Trennungsprinzip; Zurechnung von Einkünften; Nutzungseinlagen; gewillkürtes Betriebsvermögen; außerbetriebliches Vermögen von Körperschaften;
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen die am ausgefertigten Bescheide der belangten Behörde ***FA*** betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 sowie gegen die mit gleichem Datum ausgefertigten Bescheide derselben belangten Behörde betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 zu Recht erkannt:
I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
II. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die Abgabenbehörde hat nach Durchführung einer Außenprüfung das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 und 2012 wiederaufgenommen und am neue Sachbescheide ausgefertigt. Aufgrund der Außenprüfung wurden zudem die Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für das Jahr 2013 aufgehoben und ebenfalls am neue Sachbescheide ausgefertigt. Mit den neuen Sachbescheiden wurde unter anderem festgestellt, dass ein Teilbetrieb der Beschwerdeführerin, nämlich die Entwicklung und der Vertrieb eines Sportgeräts zur Straffung der weiblichen Brust, keinen Zusammenhang zum Hauptbetrieb, einem Bergrestaurant habe. Damit könne der Teilbetrieb kein gewillkürtes Betriebsvermögen sein, sodass eine verdeckte Ausschüttung des Teilbetriebs vorliege.
2. Mit Schreiben vom hat die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin bei der Abgabenbehörde das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht. Herr ***K*** habe die Idee gehabt, dass ein Gerät entwickelt werden könnte, das gezielt die weibliche Brustmuskulatur straffe und damit der der weiblichen Brust ein besseres Aussehen gebe. Da es ein solches Gerät auf dem Markt noch nicht gegeben habe, habe er sich die Idee patentieren lassen. Die Umsetzung der Idee, die Entwicklungskosten des Gerätes, die Vermarktung, die Produktion und der Verkauf des Produktes seien durch die Beschwerdeführerin durchgeführt worden. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung seien die Aufwendungen und Erlöse bei der Beschwerdeführerin ausgeschieden und als verdeckte Ausschüttung behandelt sowie die Vorsteuer gekürzt worden mit der Begründung, es handle sich um einen Betrieb des Herrn ***K*** und nicht um einen Betrieb der GmbH. Dies deshalb, weil der Betrieb keine Verbindung mit dem Hauptbetrieb, einem Bergrestaurant, habe. Er stelle daher kein gewillkürtes Betriebsvermögen dar. Eine klare, schriftliche, fremdübliche Vereinbarung zwischen dem Rechteinhaber, Herrn ***K***, und der Beschwerdeführerin fehle. Dem sei § 2 des Gesellschaftsvertrages der ***K-GmbH*** entgegenzuhalten, der den Unternehmensgegenstand unter Punkt 2 wie folgt regle:
"Außerdem ist die Gesellschaft zu allen Handlungen, Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes förderlich erscheinen, wie insbesondere: Erwerb und Pachtung von sowie die Beteiligung an anderen Unternehmen und Gesellschaften, sowie die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung solcher Unternehmen und Gesellschaften."
