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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 21.08.2020, RV/7101529/2014

Zurückweisung einer Beschwerde gegen Bescheide an eine nach Verschmelzung nicht mehr existente GmbH

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (nunmehr B-GmbH als Rechtsnachfolgerin der A-GmbH), vertreten durch StB, über die Berufung (nunmehr Beschwerde) vom gegen die Bescheide des FA vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Körperschaftsteuer für die Jahre 2009 und 2010 sowie die Körperschaftsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO ) als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Die Beschwerdeführerin (in der Folge abgekürzt Bf) wurde unter der Firma "A-GmbH" am beim Handelsgericht Wien zu Firmenbuchnummer xxxxxxs im Firmenbuch eingetragen. Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die Bf als übertragende Gesellschaft mit der B-GmbH als übernehmende Gesellschaft rückwirkend per verschmolzen und in weiterer Folge am im Firmenbuch gelöscht.

Im Jahr 2001 gründete die beschwerdeführende Gesellschaft eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach türkischem Recht, die C-LIMITED-SIRKETI, mit einem Beteiligungsausmaß iHv 90% und bilanziellen Anschaffungskosten iHv 95.532,97 Euro.

Im Rahmen der Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2009, 2010 und 2011 machte die Bf hinsichtlich dieser Beteiligung - beginnend mit dem Veranlagungsjahr 2009 - Teilwertabschreibungen iHv jeweils 13.647,57 Euro, dh einem Siebentel der ursprünglichen Anschaffungskosten pro Jahr, steuerlich geltend. Die Veranlagung der Körperschaftsteuer erfolgte hinsichtlich der Jahre 2009 mit Bescheid vom und 2010 mit Bescheid vom antragsgemäß unter Berücksichtigung der beantragten 1/7tel- Beträge.

Im Zuge von Erhebungen (Auskunftsverlangen gemäß § 143 BAO ) stellte ein Prüforgan des Finanzamtes laut Niederschrift vom fest, dass die Bf hinsichtlich ihrer internationalen Schachtelbeteiligung an der C-LIMITED-SIRKETI keine Optionserklärung zur Steuerwirksamkeit gemäß § 10 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 abgegeben hatte. Da die Option nicht bis zum spätest möglichen Termin, dh mit der Körperschaftsteuerveranlagung 2006, ausgeübt worden sei, könne die Beteiligungsabschreibung des Jahres 2009 in Höhe von 95.532,97 Euro (verteilt auf jährliche Siebentel iHv je 13.647,57 Euro) für die Jahre 2009 bis 2011 steuerlich nicht anerkannt werden.

Das Finanzamt folgte dieser Feststellung und nahm mit den Bescheiden vom die Verfahren hinsichtlich der Körperschaftsteuer für die Jahre 2009 und 2010 wieder auf und setzte die Körperschaftsteuer für die Jahre 2009 und 2010 neu bzw für das Jahr 2011 abweichend von der Abgabenerklärung unter Gewinnhinzurechnung der jeweiligen 1/7tel-Beträge iHv 13.647,57 Euro fest.

Gegen diese Bescheide richtet sich die streitgegenständliche Berufung (nunmehr Beschwerde) vom . Darin beantragte die Bf, die Bescheide über die Wiederaufnahme der Körperschaftsteuerverfahren der Jahre 2009 und 2010 ersatzlos aufzuheben und die Veranlagung der Körperschaftsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 unter Anerkennung der jährlichen anteiligen Teilwertabschreibung der internationalen Schachtelbeteiligung durchzuführen.

