Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.06.2020, RV/3100219/2015

Reisekosten (Differenzwerbungskosten) einer Bezirksleiterin (Betreuung von Modegeschäften)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 Steuernummer zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin war von Jänner bis August 2009 als Bezirksleiterin einer Modehandelsfirma angestellt.

1.2. In der elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2009 machte die Beschwerdeführerin ua ein Pendlerpauschale im Betrag von 2.248 € (KZ 718) sowie Reisekosten ("ohne Fahrtkosten zwischen Wohnung/Arbeitsstätte und Familienheimfahrten", KZ 721) iHv 458,50 € als Werbungskosten geltend.

1.3. Mit dem am ausgefertigten Einkommensteuerbescheid 2009 (Arbeitnehmerveranlagung) wurde dem Antrag nicht entsprochen. Begründend führte das Finanzamt aus, laut Anstellungsvertrag stehe ihr als Bezirksleiterin ein Firmenfahrzeug zur Verfügung. Der Dienstort sei also ***Ort_1*** (ihr Wohnort), weshalb ein Pendlerpauschale nicht zustehe. Die Berücksichtigung der beantragten Differenzwerbungskosten komme nicht in Betracht, weil deren Ermittlung nicht nachvollziehbar sei.

1.4. In der gegen den angeführten Bescheid erhobenen Berufung (nunmehr Beschwerde) vom wurde eingewendet, die Beschwerdeführerin sei Bezirksleiterin ohne eigenen Bezirk. Sie habe vor allem Filialen im Raum Innsbruck zu betreuen gehabt, was aus den vorgelegten Reiserechnungen ersichtlich sei. Der Dienstort sei nicht ***Ort_1*** gewesen, sondern es habe wechselnde Dienstorte gegeben. Dies sei wiederum aus den Reiserechnungen sowie aus dem Dienstvertrag ersichtlich.

1.5. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt aus, aus den Reiseaufzeichnungen gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin im Laufe eines Monats (Lohnzahlungszeitraumes) an verschiedenen Filialen der Dienstgeberin tätig gewesen sei. Da ihr Aufgabengebiet die Betreuung verschiedener Filialen gewesen sei, seien die Fahrten zu den Filialen Dienstreisen. Da die Fahrten zur jeweiligen Filiale vom Wohnort aus angetreten worden seien, trete der Wohnort an die Stelle des Dienstortes. Für die steuerliche Beurteilung sei die Reisebewegung zwischen Wohnort und Einsatzort entscheidend. Für Dienstreisen, bei denen der Dienstort nicht aufgesucht werde, sei die Pendlerpauschalregelung nicht anzuwenden.

Zu den Differenzwerbungskosten ist in der Bescheidbegründung ausgeführt, in § 4 des Arbeitsvertrages sei vereinbart, dass die Reisekosten und Aufwandsentschädigungen entsprechend der Richtlinie der Dienstgeberin bezahlt werden. Der Dienstvertrag regle weiters, dass darüber hinaus gehende Ansprüche aus österreichischem Kollektivvertrag oder Gesetz mit dem Gehalt abgegolten seien. Die vom Dienstgeber als Taggeld bezahlten Aufwandsentschädigungen würden daher unter § 3 Abs. 1 Z 16 b EStG 1988 fallen und seien keine Kostenersätze nach § 26 Z 4 EStG 1988. Sie könnten daher nicht zu Differenzwerbungskosten führen.

1.6. Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde eingewendet, dem Dienstvertrag sei eindeutig zu entnehmen, dass "Arbeits-(Einsatz)orte" die Filialen der Dienstgeberin seien. Die wechselnden Arbeitsstätten seien jeweils mindestens 60 Kilometer vom Wohnort der Beschwerdeführerin entfernt gewesen. Die Fahrten vom Wohnort zur jeweiligen Filiale seien Fahrten vom Wohnort zum wechselnden Dienstort und keine Dienstreise. Der Dienstauftrag sei die Betreuung und Beaufsichtigung mehrerer Filialen in Österreich und Deutschland gewesen. Sie sei die Strecke von ***Ort_1*** zu verschiedenen Filialen täglich hin- und zurückgefahren. Für den zur Verfügung gestellten Dienstwagen habe sie einen "vollen Kfz-Sachbezug" (1,5 % vom Listenpreis des Dienstfahrzeuges) versteuern müssen. Damit stehe für 8 Monate das höchste Pendlerpauschale zu.