Damit sei der Gegenstand des Unternehmens bewusst weit gefasst worden, um auch andere Geschäftszwecke als die Führung des Bergrestaurants zu ermöglichen. Sogar der Erwerb und die Pachtung von anderen Unternehmen sei nach der Regelung im Gesellschaftsvertrag zulässig. Insoweit gehe die Feststellung des Finanzamts ins Leere, wenn der fehlende Zusammenhang mit dem Bergrestaurant bemängelt werde und daher der sachliche Zusammenhang fehle. Diese Rechtsmeinung sei verfehlt, weil es diesen Zusammenhang zwischen Bergrestaurant und Handel mit dem Trainingsgerät gar nicht brauche. Auch die Meinung, dass es sich nicht um gewillkürtes Betriebsvermögen handeln könne, sei vom Ansatz her falsch. Gewillkürtes Betriebsvermögen könne es nur bei nach Handelsrecht buchführungspflichtigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften geben. Eine GmbH könne aufgrund der klaren Trennung nur Betriebsvermögen haben. Grundsätzlich sei daher alles, was die GmbH erwerbe, (notwendiges) Betriebsvermögen der GmbH, außer es werde in Umgehung des tatsächlich gewollten Geschäfts notwendiges Privatvermögen des Gesellschafters erworben. Herr ***K*** sei in der freien unternehmerischen Entscheidung gewesen, zu bestimmen, ob er die Entwicklung und Vermarktung des Produkts selbst übernehme oder ob er dies im Rahmen der Beschwerdeführerin mache. Das Nicht-Vorhandensein einer schriftlichen Vereinbarung könne nicht dazu führen, dass der gesamte Betrieb quasi aus der GmbH herausgeschält werde. Es sei auch nicht fremdunüblich, dass jemand, der eine Erfindung mache, zu einem zum Beispiel größeren Unternehmen gehe und dieses Unternehmen dann die Entwicklung und Vermarktungskosten übernehme und die Lizenzen erst ab der Marktreife gezahlt würden, wenn das Produkt sich am Markt durchsetze. Alle laufenden Lieferverträge mit den Lieferanten sowie der Direktvertrieb über die professionell gestaltete Homepage mit Onlineshop seien im eigenen Namen und für eigene Rechnung der Beschwerdeführerin abgeschlossen worden. Die Rechtsmeinung der Betriebsprüfung verstoße auch klar gegen die Einkommensteuerrichtlinien des BMF in Randziffer 104. Nach diesen Richtlinien sei Zurechnungssubjekt der Einkünfte derjenige, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trage, der also die Möglichkeit besitze, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Eine Zurechnung der Einkünfte unmittelbar an die natürliche Person erfolge dann, wenn die Kapitalgesellschaft in Hinblick auf die betreffende Tätigkeit selbst Marktchancen nicht nutzen könne. Aber genau das sei hier nicht der Fall. Nach dem Impressum der Homepage (Auftritt nach außen) vermarkte und verkaufe die Beschwerdeführerin die Trainingsgeräte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Beschwerdeführerin habe auf eigene Rechnung und im eigenem Namen die Trainingsgeräte produzieren lassen. Die Beschwerdeführerin könne daher die sich ihr bietenden Marktchancen nutzen. Nach dem Sinn dieser Bestimmung sollten vor allem Tätigkeiten über die ,,Zwischenschaltung" einer GmbH ausgeschlossen werden, die nur höchstpersönlich erbracht werden können (z. B. GmbH eines Vortragenden, der keine eigene Betriebsstruktur besitze). Da aber in diesem Fall die Beschwerdeführerin das Unternehmerrisiko trage und die Marktchancen nutzen könne, sei die Zurechnung des Betriebes an ***K*** rechtswidrig. Es werde daher der Antrag gestellt, das ***FA*** möge die oben angefochtenen Bescheide in der Hinsicht abändern, dass alle Aufwendungen und Erlöse betreffend den Betrieb "Handel Trainingsgerät ***P***" als Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen anerkannt würden. Dementsprechend sei hinsichtlich der Aufwendungen der Vorsteuerabzug zu gewähren.
