Verfahrenshilfe bzw. Prozesskostenhilfe in einem monokratischen Beschwerdeverfahren betreffend ein Straferkenntnis einer Finanzstrafbehörde
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
VH/5300001/2017-RS1 | Umfassen die in einem finanzgerichtlichen Beschwerdeverfahren zu überprüfenden Tatvorwürfe auch Verstöße gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften, sind für die Entscheidung über einen für ein monokratisches Beschwerdeverfahren gestellten Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe nach dem FinStrG hinsichtlich der grundrechtsrelevanten Teilfakten auch Überlegungen in Richtung einer allenfalls nach Art 47 EU-GRC notwendigen Prozesskostenhilfe anzustellen.
Dies ist bei Normen im Bereich der weitgehend harmonisierten, als Gemeinschaftsabgabe einzustufenden Umsatzsteuer der Fall, die (auch) der direkten Umsetzung von Gemeinschaftsrecht dienen, insbesondere dann, wenn die Tragung von Verteidigerkosten eine Unterhaltsgefährdung des Beschwerdeführers nach sich zöge.
Daraus folgt, dass grundsätzlich auch in einem Beschwerdeverfahren vor dem Einzelrichter des BFG im Falle einer verfahrensgegenständlichen Verkürzung an USt die Beigabe eines Verfahrenshelfers möglich ist. |
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Binder in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über den Antrag des Beschuldigten vom um Gewährung von Verfahrenshilfe (Beigabe eines unentgeltlichen Verteidigers) im Zusammenhang mit einem Beschwerdeverfahren gegen das Erkenntnis des Finanzamtes ***FA1*** als Finanzstrafbehörde, Strafnummer (StrNr.) ***12***, vom , den Beschluss gefasst:
I. Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 77 Abs. 3 Finanzstrafgesetz (FinStrG) für das vorgenannte Beschwerdeverfahren wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen diesen verfahrensleitenden Beschluss ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach § 25a Abs. 3 VwGG oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß § 88a Abs. 3 VfGG nicht zulässig.
Begründung
1. Sachverhalt:
Mit Erkenntnis der bezeichneten Finanzstrafbehörde vom wurde der Antragsteller nach in seiner (unentschuldigten) Abwesenheit durchgeführter mündlicher Verhandlung (§§ 125 f FinStrG), in dem am gegen ihn eingeleiteten Finanzstrafverfahren, in welchem am hinsichtlich der im Erkenntnis bezeichneten Tatvorwürfe eine vom Beschuldigten beeinspruchte Strafverfügung mit einem identen Schuld- und Strafausspruch (§ 143 FinStrG) ergangen war, der Begehung von Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a (Pkt. 1. a des Erkenntnisses; Hinterziehungsbetrag an Umsatzsteuervorauszahlungen für 01 - 12/2009 und 01 - 12/2010, jeweils € 1.650,00; Hinterziehungsbetrag somit insgesamt € 3.300,00) und gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG [Pkt. 1. b; Hinterziehungsbetrag an Lohnabgaben für 01 - 12/2007 an Lohnsteuer (L) von € 1.268,79; Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) von € 228,38; für 01 - 12/2008 an L von € 2.022,03 und DB von € 363,97; für 01 - 12/2009 an L von € 2.662,32 und DB von € 479,22; für 01 - 12/2010 an L von € 4.236,39 und DB von € 762,55; sowie für 01 - 09/2011 an L von € 2.547,38; DB von € 458,53 sowie Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag (DZ) von € 36,68; Hinterziehungsbetrag insgesamt somit € 15.066,24), sowie von Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG durch die vorsätzliche Nichtabgabe von Jahresabgabenerklärungen für die Umsatz- und Einkommensteuer 2007 - 2011 (Pkt. 1. c), für schuldig erkannt.
Gemäß §§ 33 Abs. 5, 51 Abs. 2 iVm § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG wurde gegen den Beschuldigten dafür eine (einheitliche) Geldstrafe von € 5.000,00 bzw., für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe, gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitstrafe von 23 Tagen ausgesprochen und des Weiteren auf einen vom Beschuldigten zu leistenden Ersatz der mit € 500,00 bestimmten (pauschalen) Verfahrenskosten (§ 185 Abs. 1 lit. a FinStrG) sowie der (allfälligen) mit gesondertem Bescheid festzusetzenden Kosten des Strafvollzuges (§ 185 Abs. 1 lit. d leg. cit.), erkannt.
Die Finanzstrafbehörde sah es dabei für ihren Schuld- und Strafausspruch als erwiesen an, dass der Beschuldigte als Abgabepflichtiger im genannten Amtsbereich vorsätzlich a) unter Verletzung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen für die genannten Zeiträume Verkürzungen an Umsatzsteuervorauszahlungen in genannter Höhe bewirkt und b) vorsätzlich, unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 und den dazu ergangenen Verordnungen entsprechenden Lohnkonten, eine Verkürzung der bezeichneten Lohnabgaben bewirkt und dies jeweils nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe; sowie c) vorsätzlich, ohne dadurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen, jeweils eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht gemäß den §§ 119, 133 und 134 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) und des § 21 Abs. 4 UStG 1994 dadurch verletzt habe, dass für die Veranlagungsjahre 2007 bis 2011 keine Einkommens- und Umsatzsteuer(jahres)erklärungen eingereicht worden seien.