Zu den Differenzwerbungskosten wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe Dienstreisen durchführen müssen. Zur teilweisen Abdeckung der dabei angefallenen Reisekosten habe sie auf Grund "genauer Reisekostenabrechnung" wesentlich unter den Sätzen des § 26 Z 4 liegende Vergütungen erhalten. Sie habe die Verpflegungskosten stets aus eigenem tragen müssen. Dem zitierten § 3 Abs. 1 Z 16 b EStG 1988 sei jedenfalls nicht zu entnehmen, dass die Differenz zwischen dem Kostenersatz des Dienstgebers und den amtlichen Sätzen des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht als Werbungskosten abzugsfähig sein sollen.

2. Sachverhalt

2.1. Die Beschwerdeführerin wohnt in ***Ort_1*** am Lech in Österreich. Vom bis stand sie in einem Dienstverhältnis zur österreichischen Zweigniederlassung der in Deutschland ansässigen Firma ***B-GmbH*** (Damenmoden). Ihr Aufgabenbereich war "Bezirksleiterin". Der "Arbeits-(Einsatz)ort" sind nicht näher bezeichnete Filialen der Arbeitgeberin (Anstellungsvertrag vom ).

Der Beschwerdeführerin wurde ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt. Ein entsprechender Sachbezug wurde versteuert (Vorbringen im Vorlageantrag vom ). Alle Kosten in Zusammenhang mit dem Fahrzeug (z.B. Benzinkosten) wurden der Beschwerdeführerin von der Arbeitgeberin ersetzt (telefonische Auskunft des steuerlichen Vertreters vom ).

2.2. Die Beschwerdeführerin ist während ihrer achtmonatigen Tätigkeit für die Arbeitgeberin zu insgesamt 33 Filialen in Österreich und Bayern gefahren, davon hat sie 19 Filialen ein einziges Mal besucht. Die restlichen 14 Filialen hat sie zwischen 2 und 32 Mal aufgesucht, jedoch maximal 9 Mal pro Monat (Filiale 525 Innsbruck im Juni; Reisekostenabrechnungen Jänner bis August 2009).

2.3. Die Arbeitgeberin hat der Beschwerdeführerin für Reisen mit Nächtigung ein Taggeld ausbezahlt, für Deutschland 15,00 € pro Tag und für Österreich 21,00 € pro Tag, jeweils für volle 24 Stunden. Bei diesen Reisen hat die Beschwerdeführerin jeweils in einem Hotel genächtigt und untertags verschiedene Filialen besucht (Reisekostenabrechnungen Jänner bis August 2009). Insgesamt wurden der Beschwerdeführerin 666,00 € an Taggeldern ersetzt.

