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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.07.2020, RV/5101335/2017

Rückerstattung der GrESt bei teilweiser Stornierung eines Übergabevertrages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer Erfassungsnummer ***1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt, Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Nach dem von Notar Dr. H verfassten Übergabsvertrag vom Punkt 1 traten die Ehegatten A an die Ehegatten B zu gleichen Teilen die Liegenschaften Einlagezahl 1 des Grundbuches X, Einlagezahl 2 des Grundbuches X und Einlagezahl 3 des Grundbuches Y mit allen darin vorgetragenen Grandstücken im Gesamtflächenausmaß von 317.657 (dreihundertsiebzehntausendsechshundertsiebenundfünfzig) Quadratmetern (Übergabsobjekt) mit allen Rechten und Vorteilen, mit allen darauf befindlichen Baulichkeiten, gleichgültig ob diese fest gemauert sind oder nicht, kurz so, wie die Ehegatten A das Übergabsobjekt bisher selbst besessen und benützt haben oder doch zu besitzen und zu benützen berechtigt waren, gegen die in diesem Vertrage vereinbarten Gegenleistungen.

Die Ehegatten A erklärten nach Befragen durch den Schriftenverfasser, dass sie sich keine Grundstücke in ihrem Eigentum zurückbehalten.

Mitübergeben wurde sämtliches auf dem Übergabsobjekt mit vorhandenes landwirtschaftlichen Zwecken dienende Inventar, wie insbesondere der vorhandene Viehstand, die landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Werkzeuge, Maschinen und Gerätschaften aller Art, soweit nicht in diesem Vertrage ausdrücklich Ausnahmen noch vereinbart werden.

Nicht mitübergeben wurden sämtliche Wohnzwecken dienenden Möbel und Einrichtungsgegenstände der Ehegatten A, deren gesamte Kleidung, Leib-, Tisch- und Bettwäsche sowie weitere beiden Vertragsteilen genau bekannte Fahrnisse verschiedener Art, auf deren Anführung beide Vertragsteile nach Befragen durch den Schriftenverfasser ausdrücklich verzichten.

Als Übergabspreis waren von € 62.000,-- (zweiundsechzigtausend Euro) vereinbart, welcher wie folgt berichtigt wurde:

Die Ehegatten B übernehmen die auf dem Übergabsobjekt grundbücherlich sichergestellten Darlehen des Landes Oberösterreich und der Bank A mit sofortiger Wirkung in ihre Rückzahlungsverpflichtung mit der Verbindlichkeit die Ehegatten A diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos zu halten.

Die Ehegatten A haben sich laut Übergabsvertrag Punkt 2. unentgeltlich auf ihre Lebenszeit das nachstehende Ausgedinge ausbedungen und räumten dieses die Ehegatten B für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft Einlagezahl 1 des Grundbuches X ein und zwar:

Zur Wohnung: Das ausschließliche Wohnungsgebrauchsrecht in sämtlichen Wohnräumen des Erdgeschoßes des Hauses Adresse 1.

Die Ehegatten B haben sich verpflichtet, die Auszugswohnung samt Nebenräumlichkeiten stets in einem ordentlichen, gut bewohn-, benütz- und heizbaren Zustande herzuhalten.

Die Ehegatten B hatten in Ansehung der Auszugswohnung sämtliche Betriebskosten (einschließlich Heizungs- und Stromkosten) zu tragen.

Die Ehegatten A verpflichten sich, zu den Betriebskosten mit einem jährlichen, nicht wertgesicherten, Betrag von € 1.000,- (eintausend Euro) beizutragen.

Die Ehegatten A waren berechtigt, die Nebenräumlichkeiten des vorbeschriebenen Hauses, wie Keller, Dachboden, Werkstätte und Wirtschaftsräume und die Maschinen, Werkzeuge und Traktore - soweit vorhanden - in angemessener Weise mitzubenutzen. Weiters steht den Ehegatten A der freie Zu- und Abgang zur Auszugswohnung sowie das Recht, auch dritten Personen einen solchen zu Besuchszwecken zu gestatten, zu.