3. Die Abgabenbehörde hat mit den am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidungen die Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen. In der gesondert ebenfalls am ausgefertigten Begründung führt die Abgabenbehörde aus, Herr ***K*** habe eine Idee für ein Sport-/Gesundheitsgerät gehabt, das handlich und einfach zu bedienen sei. Dieses Trainingsgerät solle gezielt die weibliche Brustmuskulatur straffen und damit der weiblichen Brust ein besseres Aussehen geben. Da ein großes Potenzial in diesem Gerät gesehen wurde, habe sich Herr ***K*** diese Idee patentieren lassen. Er sei laut Patenturkunde Nr. ***1*** vom Patentinhaber. Die Entwicklungs- und Vermarktungskosten seien jedoch in der ***K-GmbH*** als Aufwand geltend gemacht bzw. die eingekauften Bestandteile des Sportgerätes aktiviert worden. Sämtliche Eingangsrechnungen hätten auf die ***K-GmbH*** gelautet. Im Wirtschaftsjahr 2013 seien geringe Erlöse aus dem Verkauf des Trainingsgerätes bei der GmbH erfasst worden. Eine vertragliche Regelung in Schriftform zwischen der ***K-GmbH*** und Herrn ***K*** sei bezüglich Patentnutzung und Kostentragung nicht vorhanden. Unbestritten sei, dass die Entwicklung und der Vertrieb des Sportgerätes einen eigenen Teilbetrieb darstellten und dass vertragliche Regelungen in Schriftform nicht vorhanden seien. Der Betrieb ,,Entwicklung und Vertrieb eines Sportgerätes" könne nach Ansicht der Abgabenbehörde in keinem Zusammenhang mit dem Betrieb "Bergrestaurant" gesehen werden. Im gegenständlichen Fall sei eine Definierung des Gesellschaftszweckes nicht gegeben und somit könne davon ausgegangen werden, dass sich der Unternehmensgegenstand mit dem Gesellschaftszweck deckte. Gesellschaftsrechtlich werde zwischen Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck unterschieden. Der Unternehmensgegenstand beschreibe den Bereich und die Art der Betätigung der Gesellschaft. Er könne sowohl gewerblich sein als auch ideell. Der Unternehmensgegenstand sei ins Firmenbuch einzutragen, damit sich Dritte über ihn informieren könnten. Der Unternehmensgegenstand mache für die Außenwelt den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft erkennbar. Der Gesellschaftszweck decke sich häufig mit dem Unternehmensgegenstand, müsse aber nicht mit ihm identisch sein. Er definiere, was die Gesellschafter mit der Gesellschaft erreichen möchten. Im Firmenbuch sei jedenfalls als Geschäftszweig ,,Gastgewerbebetrieb" eingetragen. Die Entwicklung, Produktion und Vermarktung eines Fitnessgerätes zur Stärkung der weiblichen Brust könne jedenfalls nicht dem Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck ,,Gastgewerbe - Schihütte" förderlich sein. Diese insbesondere deshalb, da es sich auch um kein Wintersportgerät handle, das den Gastbetrieb fördern könnte. Auch aufgrund der hohen Geldmittelabflüsse könne nicht von einer ,,Förderlichkeit" gesprochen werden. Aus Punkt a) und d) im § 9 des Gesellschaftsvertrags gehe hervor, dass als Voraussetzung für die Aufnahme des Betriebes "Entwicklung und Vertrieb eines Sportgerätes" in den Unternehmensgegenstand bzw. den Gesellschaftszweck ein Beschluss der Generalversammlung mit einer Mehrheit von 80% erforderlich wäre. Dieser Beschluss liege bisher dem Finanzamt nicht vor. Gemäß § 51 Abs 1 GmbHG sei jede Abänderung des Gesellschaftsvertrages von sämtlichen Geschäftsführern zum Firmenbuch anzumelden und notariell zu beurkunden. Diesem Publizitätserfordernis sei bisher nicht nachgekommen worden. Der Ansicht, dass ein Zusammenhang zwischen Bergrestaurant und Handel mit dem Trainingsgerät gar nicht vonnöten sei, müsse daher widersprochen werden. Der nicht näher definierte Gesellschaftszweck, der fehlende Beschluss der Generalversammlung inkl. notarielle Beurkundung sowie die Eintragung ins Firmenbuch ließen einen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Bergrestaurants und dem Handel mit dem Trainingsgerät nicht erkennen. Eine klare Außenwirkung, wie für Verträge zwischen nahen Angehörigen erforderlich, sei hier nicht gegeben. Ein schriftlicher Vertrag oder eine Vereinbarung zwischen Herrn ***K*** und der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Entwicklung, Produktion und Vermarktung des Sportgerätes existiere nicht. In diesen Fall sei die Angehörigenjudikatur anzuwenden. Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern würden gleich wie Verträge zwischen nahen Angehörigen nur dann steuerlich anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kämen, einen klaren und eindeutigen Inhalt hätten und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Das Nicht-Vorhandensein einer schriftlichen Vereinbarung bzw. eine daraus klar hervorgehende Vereinbarung über Leistung und Gegenleistung zwischen Herrn ***K*** und der der Beschwerdeführerin widerspreche sehr wohl dem Fremdüblichkeitsgrundsatz. Da kein schriftlicher Vertrag bzw. keine Vereinbarung zwischen Herrn ***K*** und der Beschwerdeführerin bestehe, sei die Kapitalgesellschaft betreffend die Nutzung der Marktchancen und damit auch bezüglich dem Unternehmerrisiko abhängig von der natürlichen Person z.B. bezüglich Namenänderung des Produktes, Veränderungen am Design, rechtliche Grundlagen bei Weiterentwicklung, Höhe der Lizenzgebühren usw. Da die Marktchancen und das Unternehmerrisiko direkt im Einfluss von der natürlichen Person stünden, sei das Finanzamt der Ansicht, dass hier die Rz 104 der Einkommensteuerrichtlinien nicht zum Tragen kämen. Bei den Steuerrichtlinien handle es sich im Übrigen um eine Rechtsauslegung und nicht um eine Rechtsgestaltung. Mangels Qualifikation als Norm könne eine Auslegung dieser daher auch keine Rechtswidrigkeit darstellen. Eine Aufnahme in das Betriebsvermögen der GmbH sei rein aus Gründen der Gesellschafterebene erfolgt. Abgesehen von der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit des Teilbetriebes ,,Entwicklung, Erzeugung und Vertrieb eines Sportgerätes" bestehe im Steuerrecht der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise iSd § 21 BAO. Auch sei die Angehörigenjudikatur zu berücksichtigen. Es gebe keinerlei fremdübliche Vereinbarungen zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn ***K***. Der Teilbetrieb könne nicht gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen, da dieses dem Hauptbetrieb in irgendeiner Weise dienlich sein müsste. Ein Zusammenhang mit dem Bergrestaurant sei überhaupt nicht gegeben.
4. Mit Schreiben vom hat die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin den Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
5. Die Abgabenbehörde hat dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde mit Bericht vom zur Entscheidung vorgelegt.
II. Erwägungen
1. Körperschaften sind gemäß § 1 Abs. 1 KStG 1988 körperschaftsteuerpflichtig. Die Beschwerdeführerin, eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, ist eine juristische Person privaten Rechts und gilt gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 als Körperschaft. Ihre Eigenschaft als Körperschaftsteuersubjekt kann nicht negiert werden. Aus der Formulierung "Juristische Personen des privaten Rechts" im angeführten abgabenrechtlichen Tatbestand ergibt sich eine rechtlich formale Bindung an das Zivilrecht [Methode der formalen Anknüpfung bei der Tatbestandsbildung, Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II 8 (2019) 103]. Die beschwerdeführende Gesellschaft steht damit als selbständiges Steuersubjekt grundsätzlich gleichwertig ( § 26 ABGB) neben ihrem Gesellschafter ***K***. Seine beherrschende Stellung als Alleingesellschafter ändert daran nichts. Aus § 1 KStG 1988, der die Steuerpflicht von Körperschaften grundsätzlich regelt, wird das Trennungsprinzip abgeleitet, wonach die Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt neben dem Gesellschafter bzw. den der Körperschaft nahestehenden Personen existiert. Für die Steuersubjektivität ist die gewählte zivilrechtliche Rechtsform, nicht der wirtschaftliche Gehalt maßgeblich [Mayr/Bodis/Lachmayer in Doralt/Ruppe Steuerrecht I 12 (2019) 903]. Als tragender Grundsatz der Besteuerung von Körperschaften gilt das Trennungsprinzip gleichermaßen für die Einmann-Kapitalgesellschaft. Wird demnach für eine wirtschaftliche Tätigkeit die Rechtsform einer Körperschaft gewählt, kann diese nicht als Steuersubjekt negiert werden und gleichsam im Sinne eines Durchgriffs die Unternehmenstätigkeit einer natürlichen Person fingiert werden (Achatz/Bieber in Achatz/Kirchmayr, § 1 Tz 12; ; ; ; ; ; ).