Die Beschwerdeführerin hat folgende Reisen (über 25 km) getätigt (vgl. die vorgelegten Reisekostenabrechnungen Jänner bis August 2009):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Reisebeginn
Reiseende
Reiseziel
Dauer
Ersatz AG
:00
:30
Innsbruck, Garmisch
8
0,00
:00
:00
Kapfenberg, Leoben, Weiz
54
84,00
:00
:00
Bruck, Graz-Nord, Wien-Vösendorf, Leibniz
66
105,00
:00
:00
Neubiberg, München, Dachau
59
60,00
:30
:30
Linz
60
84,00
:30
:00
Neubiberg, München, Freising, Dachau
120
135,00
:00
:30
Linz, Gmünd, Mauthausen, Amstetten, Haid
60
84,00
:00
:30
Neubiberg, Weilheim, München, Landshut, Suma
58
30,00
:00
:30
Hamminkeln
45
0,00
:30
:25
Kremsmünster
29
42,00
:30
:25
Reutte
9
0,00
.15
:00
Völs, Imst
12
0,00
:15
:30
Imst
12
0,00
:00
:15
Imst
12
0,00
:00
:00
Innsbruck
12
0,00
:30
:20
München
10
0,00
:15
:30
Telfs
12
0,00
:45
:20
Reutte
9
0,00
:00
:45
Völs
12
0,00
:00
:30
Innsbruck
12
0,00
:45
:20
Reutte
8
0,00
:30
:30
Reutte, Innsbruck
11
0,00
16:04. 07:45
:30
Innsbruck
24
21,00
:45
:20
Reutte
8
0,00
:30
:15
Innsbruck, Wörgl
12
0,00
:15
:30
Telfs
12
0,00
:15
:00
Völs
12
0,00
:30
:30
Innsbruck
12
0,00
:15
:30
Telfs
12
0,00
:15
:30
Innsbruck
12
0,00
:00
:45
Völs
12
0,00
:00
:00
Innsbruck, Völs
12
0,00
:45
:20
Reutte
9
0,00
:45
:20
Reutte
9
0,00
:00
:55
Innsbruck, Völs
24
21,00
:45
:15
Reutte
11
0,00
:45
:30
Innsbruck, Völs, Telfs
11
0,00
:25
:05
Innsbruck
12
0,00
:45
.25
Telfs
12
0,00
:15
:55
Innsbruck
12
0,00
:45
:05
Innsbruck
12
0,00
:45
:20
Reutte
9
0,00
:25
:25
Reutte, Völs
10
0,00
:20
:25
Telfs
12
0,00
:15
:35
Innsbruck, Völs
12
0,00
:35
:20
Innsbruck, Reutte
10
0,00
:45
:25
Reutte
9
0,00
:35
:25
Innsbruck
12
0,00
:15
:30
Völs
12
0,00
:35
:15
Innsbruck
12
0,00
:30
:25
Reutte
9
0,00
:45
:45
Innsbruck
12
0,00
:00
:55
Innsbruck
12
0,00
:45
:45
Innsbruck
12
0,00
:45
:25
Reutte
8
0,00
:00
:55
Innsbruck
12
0,00
:45
:50
Innsbruck
12
0,00
:05
:45
Innsbruck
12
0,00
:30
:20
Reutte
10
0,00
:25
:30
Telfs
12
0,00
:05
:50
Innsbruck
12
0,00
:55
:15
Innsbruck
10
0,00
:15
:05
Innsbruck
12
0,00
:15
:25
Telfs, Reutte
11
0,00
:10
:45
Innsbruck
12
0,00
:00
:25
München, Reutte
11
0,00
:55
:15
Innsbruck
12
0,00
:05
:20
Innsbruck
12
0,00
:25
:25
Telfs
11
0,00
:00
:55
Völs
12
0,00
:45
:15
Reutte, Innsbruck
12
0,00
:30
:30
Telfs
11
0,00
:30
:30
Reutte
9
0,00
:15
:45
Völs
12
0,00
:45
:30
Innsbruck
12
0,00
24:07. 08:30
:15
Innsbruck
11
0,00
:45
:25
Reutte
8
0,00
:15
:45
Völs, Innsbruck
12
0,00
:30
:30
Innsbruck
11
0,00
:00
:55
Innsbruck
12
0,00
:30
:30
Telfs
11
0,00
:30
:30
Reutte
8
0,00
:15
:20
Reutte
10
0,00
:30
:35
Telfs
12
0,00
:25
:45
Innsbruck
12
0,00
:25
:10
Reutte, Innsbruck
12
0,00
:30
:00
Innsbruck
12
0,00
:25
:05
Innsbruck
12
0,00
:25
:35
Völs
12
0,00
:25
:25
Telfs, Reutte
12
0,00
:25
:15
Telfs
11
0,00
:10
:15
Reutte
10
0,00
:25
:30
Innsbruck, Völs
11
0,00
:05
:00
Innsbruck, Telfs
10
0,00
Gesamt:
666,00

3. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den oben in Klammer angeführten und von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen und ist unstrittig.

4. Rechtslage

4.1. Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen ().

4.2. Gemäß § 16 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 idF BGBl I 85/2008 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten (Z 6). Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten (lit. a).

