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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.07.2020, RV/2100441/2018

Einkommensteuerliche Fragen iZm einem fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodell

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, vertreten durch ***stV***, ***Adresse stV***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Oststeiermark vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Beim Beschwerdeführer (Bf), einem mittlerweile pensionierten Arzt, wurde im Rahmen einer die Jahre 2012 bis 2016 umfassenden Betriebsprüfung ua folgende Feststellung getroffen:

"Der Abg.pfl. schloss in den Jahren 2001 bzw. 2002 mit der ***X-Versicherungsgesellschaft*** ein sog. fremdfinanziertes Rentenversicherungsmodell ab ("Schneemodell"). Aufgrund der Beurteilung als Kaufpreisrente tritt die Steuerpflicht hinsichtlich der Rentenzahlungen nach Überschreiten des gem. § 16 BewG 1955 kapitalisierten Wertes ein.

Zinsen für Fremdkapital, das für den Erwerb des Rentenstammrechtes aufgenommen wurde, stellen im Zeitpunkt der Zahlung Werbungskosten dar. Allerdings stellte das BFG mit seinem Erkenntnis v. (RV/1100409/2013) fest, dass diese Werbungskosten als sog. Wartetastenverluste zu behandeln sind. Solche sind in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen mit damit im Zusammenhang stehenden positiven Einkünften (frühestmöglich) zu verrechnen.

Vom steuerlichen Vertreter wurden im Prüfungszeitraum folgende Werbungskosten in Verbindung mit dem angeführten Rentenmodell geltend gemacht:


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2012
€ 13.848,51
2013
€ 8.187,59
2014
€ 7.016,62
2015
€ 7.253,47

Im Zuge der BP wurde der kapitalisierte Wert der Rente in folgender Höhe ermittelt:


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Vers. Nr. ***111***
€ 177.078,45
Vers. Nr. ***222***
€ 175.243,05
€ 352.321,50

Die ab 2002 zugeflossenen Rentenzahlungen wurden vom steuerlichen Vertreter bekanntgegeben und betrugen zum Stichtag € 410.596,53.

Durch die Gegenüberstellung der kapitalisierten Werte mit den zugeflossenen Rentenzahlungen ergibt sich eine Steuerpflicht ab dem Veranlagungsjahr 2014.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
2015
2016
steuerpfl. Rentenbezug
8.683,52
25.605,56
23.985,95
Werbungskosten
7.016,62
7.253,47
Wartetast.verl. 2012 - 2013
1.666,90
18.352,09
2.017,11
sonst. Einkünfte lt. BP
0,00
0,00
0,00
0,00
21.968,84
sonst. Einkünfte lt. Vlg.
- 13.848,51
- 8.187,59
- 7.016,62
- 7.253,47
0,00

Steuerliche Auswirkungen (…)"

Die belangte Behörde schloss sich der Ansicht der Prüferin an. Mit Bescheiden vom nahm sie die Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2014 wieder auf. Mit Bescheiden vom selben Tag setzte sie die Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2014 entsprechend den Prüfungsfeststellungen fest. Mit auf § 299 BAO gestützten Bescheiden vom hob sie die Bescheide vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 auf. Mit Bescheiden vom selben Tag setzte sie die Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 entsprechend den Prüfungsfeststellungen fest.

Die mit Schreiben des steuerlichen Vertreters des Bf vom erhobene Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016, alle weiteren im Gefolge der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide blieben unangefochten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die mit dem gegenständlichen fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodell im Zusammenhang stehenden, vom Bf in den Jahren 2002 bis 2011 als Werbungskosten im Rahmen der sonstigen Einkünfte gemäß § 29 EStG 1988 geltend gemachten Zinsen seien nach dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100409/2013, noch auf Wartetaste. Die auf diesen Zeitraum entfallenden Wartetastenverluste beliefen sich auf 144.271,25 Euro. Unter Berücksichtigung von Wartetastenverlusten iHv 21.968,84 Euro seien die sonstigen Einkünfte gemäß § 29 EStG 1988 für das Jahr 2016 mit 0,00 Euro anzusetzen. Für die Folgejahre verblieben damit Wartetastenverluste iHv 122.302,41 Euro (144.271,25 Euro abzüglich 21.968,84 Euro).