2. Da sich die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer grundsätzlich auf den gleichen Steuergegenstand (das Einkommen) beziehen, ergibt sich aus den zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Tätigkeiten eines Alleingesellschafters (und Geschäftsführers) einer Gesellschaft ein Spannungsverhältnis bezüglich der Frage, wem die Einkünfte aus seinem Handeln zuzurechnen sind, ihm als natürliche Person oder der Gesellschaft, die er beherrscht bzw. vertritt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die der von Ruppe dargelegten Markteinkommenstheorie folgt [Ruppe, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von Einkunftsquellen als Problem der Zurechnung, in Tipke (Hrsg), Übertragung von Einkunftsquellen im Steuerrecht, Köln 1978, 7], ist einkommensteuerliches Zurechnungssubjekt grundsätzlich derjenige, dem die Möglichkeit zukommt, die sich ihm bietenden Marktchancen zu nutzen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern Das Trennungsprinzip erfordert aber, bei einer der Körperschaft nahestehenden Person zu klären, ob Einkünfte der Körperschaft allenfalls dieser Person zuzurechnen sind. In Zweifelsfällen ist zu klären, ob für die Körperschaft die Möglichkeit besteht, durch gesetzmäßiges Handeln ihrer Organe die sich bietenden Marktchancen auszunutzen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern (Achatz/Bieber in Achatz/Kirchmayr, § 7 Tz 20 mwN; ; ; ; ; ; ; ). Wem die Einkünfte zuzurechnen sind, ist dabei in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden (; ; ; ). Maßgeblich ist die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge (; ; ; ; ; ). Bei der Einkünftezurechnung kommt es auf die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über die Einkünfte an (; ; ; ; ; ). Dabei ist eine rechtliche Gestaltung nur dann unmaßgeblich, wenn sie dem wirtschaftlichen Gehalt nicht entspricht ().
3. Werden Wirtschaftsgüter in eine Körperschaft eingelegt, wird auf Grund einer gesetzlichen Fiktion ein Tauschvorgang angenommen (§ 8 Abs. 1 KStG 1988 iVm § 6 Z 14 EStG 1988). Im Falle eines Tauschs liegt gemäß § 6 Z 14 EStG 1988 bei den Tauschpartnern jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung des Tauschobjekts vor. Dagegen stellen Nutzungseinlagen, also die Überlassung von Gegenständen an eine Körperschaft zum Gebrauch oder die Erbringung von Dienstleistungen ohne Entgelt oder gegen ein unangemessen niedriges Entgelt, keine Einlagen dar (Doralt, RdW 2011, 493; Beiser, ÖStZ 2011, 489; Wild, taxlex 2012, 142; ).
4. Für das Einkommen von natürlichen Personen ist im Rahmen der Gewinnermittlung der Umfang des Betriebsvermögens (§ 4 Abs. 1 EStG 1988) von Bedeutung. Abhängig von der Beziehung zum Betrieb unterscheidet man dabei zwischen notwendigem Betriebsvermögen, gewillkürtem Betriebsvermögen und Privatvermögen. Notwendiges Betriebsvermögen sind jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind und ihm auch tatsächlich dienen. Gewillkürtes Betriebsvermögen sind solche Wirtschaftsgüter, die weder dem Betrieb noch den privaten Bedürfnissen des Steuerpflichtigen unmittelbar dienen und die der steuerpflichtige zum Betriebsvermögen erklärt hat. Sie gehören weder zum notwendigen Betriebsvermögen noch zum notwendigen Privatvermögen. Notwendiges Privatvermögen sind jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar der privaten Bedürfnisbefriedigung dienen [Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe I12 (2019) Tz 176 ff].
5. Aus der gemäß § 7 Abs. 2 KStG 1988 bestehenden Maßgeblichkeit der einkommensteuerlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung für das Einkommen von Körperschaften folgt, dass die Betriebsvermögenseigenschaft von Wirtschaftsgütern bei Körperschaftsteuersubjekten nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen ist wie bei Einkommensteuersubjekten. Auf dieser Basis hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass Kapitalgesellschaften auch eine außerbetriebliche Sphäre haben können (; ; ; ; ). Ist danach ein Wirtschaftsgut bereits bei der Anschaffung der außerbetrieblichen Sphäre zuzuordnen, sind Aufwendungen auf dieses Wirtschaftsgut sowie die damit im Zusammenhang stehenden Einnahmen steuerlich unbeachtlich. Der VwGH nimmt die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften nur in besonders gelagerten Fällen an, etwa bei Wirtschaftsgütern, die im Rahmen einer ertragsteuerlich unbeachtlichen Liebhabereitätigkeit eingesetzt werden oder deren Anschaffung oder Herstellung speziell auf die Bedürfnisse der Gesellschafter abgestimmt sind (Achatz/Bieber in Achatz/Kirchmayr, KStG § 7 Tz 153; ; ; ).