Die Ehegatten A sind berechtigt, die zum Hause gehörigen Gründe jederzeit zu betreten.

Die Ehegatten A sind berechtigt, den Hausgarten (einschließlich Glashaus) wie bisher weiter zu bewirtschaften.

Solange die Ehegatten A über einen eigenen PKW verfügen, waren sie berechtigt, diesen in der vorhandenen Doppelgarage einzustellen.

Im Falle der Zerstörung der Auszugswohnung durch Naturgewalten hatten die Ehegatten B diese Wohnung unverzüglich wieder bewohnbar zu machen.

Den Ehegatten A stand es jederzeit ohne Angabe von Gründen frei, vom übergebenen Anwesen wegzuziehen und dorthin wieder zurückzukehren.

Die Ehegatten B waren in diesem Wegzugsfalle zwar nicht berechtigt, die Auszugswohnung für eigene Zwecke zu benützen, aber wohl berechtigt, jederzeit den Zutritt zu begehren, um Schäden an der Wohnung abzuwehren oder auszubessern, wie beispielsweise Lüftung der Wohnung, Behebung von Schäden an elektrischen Leitungen, Wasserleitungen und dergleichen.

Das vorangeführten Wohnungsrecht durfte von den Ehegatten A nur höchstpersönlich ausgeübt werden. Ausgenommen davon ist die Aufnahme naher Angehöriger beziehungsweise einer allenfalls erforderlichen Pflegeperson in die Auszugswohnung, welche jederzeit möglich ist.

In Punkt 3 des Übergabsvertrages wurde festgehalten, dass die Übergabe und Übernahme des Vertragsobjektes in den tatsächlichen Besitz und Genuss der übernehmenden Partei erfolgt am heutigen Tage, von welchem Augenblicke angefangen auch Last und Gefahr, Vorteil und Zufall auf diese Übergehen, sodass die Ehegatten B von diesem Augenblicke an alle Abgaben und Steuern vom Übergabsobjekt zu tragen haben.

Nach Punkt 4 des Übergabsvertrages nahmen die Ehegatten B sämtliche das Übergabsobjekt belastenden Dienstbarkeiten zur Kenntnis und in die weitere Duldungspflicht mit der Verbindlichkeit, die Ehegatten A diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos zu halten.

Die Ehegatten B erklärten, vom Schriftenverfasser über die das Übergabsobjekt belastenden verbücherten Dienstbarkeiten genau informiert worden zu sein.

In 5 Punkt des Übergabsvertrages wurde festgehalten, dass die Ehegatten B mit diesem Vertrage alle den Ehegatten A zustehenden Rechte und Verbindlichkeiten aus Mitgliedschaften bei verschiedenen, beiden Vertragsparteien genau bekannten Genossenschaften und, genossenschaftsähnlichen Einrichtungen mit dem Tage der Übernahme des Vertragsobjektes des Übergabsvertrages übernehmen. Ausdrücklich ausgenommen von dieser Übergabe und Übernahme sind alle etwaigen Spar- und Giroguthaben der Ehegatten A.

Die beschwerdeführende Partei machte in der Erklärung gemäß § 4 iVm. § 5a iVm. § 4 Neugründungs-Förderungsgesetz vom die Befreiung von der Grunderwerbsteuer geltend.

Die auf den von der beschwerdeführenden Partei erworbenen Hälfteanteil entfallende Grunderwerbsteuer wurde vom Schriftenverfasser mit 620,26 Euro selbst berechnet.

