Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.07.2020, RV/2100671/2020

Auswärtige Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom und betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) erzielt Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit. In seinen elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2016 und 2017 beantragte er unter anderem unter dem Titel der außergewöhnlichen Belastung die Berücksichtigung des Pauschbetrages gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die auswärtige Berufsausbildung seines Sohnes in Graz.

Das Finanzamt brachte den beantragten Pauschbetrag in den angefochtenen Bescheiden nicht in Ansatz. Begründend wurde ausgeführt, dass Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes nicht als außergewöhnliche Belastung gelten, wenn auch im Einzugsgebiet des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Eine solche Möglichkeit sei im Falle des Sohnes gegeben, sodass das Pauschale für die auswärtige Berufsausbildung nicht zu berücksichtigen gewesen wäre.

Dagegen wandte sich der Bf rechtzeitig mit dem Rechtsmittel der Beschwerde und begründete wie folgt:
"Begründung: Mein Sohn ***1***, geboren am ***3***, besuchte von 2009 bis 2017 (Unterstufe und Oberstufe) das Bischöfliche Gymnasium in der Langegasse in Graz. ES GIBT NACH WIE VOR IM GANZEN BEZIRK SÜDOSTEIERMARK KEIN Gymnasium mit UNTERSTUFE. Eine adäquate Ausbildungsmöglichkeit in Wohnortnähe war somit nicht gegeben, die Kosten der Unterbringung im Internat musste ich zur Gänze tragen."

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung führt das Finanzamt aus, dass Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung gelten, wenn im Einzugsbereich keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Ausbildungsstätten außerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen. Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrtzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und zurück mehr als je eine Stunde beträgt. Wird eine gleichwertige Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich des Wohnortes angeboten, stehe der Freibetrag nicht zu. Da sowohl in Bad Radkersburg als auch in Feldbach die Möglichkeit bestehe, eine allgemeinbildende höhere Schule (Oberstufe) zu besuchen, konnte der beantragte Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung nicht berücksichtigt werden.

Dagegen wandte sich der Bf mit seinem Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Ergänzend brachte er Nachstehendes vor:
"Das Bischöfliche Gymnasium Augustinumin Graz, ist eine allgemeinbildende höhere Schule mit sprachlichem Fokus, insbesondere Latein. Besonderes Augenmerk wird auf soziales Lernen sowie Persönlichkeitsbildung und Entwicklung gelegt. Zusätzlich wird im angeschlossenen Internat Wert auf Spiritualität gelegt. Dieses breite Spektrum an zusätzlichen Lerninhalten welche den Schülern vermittelt werden, geht weit über die sonst üblichen Lerninhalte an Gymnasien hinaus und wirken als Fundament für ein erfolgreiches Berufsleben in weiterer Folge.
Es sollte somit das Tatbestandsmerkmal "entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" siehe auch Entscheidung: , gegeben sein."

Im Vorlagebericht vom , dem nach der Rechtsprechung Vorhaltscharakter zukommt, setzte sich das Finanzamt ausführlichst mit den Argumenten des Bf und der dazu ergangenen Rechtsprechung auseinander.

Dagegen wurde vom Bf nichts mehr vorgebracht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 € pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten somit dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Nahebereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit im Nahbereich des Wohnortes besteht.

Unter dem Begriff "Berufsausbildung" sind alle Arten schulischer, universitärer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Der spätere Beruf muss noch nicht konkret feststehen; auch der Besuch allgemeinbildender Schulen (z. B. Gymnasium) vermittelt - als Voraussetzung für eine spätere Berufsausbildung im engeren Sinn - den Pauschbetrag. Der Berufsausbildung dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. GL § 34 Anm. 58).

Die Pauschalierung des Mehraufwandes der Höhe nach enthebt nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten, das heißt zwangsläufig ist, weil im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Bei der Auslegung dieser Voraussetzungen ist auf einen gleichartigen Ausbildungsabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abzustellen. Entsprechend ist nicht im Sinne von "gleich" sondern "gleichwertig" zu verstehen (). Unterschiedliche Unterrichtsmethodik und spezielle Zielsetzung reichen nicht aus (Jakom/Baldauf EStG § 34 Rz 81).

