Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 20.07.2020, RV/5101495/2019

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen versäumter Beschwerdefrist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***SV****, die Richterin***Ri*** P LL.M. sowie die fachkundigen Laienrichter ***BS1*** und ***BS2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***STB***, ***STB-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Wiedereinsetzung § 308 BAO / ESt 2014 und Wiedereinsetzung § 308 BAO / ESt 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. 1.Der Bescheid betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Beschwerdefrist hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2014 wird abgeändert.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 Abs. 1 BAO für die Einbringung einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 wird als verspätet zurückgewiesen.

2.Die Beschwerde betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Beschwerdefrist hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2015 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt/Verfahrensgang:

1. In seiner Einkommensteuererklärung 2013 vom erklärte der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus gewerblichem Grundstückshandel. Die Veranlagung zur Einkommensteuer 2013 erfolgte erklärungsgemäß. Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde am Beschwerde erhoben und eingewendet, dass die Einkünfte irrtümlicherweise als solche aus Gewerbebetrieb erklärt worden seien. Tatsächlich wäre Immobilienertragsteuer für private Grundstücksverkäufe vorzuschreiben gewesen.

2. Am wurde beim Finanzamt auch die Einkommensteuererklärung 2014 eingereicht. Es wurden wiederum Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß. Eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurde innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist nicht eingebracht und erwuchs der Bescheid in Rechtskraft.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom Finanzamt abgewiesen. Unter anderem wurde darin darauf hingewiesen, dass in der Einkommensteuererklärung 2014 abermals Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt worden seien.
Am beantragte der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Die Vorlage erfolgte durch das Finanzamt am . Darin wurde abermals darauf hingewiesen, dass auch in der Einkommensteuererklärung 2014 Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt worden seien und dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei.

5. In der Einkommensteuererklärung 2015 vom wurden abermals Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß. Eine Beschwerde gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist nicht eingebracht und erwuchs dieser ebenfalls in Rechtskraft.

6. In der am elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2016wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb laut Beilage "E1a 002 - ***Ort***" mit 0,00 € ausgewiesen. Der erklärungsgemäße Einkommensteuerbescheid 2016 vom erwuchs in Rechtskraft.

7. Mit Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom im Beschwerdeverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 wurde der Bf unter anderem um Stellungnahme dazu ersucht, warum er entgegen seinem in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom vertretenen Standpunkt, dass kein gewerblicher Grundstückshandel vorliege, zeitnah in seiner Einkommensteuererklärung 2014 vom , aber auch in seiner Einkommensteuererklärung 2015 vom Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt und gegen die entsprechenden Bescheide keine Beschwerde erhoben habe.
Im diesbezüglichen Antwortschreiben vom berief sich der Bf darauf, dass die Einnahmen 2014 und 2015 von diesem Objekt gleich wie im Jahr 2013 (aus Vorsichtsgründen falsch) erklärt worden seien und die automatische Bescheidkontrolle keine Fehlermeldung gezeigt habe, weshalb nicht Beschwerde erhoben worden sei.

8. Mit Schriftsatz vom brachte der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Beschwerdefrist für die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 vom bzw. ein.
Im Zusammenhang mit der Bezeichnung des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses führte der Bf aus, dass durch die automatische Bescheidkontrolle, bei welcher die Bescheide EDV-mäßig mit den Steuererklärungen verglichen werden, der Computer keinen Fehler gemeldet habe, weshalb fälschlicherweise auch keine Beschwerde eingebracht worden sei.
Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Antrages wurde darauf hingewiesen, dass der Fehler erst mit dem Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom , eingelangt am , bekannt geworden sei.
Gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag wurde die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 eingereicht. Darin wies der steuerliche Vertreter des Bf's darauf hin, dass dessen Grundstücksverkäufe in ***Stadt** aus Vorsichtsgründen als gewerblicher Grundstückshandel erklärt worden seien. Richtig wäre die Versteuerung mit Immo-ESt gewesen.

9. Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowohl hinsichtlich Einkommensteuer 2014 als auch hinsichtlich Einkommensteuer 2015 vom Finanzamt mit der Begründung abgewiesen, dass kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund vorläge. Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum hätten bei Abgabe der Steuererklärungen 2014 und 2015 ausgeschlossen werden können, da ein Rechtsmittel betreffend Einkommensteuer 2013 schon eingebracht gewesen sei.

10. Am erhob der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter gegen diesen Abweisungsbescheid Beschwerde und wies begründend wieder darauf hin, dass die Grundstücksverkäufe in ***Stadt** aus Vorsichtsgründen als gewerblicher Grundstückshandel erklärt worden seien. Weil aus Vorsichtsgründen falsch erklärt worden sei, sei bei der Bescheidkontrolle kein Fehler angezeigt und deshalb übersehen worden, die Beschwerden einzureichen.

11. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom Finanzamt abgewiesen, da die geschilderte Nichtprüfung der ergangenen Bescheide nicht als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gesehen werden könne, wenn die Einkünfte aus den Grundstücksverkäufen nur aus "Vorsichtsgründen" als gewerbliche Einkünfte erklärt worden seien und noch dazu im Zeitpunkt des Ergehens der Bescheide für das Jahr 2013 bereits eine Beschwerde anhängig gewesen sei. Bei Beachtung und Einhaltung der bei dieser Sachlage gebotenen Sorgfalt wäre im konkreten Fall jedenfalls eine über die automatische Kontrolle hinausgehende Überprüfung und Beurteilung der Bescheide geboten gewesen, sodass darin auch ein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden zu erblicken sei.

12. Am beantragte der Bf die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Vorlageantrag). Hinsichtlich der Begründung verwies er auf seine Beschwerde. Der Fehler sei in der automatischen Bescheidkontrolle gelegen.

13. Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und unter ausführlicher Begründung deren Abweisung beantragt.

14. Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat zog der steuerliche Vertreter des Bf's den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Faxschreiben vom zurück.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den vom Finanzamt übermittelten Unterlagen, darunter vor allem die angeführten Bescheide des Finanzamtes sowie die Eingaben (Erklärungen, Schriftsätze) des Bf's bzw. dessen steuerlichen Vertreters.
Die Erklärungs- und Eingabedaten wurden auch durch Einsichtnahme in das Abgabeninformationssystem des Bundes nachvollzogen.

Rechtliche Beurteilung

III.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

III.1.1. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 308 Abs. 1 BAOist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss gemäß § 308 Abs. 3 BAObinnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.
(Anmerkung: § 249 Abs. 1 dritter Satz BAO betrifft die hier nicht strittige Rechtzeitigkeit der Einbringung der Bescheidbeschwerde im Fall der Einbringung beim Verwaltungsgericht).

III.1.2. Erwägungen:

III.1.2.1. Aus der zitierten Bestimmung des § 308 Abs. 1 BAO geht hervor, dass Voraussetzung für die Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrages ist, dass die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein Mindergrad des Versehens trifft.

Ereignis im Sinne des § 308 Abs. 1 BAO ist jedes Geschehen, daher auch ein "Vergessen" oder ein "schlichtes Übersehen." Die genannte Bestimmung fordert ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis.

Ein Ereignis ist dann "unvorhergesehen", wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (; Ritz, BAO 6, § 308 Tz 8 ff).

Es ist "unabwendbar", wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah (; Ritz, BAO 6, § 308 Tz 8 ff).