Dabei konnte aufgrund der Ergebnisse des finanzstrafbehördlich durchgeführten Untersuchungsverfahrens von nachstehendem Sachverhalt ausgegangen werden:
Der unter der StNr. ***FA***/***BF1StNr1*** beim genannten Finanzamt steuerlich erfasste Beschuldigte betrieb seit März 2004 als Stukkateur und Trockenausbauer in dessen Amtsbereich als Einzelunternehmer einen Gewerbetrieb (Baunebengewerbe) und führte im Zuge dieser Tätigkeit in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen (Veranlagungsjahr=Kalenderjahr) steuerpflichtige Umsätze iSd UStG 1994 aus bzw. erzielte aus dieser Tätigkeit steuerpflichtige Einkünfte iSd § 23 EStG 1988. Im Zuge seiner bauunternehmerischen Betätigung war der Beschuldigte vorwiegend als Subunternehmer für andere, die einzelnen Bauaufträge für diverse Endkunden ausführende Baufirmen iSd. § 19 Abs. 1a UStG 1994 (Generalunternehmer) tätig.
Des Weiteren führte der Beschuldigte im Zusammenhang mit einer von ihm ebenfalls seit Jahren betriebenen Vermietungstätigkeit von Wohn-, Garagen- bzw. Abstellflächen auf einer bis zum (Zwangsversteigerung der Liegenschaft) in seinem Eigentum stehenden, mehrere (vermietete) Wohn- bzw. Nutzungseinheiten aufweisenden Liegenschaft in ***13***, steuerpflichtige Umsätze aus bzw. erzielte aus dieser Tätigkeit entsprechende steuerpflichtige Einkünfte iSd § 28 EStG 1988.
Nachdem von dem im Abgabenverfahren (steuerlich) nicht vertretenen Beschuldigte trotz zuvor an ihn ergangener abgabenbehördlicher Aufforderungen/Erinnerungen und Androhungen/Festsetzungen von Zwangsstrafen für die Veranlagungsjahre 2007 und 2008 innerhalb der für die (nachträglichen) Erklärungseinreichungen behördlich gesetzten Fristen weder Umsatzsteuer- noch Einkommensteuerjahreserklärungen eingereicht worden waren, ergingen neben Einkommensteuerbescheiden (Einkommensteuer 2007: € 0,00 bzw. 2008: € 743,67), jeweils unter Zugrundelegung der Ergebnisse einer abgabenbehördlich durchgeführten Schätzung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO, am (2007) bzw. am (2008), ausgehend von geschätzten Gesamtumsätzen aus den obgenannten Tätigkeiten von € 85.000,00 (2007) und € 28.000,00 (2008), als Jahresumsatzsteuer Gutschriften von € 3.180,00 (2007) und € 2.400,00 (2008) festsetzende Abgabenbescheide.
Für die Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume 01 - 12/2009 und 01 - 12/2010 (§ 21 UStG 1994) wurden vom Abgabepflichtigen weder Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet, noch Umsatzsteuervoranmeldungen (Abs. 1 leg. cit.) eingereicht.
Für den Voranmeldungszeitraum 01 - 05/2009 wurden von der Abgabenbehörde am gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 die auf die genannten Voranmeldungszeiträume entfallenden Umsatzsteuervorauszahlungen mit € 800,00 bescheidmäßig festgesetzt.
Ebenso ergingen in weiterer Folge, wiederum nach jeweiliger Nichtabgabe der Jahresumsatzsteuererklärungen trotz entsprechenden abgabenbehördlichen Aufforderungen, für die Veranlagungsjahre 2009 und 2010, nach Schätzung der sowohl die gewerblichen, als auch die Mietumsätze umfassenden steuerlichen Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO, am (2009) und am (2010), entsprechende Umsatzsteuerjahresbescheide [2009: Bemessungsgrundlagen Lieferungen/sonstige Leistungen: € 113.000,00; davon Umsätze gemäß § 19 Abs. 1a UStG 1994: € 85.000,00; steuerpflichtige Lieferungen/sonstige Leistungen/Eigenverbrauch: € 28.000,00; davon € 8.000,00 mit dem Steuersatz des § 10 Abs. 1 UStG 1994 (20 %) und € 20.000,00 mit dem Steuersatz des § 10 Abs. 2 UStG 1994 (10 %); abzugsfähige Vorsteuer: € 1.600,00; Umsatzsteuer-Zahllast: € 2.000,00; 2010: Bemessungsgrundlagen Lieferungen/sonstige Leistungen: € 155.000,00, davon Umsätze gemäß § 19 Abs. 1a UStG 1994: € 127.000,00; steuerpflichtige Lieferungen/sonstige Leistungen/Eigenverbrauch: € 28.000,00; davon € 8.000,00 mit 20 % und € 20.000,00 mit 10 %; abzugsfähige Vorsteuer von € 1.600,00; Umsatzsteuer-Zahllast: € 2.000,00).