Es genügt somit, dass am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Einzugsbereich eine vergleichbare Schule mit gleichen Ausbildungszielen vorhanden ist; auf die Vergleichbarkeit der Ausbildungsmethodik kommt es nicht an. So hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass es die Sittenordnung nicht gebiete, Kindern den Besuch einer Privatschule zu finanzieren, wenn unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse der Besuch einer öffentlichen Schule mit vergleichbarem Lehrziel, wenn auch anderen Unterrichtsmethoden, möglich ist (vgl. etwa ; ; ).

Gegenständlichenfalls hat das Finanzamt erhoben, dass dem Sohn des Bf der Besuch von vergleichbaren Schulen mit gleichem Ausbildungsziel, die unbestritten im Einzugsbereich des Wohnortes liegen, offen stehe und zur Frage der Vergleichbarkeit der Ausbildungsinhalte ausgeführt:
"Eine Vergleichbarkeit der Ausbildungsinhalte dieser Ausbildungsstätten ist ebenfalls gegeben. Allein aus dem Umstand, dass allgemeinbildende höhere Schulen (AHS) aufgrund der vorgegebenen Lehrpläne der AHS-Oberstufe im Wesentlichen dieselben Fächer (Religion, Deutsch, Englisch, 2. lebende Fremdsprache, Geschichte, Geographie, Mathematik, Biologie und Umweltkunde, Chemie, Physik, Psychologie und Philosophie, Informatik, Musikerziehung, Bildnerische Erziehung, Leibesübungen) unterrichten, wird die Gleichwertigkeit der Ausbildung offenkundig.
Im Zuge des Vorlageantrages wendet der Bf. ein, dass das Bischöfliche Gymnasium Augustinum eine Allgemeinbildende Höhere Schule mit sprachlichem Fokus, insbesondere Latein sei. Besonderes Augenmerk werde auf soziales Lernen, Persönlichkeitsbildung, Entwicklung und Spiritualität gelegt. Diese zusätzlichen Lerninhalte würden über die sonst üblichen Lerninhalte an Gymnasien hinausgehen und würden als Fundament für ein erfolgreiches Berufsleben wirken.

Dem wird entgegengehalten, dass das primäre Ziel des Bischöflichen Gymnasiums Augustinum als auch des Bundesoberstufenrealgymnasiums in Feldbach oder Bad Radkersburg die Reifprüfung ist. Eine zusätzliche Berufsausbildung ist damit nicht verbunden (s. ). Des Weiteren wird das Unterrichtsfach Latein sowohl am Bundesoberstufenrealgymnasium in Feldbach als auch in Bad Radkersburg angeboten."

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend, vertritt auch das Bundesfinanzgericht die Auffassung, dass bei der Auslegung des Begriffes "entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" bei Schulen auf die Schulart bzw. den gleichwertigen Schulabschluss abzustellen ist. Schulen mit gleicher gesetzlicher Schulartbezeichnung nach dem Schulorganisationsgesetz bieten grundsätzlich eine im Wesentlichen vergleichbare Ausbildung, dabei ist es unmaßgebend, ob innerhalb der Schulart ein spezieller Unterrichtsschwerpunkt gesetzt wird (vgl. ) oder die Schule einen besonders guten Ruf hat ().

Dem Umstand, dass es kein Unterstufengymnasium im Einzugsbereich des Wohnortes gegeben hat, kommt dabei keine Bedeutung zu, da die Ausbildung in den ersten vier Jahren der Sekundarstufe I gleich ist.

Der Hinweis auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes RV/4100351/2017 ist -wie das Finanzamt im Vorlagebericht zu Recht vermerkt - nicht zielführend, da es sich hierbei um eine landwirtschaftliche Fachschulausbildung handelt, und die Absolventen/innen der in diesem Erkenntnis verglichenen, dreijährigen landwirtschaftlichen Fachschulen mit dem Schulabschluss je nach der besuchten Fachrichtung auch eine andersartige fachspezifische Ausbildungsqualifikation (Berufsbezeichnung) erreichen.

Hingegen wird der Bildungsgang an der vom Sohn des Bf besuchten Schule ebenso wie an den im Einzugsbereich liegenden Schulen gemäß § 41 des Schulorganisationsgesetzes unbestritten durch die Reifeprüfung abgeschlossen.

Die im Nahbereich des Wohnortes des Bf gelegenen Oberstufenrealgymnasien bieten einen von der Rechtsprechung geforderten, gleichwertigen Schulabschluss, sodass die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 im gegenständlichen Fall nicht geboten ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100671.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at