Zusätzliche Pauschbeträge iHv jährlich 1.857,00 € (lit. b) bzw. 3.372,00 € (lit. c) sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, von über 60 km zu berücksichtigen, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar (lit. b) bzw. zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist (lit. c).

Arbeitsstätte (Dienstort) ist jener Ort, an dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig tätig wird.

Der Arbeitnehmer muss die Fahrtstrecke Wohnung Arbeitsstätte im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegen, somit mehr als 10 Mal pro Monat (vgl. betreffend einen Außendienstvertreter).

Bei mehreren Arbeitsstätten steht für Fahrten von der Wohnung zu jedem Mittelpunkt der Tätigkeit nur einmal das Pendlerpauschale zu (das jeweils höhere). Die Fahrten von der Wohnung zu jener Arbeitsstätte, an der der Arbeitnehmer langfristig (idR im Kalenderjahr) im Durchschnitt am häufigsten tätig wird (Hauptarbeitsstätte) und die Fahrten von der Hauptarbeitsstätte zurück zur Wohnung sind mit dem Verkehrsabsetzbetrag und - bei Vorliegen der Voraussetzungen - einem Pendlerpauschale abgegolten (Jakom, EStG 2013, § 16, Rz 30).

Eine pauschale Berücksichtigung des Pendlerpauschales als Werbungskosten ist dann nicht gerechtfertigt, wenn auszuschließen ist, dass dem Arbeitnehmer Fahrtkosten erwachsen sind (vgl. ).

4.3. Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 45/2007 gehören nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt oder so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann.

Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort (Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt, Familienwohnsitz).

Erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber für eine Dienstreise Ersätze, die die in § 26 Z 4 vorgesehenen Höchstsätze (Tages- bzw. Nächtigungsgeld) nicht erreichen, so stellen die Differenzbeträge nur unter der Voraussetzung des Vorliegens einer Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 Werbungskosten dar (Differenzreisekosten).

Eine derartige Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass (etwa zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten) vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird; dabei muss es sich um eine größere Entfernung handeln (mindestens 25 km), eine Reisedauer von mehr als drei Stunden vorliegt und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein weiterer Tätigkeitsmittelpunkt anzunehmen, wenn sich der Steuerpflichtige über eine Woche an einem Ort aufhält (vgl. z.B. ; , 90/13/0199; , 90/14/0216). Es ist dabei ohne Bedeutung, ob dem Steuerpflichtigen die tägliche Rückkehr an den ständigen Wohnort möglich ist oder nicht. Diese zeitliche Beschränkung des Reiseaufenthaltes (im steuerlichen Sinn) an einem Ort auf ca. eine Woche hat ihre Begründung darin, dass dem Steuerpflichtigen in der ersten Zeit an einem neuen Ort typischerweise ein Verpflegungsmehraufwand erwächst, weil er keine ausreichenden Kenntnisse über günstige Verpflegungsmöglichkeiten hat. Nach Ablauf dieser Zeit befindet er sich in einer vergleichbaren Lage wie jeder andere Arbeitnehmer, der nicht auf Reise ist, sich aber auch außerhalb seines Haushaltes verpflegt (siehe Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG, § 16 Abs. 1 Z 9 Tz 2 mwN).

Für das Erreichen jenes Zeitraumes, der für das Verschaffen ausreichender Kenntnisse über günstige Verpflegungsmöglichkeiten notwendig ist, sind auch wiederkehrende Beschäftigungen an einzelnen, nicht zusammenhängenden Tagen zu berücksichtigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat es in diesem Zusammenhang nicht als rechtswidrig erkannt, wenn die Behörde den Verpflegungsmehraufwand nur für den Aufenthalt der ersten 15 Tage anerkennt ().

Wird nach Unterbrechung die Tätigkeit wieder in denselben Ort verlegt, so wird aus dem Gedanken der Kenntnis der örtlichen Verpflegungsmöglichkeiten eine Reise nicht vorliegen, es sei denn, aufgrund der Länge der verstrichenen Zeit kann nicht mehr von der Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten ausgegangen werden. Es liegt nur dann neuerlich eine Reise vor, wenn der Steuerpflichtige zuletzt vor mehr als sechs Monaten an diesem Ort tätig war.