In ihrer abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht im Wesentlichen aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf ) und des Bundesfinanzgerichtes (Hinweis auf ) seien die mit dem gegenständlichen fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodell im Zusammenhang stehenden Zinsen als Wartetasten-Werbungskosten zu behandeln. Diese seien in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen mit damit im Zusammenhang stehenden positiven Einkünften frühestmöglich zu verrechnen. Im Gefolge der Betriebsprüfung habe eine Korrektur der Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2016 dahingehend stattgefunden, dass die vom Bf in den Jahren 2012 und 2013 im Rahmen der sonstigen Einkünfte geltend gemachten Werbungskosten als Wartetasten-Werbungskosten qualifiziert und ab dem Jahr 2014, in dem die zugeflossenen Rentenzahlungen den Rentenbarwert überschritten, von den steuerpflichtigen Rentenzuflüssen entsprechend in Abzug gebracht worden seien. Der Bf habe die in den Jahren 2001 bis 2011 angefallenen Fremdkapitalzinsen bereits als Werbungskosten geltend gemacht und sei es auch zu Einkommensteuer-Veranlagungen unter Berücksichtigung dieser Fremdkapitalzinsen gekommen. Wenn in der Beschwerde beantragt werde, die bereits als Werbungskosten geltend gemachten Zinsen nunmehr als Wartetasten-Werbungskosten zu behandeln, so sei hiezu zu bemerken, dass dies eine doppelte Steuerreduktion zur Folge hätte. Eine Korrektur der Einkommensteuerbescheide dieser Jahre sei nicht möglich, weil diese Bescheide bereits rechtskräftig seien und es sich überdies um verjährte Zeiträume handle.

In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag vom wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt: "Das in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung angeführte Bestehen von Wartetasten-Werbungskosten wurde auch in der Beschwerde vom nicht in Abrede gestellt. Es wird vielmehr beantragt, dass die Wartetasten-Werbungskosten auf Wartetaste auch für jene Zeiträume gelegt werden, die bereits verjährt sind. Diese Werbungskosten sind somit auf Wartetaste und werden in zukünftigen Zeiträumen, erstmalig somit im Zuge der Veranlagung 2016, verrechnet. Dass diese Werbungskosten fälschlicher Weise bereits abgezogen wurden, kann meiner Ansicht nach kein diesbezügliches Hindernis sein. Meines Erachtens besteht keine andere Auslegung als die Wartetasten-Werbungskosten in Zukunft zur Verrechnung zuzulassen."

Die belangte Behörde legte daraufhin den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies auf ihre Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom .

Mit Schreiben vom und ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf um Beibringung sämtlicher das streitgegenständliche Rentenversicherungsmodell betreffender Unterlagen (Versicherungsverträge, Kreditverträge etc), welche der Bf dem Bundesfinanzgericht in der Folge zukommen ließ.

Mit Schreiben vom teilte das Bundesfinanzgericht der belangten Behörde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit, dass eine Steuerpflicht der dem Bf zufließenden Renten gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 in der ab der Veranlagung 2004 anzuwendenden Fassung des BudBG 2003, BGBl I 71/2003, erst dann eintrete, wenn die Summe der Rentenbeträge den Wert der Geldzahlung, dh den Betrag der in Geld hingegebenen Leistungen (Einmalprämie einschließlich Versicherungssteuer) übersteige, was im Streitjahr (noch) nicht der Fall sei.

In ihrem Schreiben vom äußerte sich die belangte Behörde dazu wie folgt: "Hinsichtlich der Einkünfte gemäß § 29 Z 1 EStG wird ausgeführt, dass die nun im Beschwerdeverfahren vom Beschwerdeführer eingereichten Unterlagen (Verträge) im Arbeitsbogen der Betriebsprüfung und im Akt nicht enthalten sind. Die Berechnung des kapitalisierten Wertes der Rente und das Vorliegen von steuerpflichtigen Einnahmen wurde offensichtlich im Rahmen der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung auch gar nicht beanstandet. Aber es ist dem Gericht beizupflichten, dass der in den Unterlagen ausgewiesene Einmalbetrag als Anschaffungskosten zum Erwerb des Rentenstammrechtes anzusetzen ist und dementsprechend im strittigen Zeitraum keine steuerpflichtigen Einnahmen aus diesen Rentenzahlungen vorliegen, da die ausbezahlten Beträge die Gegenleistung zu diesem Zeitpunkt noch nicht überschritten hatten."

