Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.06.2020, RV/7100992/2020

Säumniszuschlag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 betreffend Säumniszuschlag nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Abwesenheit der Beschwerdeführerin und in Anwesenheit von ***Vertreter*** für das Finanzamt zur Steuernummer 06-***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Festsetzungsbescheid vom setzte das Finanzamt Wien 8/16/17 (belangte Behörde) die Umsatzsteuer für den Zeitraum 11/2018 fest. Dies führte zu einer Nachforderung in Höhe von € 20.000. Sowohl die Umsätze als auch die Vorsteuern wurden im Schätzungswege ermittelt.

Mit Bescheid vom erließ die belangte Behörde einen Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in Höhe von € 400, der sich von der Umsatzsteuer 11/2018 bemisst. In der Begründung wurde angeführt, dass die Festsetzung erforderlich war, weil die Abgabenschuld nicht bis entrichtet wurde.

Am langte auf elektronischem Weg folgende Beschwerde bei der belangten Behörde ein:
"Gegen den oben genannten Bescheid zur Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages über 400.- betreffend die Umsatzsteuer 11/2018 in Höhe von 20.000 - erheben wir Beschwerde. Bei der Höhe der Umsatzsteuer für 11/2018 handelt es sich um eine Schätzung. Gegen diese Schätzung sind wir fristgerecht mit Beschwerde vorgegangen und haben die tatsächlichen Zahlen mitgeteilt.

Wir beantragen den Säumniszuschlag entsprechend der tatsächlich gemeldeten Umsatzsteuer für 11/2018 abzuändern und die Differenz dem Abgabenkonto gut zu schreiben.

Wir beantragen die Aussetzung des Betrages von 400 - bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Beschwerde. Es gibt keine Hinderungsgründe und die Beschwerde ist auch nicht aussichtslos."

Beschwerdevorentscheidung

Am erließ die belangte Behörde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, die wie folgt lautet:
"Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 der BAO nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs. 2-10 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt gemäß § 217 Abs. 2 BAO 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 21 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz ( USTG ) hat der Unternehmer bis spätestens zum 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates die Umsatzsteuer zu entrichten. Erweist sich die Selbstberechnung der Umsatzsteuer als unvollständig oder nicht richtig, hat das Finanzamt die Steuer gem. § 21 Abs. 3 UStG festzusetzen. Am wurde die Umsatzsteuer 11/2018 fällig am in Höhe von € 20.000,- festgesetzt.

Da die Umsatzsteuer 11/2018 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde, besteht der am vorgeschriebene Säumniszuschlag zu Recht. Es wäre noch zu bemerken, dass im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuldigkeit die Berechnung des Säumniszuschlages unter Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages von Amtswegen erfolgt."

Vorlageantrag

Am langte bei der belangten Behörde der Vorlageantrag zur Beschwerdevorentscheidung vom ein. Das Anbringen lautet:
"Zur Beschwerdevorentscheid (BVE) des FA vom (ergangen über die Beschwerde gegen den 1. SZ über EUR 400.-) stellt die umseitige Gesellschaft hiermit den
ANTRAG

auf Vorlage des Rechtsmittels an das BFG, Bundesfinanzgericht.

Alle Argumente bleiben aufrecht.
Alle Anträge bleiben aufrecht. Insbesondere der Antrag der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.
"

Vorlagebericht

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass die Beschwerde abgewiesen werden möge.

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht wandte sich mit Beschluss vom an beide Verfahrensparteien, lud darin um Stellungnahme zum Sachverhalt ein und ersuchte um Bekanntgabe, ob der angefochtene Säumniszuschlagsbescheid mit Zustellnachweis zugestellt wurde bzw. wann die Zustellung erfolgte. Der Beschluss lautet wie folgt:
"I. Auf Grund der derzeit vorliegenden Unterlagen ist derzeit von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Am erließ das Finanzamt Wien 8/16/17 (belangte Behörde) einen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 11/2018, der zu einer Nachforderung von € 20.000,-- führte. Dieser Bescheid sollte mit Zustellnachweis (RSb) dem Zustellbevollmächtigten (
AB) zugestellt werden.

Am (Bescheiddatum) erließ die belangte Behörde einen Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages wegen der Umsatzsteuer 11/2018 in Höhe von € 400. Die dem Bundesfinanzgericht vorgelegte Bescheidkopie weist keine Amtssignatur auf. Somit ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid per Post versendet wurde.