6. Die von der Abgabenbehörde vertretene Rechtsansicht, dass der Teilbetrieb "Entwicklung und Vertrieb des Trainingsgeräts ***P***" nicht gewillkürtes Betriebsvermögen des von der Beschwerdeführerin geführten Hauptbetriebs, dem Bergrestaurant, sein könne, ist verfehlt. Die Frage, ob gewillkürtes Betriebsvermögen vorliegt oder nicht, ist vornehmlich im Bereich der Einkommensteuer relevant, um den für die Gewinnermittlung relevanten Umfang des Betriebsvermögens von natürlichen Personen (als Einzelunternehmer oder Mitunternehmer) festzustellen. Damit wird die betriebliche Sphäre der natürlichen Person von ihrer privaten abgegrenzt. Dazu ist festzuhalten, dass die natürliche Person innerhalb eines Betriebes mehrere Teilbetriebe, aber auch völlig voneinander getrennte, wirtschaftlich nicht miteinander zusammenhängende betriebliche Einheiten haben können. Hätte Herr ***K*** ein Bergrestaurant betrieben, könnte man den Wirtschaftsgütern eines von ihm ebenfalls geführten Betriebs "Entwicklung und Vertrieb des Trainingsgeräts ***P***" nicht die Eigenschaft als Betriebsvermögen absprechen, weil kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Bergrestaurant gegeben ist. Die Wirtschaftsgüter der Betriebseinheit "Entwicklung und Vertrieb des Trainingsgeräts ***P***" (Handelswaren) wären ohne Zweifel Betriebsvermögen, damit zusammenhängende Aufwendungen und Erträge folglich gewinnwirksam.
7. Entsprechendes gilt im Beschwerdefall auf Ebene der Körperschaftsteuer. Auch hier muss für das Steuersubjekt (die Körperschaft) die betriebliche von der außerbetrieblichen Ebene abgegrenzt werden, wobei nach der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (Punkt II. 5.) dem außerbetrieblichen Bereich einer Körperschaft enge Grenzen gezogen werden. Außerbetriebliches Vermögen wird bei Körperschaften, abgesehen vom Fall der Liebhaberei, nur in besonders gelagerten Fällen, nämlich bei nicht im betrieblichen Geschehen einsetzbaren Gebäuden angenommen, die schon ihrer Erscheinung nach (besonders repräsentativ, speziell auf die Wohnbedürfnisse des Gesellschafters abgestellt) für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sind. Eine solche oder damit vergleichbare Gestaltung ist im Beschwerdefall nicht erkennbar. Wie natürlichen Personen können Körperschaften als eigenständige Steuersubjekte im Rahmen eines Betriebs mehrere Teilbetriebe oder mehrere wirtschaftlich nicht miteinander verbundenen Betriebe haben. Ein fehlender wirtschaftlicher Konnex zum "Hauptbetrieb" stellt die Vermögenswerte des "Nebenbetriebs" nicht in die außerbetriebliche Sphäre. Die Wirtschaftsgüter der Betriebseinheit "Entwicklung und Vertrieb des Trainingsgeräts ***P***" sind demzufolge auch dann kein außerbetriebliches Vermögen der Beschwerdeführerin, wenn sie keinen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem von ihr betriebenen Bergrestaurant aufweisen. Mit der Argumentation der Abgabenbehörde lässt sich daher eine verdeckte Ausschüttung dieser betrieblichen Einheit an den Alleingesellschafter nicht rechtfertigen.