Mit Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter des Bf dem Bundesfinanzgericht mit, dass die Finanzierungskredite im Laufe des Jahres 2015 vollständig getilgt worden seien und der Bf im Streitjahr keine Zinszahlungen mehr getätigt habe.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

Der Bf, ein im Juli 1953 geborener, mittlerweile pensionierter Arzt, schloss bei der ***X-Versicherungsgesellschaft*** zwei im Wesentlichen gleichlautende Rentenversicherungsverträge ab, deren Gegenstand ein sofort auszahlbarer Rentenanspruch gegen Einmalprämie ist.

Die Versicherungsverhältnisse begannen am (Versicherungsschein-Nummer ***111***) und (Versicherungsschein-Nummer ***222***), die monatlichen Rentenzahlungen an den Bf am (Versicherungsschein-Nummer ***111***) und (Versicherungsschein-Nummer ***222***). Die vom Bf zu leistenden Einmalprämien betrugen jeweils 277.884,62 Euro (inkl Versicherungssteuer), gesamt sohin 555.769,24 Euro. Der Bf erwarb mit den beiden Versicherungsverträgen jeweils eine lebenslängliche Rente, ihre Auszahlung ist jeweils für 26 Jahre garantiert. Die vereinbarten monatlichen Rentenzahlungen, die sich aus einem garantierten Teilbetrag und einer "Überschussbeteiligung" zusammensetzen, sind bei beiden Versicherungsverträgen gleich hoch. Im Fall des Ablebens des Bf innerhalb der Rentengarantiezeit sollten die weiteren Rentenzahlungen an Frau ***A*** und Frau ***B*** erfolgen.

Zur Finanzierung der Einmalprämien wurden vom Bf zwei endfällige Fremdwährungskredite in Yen und ein endfälliger Fremdwährungskredit in Schweizer Franken aufgenommen. Die diesbezüglichen Kreditverträge wurden zwischen der ***A-Bank*** und dem Bf am bzw abgeschlossen. In diesen Kreditverträgen ist eine Rückzahlung des gesamten Kapitals bis zum bzw vereinbart. Bis zur Kapitalrückführung sind vom Bf lediglich Zinsen und Nebengebühren zu quartalsmäßigen Abschlussterminen (21.2., 21.5., 21.8. und 21.11.) zu bezahlen.

Die Mittel zur Rückzahlung der Finanzierungskredite wurden einerseits durch eine bei der ***Y-Versicherungsgesellschaft*** abgeschlossene, aufgeschobene Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht (Versicherungsschein-Nummer ***333***), andererseits durch Wertpapierveranlagungen angespart ("Tilgungsträger").

Das Kreditrisiko der ***A-Bank*** war durch die Verpfändung der Rentenansprüche und der Tilgungsträger sowie eine bei der ***Z-Versicherungsgesellschaft*** abgeschlossene Risiko-Ablebensversicherung (Versicherungsschein-Nummer ***444***) abgesichert.

Die Finanzierungskredite wurden vom Bf im Laufe des Jahres 2015, somit vor dem hier gegenständlichen Streitjahr, vollständig getilgt. Zinsen und Spesen fielen im Streitjahr nicht mehr an.

Bis zum erhielt der Bf Rentenzahlungen aus den beiden bei der ***X-Versicherungsgesellschaft*** abgeschlossenen Rentenversicherungsverträgen in Höhe von insgesamt 410.596,53 Euro, wobei sich dieser Betrag (ungefähr) zu gleichen Teilen auf die beiden Versicherungsverhältnisse verteilt. Im Streitjahr erhielt der Bf Rentenzahlungen in Höhe von 23.985.95 Euro.

Die in § 124b Z 82 EStG 1988 vorgesehene Option wurde vom Bf nicht ausgeübt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den einzelnen Komponenten des vom Bf abgeschlossenen, fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodells gründen sich auf die im Akt einliegenden Verträge sowie auf die Ausführungen des steuerlichen Vertreters des Bf im Vorhaltsbeantwortungsschreiben vom , die auch von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurden.

Dass die Finanzierungskredite im Laufe des Jahres 2015 vollständig getilgt wurden, ergibt sich aus den durch entsprechende Bankauszüge untermauerten Ausführungen des steuerlichen Vertreters des Bf im Vorhaltsbeantwortungsschreiben vom . In diesem Vorhaltsbeantwortungsschreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass im hier gegenständlichen Streitjahr 2016 keine Zinsen mehr angefallen sind. Dies deckt sich mit der zahlenmäßigen Darstellung im Betriebsprüfungsbericht.