Zur Begründung wurde hinsichtlich der Wiederaufnahmsbescheide zusammengefasst ausgeführt, dass diese wegen des Verweises auf eine abgabenbehördliche Prüfung, die aber nicht stattgefunden habe, falsch begründet worden seien. Weiters werde in den Bescheidbegründungen auf steuerliche Auswirkungen verwiesen, welche nicht als bloß geringfügig angesehen werden könnten. Aus den abweichenden Sprüchen der beiden Körperschaftsteuerbescheide 2009 und 2010 würden sich aber keinerlei Änderungen am Abgabenkonto ergeben. Hinsichtlich der angefochtenen Sachbescheide hielt die Bf fest, dass im Jahr 2009 für die türkische Tochtergesellschaft ein Liquidationsbeschluss gefasst worden sei. Dadurch habe die Bf einen endgültigen Vermögenverlust erlitten, der gemäß der Bestimmung des § 10 Abs. 3 KStG 1988 - auf 7 Jahre verteilt - steuerlich anzuerkennen sei.

Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2011 als unbegründet ab und wies in der Begründung darauf hin, dass die belangte Behörde die Bf mit Vorhalt vom um Nachweise über das Vorliegen eines endgültigen Vermögensverlustes ersucht habe. Dieses Ersuchen sei trotz mehrerer Fristverlängerungen unbeantwortet geblieben. Es sei daher davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 KStG 1988 für eine Steuerwirksamkeit der Teilwertabschreibung mangels tatsächlichem und endgültigem Vermögensverlust nicht vorliegen würden.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat. Die Bf verwies auf das bisherige Vorbringen und legte ergänzend eine Prüfbescheinigung der örtlichen türkischen Finanzbehörde vor, welche bestätigen würde, dass die (türkische) Gesellschaft ihre Tätigkeit bereits vor Jahren eingestellt habe und keine für diese Gesellschaft zuständige Person mehr erreicht werden könne. Laut dieser Bescheinigung sei der Geschäftsführer letztmalig Ende 2011 für die Gesellschaft nach außen tätig gewesen, habe leere Steuererklärungen für die Gesellschaft eingereicht und habe danach seine Tätigkeit zur Gänze eingestellt. Gesellschaftsvermögen sei ebenfalls keines vorhanden. Die Bf als Muttergesellschaft habe somit nachweislich einen endgültigen Vermögensverlust erlitten, da die (türkische) Gesellschaft nicht mehr existent sei.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies in einer Stellungnahme auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidungen.

Nach erfolgter Vorlage an das Gericht erledigte das Finanzamt am die Beschwerde hinsichtlich der Wiederaufnahmsbescheide betreffend die Körperschaftsteuerverfahren 2009 und 2010 mit einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung. Der Verweis auf eine abgabenrechtliche Prüfung in der Begründung der Wiederaufnahmsbescheide ließe die Wiederaufnahme im konkreten Fall entgegen dem Vorbringen der Bf nicht unzulässig werden. Der Terminus "Prüfung" sei ohne Zitat einer konkreten Gesetzesstelle verwendet worden. Auch eine Erhebung könne als "Prüfung" der Grundlagen der Abgabenerhebung verstanden werden. Der Bf sei durch die Niederschrift das Vorliegen der neuen Tatsachen und die steuerlichen Auswirkungen bekannt gemacht worden. Aus diesen Unterlagen würde sich auch die Begründung, aufgrund derer es in den Sachbescheiden zu anderen Sprüchen kam, ergeben.

Mit Eingabe vom zog die Bf den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung zurück und beantragte nunmehr die Zurückweisung der Beschwerde mit der Begründung, dass es sich bei den angefochtenen Bescheiden um Nichtbescheide handle. Die angefochtenen Bescheide seien alle am an die "***Bf1***" als Bescheidadressat ausgestellt worden, obwohl diese Gesellschaft verschmelzungsbedingt bereits am im Firmenbuch gelöscht worden sei und damit eine Gesamtrechtsnachfolge an die B-GmbH eingetreten sei. Somit sei am eine rechtswirksame Bescheiderlassung an die "A-GmbH" nicht mehr möglich gewesen und die angefochtenen Bescheide der Jahre 2009 bis 2011 stellten rechtsunwirksame Nichtbescheide dar.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die Bf, dh die A-GmbH, mit Wirkung zum durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit der B-GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Artikel I Umgründungssteuergesetz (UmgrStG ) verschmolzen. Am wurde die Verschmelzung verbunden mit der Auflösung und Löschung der beschwerdeführenden Gesellschaft im Firmenbuch eingetragen.