8. Der Beschwerdefall noch unter dem Aspekt zu beurteilen, ob nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Einkünfte aus dem Betrieb "Entwicklung und Vertrieb des Trainingsgeräts ***P***" allenfalls nicht der Beschwerdeführerin, sondern ihrem (damaligen) Alleingesellschafter, Herrn ***K***, zuzurechnen sind. Die Beschwerdeführerin nutzte im Beschwerdezeitraum das Patent ihres Alleingesellschafters und Geschäftsführers unentgeltlich. Diese Nutzungseinlage wurde, der oben angeführten Judikatur (Punkt II. 3) entsprechend, steuerlich weder bei der Beschwerdeführerin noch bei Herrn ***K*** als Einlage mit Tauschwirkung (§ 8 Abs. 1 KStG 1988 iVm § 6 Z 14 EStG 1988) qualifiziert, sondern steuerneutral behandelt. Die Forderung der Abgabenbehörde nach einer fremdüblichen, und damit (angemessen) entgeltlichen Vereinbarung zur Nutzung des Patents ist für das Bundesfinanzgericht aufgrund der Steuerneutralität der Nutzungseinlage nicht nachvollziehbar. Unbestrittenes Faktum ist, dass die Beschwerdeführerin die Erfindung ihres Alleingesellschafters und Geschäftsführers in den Beschwerdejahren unentgeltlich nutzen konnte und auf ihre Kosten und ihr Risiko das Trainingsgerät "***P***" entwickelt und vertrieben hat. Die Erlöse aus dem Verkauf wurden ebenfalls von ihr versteuert. Das Trainingsgerät wurde (und wird auch heute noch) von der Beschwerdeführerin vermarktet und verkauft. Dies ist mit dem Impressum der Homepage "***www***" belegt, auf der das Trainingsgerät beworben und angeboten wird. Danach ist die Beschwerdeführerin und nicht Herr ***K*** für den Inhalt verantwortlich. Die Abgabenbehörde hat selbst festgestellt, dass sämtliche Eingangsrechnungen zu den Entwicklungs- und Vermarktungskosten auf die Beschwerdeführerin lauteten. Sie hat auch dem Vorbringen in der Beschwerde nicht widersprochen, dass alle laufenden Lieferverträge mit den Lieferanten sowie der Direktvertrieb über die professionell gestaltete Homepage im Onlineshop im eigenen Namen und für eigene Rechnung der Beschwerdeführerin abgeschlossen worden sind. Gesamthaft betrachtet besteht daher für das Bundesfinanzgericht kein Zweifel, dass nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Beschwerdeführerin die Einkünfte aus der betrieblichen Tätigkeit "Entwicklung und Vertrieb des Trainingsgeräts ***P***" zuzurechnen sind. Sie hat, nachdem ihr der Gesellschafter das Patent unentgeltlich zur Nutzung überlassen hat, die sich ergebenden die Marktchancen genutzt, das Trainingsgerät entwickelt und verkauft. Letztlich kann das Bundesfinanzgericht die Ausführungen der Abgabenbehörde nicht nachvollziehen, die Beschwerdeführerin habe mit ihrer Tätigkeit gegen gesellschaftsrechtliche Vorgaben verstoßen. § 2 Z 2 des Gesellschaftsvertrags berechtigt sie zu allen zur Erreichung des Gesellschaftszwecks förderlichen Handlungen, Geschäften und Maßnahmen, beispielhaft auch zum Erwerb anderer Unternehmen (ohne weitere Einschränkung). Dass die von der Beschwerdeführerin mit dem Vertrieb des Trainingsgeräts ***P*** angestrebten Gewinne dem Gesellschaftszweck nicht förderlich wären, ist nicht verständlich. Am Gewinnstreben der Beschwerdeführerin bestehen keine Zweifel.
9. Somit war spruchgemäß zu entscheiden, die angefochtenen Bescheide waren gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern.
III. Bemessungsgrundlagen und Höhe der Abgaben
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben betragen für die Jahre 2011 bis 2013:
1. Festgesetzte Umsatzsteuer
2. Festgesetzte Körperschaftsteuer
IV. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die im Beschwerdefall relevanten Rechtsfragen sind mit der zitierten Judikatur (Punkt II. 1. bis 5.) ausreichend geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 8 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 6 Z 14 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 7 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3101207.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at