Mit Stornierungs- und Übergabsvertrag vom wurde Folgendes vereinbart:

"I. STORNIERUNGSVERTRAG

Präambel

(1) Mit Übergabsvertrag vom (GZ 4 des öff. Notar Dr. H, Grunderwerbsteuer und Grundbuchseintragungsgebühr selbstberechnet zu Erfnr: 123 haben die Ehegatten AA, geboren am xx.xx.xxxx, und AB, geboren am yy.yy.yyyy, beide Adresse 1 an ihre Tochter C, geboren am zz.zz.zzzz, Adresse 2 und an ihren Schwiegersohn ***Bf1***, geboren am 00.00.0000, Adresse 2 die Liegenschaften Einlagezahl 1 des Grundbuches X, Einlagezahl 2 des Grundbuches X und Einlagezahl 3 des Grundbuches Y, je zur Hälfte, übergeben.

(2) Geschäftsgrundlage dieses Übergabsvertrages war die weitere Bewirtschaftung des Übergabeobjektes durch die Ehegatten B. Die eheliche Gemeinschaft der Ehegatten B wurde jedoch nach kurzer Zeit bereits wieder aufgelöst, weshalb die Geschäftsgrundlage für den gegenständlichen Übergabsvertrag ex post weggefallen ist.

1. Stornierung

Die Vertragsparteien kommen nunmehr überein den im Punkt "1." dieses Vertrages angeführten Übergabsvertrag in Ansehung des Herrn ***Bf1*** derart aufzuheben, als ob die Übergabe der Hälfteanteile an den Liegenschaften Einlagezahl 1 des Grundbuches X, Einlagezahl 2 des Grundbuches X und Einlagezahl 3 des Grundbuches Y von den Ehegatten A an Herrn ***Bf1*** niemals abgeschlossen wäre.

Festgestellt wird, dass hinsichtlich der an Herrn ***Bf1*** übertragenen Liegenschaftshälften von Letzterem noch keine Übernahmehandlungen gesetzt wurden.

Festgestellt wird weiters, dass der vorangeführte Übergabsvertrag bereits grundbücherlich durchgeführt wurde. Zur Wiederherstellung der Grundbuchsordnung erteilt Herr ***Bf1*** seine ausdrückliche Einwilligung, dass ob den ihm eigentümlichen Hälfteanteilen an den Liegenschaften Einlagezahl 1 des Grundbuches X, Einlagezahl 2 des Grundbuches X und Einlagezahl 3 des Grundbuches Y das Eigentumsrecht Einverleibt werden könne für AA, geboren am xx.xx.xxxx, und AB, geboren am yy.yy.yyyy, je zur Hälfte, das ist im Verhältnis zu den ganzen Liegenschaften je zu einem Viertel.

Im Hinblick auf die Weiterübertragung der vorangeführten Liegenschaftsanteile an Frau C erfolgt kein Vollzug dieser Grundbuchseintragung (siehe Abschnitt II. dieses Vertrages).

2. Abänderung / Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer

Die Vertragsparteien beantragen sowohl für den Übergabsvertrag vom (hinsichtlich der Übertragung des Hälfteanteiles an Herrn ***Bf1***) als auch für den gegenständlichen Stornierungsvertrag die Grunderwerbsteuerbefreiung gem. § 17 Abs. 1 Zif. 1 und Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz.

3. Löschung

Festgestellt wird, dass in den Liegenschaften Einlagezahl 1 des Grundbuches X (C-LNr. 00), Einlagezahl 2 des Grundbuches X (C-LNr. 01) und Einlagezahl 3 des Grundbuches Y (in C-LNr. 02) jeweils ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für AA, geboren am xx.xx.xxxx und AB, geboren am yy.yy.yyyy haftet. Da diese Rechte in Ansehung der Hälfteanteile des Herrn ***Bf1*** in Folge der gegenständlichen Stornierung nicht mehr bestehen, erteilen die Buchberechtigten ihre ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund dieser Urkunde und ohne ihr weiteres Wissen und Einvernehmen, die Löschung der vorgenannten Belastungs- und Veräußerungsverbote in Ansehung der Hälfteanteile des ***Bf1*** einverleibt werden könne.