Am langte über FinanzOnline bei der belangten Behörde eine Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 11/2018 ein. Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung ist darin nicht enthalten.

Am langte über FinanzOnline bei der belangten Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages ein.
Daraus folgt, dass der Säumniszuschlagsbescheid vom Montag, , am Samstag, , zugestellt war.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde von der belangten Behörde über die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 11/2018 entschieden.

Am beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 11/2018 an das Bundesfinanzgericht.
In diesem Vorlageantrag ist erstmals auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung für die Umsatzsteuernachforderung auf Grund des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides 11/2018 (in Höhe von € 4.765,23) enthalten.

>> Beide Verfahrensparteien werden eingeladen, dazu Stellung zu nehmen.

>> Das Finanzamt Wien 8/16/17 wird ersucht, bekannt zu geben, ob der Säumniszuschlagsbescheid vom mittels Zustellnachweis zugestellt wurde und falls ja, welches Zustelldatum darauf vermerkt wurde.

>> Die Beschwerdeführerin wird ersucht, bekannt zu geben, wann der angefochtene Säumniszuschlagsbescheid zugestellt wurde - da die Zustellung an einen zustellbevollmächtigten Parteienvertreter erfolgte, ist davon auszugehen, dass das Zustelldatum ausdrücklich vermerkt wurde (zB durch Stempelaufdruck am Bescheid)."

Dazu gab die belangte Behörde mit Schreiben vom bekannt, dass der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom per Post ohne Zustellnachweis zugestellt wurde. Eine Beantwortung durch die Beschwerdeführerin erfolgte nicht.

Mündliche Verhandlung

Am Montag, langte ein E-Mail von der Adresse "<CD@***Bf1***.at>" der Beschwerdeführerin einlangte, in dem sie hinsichtlich der Geschäftszahl RV/7100992/2020 betreffend der Beschwerde gegen den Bescheid vom wegen der Vorschreibung eines Säumniszuschlages bekannt gab, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten. Ergänzend wurde noch vorgebracht, dass der Säumniszuschlag eine Strafsteuer wäre und die Festsetzung eines Säumniszuschlages verfassungswidrig wäre.
Eine schriftliche Zurücknahme (per Post oder per Fax) des Antrages auf Durchführung der mündlichen Verhandlung ist beim Bundesfinanzgericht nicht eingelangt. Zur mündlichen Verhandlung am um 13:00 Uhr ist für die Beschwerdeführerin niemand erschienen.

Die belangte Behörde beantragte, das Bundesfinanzgericht möge über die Beschwerde abweisend entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid vom ergab eine Nachforderung von € 20.000. Mit Säumniszuschlagsbescheid vom wurde ein Säumniszuschlag in Höhe von € 400 festgesetzt. In der Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid wird vorgebracht, dass der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid auf Grund einer Schätzung ergangen ist und die tatsächlichen Zahlen bereits mitgeteilt worden wären.

Über die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid wurde noch nicht entschieden.

Die Zurücknahem des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfolgte mittels E-Mail. Per Post oder per Fax wurde der Antrag nicht zurückgenommen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist unstrittig.

Rechtsgrundlagen

§ 217 BAO lautet:

2. Säumniszuschläge

§ 217. (1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

(3) Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

(5) Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

(6) Wird vor dem Ende einer für die Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist ein Vollstreckungsbescheid (§ 230 Abs. 7) erlassen, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 erst mit dem ungenützten Ablauf dieser Frist, spätestens jedoch einen Monat nach Erlassung des Vollstreckungsbescheides ein und beginnt erst ab diesem Zeitpunkt die Dreimonatsfrist des Abs. 3 erster Satz zu laufen.

(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

(8) Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; dies gilt sinngemäß
a) für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften und
b) für Nachforderungszinsen (§ 205), soweit nachträglich dieselbe Abgabe betreffende Gutschriftszinsen festgesetzt werden.

(9) Im Fall der nachträglichen rückwirkenden Zuerkennung oder Verlängerung von Zahlungsfristen hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung der zuerkannten oder verlängerten Zahlungsfrist zu erfolgen.