Bei Prüfung des gegenständlich geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes ließ sich der entscheidende Senat unter Bedachtnahme auf diese von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelte Definition der Begriffe "unvorhergesehenes" oder "unabwendbares Ereignis" von folgenden Erwägungen leiten:

Der Bf erklärte seine Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen im Jahr 2013 als Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel. Erst in der Beschwerde gegen den erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid 2013 bekämpfte er diese Qualifikation. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und war im Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2014 und 2015 noch unerledigt.
Aus "Vorsichtsgründen", wie der steuerliche Vertreter ausführte, wurden auch in den Jahren 2014 und 2015 die Einkünfte aus Grundstücksveräußerung wieder als solche aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt, obwohl bezüglich des Jahres 2013 bereits eine Beschwerde anhängig war, in welcher der Bf den gegenteiligen Standpunkt vertrat. Gegen die erklärungsgemäß ergangenen Bescheide für die Folgejahr 2014 und 2015 wurde jedoch keine Beschwerde erhoben.
Der Bf beschrieb den Grund für die Wiedereinsetzung in diese versäumte Beschwerdefrist betreffend die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 nunmehr dahingehend, dass durch die automatische Bescheidkontrolle, bei welcher die Bescheide EDV-mäßig mit den Steuererklärungen verglichen werden, der Computer keinen Fehler gemeldet habe, weshalb fälschlicherweise auch keine Beschwerde eingebracht worden sei.

Dieses Ereignis des Übersehens der Beschwerdefrist konnte aufgrund der oben angeführten Definitionen der Begriffe aus folgenden Gründen weder als unvorhergesehen noch als unabwendbar qualifiziert werden:

Im Hinblick darauf, dass er die Einkünfte aus Grundstücksveräußerung in den Jahren 2014 und 2015 als solche aus gewerblichem Grundstückshandel erklärte, wie dies auch der Ansicht des Finanzamtes entsprach, musste der Bf unbedingt damit rechnen, dass die Bescheide erklärungsgemäß ergehen würden. Ebenso musste er für den steuerlichen Vertreter des Bf's nach den Denkgesetzen menschlicher Logik absehbar sein, dass die automatische Bescheidkontrolle angesichts der erklärungsgemäßen Veranlagung keine Fehlermeldung erbringen würde. Aufgabe dieses Prüfungsprogrammes ist es ja gerade, jene Fälle herauszufiltern, in denen die Bescheide von den Angaben laut Erklärung abweichen. Dass dieses EDV-Programm für Fälle wie die gegenständlichen, in denen eine Abweichung bei der Veranlagung durch das Finanzamt nicht zu erwarten war, nicht greifen würde, lag auf der Hand. Bei Anwendung der notwendigen Sorgfalt hätte jedenfalls für eine anderweitige (zusätzliche) Kontrolle gesorgt werden müssen. Unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht wäre vom steuerlichen Vertreter daher jedenfalls zu erwarten gewesen, dass er über die automatische Bescheidkontrolle hinaus noch eine persönliche Bescheidkontrolle durchführt, zumal mit der Notwendigkeit der Einbringung einer Beschwerde aufgrund des geschilderten Geschehensablaufes geradezu zu rechnen war. Das Ereignis des Übersehens der Beschwerdefrist konnte sohin nicht als unvorhergesehen qualifiziert werden.
Das Ereignis war aber auch nicht "unabwendbar" im Sinne obiger Definition, da das Übersehen der Beschwerdefrist durch den steuerlichen Vertreter der Bf mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert hätte werden können. Es wurden keinerlei Gründe vorgebracht, die eine persönliche Kontrolle der Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015, bezüglich welcher die Notwendigkeit der Einbringung einer Beschwerde zu erwarten war, nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Monatsfrist erfolgen hätte können.