Gegen die an die Bf, dh die A-GmbH, als Bescheidadressatin gerichteten Bescheide vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2009 und 2010 sowie Körperschaftsteuer 2009 bis 2011 wurde in deren Namen am fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben.

Nach Ergehen der wiederum an die Bf, dh die A-GmbH, gerichteten abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Körperschaftsteuer 2009 bis 2011 wurde von dieser am die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

Am erging schließlich die abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2009 und 2010. Dieser Bescheid war ebenfalls an die Bf, dh die A-GmbH, gerichtet.

Beweiswürdigung

Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Aktes des Finanzamtes, die Urkundensammlung des Firmenbuchs sowie den elektronischen Steuerakt.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO ) ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO ) oder mit Beschluss (§ 278 BAO ) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Eine Bescheidbeschwerde ist insbesondere unzulässig, wenn ein Bescheid nicht wirksam geworden ist, weil er an eine nicht mehr bestehende juristische Person gerichtet ist (vgl Ritz, BAO6, § 260 Tz 8; ; , 2002/17/0273).

Die angefochtenen Bescheide der belangten Behörde vom sind an die zu diesem Zeitpunkt bereits mit der B-GmbH verschmolzene A-GmbH ergangen.

Mit der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften nach Art. I UmgrStG geht das Vermögen der übertragenden Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über; die übernehmende Gesellschaft tritt in die Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft ein. Mit der am auf Grundlage des Verschmelzungsvertrages vom und des Generalversammlungsbeschlusses vom selben Tag erfolgten Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch ging die übertragende Gesellschaft unter (vgl ). Grundsätzlich verliert eine GmbH durch die Löschung im Firmenbuch ihre Rechtssubjektivität zwar nicht, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was insbesondere dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. Im Falle einer Verschmelzung erlischt eine Gesellschaft aber mit der Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch ( ).

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei der Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Der Übernehmer tritt dabei sowohl materiell als auch verfahrensrechtlich in die Rechte und Pflichten der übertragenden Körperschaft ein. Der Eintritt des Rechtsnachfolgers bedarf keines gesonderten Übertragungsaktes und erfolgt im Fall der Verschmelzung im Zeitpunkt der Eintragung der Umgründung im Firmenbuch.

Daher konnte die Bf ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung nicht mehr rechtswirksam Subjekt abgabenrechtlicher Rechte und Pflichten und daher auch nicht mehr Adressat abgabenrechtlicher Bescheide sein. Erledigungen, die an ein nicht (mehr) existierendes Rechtssubjekt gerichtet sind, gehen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ins Leere und vermögen keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl ; , 2004/13/0164).

Die am ergangenen Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2009 und 2010 sowie Körperschaftsteuer 2009 bis 2011 wurden an ein nicht mehr existierendes Rechtssubjekt gerichtet, weil die Eintragung der Verschmelzung bzw Löschung im Firmenbuch bereits am durchgeführt worden war. Diese Bescheide sind somit ins Leere gegangen und haben keine Rechtswirkungen entfaltet. Dasselbe gilt im Übrigen für die am bzw erlassenen Beschwerdevorentscheidungen.

Die im Namen der nicht mehr existierenden Gesellschaft am erhobene Berufung (nunmehr Beschwerde) war daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass, wenn die Abgabenbehörde zweiter Instanz (nunmehr das Bundesfinanzgericht) über eine bei ihr anhängige Berufung (nunmehr Beschwerde) in der Sache entscheidet, obwohl die bekämpfte Erledigung keine Wirksamkeit erlangt hat, sie außerhalb ihrer Zuständigkeit handelt (vgl )

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Der Beschluss folgt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen sind. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
VwGH, , 2001/13/0051
VwGH, , 2002/17/0273
VwGH, , 2004/13/0164
VwGH, , 2006/15/0256
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101529.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at