Nachdem im Zuge einer im August 2011 von für das Finanzamt ***FA2*** einschreitenden Organen der Finanzpolizei wegen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des § 89 EStG 1988 durchgeführten Kontrolle auf einer in ***P*** überprüften Baustelle zwei rumänische Arbeiter angetroffen worden waren, die laut eigenen Angaben nicht nur am Tag der Kontrolle, sondern bereits seit mehreren Jahren auf verschiedenen Baustellen für das jeweils als Subunternehmer verschiedene Bauauftragsarbeiten für den bauausführenden Generalunternehmer durchführende Einzelunternehmen des Beschuldigten tätig gewesen waren, wurde vom davon in Kenntnis gesetzten Finanzamt ***FA1*** im Gewerbebetrieb des Beschuldigten eine abgabenrechtliche Außenprüfung betreffend Lohnabgaben (L, DB und DZ) für den Zeitraum vom bis zum durchgeführt (ABNr. ***14***). Nachdem der Beschuldigte, in dessen Einzelunternehmen laut abgabenbehördlicher Lohnzetteldatenbank im Prüfzeitraum keine Arbeitnehmer beschäftigt gewesen waren, jegliche Mitwirkung an der im Oktober 2011 begonnenen Außenprüfung (Festlegung von Ort/Zeit der Prüfung; Aufforderung an den Abgabepflichtigen zur Bereitstellung von prüfungsrelevanten Unterlagen und Aufzeichnungen) verweigerte, wurden vom Prüforgan unter Heranziehung der von der am Tag der finanzpolizeilichen Kontrolle den betreffenden Bauauftrag gegenüber dem Endkunden ausführenden Baufirma, für die der Beschuldigte auch während des gesamten Prüfungszeitraumes fortlaufend als Subunternehmer tätig gewesen war, anhand vom Generalunternehmer vorgelegter Aufzeichnungen über vom Beschuldigten jeweils abgerechnete Trockenbauarbeiten, entsprechende Umsätze des Unternehmens des Beschuldigten festgestellt, und, ausgehend davon, dass abgerechnete Bauarbeiten zumindest teilweise durch im Unternehmen des Beschuldigten beschäftigte Arbeitnehmer ausgeführt worden seien, gemäß § 184 BAO entsprechende Bemessungsgrundlagen für die dabei anfallenden Lohnabgaben (iHv. 15 % der festgestellten Umsätze) ermittelt. In weiterer Folge wurden die darauf entfallenden, vom Beschuldigten als Arbeitgeber bisher nicht entrichteten bzw. nicht abgeführten Lohnabgaben (L, DB und DZ) mit gemäß § 82 EStG 1988 und §§ 202 und 224 BAO gegenüber dem Beschuldigten ergangenen Haftungsbescheid vom abgabenbehördlich festgesetzt.
Des Weiteren erlangte die bezeichnete Abgabenbehörde im Zuge einer ab Oktober 2012 bei dem Erwerber der bis im Eigentum des Beschuldigten vorstehend angeführten Liegenschaft durchgeführten Außenprüfung (ABNr. ***15*** zur StNr. ***16***) Kenntnis davon, dass der Beschuldigte auch nach der am erfolgten Zwangsversteigerung der Liegenschaft eine im do. Wohngebäude gelegene, zuvor von ihm vermietete Wohnung nicht für den Erwerber "freigegeben" habe, sondern weiterhin (als Wohnstätte für die in seiner Baufirma beschäftigten Arbeitnehmer) vermietet habe.
In der Folge wurden die jeweils rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend die Jahresumsatzsteuer für die Veranlagungsjahre 2009 und 2010 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen und ergingen, unter Berücksichtigung der im genannten Prüfverfahren zur ABNr. ***15*** festgestellten, (weiterhin) dem Beschuldigten zuzurechnenden Mietumsätze (dabei festgestellte Mieteinnahmen jeweils von € 6.500,00), am neue Abgabenbescheide: jeweils festgestellte Umsätze: € 13.500,00; davon € 8.000,00 mit 20 % und € 6.500,00 mit 10 %; abzugsfähige Vorsteuer: € 600,00; Umsatzsteuer-Zahllast: jeweils € 1.650,00).
Schließlich wurden vom Antragsteller (auch) für das Veranlagungsjahr 2011 trotz entsprechender abgabenbehördlicher Aufforderungen, Erinnerungen und Androhungen von Zwangsstrafen, keine Jahreserklärungen betreffend die Umsatz- und Einkommensteuer beim Finanzamt eingereicht.
In der vom Beschuldigten gegen das Straferkenntnis vom bei der genannten Finanzstrafbehörde erhobenen, in der Folge gemäß § 156 Abs. 3 FinStrG am dem gemäß § 62 Abs. 1 leg. cit. darüber entscheidungsbefugten Bundesfinanzgericht (BFG) vorgelegten Beschwerde vom , wurde vom Beschuldigten, der zuvor im Zuge einer gegenüber der Finanzstrafbehörde abgegebenen Stellungnahme zu den ihm vorgeworfenen Taten darauf hingewiesen hatte, dass seine verstorbene Gattin sämtliche "handelsrechtlichen Aufgaben (Büro, Steuerklärungen, usw.)" für ihn erledigt habe, vorgebracht, dass die bisherigen Einspruchsgründe aufrechterhalten und gleichzeitig weitere Einwendungen vorbehalten würden. Der an ihn ergangenen Vorladung zur mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde habe er, wie auch der Behörde mitgeteilt, wegen Krankheit nicht nachkommen können. Gleichzeitig wurde vom Beschwerdeführer (Bf.) die "Bewilligung von Verfahrenshilfe" beantragt.
