheid bezeichnete Erledigung vom betreffend Körperschaftsteuer 2017 beschlossen:

1. Die Beschwerde vom wird als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2017, sowie jene der Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für 2018 (und Folgejahre).

Mit Bescheid vom setze die belangte Behörde die Vorauszahlungen für 2018 (und Folgejahre) mit € 1.750,00, sowie mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung vom die Körperschaftsteuer für 2017 ebenfalls mit € 1.750,00 (Mindestkörperschaftsteuer) fest.

Am erhob Herr Cim Namen der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) gegen die vorgenannten Erledigungen das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Bf. im Firmenbuch amtswegig gelöscht worden sei und darüber hinaus keinerlei Geschäftstätigkeit entfaltet habe. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und darin - zusammengefasst - festgehalten, dass die Bf. als unbeschränkt steuerpflichtige inländische Kapitalgesellschaft eine jährliche Mindeststeuer gemäß § 24 Abs. 4 KStG 1988 zu entrichten habe.

Im Schreiben vom begehrte Herr C, wiederum im Namen der Bf., die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen; weiters wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde vor und hielt den in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Rechtsstandpunkt aufrecht.

Am teilt die belangte Behörde mit, dass - entgegen den Ausführungen im Körperschaftssteuerbescheid 2017 - keine verrechenbare Mindestkörperschaftsteuer bestünde, sowie weiters, dass die Einhebung der strittigen Beträge gemäß § 212a BAO ausgesetzt worden sei und das Abgabenkonto ein Minus zu Lasten der Bf. von € Zahl ausweise.

II. Sachverhalt

Die Bf. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom Datum in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und dem Sitz in der politischen Gemeinde Ort errichtet; als Gesellschafter fungierten Herr C, geb. Datum, einerseits und Herr D, geb. Datum, andererseits. Weiters vertrat der Gesellschafter C die Bf. seit Datum als handelsrechtlicher Geschäftsführer selbständig. Die Bf. wurde im Firmenbuch des Landesgerichtes B unter der FN Zahl eingetragen.

Am erließ die belangte Behörde den Vorauszahlungsbescheid 2018 und stellte diesen an die Geschäftsadresse der Bf. zu Handen Herrn C zu. Die Bf. wurde in der Folge am amtswegig im Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht. Mit weiterem als Bescheid bezeichneten Schreiben vom wurde die Körperschaftsteuer für 2017 festgesetzt; die Zustellung erfolgte wiederum an die Geschäftsadresse der Bf. zu Handen Herrn C.

Mit Schreiben vom erhob Herr Cim Namen der Bf. gegen die verfahrensgegenständlichen Erledigungen das Rechtsmittel der Beschwerde; infolge Abweisung der Beschwerden begehrte Herr C (namens der Bf.) deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht.

Die aus den angefochtenen Bescheiden resultierende Abgabennachforderung wurde nicht entrichtet, sondern die Einhebung gemäß § 212 a BAO ausgesetzt. Das Abgabenkonto der Bf. weist eine Forderung zugunsten der belangten Behörde in Höhe von € Zahl aus.

III. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen basieren einerseits auf den von der belangten Behörde vorgelegten Aktenteilen, sowie andererseits auf einer Einschau in das öffentliche Firmenbuch. Dass die Einhebung ausgesetzt wurde, bzw. zu Lasten der Bf. eine Abgabenschuld besteht, ergibt sich aus der diesbezüglichen Auskunft der belangten Behörde vom .

IV. Rechtliche Beurteilung

Nachdem - wie festgestellt - die Bf. zwischenzeitlich wegen Vermögenslosigkeit amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht wurde, ist die Rechtsfrage zu klären, ob und wenn ja, welche Konsequenzen damit für die anhängige Beschwerde verbunden sind.

Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Nach der einhelligen Lehre und Judikatur hat die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person jedoch bloß deklaratorischenCharakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist ( 8 Ob A 46/06g) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (Ritz, BAO5 § 79 Tz 10, 11; ). Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn die Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfs grundsätzlich rechtswirksam (). Da die streitgegenständlichen Abgabenforderungen bislang jedoch nicht entrichtet wurden, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerden zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Bf. führen. Weder diese noch in weiterer Folge deren Gläubiger könnten ein Abgabenguthaben lukrieren. Mangels Aktivvermögen gilt die Bf. somit gemäß § 40 Abs. 1 FBG mit der Löschung als aufgelöst, sie ist demnach mit (das ist der Tag des Vollzuges der amtswegigen Löschung im Firmenbuch) als vollbeendet anzusehen (vgl. dazu auch ). Ab diesem Zeitpunkt mangelt es der Bf. somit auch an der Rechtsfähigkeit iSd eingangs zitierten Norm des § 79 BAO. Wird - nach der einhelligen Judikatur - eine an sich Bescheidcharakter aufweisende Erledigung an eine rechtsunfähige Person gerichtet, so ist dieser behördlichen Erledigung die Bescheidqualität abzusprechen (vgl. etwa ; , 2002/17/0273).

