Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2020, RV/7102631/2020

Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für das Kind x im Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Zunächst wurde die Bf. im Zuge der mittels Formular vom erfolgten Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe aufgefordert der belangten Behörde das Studienblatt sowie Studienerfolgsnachweise ihrer Tochter x nachzureichen.

Hierbei ging aus der am erfolgten Beantwortung der Bf., respektive den nachgereichten Inskriptionsbestätigungen hervor, dass ihre Tochter zwar seit dem an der Universität Wien im Bachelorstudium Soziologie gemeldet sei, wobei jedoch anzumerken sei, dass ein Studienerfolgsnachweis nicht vorgelegt werden könne.

Nachdem ein mit datierter, auf Vorlage etwaig negativer Zeugnisse gerichteter Vorhalt unbeantwortet verblieb, wurde von der Bf. mit Bescheid vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind x als im Zeitraum vom bis zum zu Unrecht bezogen, rückgefordert.

Hierbei lautete die Begründung wie folgt:

"Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e

Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes antritt."

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde vom führte die Bf. einleitend ins Treffen, ob (Noch)-Nichtvorliegens eines Studienerfolges ihrer Tochter keinen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab dem Oktober 2019 gestellt zu haben. Dessen ungeachtet sehe - bezogen auf das erste Studienjahr - die Bestimmung des § 2 FLAG die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für die Familienbeihilfe vor und sei ergo dessen ein Erfolgsnachweis erst ab dem zweiten Studienjahr vonnöten. Im Übrigen sei auf die beigelegte Übersicht betreffend die tatsächlich besuchten Lehrveranstaltungen zu verweisen, wobei zu betonen sei, dass das Kind x angesichts hoher Durchfallquoten danach getrachtet habe sich erst im Zeitpunkt realistischer Erfolgschancen zur StEOP- Prüfung anzumelden.

In der Folge wurde das Rechtsmittel mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom abgewiesen und hierbei nachstehendes ausgeführt:

"Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn

bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu

verschaffen.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessen Zeitraums antritt.

Ihre Tochter x hat die Reifeprüfung im 06/2018 erfolgreich bestanden. Ab dem Wintersemester 2018/2019 wurde das Studium an der Uni Wien, Bachelor Soziologie angegeben. Die Familienbeihilfe wurde bis 09/2019 gewährt. Diese Überprüfung hat ergeben, dass x keinerlei Prüfungen (auch nicht negative) abgelegt hat. Die Familienbeihilfe wurde daher rückgefordert.

Im Zuge der Beschwerdeerledigung haben Sie erneut angegeben keine Prüfungsnachweise aus dem Studium zu besitzen.

Es wird bemerkt, dass die bloße Aufnahme als ordentlicher Hörer, so wie in der Beschwerde angeführt, nicht ausreichend ist um von einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG zu sprechen.

Das Ablegen von Prüflingen, auch wenn diese negativ sein sollten, ist ein essentieller Bestandteil einer Berufsausbildung. Siehe dazu auch die BFG Erkenntnisse RV/7100561/2012 sowie RV/7104777.

Die Beschwerde musste abgewiesen werden."

In ihrem mit datierten Vorlageantrag moniert die Bf., dass die belangte Behörde nur die Nichtablegung von Prüfungen betont habe, ohne auf die dem Beschwerdeschriftsatz beigelegte Übersicht betreffend die besuchten Lehrveranstaltungen einzugehen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden, auf der Aktenlage und dem Vorbringen der Parteien basierenden Sachverhalt zu Grunde:

Die Tochter der Bf. hat im Juni 2018 die Reifeprüfung absolviert und seit dem an der Universität Wien aufrecht im Bachelorstudium Soziologie gemeldet. Der mit der Nichtablegung einer einzigen Prüfung begründeten, für den Zeitraum vom bis zum verfügten Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, tritt die Bf. im Wesentlichen mit den Argumenten der vermittels Aufnahme als ordentliche Hörerin für das erste Studienjahr erfüllten Anspruchsvoraussetzung sowie dem tatsächlichen Besuch von Lehrveranstaltungen entgegen. Was nun den Nachweis des Besuchs von Lehrveranstaltungen anlangt, so wurde ein EDV- mäßig erstellter Auszug mit dem Titel "Anmeldübersicht meiner Lehrveranstaltungen und Prüfungen" nachgereicht, demgemäß betreffend vierer, im WS 2018 stattgefundener Lehrveranstaltungen (3 VO sowie 1 KU) der Status "angemeldet" entnommen werden kann.