Die Höhe der dem Bf bis zum zugeflossenen Rentenzahlungen wurde im Zuge der Betriebsprüfung auf der Grundlage der Angaben des steuerlichen Vertreters des Bf festgestellt und ist unstrittig.

Dass der Bf von der in § 124b Z 82 EStG 1988 vorgesehenen Optionsmöglichkeit nicht Gebrauch machte, wurde sowohl vom steuerlichen Vertreter des Bf als auch von der belangten Behörde ausdrücklich bestätigt.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I (Abänderung):

3.1.1. Zum Zeitpunkt des Eintrittes der Steuerpflicht der Rentenzahlungen:

§ 29 Z 1 EStG 1988 in der Fassung BGBl I 106/1999 normiert ua: "Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (§ 16 Abs 2 und 4 des Bewertungsgesetzes 1955) übersteigt; der kapitalisierte Wert ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Leistung der wiederkehrenden Bezüge zu ermitteln."

Dieser Passus lautet in der ab der Veranlagung 2004 anzuwendenden Fassung des BudBG 2003, BGBl I 71/2003, wie folgt: "Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sowie gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung übersteigt. Besteht die Gegenleistung nicht in Geld, ist als Gegenwert der kapitalisierte Wert der wiederkehrenden Bezüge (§§ 15 und 16 des Bewertungsgesetzes) zuzüglich allfälliger Einmalzahlungen anzusetzen."

§ 124b Z 82 EStG 1988, eingeführt mit dem BudBG 2003, lautet wie folgt: "§ 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 71/2003 ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 anzuwenden. Ist der Rechtsgrund für wiederkehrende Bezüge vor dem entstanden, kann spätestens bis im Einvernehmen mit dem zur Rentenzahlung Verpflichteten beantragt werden, dass die wiederkehrenden Bezüge gemäß § 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 71/2003 unter Anwendung der Bewertungsbestimmungen vor der Kundmachung BGBl I Nr 165/2002 versteuert werden."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, sind Renten, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages mit einer Versicherungsgesellschaft gezahlt werden, grundsätzlich als Gegenleistungsrenten einzustufen. Es handelt sich dabei um wiederkehrende Bezüge, die als Gegenleistung für die Übertragung von Geld geleistet werden (vgl ; ; ).

Eine Steuerpflicht der zufließenden Renten tritt gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 in der ab der Veranlagung 2004 anzuwendenden - und auch für den gegenständlichen Fall maßgeblichen - Fassung des BudBG 2003 nicht sofort ein, sondern erst dann, wenn die Summe der Rentenbeträge den Wert der Geldzahlung, dh den Betrag der in Geld hingegebenen Leistungen übersteigt (vgl ; ; siehe auch Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 29 Tz 31; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13 § 29 Tz 24). Die in Geld hingegebenen Leistungen sind die Prämien einschließlich Nebenkosten, wie etwa Versicherungssteuer (vgl ; siehe etwa auch Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 29 Tz 34; Büsser in Hofstätter/Reichel, EStG § 29 Tz 47 [60. Lfg 2015]; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13 § 29 Tz 24).

Im vorliegenden Fall wurden vom Bf anlässlich des Abschlusses der beiden Rentenversicherungsverträge bei der ***X-Versicherungsgesellschaft*** Einmalprämien (inkl Versicherungssteuer) in Höhe von jeweils 277.884,62 Euro, gesamt sohin 555.769,24 Euro geleistet. Bis zum hat der Bf Rentenzahlungen aus den beiden Versicherungsverhältnissen in Höhe von insgesamt 410.596,53 Euro erhalten, wobei sich dieser Betrag (ungefähr) zu gleichen Teilen auf die beiden Versicherungsverhältnisse verteilt. Da somit die Summe der dem Bf bis zu diesem Zeitpunkt zugeflossenen Rentenzahlungen (deutlich) unter den von ihm für die Anschaffung der beiden Rentenstammrechte aufgewendeten Beträgen liegt, ist eine Steuerpflicht der dem Bf im Streitjahr zugeflossenen Rentenzahlungen in Höhe von 23.985,95 Euro nicht gegeben.