Mit Schreiben des wurde der Antragsteller aufgefordert, ein ihm gleichzeitig übermitteltes, für die Bearbeitung des Antrages auf Gewährung von Verfahrenshilfe erforderliches Vermögensbekenntnis (zur Erlangung von Verfahrenshilfe) auszufüllen und das unterschriebene, entsprechende Angaben zu den Wohn-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen abverlangende Bekenntnis innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung (unter Hinweis auf §§ 108 bis 110 BAO) zu retournieren.
Eine Reaktion des Bf. auf dieses dem Ast. am nachweislich zugestellte Schreiben (§ 56 Abs. 3 FinStrG iVm Zustellgesetz) erfolgte bis zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt nicht.
Aus der dem BFG insgesamt zur Verfügung stehenden Aktenlage (elektronischer Veranlagungsakt zur genannten StNr. ***FA***/***BF1StNr1***; Finanzstrafakt StrNr. ***12***) ist (zudem) folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Seit dem Kalenderjahr 2012 hat der Antragsteller jedwede unternehmerische Tätigkeit und auch seine vorgenannte Vermietungstätigkeit eingestellt und erzielte er ab diesem Zeitpunkt ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 EStG 1988.
Im Veranlagungsjahr 2019 bezog der seit Februar 2011 verwitwete Bf. laut Veranlagungsakt zur genannten StNr. jährliche Netto-Einkünfte iHv. insgesamt € 7.581,68 (aus Zahlungen aus einer Witwerpension nach seiner verstorbenen Ehegattin von € 6.985,80; Bezüge aus einer geringfügigen Beschäftigung von € 118,62; sowie - steuerfreie - Einkünfte aus einer privat abgeschlossenen Vorsorgekasse iHv. € 477,26).
Nach den abgabenbehördlichen Feststellungen im (elektronisch geführten) Einbringungsakt zur genannten StNr. wohnt der alleinstehende Antragsteller aktuell in der Wohnung bzw. im Haushalt seiner Mutter (***M***, geb. am ***419XX***). Er verfügt über keinen nennenswerten Besitz bzw. keinerlei exekutionsmäßig verwertbares Vermögen. Zuletzt bezog der Bf. lediglich die im vorstehenden Absatz genannten nicht pfändbaren Einkünfte (vgl. entsprechende Finanzamts-Feststellungen, zuletzt vom ).
Ausgehend von diesem Jahreseinkommen 2019 ergibt sich unter Zugrundelegung des Verbraucherpreisindex 2015 (www.statistik.at/Indexrechner/Controller) ein für das Jahr 2020 indexierter monatlicher Durchschnittsverdienst des Bf. iHv. € 686,86.
Das Abgabenverrechnungskonto des Bf. zur genannten StNr. (nach erfolgter Löschung eines Abgabenrückstandes von € 29.147,77 am gemäß § 235 BAO infolge eines abgeschlossenen Konkursverfahrens) weist einen (vollstreckbaren) Abgabenrückstand von € 1.433,00 auf, welcher vom aktenführenden Finanzamt aufgrund der derzeitigen Einkommens- und Vermögenssituation des Abgabepflichtigen als nicht einbringlich eingestuft wurde.
Ergänzende Feststellungen zu weiteren, allenfalls hier verfahrensrelevanten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers (Vorliegen zusätzlicher Zahlungs- bzw. Unterhaltsverpflichtungen) lassen sich aus der im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht festzustellenden Aktenlage, welche insbesondere keine Anhaltspunkte für abweichende Vermögensverhältnisse oder für zusätzlich dem Bf. zur Verfügung stehende Bezugsquellen erkennen lässt, nicht treffen.
2. Rechtslage:
2.1. Verfahrenshilfe gemäß § 77 Abs. 3 FinStrG:
Nach Abs. 1 leg. cit. ist grundsätzlich jeder Beschuldigter eines (verwaltungsbehördlichen) Finanzstrafverfahrens dazu berechtigt, in jeder Verfahrenslage den Beistand eines Verteidigers aus dem Kreis der in § 48 Abs. 1 Z 5 Strafprozessordnung (StPO) genannten Personen sowie (aus dem Kreis) der Steuerberater, in Anspruch zu nehmen.
Gemäß § 77 Abs. 3 FinStrG ist in Verfahren, in denen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und das (abschließende) Erkenntnis nach § 58 Abs. 2 einem Spruchsenat obliegt, demjenigen Beschuldigten, der außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn bzw. seine unterhaltsberechtigte Familie für eine einfache Lebensführung notwendigen Unterhalts die Kosten seiner Verteidigung (aus Eigenem) zu tragen, über entsprechenden Antrag, wenn und soweit dies im Interesse der Rechtspflege und im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung erforderlich ist, von der Finanzstrafbehörde für das gesamte Verfahren bzw. für einzelne Verfahrenshandlungen, ein Verteidiger beizugeben, dessen Kosten der Beschuldigte nicht (selbst) zu tragen hat.