2. Streitgegenstand

Ausgehend von dem unter Punkt 1 dargelegten Sachverhalt steht die Rechtsmäßigkeit der Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum vom bis zum 30.09.20219 auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung, im Folgenden: FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die (lit. b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. I Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorhergesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Nach dem 11. Satz leg. cit. gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr die Aufnahme als ordentlicher Hörer.

Nach der - für den vorliegenden Fall relevanten - Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d erster Halbsatz FLAG 1967 besteht ferner ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige der zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Mit dem Familienbeihilfenanspruch verbunden ist der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag der gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 erster und dritter Satz EStG 1988 wie folgt determiniert ist:

Einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich "58,40 Euro" für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

3.2. Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Anspruch der Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Zeitraum vom bis zum

In Ansehung der Diktion des § 2 Abs. 1 lit. d erster Halbsatz FLAG 1967, demgemäß ein Anspruch auf Familienbeihilfe für obigen Zeitraum nur dann zum Tragen kommt, wenn nach Abschluss der Schulausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine weitere Berufsausbildung begonnen wird, ist seitens des Verwaltungsgerichtes vorweg die Frage nach dem tatsächlichen Vorliegen einer Berufsausbildung im Zeitraum vom bis zum zu klären.

3.2.2. Vorliegen einer Berufsausbildung im Zeitraum vom bis zum

Im Erkenntnis vom , 95/14/0119, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Frage, ob für einen bestimmten (in der Vergangenheit gelegenen) Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, - will man den Beihilfenanspruch nicht von zufälligen (behördlicher Entscheidungszeitpunkt) oder willkürlich beeinflussbaren Umständen (Zeitpunkt der Antragstellung) abhängig machen - anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten wie sie bei der Tatbestandsverwirklichung bestanden haben, zu beantworten ist. Ob die materiell rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe erfüllt sind oder nicht, bestimmt sich somit - unabhängig vom Zeitpunkt der behördlichen "Beurteilung" - nach den Verhältnissen im Anspruchszeitraum.

Als Zeiten der Berufsausbildung werden nur solche Zeiten gelten können, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse wird daher nicht genügen.

Die Zulassung an einer Universität (Hochschule) bzw. die Bestätigung über die Aufnahme bzw. Fortsetzung des Studiums ist als reiner Formalakt allerdings nicht geeignet eine Berufsausbildung nachzuweisen und somit den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen (z.B. , , ).

Anzumerken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung obige Grundsätze wiederum bestätigt hat, in dem das Höchstgericht ausgeführt hat, dass im Falle des Nichtentfaltung, über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinausgehender Aktivitäten noch keine Berufsausbildung vorliegt ().

Nach § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG), BGBl. I Nr.1967/376 vom idgF, gelten die im Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG), BGBl. I Nr. 305, idgF angeführten Regelungen auch für die Gewährung der Familienbeihilfe. Anspruch auf Familienbeihilfe liegt daher nur dann vor, wenn nach § 16 StudFG 1992 ein günstiger Studienerfolg vorliegt. Ein günstiger Studienerfolg liegt vor, wenn der Studierende 1. sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17 StudFG) 2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet 3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§ 20 bis 25 StudFG).

In Anbetracht vorstehender Ausführungen und der Tatsache, dass die Tochter der Bf. im Studienfach Soziologie unbestrittenermaßen zu keiner einzigen Prüfung angetreten ist, kann nach Auffassung des BFG von einem ernsthaften und zielstrebigen Bemühen um den Ausbildungserfolg keine Rede sein und ergo dessen eine Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe sowohl für den unter Punkt 3.2.2. angeführten Zeitraum, als auch in Ermangelung des Beginnes einer weiteren Berufsausbildung für den Zeitraum vom bis zum zu verneinen ist.

Hierbei ist nämlicher Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichtes weder der Umstand, dass ab Oktober 2019 Familienbeihilfe nicht beansprucht worden ist, noch jener, dass das Kind x betreffend vierer Lehreveranstaltungen im WS 2018 den Status "angemeldet" aufgewiesen hat abträglich, da einerseits für die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Rückforderung außerhalb des Rückforderungszeitraumes gelegene Vorgänge unbeachtlich sind, andererseits der Status "angemeldet" - ungeachtet dessen, dass dieser nur das WS 2018 umfasst -, per se nicht den tatsächlichen Besuch nämlicher Lehrveranstaltungen dartut.

Es war daher wie Im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berufsausbildung, ob wirklich eine Berufsausbildung betreiben wurde, ist eine Tatfrage, die der Revision nicht zugänglich ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102631.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at