(10) Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Dies gilt für Abgaben, deren Selbstberechnung nach Abgabenvorschriften angeordnet oder gestattet ist, mit der Maßgabe, dass die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben maßgebend ist.

Rechtliche Beurteilung

Anträge auf Durchführung der mündlichen Verhandlung sind grundsätzlich zurücknehmbar. Allerdings kann der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur in der Beschwerde oder im Vorlageantrag gestellt werden. Sowohl bei Beschwerden als auch bei Vorlageanträgen handelt es sich um Anbringen, für die die Schriftlichkeit erforderlich ist. Einer E-Mail kommt im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe handelt (). Da eine wirksame Zurücknahme des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht vorlag, war diese (auch) in Abwesenheit der Beschwerdeführerin durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Übermittlung der Voranmeldungen hat elektronisch zu erfolgen. Gemäß § 21 Abs 3 UStG 1994 hat eine festgesetzte Vorauszahlung den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag.

Werden mehrere Selbstbemessungsabgaben gemäß § 201 Abs 4 BAO zusammengefasst festgesetzt, so bestehen schuldrechtlich mehrere Fälligkeitszeitpunkte. Lediglich für Verrechnungszwecke ordnet § 214 Abs 2 BAO an, dass der jüngste Fälligkeitszeitpunkt maßgeblich ist.

Zwar standen der Beschwerdeführerin zur Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen 11/2018 eine einmonatige Nachfrist ab Bekanntgabe der Umsatzsteuerbescheide zu, weil die Umsatzsteuer später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt wurde (§ 210 Abs. 4 BAO), doch berührte diese Nachfrist die Fälligkeit der Umsatzsteuer nicht (vgl. Ritz, BAO6, § 210, Tz 9). Diesbezüglich verweist der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid auf eine Buchungsmitteilung. Am Abgabenkonto ist als Frist zur Entrichtung der Umsatzsteuerfestsetzung der angeführt. Die Fälligkeit für die Umsatzsteuerfestsetzung 11/2018 ist spätestens am eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Abgaben nicht entrichtet.

Im Zusammenhang mit der Verhängung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs 1 BAO kommt es auf den Zeitpunkt der Entrichtung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung an ().

Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtskräftig oder mit Beschwerde angefochten ist (). Die Ausführungen der Beschwerde, welche sich gegen die dem Säumniszuschlag zu Grunde gelegten Abgaben richten, gehen ins Leere, weil die belangte Behörde insofern nicht auf die monierten Abgabenrückstände einzugehen hatte, zumal der Säumniszuschlagsbescheid lediglich den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetzt ().

Der erste Säumniszuschlag knüpft somit an die Fälligkeit an. Bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuer, Lohnsteuer) tritt die Fälligkeit unabhängig davon ein, ob dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde zu diesem Zeitpunkt die Höhe der Abgabenschuld bekannt ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht das Bestehen eines formellen Abgabenzahlungsanspruchs (bzw. eine formelle Abgabenzahlungsschuld) voraus, nicht jedoch den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld (). Der Abgabenzahlungsanspruch ist die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten.

Wird die Höhe des Säumniszuschlages für eine festgesetzte Umsatzsteuervorauszahlung damit bekämpft, dass die festgesetzte Umsatzsteuer zu hoch war und wird gleichzeitig auch Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzung erhoben, so hat eine Herabsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 8 BAO zu erfolgen, wenn die begehrte Herabsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung Eingang in den Umsatzsteuerjahresbescheid findet (vgl. ; ). Daher ist es auch zulässig, über die Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid zu entscheiden, obwohl noch nicht über die Beschwerde gegen den Stammabgabenbescheid abgesprochen wurde ().

Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge. § 217 Abs 1 BAO stellt nicht eine Schadenersatzregelung betreffend den Schaden des Abgabengläubigers aus einer verspäteten Abgabenentrichtung dar. Die Regelung bezweckt vielmehr die im Interesse einer ordnungsgemäßen Finanzgebarung unabdingbare Sicherstellung der pünktlichen Tilgung von Abgabenschulden. Es kann daher in dem Umstand, dass der Säumniszuschlag sich nicht am tatsächlichen Schaden des Abgabengläubigers orientiert, keine Unsachlichkeit der Regelung erblickt werden (vgl ).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zulässigkeiteiner Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100992.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at