§ 157 Abs. 1 FinStrG zufolge gelten für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht (BFG), soweit (im FinStrG) nicht besondere Regelungen dazu getroffen werden, die Bestimmungen für das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren sinngemäß.
Zur Durchführung von (verwaltungsbehördlichen) Finanzstrafverfahren sind die in § 58 Abs. 1 bezeichneten Finanzstrafbehörden (hier lit. f) zuständig, wobei gemäß Abs. 2 die Abhaltung der mündlichen Verhandlung und das Erkenntnis dann einem Spruchsenat (§ 65), als Organ der (jeweiligen) Finanzstrafbehörde, obliegt, wenn entweder der strafbestimmende Wertbetrag für andere als den in § 53 Abs. 2 lit. a und b FinStrG genannten Finanzvergehen den Betrag von € 30.000,00 übersteigt [§ 58 Abs. 2 lit. a FinStrG idF des BGBl. I 2010/104 (FinStrG-Nov 2010)], oder aber, der Beschuldigte die Entscheidung durch einen Spruchsenat beantragt hat (lit. b leg. cit.), wobei (jedoch) im Falle eines (einem Verfahren nach §§ 115 bis 142 FinStrG) vorangegangenen vereinfachten Verfahrens gemäß § 143, ein derartiger Antrag auf die Befassung eines Spruchsenates (bereits) im Einspruch gegen die Strafverfügung (§ 145) zu stellen ist.
Das in einem Beschwerdeverfahren gegen Erkenntnisse gemäß §§ 62 und 150 ff FinStrG zuständige BFG wiederum entscheidet, wenn sich die Beschwerde gegen das Erkenntnis eines Spruchsenates richtet (§ 62 Abs. 2 lit. a), oder der Beschuldigte die Befassung eines Senates des BFG bereits in seiner gegen das Erkenntnis erhobenen Beschwerde beantragt hat (§ 62 Abs. 2 lit. b), durch einen gemäß § 71a FinStrG (ebendort) gebildeten Senat oder in allen anderen Fällen durch einen Einzelrichter eines für Finanzstrafrecht beim BFG eingerichteten Senates (§ 62 Abs. 3 leg. cit.).
2.2. Prozesskostenhilfe nach Art 47 EU-GRC:
Nach dem in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (konsolidierte Fassung), ABl 2016 C 202, 389 (GRC), vorgesehenen Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, ist jenen Personen, deren unionsrechtlich garantierten Rechte oder Freiheiten verletzt wurden, das Recht einzuräumen, nach Maßgabe der in diesem Artikel genannten Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen (Satz 1). Des Weiteren besteht ein Recht darauf, dass die Sache, in der sich die Person beraten, verteidigen und vertreten lassen kann, von einem unabhängigen, unparteiischen, gesetzlich errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (Sätze 2 und 3).
Gemäß Satz 4 leg. cit. ist jenen Personen, welche (selbst) nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe zu gewähren, soweit dies erforderlich ist, um den (vorgenannten) Gerichtszugang wirksam zu gewährleisten.
Der den Anwendungsbereich der GRC festlegende Art. 51 leg. cit. lautet:
(1) Diese Charta gilt für Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in den Verträgen übertragen werden.
(2) Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.
3. Rechtliche Würdigung:
3.1. Verfahrenshilfe nach des § 77 Abs. 3 FinStrG:
Das FinStrG nennt in der durch die FinStrG-Novelle 1985, BGBl 1985/571, neu eingefügten, durch das BGBl 1994/1045 (VfGH-Erkenntnis vom , G 161/94-6) im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK; Art 6: Recht auf ein faires Verfahren) dem Beschuldigten bzw. Nebenbeteiligten entsprechende Verteidigungsrechte einräumenden Regelung der § 77 Abs. 3 bis 7 FinStrG (vgl. dazu etwa Fellner, FinStrG6, §§ 75 - 79 Rz 27, bzw. -W/06), für die Bewilligung einer (unentgeltlichen) Verfahrenshilfe, neben einem entsprechenden Antrag, drei (kumulativ erforderliche) Voraussetzungen:
1. die Zuständigkeit eines Spruchsenates im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren;
2. eine Unterhaltsbeeinträchtigung des Antragstellers durch auflaufende Verteidigungskosten, sowie
3. ein jeweils für den konkreten Anlassfall festzustellendes Interesse der Rechtspflege (im Sinne einer zweckentsprechenden Verteidigung) an einer derartigen Maßnahme.
Aus der Akten- und Verfahrenslage (Finanzstrafakt zur genannten StrNr.) zu dem beim BFG anhängig gemachten Beschwerdeverfahren erschließt sich, dass der dem Finanzstrafverfahren zu Grunde gelegte strafbestimmender Wertbetrag (d. i. hier entsprechend §§ 33 Abs. 5, 51 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 und 2 leg. cit., die Summe der durch die Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a und b FinStrG verkürzten Abgaben im Ausmaß von € 18.366,24) unter der in § 58 Abs. 2 lit. a genannten Grenze von € 30.000,00 für die sog. "obligatorische" Zuständigkeit eines Spruchsenates liegt.