Diese Prämissen vorausgeschickt zeigt sich sohin im Zusammenhang mit dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2017, der mit datiert, dass sich dieser - infolge Vollbeendigung der Bf. per - an eine nicht mehr existierende, somit rechtsunfähige, juristische Person richtet. Im Sinne der Judikatur mangelt es dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2017 somit am Bescheidcharakter; dieses Schriftstück stellt - vereinfacht ausgedrückt - keinen anfechtbaren Bescheid dar und konnte folglich auch nicht mittelts Bescheidbeschwerde - die gerade das Vorliegen eines anfechtbaren Bescheides voraussetzt - angefochten werden. Zusammengefasst ist sohin in Bezug auf den Körperschaftsteuerbescheid 2017 festzuhalten, dass dieser nie rechtlich existent geworden und sohin als rechtliches Nullum auch keiner Anfechtung zugänglich ist.

Dem weiters angefochtenen Vorauszahlungsbescheid 2018 hingegen, der mit datiert und folglich vor dem Vollbeendigungszeitpunkt der Bf. erlassen wurde, kommt - in Anlehnung an die vorigen Ausführungen - Bescheidcharakter zu. Zu beachten ist in diesem Kontext jedoch, dass die Beschwerde einerseits vom stammt und andererseits von Herrn C, dem vormaligen Geschäftsführer der Bf., verfasst und unterfertigt wurde. Nach der Rechtsprechung des OGH ist mit der Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (OGH 20.05.19999, 6 Ob 330/98t; , 3 Ob 113/07z). Nun enthält zwar § 80 Abs. 3 BAO eine Regelung der Vertretung einer aufgelösten Gesellschaft, diese Norm erfasst aber nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Sie umfasst vor allem nicht Fälle, in denen eine GmbH gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird (Ritz, aaO, Rz 15 zu § 80 BAO). Als Ergebnis ist sohin festzuhalten, dass die Vertretungsbefugnis des C für die Bf. am endete. Daraus folgt somit aber auch, dass die Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid von einer nicht vertretungsbefugten natürlichen Person für eine rechtlich nicht mehr existente juristische Person erhoben wurde.

Nur der Ordnung halber sei an dieser Stelle angemerkt, dass für das erkennende Gericht keinerlei Veranlassung besteht, eine Kuratorenbestellung gemäß § 82 Abs. 1 BAO beim zuständigen Gericht zu initiieren: Diese setzt nämlich ein zwar handlungsunfähiges aber rechtsfähiges Steuersubjekt voraus. Die Rechtsfähigkeit hat die Bf. jedoch per verloren, sodass die Anwendungsvoraussetzungen für eine gerichtliche Kuratorenbestellung nicht vorliegen.

Insgesamt ist sohin festzustellen, dass gegenständlich ein Fall des "Wegfalls der Rechtspersönlichkeit" einer beschwerdeführenden Partei vorliegt. Das Beschwerdeverfahren ist bei derartigen Konstellationen einzustellen (vgl. etwa -K/09; ; , RV/7200072/2009). Diese Einstellung hat durch Beschluss zu erfolgen (vgl. ). Wegen der fehlenden Möglichkeit eine Rechtsmittelentscheidung der Bf. gegenüber rechtswirksam zu erlassen, ergeht dieser Beschluss daher nur an die belangte Behörde.

Schließlich war von einer mündlichen Verhandlung abzusehen, da einerseits über die Beschwerde eine Fomalentscheidung zu treffen war und andererseits - mangels Rechtspersönlichkeit der Bf. - eine Verhandlung faktisch unmöglich ist.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt jedoch nicht vor: Die gegenständliche Entscheidung fußt auf der Rechtsprechung des VwGH (zuletzt ).

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 82 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 40 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Schlagworte
amtswegige
Bescheidqualität
Rechtspersönlichkeit
Wegfall
mangelnde
Löschung
Firmenbuch
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100303.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at