4. Wohnungsgebrauchsrecht

Das Wohnungsgebrauchsrecht der Ehegatten A (C-LNr. 03 der Liegenschaft Einlagezahl 1 des Grundbuches X wird - auch im Hinblick auf die Ausführungen im Abschnitt II dieses Vertrages - durch die gegenständliche Stornierung nicht berührt und bleibt sohin vollinhaltlich gemäß Übergabsvertrag vom achtundzwanzigsten Dezember zweitausendfünfzehn () aufrecht.

II ÜBERGABSVERTRAG

1. Vertragsgegenstand

Die Ehegatten A treten ab und übergeben und Frau C übernimmt von den Ersteren den diesen auf Grund des Abschnittes I dieses Vertrages wiederum eigentümlichen je 'A-Anteile an den Liegenschaften Einlagezahl 1 des Grundbuches X, Einlagezahl 2 des Grundbuches X und Einlagezahl 3 des Grundbuches Y, wie dieses Objekt am heutigen Tage liegt und steht, mit allen Rechten und Vorteilen, mit allen darauf befindlichen Baulichkeiten, gleichgültig ob diese fest gemauert sind oder nicht, kurz so, wie die Ehegatten A das Übergabsobjekt bisher selbst besessen und benützt haben oder doch zu besitzen und zu benützen berechtigt waren.

2. Übergabe und Übernahme

Die Vertragsteile stellen fest, dass die Übergabe bereits vor der Vertragserrichtung erfolgt ist.

3. Wohnungsgebrauchsrecht

Frau C übernimmt mit den vorangeführten Hälfteanteilen der Liegenschaften Einlagezahl 1 des Grundbuches X, Einlagezahl 2 des Grundbuches X und Einlagezahl 3 des Grundbuches Y Einlagezahl 1 des Grundbuches X sämtliche ihren Eltern von Herrn ***Bf1*** mit Übergabsvertrag vom (GZ 4 des öff. Notar Dr. H) eingeräumten Rechte vollinhaltlich."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde den Antrag auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Grunderwerbsteuergesetz 1987 mit der Begründung abgewiesen, da die Übergeber am vertragsgegenständlichen Hälfteanteil ihre ursprünglich, freie und uneingeschränkte Verfügungsmacht in Wahrheit nicht zurückerlangten, liege keine Rückgängigmachung im Sinne des § 17 GrEStG vor. Da der Stornierungsvertrag und der neue Übergabsvertrag gleichsam abgeschlossen worden wären, hätten die Übergeber nicht die Möglichkeit wiedererlangt, über die Grundstücke anderweitig zu verfügen.

In der Bescheidbeschwerde vom wurde der Abweisungsbescheid vom (Erfnr. 123) mit folgender Begründung angefochten:

"(1) Durch die Stornierung hatten die Übergeber jene Verfügungsmacht über das Vertragsobjekt inne, welche sie vor Vertragsabschluss - der Übergabe - hatten. Eine Übertragung an eines der weichende Übergeberkinder oder an Dritte wäre ohne Weiteres sowohl rechtlich als auch faktisch möglich gewesen. Sohin haben die Übergeber jedenfalls die Verfügungsmacht über den gegenständlichen Hälfteanteil wiedererlangt.

(2) Die Zusammenfassung des Stornierungs- mit dem Übergabevertrag erfolgte lediglich im Sinne der Vereinfachung der grundbücherlichen Durchführung der Verträge: Durch eine Trennung des Stornierungs- vom Übergabsvertrag hätte das Wohnungsgebrauchsrecht gelöscht und sodann neu begründet werden müssen."

Es wurde beantragt, die Rechtsmittelinstanz möge der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Rückerstattung der Granderwerbsteuer hinsichtlich des Herrn ***Bf1***, geboren am 00.00.0000, Adresse 2 gestattet wird.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Bescheidbeschwerde vom als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

"Der VwGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass der Übergeber jene Verfügungsmacht wiedererlangt haben muss, die er vor Vertragsabschluss hatte. Ein Erwerbsvorgang ist folglich nicht iSd Bestimmung des § 17 GrEStG 1987 rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmacht aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Übergeber seine ursprüngliche Rechtsstellung nicht wiedererlangt.

