Tatsächliche Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nur alternativ zum Berufsgruppenpauschale
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Marsoner + Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Andreas-Hofer-Straße 43, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2014, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
In seiner Einkommensteuererklärung für 2014 beantragte der Beschwerdeführer ua neben einer Berufsgruppenpauschale für seine Tätigkeit als Vertreter auch den Abzug sonstiger tatsächlicher Werbungskosten im Zusammenhang mit seiner doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten.
Nach einem behördlichen Ermittlungsverfahren zur Tätigkeit des Beschwerdeführers und seinen beantragten Werbungskosten erließ die belangte Behörde den hier angefochtenen Einkommensteuerbescheid, unter Anerkennung der beantragten tatsächlichen Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten, jedoch ohne zusätzliche Anerkennung der Berufsgruppenpauschale und begründete dies damit, dass sich Berufsgruppenpauschale und tatsächliche Werbungskosten einander ausschließen würden.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt werde, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst sei, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen würden. Werbungskosten, die von einer Pauschalierung nicht erfasst seien, weil sie in keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit stünden, seien zusätzlich zum Pauschbetrag zu berücksichtigen. Daher seien für den Beschwerdeführer die beantragten Ausgaben für die doppelte Haushaltsführung neben den Pauschbeträgen als Vertreter zu gewähren.
In ihrer Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:
"Durch das besondere Werbungskostenpauschale gemäß § 1 Z 9 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl II 382/2001, sind nicht nur berufsspezifische Werbungskosten erfasst, sondern alle mit der Tätigkeit verbundenen Aufwendungen. Es können daher neben dem besonderen Werbungskostenpauschbetrag nach der Verordnung auch keine Kosten einer so genannten ,doppelten Haushaltsführung' (Zweitwohnung, Familienheimfahrten) berücksichtigt werden.
In Ihrem Fall wurden im Erstbescheid die tatsächlichen Kosten, d.h. die Kosten für doppelte Haushaltsführung (€ 7.386,78) und Familienheimfahrten (€ 3.672,00) als Werbungskosten steuerlich anerkannt.
Es ist allerdings nicht möglich, dass zusätzlich der Pauschbetrag in Anspruch genommen wird, da die Kosten in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, da die Wohnung am Tätigkeitsort und die damit verbundenen Familienheimfahrten durch die Tätigkeit als Vertreter bedingt sind. Es sind somit nur die tatsächlich angefallenen Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten anzuerkennen, der Vertreter-Pauschbetrag steht daher nicht zu."
In seinem Vorlageantrag wiederholte der Beschwerdeführer - unter Hinweis auf diverse Randzahlen der Lohnsteuerrichtlinien - sein Beschwerdevorbringen, wonach die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in seinem Fall durch die private Lebensführung bedingt sei und daher nicht mit der beruflichen Tätigkeit als Vertreter zusammenhinge, weshalb ihm der Pauschbetrag neben den tatsächlichen Kosten für die doppelte Haushaltsführung zustünde.
Im Zuge ihrer Beschwerde- und Aktenvorlage gemäß § 265 BAO beantragte die belangte Behörde mit weiteren Ausführungen die Abweisung der Beschwerde.
Mit hg. Beschluss vom wurde dem Beschwerdeführer das zur gleichen Rechtsfrage wie im vorliegenden Fall ergangene Erkenntnis des , zugestellt und er ua aufgefordert, hierzu schriftlich binnen Monatsfrist Stellung zu nehmen.
Mit formloser Nachricht an die steuerliche Vertretung vom wurde an den (nunmehrigen) Ablauf der gemäß § 323c Abs 1 BAO unterbrochenen Frist zur Beantwortung des hg. Beschlusses vom mit aufmerksam gemacht.
Bis dato langte keine Stellungnahme namens des Beschwerdeführers ein.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Einkommensteuererklärung neben dem Berufsgruppenpauschale für seine Tätigkeit als Vertreter auch sonstige tatsächliche Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten.
Im angefochtenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde lediglich die beantragten tatsächlichen Werbungskosten iHv 11.058,78 €, jedoch nicht zusätzlich das Berufsgruppenpauschale für Vertreter iHv 2.190 €.
Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und wurden auch im Verfahren nicht bestritten.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs 1 EStG 1988 ). Nach dem dritten Absatz dieser Bestimmung ist für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 € jährlich abzusetzen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag Werbungskosten im Sinne des Abs 1 Z 3, mit Ausnahme der Betriebsratsumlage, Werbungskosten im Sinne des Abs 1 Z 4 und 5, der Pauschbetrag gemäß Abs 1 Z 6, dem Arbeitnehmer für den Werkverkehr erwachsende Kosten (Abs 1 Z 6 letzter Satz) und Werbungskosten im Sinne des Abs 2 abzusetzen.
Nach § 17 Abs 6 EStG 1988 können vom Bundesminister für Finanzen zur Ermittlung von Werbungskosten Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.
Der Beschwerdeführer hat das für ihn geltende besondere Werbungskostenpauschale des § 17 Abs 6 EStG 1988 entsprechend der dazu ergangenen Verordnung beantragt. Diese im Beschwerdefall noch maßgebliche Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl II 2001/382, bestimmt in ihrem § 5, dass dann, wenn die Pauschbeträge in Anspruch genommen werden, daneben keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden können.
Das Werbungskostenpauschale des § 17 Abs 6 iVm der Verordnung BGBl II 2001/382, tritt an die Stelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs 3 EStG 1988 (vgl Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 219). Sind die tatsächlichen Werbungskosten höher als das Pauschale, dann sind die gesamten nachgewiesenen Werbungskosten abziehbar. Das Pauschale ist dann grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Lediglich die in § 16 Abs 3 letzter Satz aufgezählten Aufwendungen sind aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ohne Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale abzusetzen. Diese Grundsätze sind auch auf das Pauschale gemäß § 17 Abs 6 iVm der Verordnung anzuwenden (vgl ).
Dem Beschwerdeführer wurden seitens der belangten Behörde die beantragten höheren tatsächlichen Werbungskosten anstatt des Werbungskostenpauschales zuerkannt. Ein zusätzliches Werbungskostenpauschale stünde lediglich neben Werbungskosten, die in § 16 Abs 3 letzter Satz EStG 1988 aufgezählt sind, zu. Bei den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung handelt es sich jedoch um Werbungskosten nach § 16 Abs 1 erster Satz EStG 1988. Solche Aufwendungen können nur alternativ zum Werbungskostenpauschale berücksichtigt werden (vgl ).
Wenn die belangte Behörde daher im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer die höheren tatsächlichen Werbungskosten alternativ und nicht kumulativ zum besonderen Werbungskostenpauschale zuerkannt hat, so kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt dem Erkenntnis vom , 2006/15/0117, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 323c Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103362.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at