III.1.2.2. Darüber hinaus kann das Übersehen der Beschwerdefrist aber auch nicht, wie dies der letzte Satz der Bestimmung des § 308 Abs. 1 BAO fordert, nur einem minderen Grad des Versehens zugeschrieben werden.
Das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung ist grundsätzlich dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ().
Der Begriff des minderen Grad des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Leichte Fahrlässigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt hingegen vor, wenn jemand die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ). Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen ().
Wie bereits beschrieben, hätte der steuerliche Vertreter des Bf's damit rechnen müssen, dass die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015, bezüglich welcher die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist beantragt wurde, in Anbetracht des Umstandes, dass die Einkünfte so erklärt wurden, wie dies der Rechtsansicht des Finanzamtes entsprach, erklärungsgemäß ergehen würden. Es war also mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten, dass eine Beschwerde gegen die Bescheide eingebracht werden müsste. Wenn er eine diesbezügliche Überprüfung und Einbringung innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist nicht vornahm, so ließ er damit jedenfalls die ihm zumutbare Sorgfalt außer Acht.

Da aufgrund der dargelegten Erwägungen im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 Abs. 1 BAO nicht erfüllt waren, konnte der gegen den entsprechenden Abweisungsbescheid gerichteten Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

III.1.2.3. Zur Abänderung des angefochtenen Bescheides betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beschwerdefrist gegen den Einkommensteuerbescheid 2014:

Zur Rechtzeitigkeit des Antrages führte der steuerliche Vertreter des Bf's aus, dass der Fehler der Nichteinbringung der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 erst aufgrund des Ergänzungsersuchens des Bundesfinanzgerichtes bemerkt worden sei.
Wie sich jedoch aus dem vorliegenden Sachverhalt ergibt, wurde der Bf bzw. dessen steuerlicher Vertreter schon in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2013 vom sowie im diesbezüglichen Vorlagebericht vom dezidiert darauf aufmerksam gemacht, dass trotz seines im Beschwerdeverfahren 2013 vertretenen Standpunktes, dass kein gewerblicher Grundstückshandel vorliege, die Einkünfte in der Einkommensteuererklärung 2014 wieder als solche aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt worden seien bzw. der Einkommensteuerbescheid 2014 in Rechtskraft erwachsen sei.

Nach der unter obigem Punkt III.1.1. zitierten Bestimmung des § 308 Abs. 3 BAO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses einzubringen.
Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Beruht die Versäumung der Frist auf einem Versehen wie im gegenständlichen Fall, so hört das Hindernis in jenem Zeitpunkt auf, zu welchem dieses Versehen als solches erkannt werden konnte und musste, konkret also jenem Zeitpunkt, in dem das Versehen erkannt wurde oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkannt werden müssen (; ; ).
Wie oben dargelegt, wurde der Bf bzw. dessen steuerlicher Vertreter bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom darauf aufmerksam gemacht, dass er in seiner Einkommensteuererklärung 2014 wieder Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erklärt hatte. Aufgrund der Zeitnähe der beiden Ereignisse hätte der Bf bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt spätestens damals das erste Versehen der fehlenden Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 erkennen müssen und war damit der vom steuerlichen Vertreter benannte Zeitpunkt des Hinweises (hier durch das Finanzamt) auf den Fehler schon im Jahr 2016 gelegen. Wenn ein entsprechender Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst innerhalb von drei Monaten nach Hinweis durch das Bundesfinanzgericht in seinem Schreiben vom eingebracht wurde, so war dieser Antrag gemäß § 308 Abs. 3 BAO zumindest hinsichtlich Einkommensteuer 2014 als verspätet zu qualifizieren. Die diesbezügliche Dreimonatsfrist hatte nämlich schon mit Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom zu laufen begonnen.
Verspätete Wiedereinsetzungsanträge sind aber zurückzuweisen (siehe zB ). Der angefochtene Abweisungsbescheid war daher bezüglich Einkommensteuer 2014 insofern abzuändern.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art.133 Abs. 4 B-VG ).

Die Frage, ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis mit lediglich minderem Grad des Versehens der Partei zur Fristversäumung geführt hat, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes und stellt daher regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (). Dasselbe gilt für die Beurteilung der Frage, ob ein Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht eingebracht wurde. Es lag also insgesamt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise








ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101495.2019

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