Ebenso ergibt sich, dass der hinsichtlich der ihm nach dem FinStrG zustehenden Rechtsverteidigungsmöglichkeiten im behördlichen Finanzstrafverfahren in der am gegen ihn ergangenen Strafverfügung über die im Anlassfall geltende Rechtslage entsprechend belehrte Beschuldigte in dem von ihm gegen die zuvor ergangene Strafverfügung vom erhobenen Einspruch vom keinen Antrag auf die Befassung eines Spruchsenates gestellt hat, sodass damit auch eine "fakultative" Senatszuständigkeit nach § 58 Abs. 2 lit. b FinStrG nicht gegeben ist.
Indem der vorliegende Akteninhalt (Ermittlung der Verkürzungsbeträge durch die Finanzstrafbehörde; eindeutiger und klarer Inhalt und Formulierung des Einspruches vom ) auch keine Zweifel hinsichtlich einer zutreffenden, rechtskonformen Ermittlung des für die og. Wertgrenze maßgeblichen strafbestimmenden Wertbeträge bzw. daran, dass die Absicht des Bf. dennoch auf die Stellung eines Antrages iSd § 58 Abs. 2 lit. b FinStrG gerichtet war, sei, aufkommen lässt, ergibt sich bereits aus dem dargestellten Gesetzeswortlaut des § 77 Abs. 3 FinStrG, dass eine hier eben nicht gegebene Spruchsenatszuständigkeit im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren der Möglichkeit der Bestellung eines Pflichtverteidigers entgegensteht (vgl. dazu auch den Bescheid der Finanzstrafbehörde vom , mit dem bereits ein vom Antragsteller im do. Verfahren gestelltes Begehren nach § 77 Abs. 3 FinStrG abgewiesen worden war).
Aber auch dann, wenn man aus der "sinngemäßen" Anwendung des verfassungsmäßig in der EMRK abgesicherten Rechtsschutzbedürfnisses des Beschuldigten auf die Gewährung von Verfahrenshilfe ableitete, dass auch eine sich gleichsam nachträglich aus § 62 Abs. 2 lit. b FinStrG ergebende Senatszuständigkeit in einem anhängig gemachten finanzgerichtlichen Beschwerdeverfahren ausreichend sei, um (erst) durch einen in der Beschwerde gestellten Antrag auf die Befassung eines Senates die in § 77 Abs. 3 FinStrG genannte Voraussetzung zu erfüllen (vgl. so etwa -L/12), ergibt sich für den Anlassfall insofern nichts anderes, als trotz Hinweis im angefochtenen Erkenntnis auf die Möglichkeit des § 62 Abs. 2 lit. b FinStrG (vgl. Rechtsmittelbelehrung, letzter Absatz), auch in der erhobenen Beschwerde eben kein entsprechendes Begehren vom Bf. gestellt wurde.
Damit steht aber schon eine im Anlassfall jedenfalls nicht vorliegende Senatszuständigkeit der Gewährung einer Maßnahme gemäß § 77 Abs. 3 FinStrG entgegen, sodass ein (weiteres) Eingehen auf die darüber hinaus geforderten Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflichtverteidigers (Unterhaltsgefährdung bzw. entsprechendes Rechtsschutzinteresse) entbehrlich erscheint.
3.2. Prozesskostenhilfe nach Art. 47 GRC:
Zur Frage eines sich aus der Bestimmung des Art 47 GRC - zusätzlich bzw. anstelle der die Verfahrenshilfe regelnden Vorschriften des FinStrG - ergebenden Anspruchs auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe in inner- bzw. mitgliedsstaatlichen Verfahren (vgl. dazu grundsätzlich etwa , bzw. Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11, Rz 1317, 1347) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom , Rs C-617/10, Åkerberg Fransson, klarbestellt, dass auch mitgliedsstaatliche, auf entsprechende nationale Rechtsgrundlagen zurückgehende Verfahren, mit denen Verstöße gegen die innerhalb der Union weitgehend harmonisierten Mehrwert- bzw. Umsatzsteuervorschriften straf- oder abgabenrechtlich sanktioniert werden, insofern (auch) der direkten Durchsetzung von Unionsrecht iSd Art 51 GRC dienen, als es sich bei den die ordnungsgemäße Erhebung der von Rechts wegen anfallenden, letztlich (auch) eine gemeinschaftliche Abgabe darstellenden Umsatzsteuer auf rein innerstaatlicher Ebene sicherstellenden Vorschriften ja (auch) um Rechtsnormen zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht handle [vgl. dazu etwa Zorn, Überlegungen zu unionsrechtlichen Grundrechten, ÖStZ 2013, 342; Zeder, Sanktionen des EU-Beihilfenrechts, Steuerzuschläge: ne bis in idem zu Betrug, ÖJZ 2014/81; bzw. Darstellung der Judikatur des EuGH von Pabel in Leitner (Hrsg.), Finanzstrafrecht 2014 (2015), Seite 215 ff, sowie, im Zusammenhang mit der abgabenrechtlichen Verfahrenshilfe, Ritz, BAO6, § 292 Tz 5f].