Verpflegungsmehraufwendungen sind nur bei Vorliegen einer beruflich veranlassten Reise anzuerkennen, andernfalls liegen nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 vor.

Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen beträgt 26,40 € pro Tag für 24 Stunden (§ 26 Z 4 lit b EStG 1988). Das Tagesgeld steht erst ab einer Reisedauer von mehr als drei Stunden zu. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden.

5. Erwägungen

5.1. Im Beschwerdefall steht fest, dass die Arbeitsstätte der Beschwerdeführerin unterschiedliche Filialen der Firma ***B-GmbH*** war. Diese Filialen hat sie unterschiedlich oft besucht (mindestens ein Mal und maximal 32 Mal). Nachdem der Begriff Arbeitsstätte einen exakten, punktuellen Ort definiert, hat sie jedoch zu keiner dieser Filialen in einem Monat die Strecke Wohnung Arbeitsstätte überwiegend - also mehr als zehn Mal - zurückgelegt.

Das von der Beschwerdeführerin beantragte höchste Pendlerpauschale steht der Beschwerdeführerin daher in keinem Monat zu.

5.2. Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin Reisekostenabrechnungen, die sie ihrer Arbeitgeberin gegenüber gelegt hat, vorgelegt, aus denen die genauen Beginn- und Endzeiten sowie die Reiseziele ersichtlich sind. Aus diesen Aufzeichnungen lassen sich für untenstehende Reisen folgende Taggelder errechnen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Reisebeginn
Reiseende
Dauer in h
Taggeld
:00
:30
8
17,60
:00
:00
54
118,80
:00
:00
66
145,20
:00
:00
59
173,56
:30
:30
60
132,00
:30
:00
120
353,00
:00
:30
60
132,00
:00
.30
58
170,62
:00
:30
45
132,38
:30
:25
29
63,80
.15
:00
12
26,40
:15
:30
12
26,40
:00
:15
12
26,40
:00
:00
12
26,40
:30
:20
10
29,42
:15
:30
12
26,40
:00
:45
12
26,40
:00
:30
12
26,40
:30
:30
11
24,20
16:04. 07:45
:30
24
52,80
:30
:15
12
26,40
:15
:30
12
26,40
:15
:00
12
26,40
:30
:30
12
26,40
:15
:30
12
26,40
:15
:30
12
26,40
:00
:45
12
26,40
:00
:00
12
26,40
:00
:55
24
52,80
:45
:30
11
24,20
:25
:05
12
26,40
:45
.25
12
26,40
:15
:55
12
26,40
:25
:25
10
22,00
.20
:25
12
26,40
:15
:35
12
26,40
:15
:30
12
26,40
:25
:30
12
26,40
:15
:25
11
24,20
:00
.25
11
32,36
:25
.25
11
24,20
:00
:55
12
26,40
:30
:30
11
24,20
:15
:45
12
26,40
:15
:45
12
26,40
:30
:30
11
24,20
:30
:35
12
26,40
:25
:35
12
26,40
:25
:25
10
22,00
:25
:15
11
24,20
:25
:30
12
26,40
:05
:00
10
22,00
Gesamt:
2.580,94

Die Entfernung Wohnung zur Filiale 784 Reutte liegt unter 25 km. Somit ist keine Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 gegeben. Ab dem 15.05. liegt in Innsbruck ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit vor, da die Beschwerdeführerin ab dem 16. Tag ausreichende Kenntnisse über günstige Verpflegungsmöglichkeiten gehabt haben muss (vgl. o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Taggelder stehen danach für Aufenthalte in Innsbruck nicht mehr zu.

Da die Beschwerdeführerin von ihrer Arbeitgeberin 666,00 € an Taggeldern ersetzt bekommen hat, kann nur die Differenz iHv 1.917,14 € als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 abgezogen werden.

5.3. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem gegenständlichen Erkenntnis war keine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung zu beurteilen. Das Erkenntnis bewegt sich ausschließlich auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung. Eine Revision erweist sich daher als nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100219.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at