3.1.2. Zur "Wartetasten-Werbungskosten"-Thematik:

Gemäß § 16 Abs 1 Satz 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

In dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/15/0141, das die Frage der Berücksichtigung diverser Ausgaben im Zusammenhang mit einem im Jahr 2002 abgeschlossenen, fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodell als Werbungskosten betrifft, heißt es auszugsweise wie folgt:

"(…) Im Streitjahr [Anmerkung: 2002] ist der Einkunftstatbestand des § 29 Z 1 EStG 1988 noch nicht erfüllt und noch nicht absehbar, ob er jemals erfüllt sein wird. Erst viele Jahre nach Ablauf des Streitjahres wird es sich erweisen, ob die Voraussetzungen einer Besteuerung iSd § 29 Z 1 EStG 1988 vorliegen werden. Wie das Finanzamt im Verwaltungsverfahren zutreffend aufgezeigt hat, ist beispielsweise dann eine künftige Erfüllung des Einkunftstatbestandes des § 29 Z 1 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung [Anmerkung: BGBl I 106/1999] ausgeschlossen, sollte der Beschwerdeführer eine Vereinbarung mit der Versicherungsgesellschaft schließen, aufgrund derer er an Stelle weiterer Renten eine Abfindungszahlung erhält.

Nun können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2001/15/0085, und vom , 94/15/0227) Werbungskosten unter Umständen bereits steuerliche Berücksichtigung finden, bevor noch der Steuerpflichtige Einnahmen im einkommensteuerrechtlichen Sinn erzielt (vgl. hiezu auch Hofstätter/Reichel, Tz 2 zu § 16 EStG 1988 allgemein, "Vorwerbungskosten"). Voraussetzung einer Berücksichtigung von Werbungskosten vor der Erzielung von steuerlich relevanten Einnahmen ist es aber, dass die ernsthafte Absicht zur späteren Einkunftserzielung als klar erwiesen angesehen werden kann, wobei es nicht genügt, wenn eine Betätigung, die einen Einkunftstatbestand erfüllen würde, als eine von mehreren Möglichkeiten zukünftigen Verhaltens bloß ins Auge gefasst wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 93/14/0132). In diesem Zusammenhang wird aber dann ein besonders strenger Maßstab anzulegen sein, wenn die Erfüllung des Einkünftetatbestandes erst für die ferne Zukunft in Aussicht genommen wird.

Wie bereits ausgeführt ist im gegenständlichen Fall noch nicht absehbar, ob in künftigen Jahren der Steuertatbestand nach § 29 Z 1 EStG 1988 erfüllt sein wird. Insbesondere kann nicht beurteilt werden, ob sich die beteiligten Personen während der vieljährigen Zeitspanne bis zum allfälligen Übersteigen des nach § 16 BewG kapitalisierten Wertes der Rentenverpflichtung darauf verstehen werden, eine Rentenabfindung zu vereinbaren. Solcherart können im Streitjahr getätigte Zahlungen nicht als durch eine steuerlich relevante Betätigung veranlasst angesehen werden. Schon deshalb stellen sie im Streitjahr keine Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 dar.

(…)

In jenen Veranlagungszeiträumen, in denen der Steuertatbestand nach § 29 Z 1 EStG 1988 durch die Rente erfüllt sein wird, weil der kapitalisierte Wert der Rentenverpflichtung überschritten wird, müssen daher positive Einkünfte iSd § 29 Z 1 EStG 1988 frühestmöglich mit Ausgaben aus früheren Jahren verrechnet werden, die in diesen Vorjahren (nur) deshalb nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden konnten, weil der Zusammenhang mit der steuerlich relevanten Betätigung seinerzeit noch nicht erweislich war (vgl. sinngemäß zu Wartetastenverlust bei Liebhaberei aus Vermietung das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0194). Solche aus rechtlichen Gründen in Vorjahren nicht berücksichtigbare Ausgaben sind also in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen gegen die mit ihnen (was sich nachträglich erweist) in einem Veranlassungszusammenhang stehenden positiven Einkünften iSd § 29 Z 1 EStG 1988 (frühestmöglich) zu verrechnen, was in jenen Veranlagungszeiträumen die Einkünfte aus dieser Einkunftsquelle sodann jeweils maximal bis zum Betrag von Null mindert. Positive Einkünfte aus dieser Einkunftsquelle sind solcherart erst dann im Einkommen des Steuerpflichtigen zu erfassen, wenn diese Verrechnung erfolgt ist. (…)"