Für die Beurteilung, ob die Bestimmung des Art 47 GRC bei einer entsprechenden Ausgangssituation (keine ausreichenden Mittel des Berechtigten zur Bestreitung derartiger Verfahrenshilfekosten) einen direkten Anspruch auf Prozesskostenhilfe vermittelt, ist bedeutsam, ob die Voraussetzungen dafür das dem genannten Personenkreis eingeräumte Grundrecht auf die Gewährleistung eines effizienten Gerichtszuganges seinem Wesensgehalt nach nicht selbst beeinträchtigen, ob diese einem legitimen Ziel dienen und ob die angewandten Mittel in einem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen. Im Rahmen einer diesbezüglich vorzunehmenden Würdigung können bei einem grundrechtsrelevanten Verfahrensgegenstand, der Grad der Bedeutung des Rechtsstreits für den Rechtsinhaber bzw. eine zu konstatierende besondere Komplexität bzw. Schwierigkeit der zu beurteilenden Sach- und Rechtslage ebenso maßgeblich sein, wie eine voraussichtliche Unfähigkeit des Berechtigten, in dem gegenständlichen Verfahren sein Anliegen auch alleine (ohne rechtsfreundlichen Beistand) entsprechend zu vertreten (vgl. etwa , DEB/BR Deutschland; bzw. ).
Insofern, als im Anlassfall der gesamte Streitgegenstand des finanzgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu dem vom Bf. bekämpften Schuld- und Strafausspruch, der auch den Vorwurf von Finanzvergehen im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer (Pkte. 1.a und 1.c des Erkenntnisses) enthält, auch Aspekte des Gemeinschaftsrechtes (mit)umfasst, wobei dessen Anteil an dem für den gesetzlichen Strafrahmen der einheitlichen, sich aus § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG ergebenden Geldstrafe heranzuziehenden Hinterziehungsbetrag weniger als ein Fünftel ausmacht, und die zur Einkommens- bzw. Vermögenssituation des Antragsstellers getroffenen Feststellungen deutliche Anhaltspunkte dafür enthalten, dass die Bestreitung von allfälligen Verteidigungskosten zu einer Gefährdung des notwendigen Unterhalts des Bf. führen würde (vgl. dazu etwa RZESZUT/SCHÜR, Verfahrenshilfe in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, SWK 2/2017, 89, wobei dort - im Zusammenhang mit der abgabenrechtlichen Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO idF BGBl I 2016/117 - ein für den notwendigen Unterhalt aufzuwendendes Monatseinkommen von durchschnittlich € 1.200,00 angenommen wird), sind insoweit (auch) Erwägungen dahingehend anzustellen, ob insofern - aus dem Grundrecht des Art 47 GRC heraus - die Voraussetzungen für die Gewährung einer (zumindest teilweisen) Prozesskostenhilfe nach leg. cit. Satz vorliegen.
Dabei ist vorweg im Hinblick auf den durch den Spruch des vom Bf. angefochtenen Erkenntnisses bzw. das Anfechtungsbegehren des Bf. bestimmten Verfahrensgegenstand und das sich für den Bf. aus dem finanzgerichtlichen Beschwerdeverfahren ergebende Prozessrisiko festzustellen, dass die grundsätzlich volle Kognitionsbefugnis des BFG nach § 161 Abs. 1 FinStrG zu dem auch die grundrechtsrelevanten Teilaspekte mitumfassenden Verfahrensgegenstand insgesamt, schon durch das in Abs. 3 leg. cit. normierte Verböserungsverbot insofern eingeschränkt ist, als bei einer allfälligen Bestätigung der dem finanzbehördlichen Schuldspruch zugrundeliegenden Sachverhaltsannahmen, sowohl eine nach Rechtsanschauung des BFG allenfalls gebotene strengere rechtliche Qualifikation der einzelnen strafbaren Handlungsweisen, als auch eine (erstmalige) Berücksichtigung sich beim Strafausspruch nachteilig für den Bf. auswirkender Umstände iSd § 23 FinStrG nicht möglich ist, sodass die im Beschwerdeverfahren insgesamt für die genannten Taten zu relevierenden Höchststrafen das von der Finanzstrafbehörde verhängte Strafausmaß (Geldstrafe € 5.000,00 bzw. Ersatzfreiheitsstrafe 23 Tage) jedenfalls nicht überschreiten können.
Gleichzeitig gilt für den bei Bestätigung des Schuldspruches vorzunehmenden (einheitlichen) Strafausspruch, dass erstmals für den Bf. zu konstatierende, für den Bf. sprechende, strafmildernde Umstände, wie etwa ein erst zum Entscheidungszeitpunkt vorliegender Milderungsgrund nach § 34 Abs. 1 Z 18 StGB (langes Zurückliegen der Taten), eine sich ebenfalls erst im Beschwerdeverfahren ergebende Reduzierung des Strafzweckes der Spezialprävention (durch Wegfall eines nicht mehr bestehenden Gelegenheitsverhältnisses) oder auch eine nicht (alleine) vom Beschuldigten zu vertretende lange Verfahrensdauer (§ 34 Abs. 2 StGB), bei der hinsichtlich des Strafausspruches zu treffenden finanzgerichtlichen Ermessensentscheidung entsprechend zu berücksichtigen wären.