Entscheidend für die Rückgängigmachung ist, dass sich die Vertragsparteien derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen, dass die Möglichkeit der Verfügung über das betreffende Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Übergeber seine ursprüngliche Stellung wiedererlangt. Erfolgt eine Rückgängigmachung nur, um die Übergabe des Grundstückes an einen im Voraus bestimmten neuen Übernehmer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Übergabevertrages gleichsam uno actu erfolgen, hat der Übergeber in Wahrheit nicht die Möglichkeit wiedererlangt, das Grundstück einem Dritten zu übergeben (siehe auch das Erkenntnis das , 0098, 0099).

Mit Anbringen vom beantragte die beschwerdeführende Partei die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Die Vorlage der Beschwerde erfolgte am an das Bundesfinanzgericht und wurde der Gerichtsabteilung 7015 zugeteilt. Die Rechtssache wurde mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses mit Wirkung der seit unbesetzten Gerichtsabteilung 7015 abgenommen und der Gerichtsabteilung 6008 zugeteilt.

Rechtslage

§ 17 Abs. 1 und 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1987) lauten

"(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

  • wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

  • wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

  • wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird,

  • wenn das geschenkte Grundstück aufgrund eines Rechtsanspruches herausgegeben werden musste oder ein von Todes wegen erworbenes Grundstück herausgegeben werden musste und dieses beim Empfänger einen Erwerb von Todes wegen darstellt.

(2) Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z 1, 2 und 4. sinngemäß."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.

Ein Erwerbsvorgang ist dann rückgängig gemacht iSd § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist also nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss innehatte, wiedererlangt hat (vgl zB Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II - Grunderwerbsteuer, § 17 Rz 14 und die dort wiedergegebene hg Rechtsprechung). Dabei hat bei derartigen Begünstigungstatbeständen wie § 17 GrEStG der die Begünstigung in Anspruch nehmende Steuerpflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl Fellner, aaO, § 17 GrEStG, Rz 6).

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend Fälle, in denen die Auflösung eines Vertrages vereinbart wird, um den Übergabe des Objektes an einen im Voraus bestimmten neuen Übernehmer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Vertrages gleichsam uno actu erfolgen, ist davon auszugehen, dass der Verkäufer dadurch nicht die Möglichkeit wieder erlangt hat, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen (vgl. dazu die zahlreiche bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern II 3. Teil, Grunderwerbsteuer G 1987 Rz 15 Abs. 1 zu § 17 GrEStG referierte Judikatur).

Schon aus der Beschwerde geht hervor, dass die Zusammenfassung des Stornierungs- mit dem Übergabevertrag lediglich im Sinne der Vereinfachung der grundbücherlichen Durchführung der Verträge: Durch eine Trennung des Stornierungs- vom Übergabsvertrag hätte das Wohnungsgebrauchsrecht gelöscht und sodann neu begründet werden müssen. Schon daraus geht hervor, dass die Übergabe des rückübertragenen Hälfteanteiles an die Ehegattin der beschwerdeführenden Partei und Tochter der Übergeber im Voraus beabsichtigt war. Eine andere Dispositionsmöglichkeit war für die Übergeber gar nicht gegeben. Auch aus der Präambel des Stornierungsvertrages geht hervor, dass die Geschäftsgrundlage des Übergabsvertrages vom die weitere Bewirtschaftung des Übergabeobjektes durch die Ehegatten B war und die eheliche Gemeinschaft der Ehegatten B jedoch nach kurzer Zeit bereits wieder aufgelöst wurde, weshalb die Geschäftsgrundlage für den gegenständlichen Übergabsvertrag ex post weggefallen ist. Der Stornierungs- und Übergabsvertrag vom dienste daher auch der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Rahmen der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft. Auch dies spricht dafür, dass die Ehegatten A nicht mehr die Verfügungsmacht iSd. oa Rechtsprechung erlangt haben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu beurteilenden Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt und das Gericht folgt dieser Rechtsprechung.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


§ 4 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 17 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101335.2017

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