Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.06.2020, RV/2101207/2019

Keine Beschwerdebefugnis eines Haftungspflichtigen ohne Haftungsbescheid

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2101207/2019-RS1
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist eine Berufung wegen einer eventuellen Inanspruchnahme als Haftender erst möglich, wenn ein Haftungsbescheid ergangen ist (; ).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin[...] in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte LLP & Co KG, Schottenring 25, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag vom betreffend Körperschaftsteuer der ***1*** 2011-2015 und betreffend Umsatzsteuer der ***1*** 2011-2015 sowie die Bescheide vom betreffend Haftung für die Kapitalertragsteuer der ***1*** 2011 - 2015 beschlossen:

Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, Herr ***Bf1*** (im Folgenden Bf.), war in den Streitjahren 2011 - 2015 Geschäftsführer der ***1***.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung kam es zu diversen Feststellungen, die bei der ***1*** (geprüftes Unternehmen) zu den hier angefochtenen Körperschafsteuer- und Umsatzsteuerbescheiden 2011 - 2015 sowie zu den Bescheiden betreffend Haftung für die Kapitalertragsteuer 2011 - 2015 geführt haben.

Mit Bescheiden vom wurde dem Bf. als Empfänger von Kapitalerträgen Kapitalertragsteuer vorgeschrieben. Diese Bescheide sind im gegenständlichen Verfahren nicht betroffen.

Der Bf. wurde laut Auskunft des Finanzamtes nicht mittels Haftungsbescheides (§ 224 BAO) zur Haftung gem. § 9 BAO herangezogen. Auch der Bf. konnte auf Nachfrage keinen Haftungsbescheid vorlegen.
Mit Bescheid vom wurde gem. § 232 Abs 3 BAO die Sicherstellung in das Vermögen des Bf. als potentiell Haftungspflichtiger iSd § 11 BAO hinsichtlich der Abgabenansprüche der ***1*** angeordnet.

Die Beschwerden wurden vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidungen vom mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Bescheidbeschwerden von jemandem erhoben wurden, der hierzu nicht befugt ist.

Mit Vorlageantrag vom wurde die Behandlung der Beschwerden durch das BFG beantragt.
Begründend wurde dabei darauf hingewiesen, dass der Bf. gem. § 248 BAO berechtigt sei, als Haftender (auch) Beschwerde gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch einzubringen.

II. Rechtliche Beurteilung

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen (§ 248 BAO).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist eine Berufung wegen einer eventuellen Inanspruchnahme als Haftender erst möglich, wenn ein Haftungsbescheid ergangen ist (; ).

Daher hat die Berufungsbehörde, in dem Fall, in dem ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch (gemäß § 248 BAO) gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erhebt, auch zunächst nur über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (vgl zB ).

Im Beschwerdefall wurde der Bf. nicht zur Haftung für Abgabenschulden der ***1*** herangezogen.
Der Sicherstellungsauftrag gem. § 232 Abs 3 BAO ist keine bescheidmäßige Heranziehung zur Haftung gem. § 224 BAO.
Daher ist der Bf. - auch unter Bedachtnahme auf § 248 BAO - nicht berechtigt, Beschwerde gegen die an die ***1*** gerichteten Bescheide zu erheben.

Wird der Bf. in weiterer Folge zur Haftung herangezogen, so kann er gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen (, , ).

Die Beschwerde ist mangels Aktivlegitimation des Einschreiters nicht zulässig und war daher mit Beschluss zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ist die Aktivlegitimation im Rahmen des § 248 BAO durch die zitierte Rechtsprechung einheitlich beantwortet. Damit liegt keine Rechtsfrage grundlegender Bedeutung vor.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101207.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at