Ebenso kann im Zusammenhang mit dem sich für den Bf. ergebenden Prozessrisiko und der daraus abzuleitenden Bedeutung nicht völlig außer Acht gelassen werden, dass einerseits § 172 Abs. 2 FinStrG iVm § 212 BAO dem Beschuldigten im Hinblick auf die Entrichtung der ausgesprochenen Geldstrafe (§ 171 Abs. 1 FinStrG) die Möglichkeit des Erwirkens von Zahlungserleichterungen (Ratenzahlungen) bietet, sofern die sofortige volle Entrichtung der Geldstrafe eine nicht strafzweckkonforme ernsthafte Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nach sich zöge, und, andererseits, hinsichtlich des (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe) drohenden Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe die Bestimmung § 179 Abs. 3 FinStrG klarstellt, dass dieser durch die Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des ausgesprochenen Freiheitsentzuges gemäß § 3a Strafvollzugsgesetz entsprechend aufgeschoben bzw. verhindert werden kann.
Im antragsgegenständlichen Beschwerdeverfahren wird sich das BFG mit den von der Finanzstrafbehörde erhobenen, u. a. auch hinsichtlich der grundrechtsrelevanten Teilfakten, Tatvorwürfen und den Einwendungen des Bf. entsprechend auseinanderzusetzen haben; erforderlichenfalls, von sich aus oder über Antrag der beteiligten Verfahrensparteien, zur allenfalls gebotenen Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen ergänzende Beweisaufnahmen durchzuführen zu haben, und, letztendlich, im Rahmen der insgesamt daraus gewonnenen freien Überzeugung, beurteilen zu haben, ob bzw. inwieweit den finanzstrafbehördlichen Anlastungen zugrundliegende Sachverhalte unter entsprechender Beachtung des im Finanzstrafverfahren geltenden Zweifelsgrundsatzes des § 98 Abs. 3 FinStrG als hinreichend erwiesen anzusehen sind, um daraus auch einen entsprechenden Tat- und Schuldvorwurf gegen den Bf. ableiten zu können.
Dabei besteht für das BFG insbesondere gegenüber dem Bf. eine sich aus § 57 Abs. 3 (iVm § 157) FinStrG herleitende Informations- bzw. Belehrungspflicht je nach Verfahrenssituation, wobei der Beschuldigte über die ihm nach der Rechtslage zur Verfügung stehenden prozessualen Mittel (z. B. Recht auf Akteneinsicht gemäß § 79 leg. cit.; Stellung von Beweisanträgen; Mitwirkung an der Beweisaufnahme und rechtliches Gehör gemäß § 114 FinStrG, sowie Anfechtungsmöglichkeiten gemäß § 162 Abs. 4 FinStrG) in entsprechend Kenntnis zu setzen und auch zu belehren ist [vgl. dazu etwa Reger/Judmaier/Kalcher/Kuroki, FinStrG Bd 24 (2016) S 173 ].
Da im Anlassfall der grundrechtsrelevante Teilaspekt des angefochtenen Straferkenntnisses, weder von der Sachlage, noch von den dafür in Frage kommenden Rechtsvorschriften her, auch keinen außergewöhnlich hohen Schwierigkeits- bzw. Komplexitätsgrad erkennen lässt, das Prozessrisiko des Bf. (gegenüber dem Erstverfahren) deutlich abgemildert ist, vor allem aber die dem Antragsteller durch das FinStrG für das Beschwerdeverfahren eingeräumte Rechtspositionen ein faires Gerichtsverfahren zur Geltendmachung seiner Interessen garantieren und zudem auch Anhaltspunkte für eine mangelhafte eigene Verteidigungsfähigkeit des Beschuldigten sprechende Umstände nicht erkennbar sind, erweist sich insgesamt auch zur Durchsetzung des in Art 47 GRC angesprochenen Grundrechtes die Gewährung einer Prozesskostenhilfe als nicht erforderlich.
Belehrung zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen das Verfahren betreffende Anordnungen (verfahrensleitende Beschlüsse) ist gemäß § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof bzw. gemäß § 88a Abs. 3 VfGG eine abgesonderte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 62 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389 Art. 51 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389 § 77 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Prozesskostenhilfe Verfahrenshilfe |
Verweise | |
Anmerkung | Die im RS geäußerte Rechtsansicht ist abweichend zur herrschenden Meinung, wonach durch die Möglichkeit eines entsprechend angeleiteten Beschuldigten, in seiner Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Einzelbeamten der Finanzstrafbehörde gemäß § 62 Abs. 2 lit. b FinStrG die Entscheidungsfindung durch einen Senat des BFG zu beantragen und damit eine der Anspruchsvoraussetzungen für eine Verfahrenshilfe gemäß § 77 Abs. 3 iVm § 157 FinStrG zu schaffen, seinen Grundrechten ausreichend entsprochen ist. |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:VH.5300001.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at