Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.07.2020, RV/5100194/2020

Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages des FA

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Michael Mandlmayr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** betreffend Anspruchszinsen und Umsatzsteuer 2015 sowie Einkommensteuervorauszahlungen für 2017 und Folgejahre beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Begründung

Am erließ das Finanzamt an den Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) Bescheide betreffend die Umsatzsteuer 2015 (Zahllast 7.690,73 €), Festsetzung von Anspruchszinsen 2015 von 73,44 € und Einkommensteuervorauszahlungen für 2017 und Folgejahre von 11.791,00 €.

Mit Schriftsatz vom erhob Bf Beschwerde gegen diese Bescheide und führte sinngemäß Folgendes aus:
Er stamme aus XY und sei 1989 von AB zum Studium nach Österreich gekommen, weil die Welt damals trotz allem Negativen gerecht, offen und auf dem richtigen Weg gewesen sei. Trotz Fleiß, Verlässlichkeit und Charakter sei er wegen Schicksalsschlägen und Pech krank, depressiv und am Boden:
Nach 10 Jahren Ehe sei er seit 8 Monaten geschieden und lebe seitdem kinderlos und alleine und fühle sich von seiner Exfrau ausgenutzt. Außerdem habe er 2016 den Prozess gegen die
Stadt AG in letzter Instanz verloren und müsse fast 50.000,00 € Anwaltskosten zahlen, sowie anderen Familien Verluste in XY und Unfälle.
Wie bereits mitgeteilt, sei er beim AMS als arbeitslos gemeldet gewesen und habe aufgrund der katastrophalen kriegsähnlichen Lage, Überforderung und des Ausnahmezustandes durch den Flüchtlingsstrom in den Jahren 2013, 2014 und 2015 (Zusatz des erkennenden Gerichts: als
Dolmetscher) helfen müssen und habe dadurch die Geringfügigkeitsgrenze von 420,00 € überschritten.
Dem Bf sei es als eingebürgerten Österreicher in diesem Notfall sehr wichtig gewesen, erst zu helfen und dann zu reden, um Österreich zu retten und die Beamten nicht im Stich zu lassen.
Statt Lob und Anerkennung für seinen Einsatz zu ernten, müsse er nun gegen diese Missverständnisse kämpfen.
Aus den Gebührennoten sei leicht zu entnehmen, dass er sehr ehrlich gewesen sei und den Beamten immer bewusst gesagt habe, die Gebührennoten sollen ohne Umsatzsteuer gemacht werden, obwohl dies bei Kleinunternehmern bis 30.000,00 € ganz anders sei.
Er habe alles im guten Glauben gemacht und habe ein reines Gewissen.
Er sei enttäuscht, dass die Schätzung sehr hoch gemacht und die Ausgaben sehr niedrig angesetzt worden sind und er mehr zu zahlen habe als beim vorherigen Bescheid vom (Zusatz des erkennenden Gerichts: gemeint wohl Einkommensteuerbescheid 2015 vom 7.12.201
6).
Da er derzeit immer noch physisch und psychisch krank sei und Konzentrationsprobleme habe, habe er einen Steuerberater mit der Sache beauftragt und bitte daher um ein bisschen Zeit.
Diesem Schriftsatz vom waren als Beilagen Kopien über die Fälligkeit der Einkommensteuervorauszahlungen für die Monate 04-06/2017 und des Bescheides über die Abweisung des Aussetzungsbetrages betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2014 (1.931,00 €) und 2015 (4.061,00 €) sowie Anspruchszinsen 2014 (50,93 €) angeschlossen.
Entgegen seiner Ankündigung ist kein Vertreter des Bf in Abgabensachen in Erscheinung getreten oder namhaft gemacht worden.

Mit am Bf zugestellten "Bescheid - Mängelbehebungsauftrag" vom forderte das Finanzamt Bf gemäß § 85 Abs. 2 BAO auf, wegen Fehlens der Anfechtungspunkte, der beantragten Änderung und Begründung der Beschwerde vom gegen die Bescheide betreffend die Umsatzsteuer und Anspruchszinsen 2015 sowie Einkommensteuervorauszahlungen 2017 bis diese Mängel zu beheben, widrigenfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte.
Mit Telefax vom beantragte Bf , ihm wegen einer gebrochenen Hand, Schwindels, Gleichgewichtsstörungen, Konzentrationsstörungen und Erschöpfung mehr Zeit zu geben.
Hierauf verlängerte das Finanzamt mit am Bf zugestelltem Bescheid vom 18. Oktober 2017 die Frist zur Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages vom ausdrücklich "letztmalig" bis zum .
Mit Telefax vom teilte Bf dem Finanzamt mit, sein prekärer Allgemeinzustand sei noch nicht ganz vorbei, und ersuchte um einen Termin, um Unterlagen vorzulegen und die Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.
Das Finanzamt erklärte mit Beschwerdevorentscheidungen vom die Beschwerde vom betreffend die Umsatzsteuer und Anspruchszinsen 2015 sowie Einkommensteuervorauszahlungen 2017 wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom stellte Bf einen Vorlageantrag gegen diese Beschwerdevorentscheidungen und führte sinngemäß Folgendes aus:
Er habe wegen seines verschlechterten Gesundheitszustandes und Alters um mehr Zeit und einen Gesprächstermin ersucht. Er werde bei diesem Gespräch die Missverständnisse und unterlaufenen Fehler zeigen, dass er die Geringfügigkeitsgrenze überschritten und immer ohne Umsatzsteuer abgerechnet habe, verheiratet gewesen sei und auch ein Kind ab 2014 bis 2016 mit Ehefrau versorgt habe.
Kurz gesagt, bitte er um einen Termin, um alles vorzulegen.

Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Die Abgabenbehörde hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Da die Beschwerde entgegen der Anordnung des § 250 Abs. 1 BAO keine Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten und welche Änderungen beantragt werden und auch keine Begründung enthalten hat, ist der Mängelbehebungsauftrag vom zu Recht ergangen. Die Mangelhaftigkeit wurde vom Bf. auch nicht bestritten.

Das oben wiedergegebene Vorbringen des Bf im Telefax vom hat die vom Finanzamt aufgezeigten Mängel nicht ansatzweise behoben, aber auch keine weitere Frist dafür beantragt.

Der Bf. hat im Vorlageantrag nicht behauptet, er habe die vom Finanzamt zu Recht aufgezeigten Mängel innerhalb der vom Finanzamt zur Behebung gesetzten und auch noch um mehr als ein Monat verlängerten Frist behoben. Ein Zustellmangel bezüglich des Mängelbehebungsauftrages ist weder erkennbar noch wurde ein solcher behauptet.
Das Finanzamt hat im Bescheid - Mängelbehebungsauftrag vom auch ausdrücklich auf § 85 Abs. 2 BAO und die dort genannte Rechtsfolge einer Nichtbehebung bzw. nicht rechtzeitigen Behebung hingewiesen.

Hat der Bf. einem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes nicht fristgerecht entsprochen und wurde die Beschwerde - wie im gegenständlichen Fall - mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes als zurückgenommen erklärt, so hat das Bundesfinanzgericht nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerde mit Beschluss gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen zu erklären (; RV/1100742/2015, , RV/2100103/2018; , RV/7105217/2019).

Die Zurücknahmeerklärung der Beschwerde ist daher wegen des unbehoben gebliebenen Mängel der Beschwerde zu Recht erfolgt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100194.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at