Hiezu ist zu bemerken, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/15/0141, das Streitjahr 2002 und somit die Rechtslage vor den Änderungen des § 29 Z 1 EStG 1988 durch das BudBG 2003 betraf. Die gänzliche oder teilweise Abfindung einer Gegenleistungsrente iSd § 29 Z 1 EStG 1988 war nach der Rechtslage vor dem BudBG 2003 nicht steuerpflichtig (vgl , unter Hinweis auf Kommentarliteratur). Vor dem Hintergrund der damals geltenden Rechtslage wäre eine steuerfreie Rentenabfindung jederzeit möglich gewesen. Hinzu kommt, dass der Abgabepflichtige im dortigen Fall von der Option des § 124b Z 82 EStG 1988 Gebrauch gemacht hat. Angesichts der Möglichkeit einer steuerfreien Rentenabfindung ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2010/15/0141, von einer relevanten Unsicherheit über die in ferner Zukunft liegende mögliche Steuerpflicht nach § 29 Z 1 EStG 1988 ausgegangen (vgl dazu auch ).

Mit dem BudBG 2003 wurden jedoch ab der Veranlagung 2004 auch Abfindungen von Rentenansprüchen in das Steuerregime des § 29 Z 1 EStG 1988 einbezogen. Die ebenfalls mit dem BudBG 2003 eingeführte Option nach § 124b Z 82 EStG 1988, die bis spätestens ausgeübt werden konnte, ermöglichte es dem Steuerpflichtigen unter anderem, auch noch ab dem Jahr 2004 vereinbarte Abfindungen einer Rente aus einem vor dem entstandenen Rentenstammrecht - wie dies der vor dem BudBG 2003 geltenden Rechtslage entsprach - steuerfrei zu beziehen (vgl ; ErlRV zum BudBG 2003, 59 BlgNR XXII. GP, 267; siehe auch Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13 § 29 Tz 36).

Im vorliegenden Fall hat der Bf von dieser Option nicht Gebrauch gemacht und sich damit die Möglichkeit einer steuerfreien Rentenabfindung nach der vor dem BudBG 2003 geltenden Rechtslage nicht offengehalten. Ab dem Jahr 2004 lag daher eine relevante Unsicherheit über die in ferner Zukunft liegende Steuerpflicht nach § 29 Z 1 EStG 1988 nicht vor. Für die vom Bf im Zusammenhang mit den Finanzierungskrediten in den Jahren 2004 bis 2015 bezahlten Zinsen und Spesen folgt daraus, dass diese schon damals als durch eine steuerlich relevante Betätigung veranlasst anzusehen waren und schon damals Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 EStG 1988 darstellten. Es liegen daher insoweit keine "Wartetasten-Werbungskosten" vor, die mit steuerpflichtigen Rentenzuflüssen in künftigen Jahren (ab der Erfüllung des Einkünftetatbestandes des § 29 Z 1 EStG 1988) verrechnet werden könnten.

Auf die Frage, ob und in welchem Ausmaß hinsichtlich der bis einschließlich 2003 erfolgten Zins- und Spesenzahlungen "Wartetasten-Werbungskosten" vorliegen (vgl dazu auch ; ), braucht nicht näher eingegangen zu werden. Denn der Einkünftetatbestand des § 29 Z 1 EStG 1988 ist im hier gegenständlichen Streitjahr 2016 (noch) nicht erfüllt, sodass eine Verrechnung mangels steuerpflichtiger Rentenzuflüsse in diesem Jahr ohnehin nicht in Betracht käme. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Verrechnung auch in künftigen Jahren (ab der Erfüllung des Einkünftetatbestandes des § 29 Z 1 EStG 1988) nicht möglich sein wird, zumal die vom Bf bis einschließlich 2003 getätigten Zins- und Spesenzahlungen bereits damals als Werbungskosten geltend gemacht (und von der belangten Behörde zum Abzug zugelassen) wurden und demzufolge nicht auf "Wartetaste" liegen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die dem Bf im Streitjahr zugeflossenen Renten in Höhe von 23.985,95 Euro nicht steuerpflichtig sind, und die von der belangten Behörde in Abzug gebrachten "Wartetasten-Werbungskosten" in Höhe von 2.017,11 Euro (vgl dazu die zahlenmäßige Aufstellung in dem unter Punkt I. wörtlich zitierten Betriebsprüfungsbericht) nicht zum Abzug zugelassen werden. Es liegen daher im Streitjahr weder positive noch negative sonstige Einkünfte iSd § 29 Z 1 EStG 1988 vor.

3.2. Zu Spruchpunkt II (Unzulässigkeit der Revision):

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ; ; ; ). Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100441.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at