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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.07.2020, RV/6100651/2019

Familienheimfahrten nach Ungarn als Werbungkosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***6*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 und 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte mittels Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2017 und 2018 jeweils Aufwendungen in Form von Pendlerpauschale in Höhe von € 1224,00 und Pendlereuro in Höhe von € 561,00 für Familienheimfahrten nach ***5***, Ungarn, als Werbungskosten.

Mit Einkommesteuerbescheiden vom versagte das Finanzamt für die Jahre 2017 und 2018 die steuerliche Berücksichtigung von Pendlerpauschale und Pendlereuro.

Gegen die genannten Einkommensteuerbescheide erhob der Bf. fristgerecht Beschwerden und führte aus:

" Ich ersuche um Berücksichtigung der 1/3 Pendlerpauschale laut § 16 Abs. 1 Z 6 lit e und f EStG 1988 (Wochenpendler) für die Fahrten zwischen Arbeitsstätte und dem Eigenheim in ***5***, für 4-6 Fahrten monatlich, in Höhe von 1244 € pro Jahr und des Pendlereuro im Wert von € 561 (842 km x 2 = 1684, davon 1/3).

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden vom als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

"Für die Berücksichtigung der beantragten Aufwendungen gilt:

§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG:
a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu.
c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:
Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.
d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,
bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.
e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt.
Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:
- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.
- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu. Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.
f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.
g) Für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Formular eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen abzugeben oder elektronisch zu übermitteln. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden.
h) Das Pendlerpauschale ist auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder Urlaub befindet.
i) Wird ein Arbeitnehmer, bei dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales vorliegen, überwiegend im Werkverkehr gemäß § 26 Z 5 befördert, steht ihm ein Pendlerpauschale nur für jene Wegstrecke zu, die nicht im Werkverkehr zurückgelegt wird. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, sind diese Kosten bis zur Höhe des sich aus lit. c, d oder e ergebenden Betrages als Werbungskosten zu berücksichtigen.
j) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.

Sie sind in ***2*** seit gemeldet (zeitweise Nebenwohnsitz, zeitweise Hauptwohnsitz). Seit sind Sie in Österreich wohnhaft (diverse Wohnsitze) und erzielen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Ihr aktueller Arbeitgeber ist seit die Firma ***4*** mit Standort in ***4***. Vom bis wohnten Sie gemeinsam mit ***1*** in einem Haushalt. Sie besitzen laut Ihren Angaben zudem ein Eigenheim in Ungarn in ***5***. In diesem Haus leben Ihre Eltern. Sie geben an, das Haus sei in Ihrem Besitz und Sie würden die laufenden Rechnungen begleichen. Sie legen dazu eine Meldekarte Ihrer Mutter vor sowie einen Überweisungsbeleg über 280,- Euro an Ihre Mutter. Die angeforderte Familienstandsbescheinigung aus Ungarn wurde nicht vorgelegt. Den von der Abgabenbehörde im Vorhalt vom angeforderten Grundbuchsauszug haben Sie nicht vorgelegt. Sie geben an, nur während der Arbeitstage an Ihrem Wohnsitz in ***7*** zu leben, würden jede Woche jedoch zu Ihrem Wohnsitz nach Ungarn fahren. Sie beantragen für Ihre Fahrten nach Ungarn 1/3 des Pendlerpauschales für 4 Fahrten monatlich zu Ihrem Wohnsitz nach Ungarn. Sie wurden im Vorhalt vom außerdem aufgefordert, die Familienheimfahrten anhand eines Fahrtenbuchs oder sonstiger Unterlagen nachzuweisen. Es wurden jedoch keine Unterlagen Ihrerseits vorgelegt. Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze solle für die Berechnung des Pendlerpauschales ein Wahlrecht bestehen, entweder den der Arbeitsstätte nächstgelegenen Wohnsitz oder den Familienwohnsitz der Berechnung zu Grunde zu legen (lit. f). Voraussetzung für dieses Wahlrecht sei, dass ein Familienwohnsitz iSd § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 vorliegt (Mittelpunkt der Lebensinteressen mit eigenem Hausstand). Ist das nicht der Fall, sei stets der der Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz für das Pendlerpauschale maßgeblich. Wochenpendler, welche die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung erfüllen, können für den Kalendermonat die tatsächlichen Kosten der Fahrten zum Familienwohnsitz berücksichtigen. Es können jedoch nicht gleichzeitig Familienheimfahrten sowie ein Pendlerpauschale für die Fahrt Arbeitsstätte - Familienwohnsitz berücksichtigt werden. Der Begriff "Familienwohnsitz" wird nicht im Gesetz definiert, sondern wurde ursprünglich nur von Lehre und Rechtsprechung interpretiert. Familienwohnsitz ist danach jener Ort, an dem der Steuerpflichtige mit seinem Ehegatten bzw. Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet (Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG11, § 4 Tz 349 unter Hinweis auf ). In Anlehnung an das zwischenstaatliche Steuerrecht definierte der VwGH den Begriff Mittelpunkt der Lebensinteressen so, dass darunter der Ort zu verstehen ist, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Bindungen hat ( etc.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse haben. Dieser ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln, wobei die Beurteilung anhand objektiv feststellbarer Umstände vorzunehmen ist (vgl. mit weiteren Nachweisen). Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Dabei ist insbesondere die Höhe der Einkünfte ausschlaggebend. Schon nach der Rechtsprechung kam allerdings bei dieser Beurteilung den persönlichen Beziehungen und dort wiederum der Gestaltung des Familienlebens eine überwiegende Bedeutung zu (vgl. ; , 98/14/0026; , 95/14/0145 und Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG45, § 1 Tz 9). Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Daraus folgt, dass der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person oder einer in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes des Paares zu finden sein wird (), wenn sie dort einen gemeinsamen Haushalt führen. Die auf die Wohnsitze entfallenden Aufenthaltszeiten sind dabei ein bedeutsames quantitatives Kriterium (). Demgegenüber treten andere persönliche Beziehungen wie zur restlichen Familie oder zu Freunden in den Hintergrund. Bei Alleinstehenden verwendet die ständige Rechtsprechung zwar nicht den Begriff Familienwohnsitz, sie behandelt es aber gleich, wenn sie über einen Hauptwohnsitz bzw. eine Wohnung am Heimatort (; , 93/14/0081; , 2001/14/0178) verfügen. Auch die Begriffe ständiger Wohnsitz () oder eigener Hausstand im Heimatort (; , 2002/15/0119; , 2001/14/0178; , 2006/15/0024; , 2009/13/0012) finden Verwendung. Das Höchstgericht wies darauf hin, dass sich in der Rechtsprechung zwar nicht einheitlich die Bezeichnung "Familienheimfahrten" finde, es aber außer Zweifel stehe, dass hier trotzdem die Betragsbeschränkung des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG zur Anwendung kommt (). Für die Beurteilung sind alle nach außen hin objektiv erkennbaren Umstände heranzuziehen. Nicht von Relevanz sind im Allgemeinen eine bloß gefühlsmäßige Heimatverbundenheit, der Wunsch, später an einen bestimmten Ort zurückzukehren oder die Frage, wo Eltern und andere Verwandte leben (; , 1080/77). Die eindeutig wirtschaftlich stärkeren Bindungen ergeben sich aufgrund Ihrer Beschäftigung in Österreich eindeutig zu Ihrem Wohnsitz in ***7***. Auch persönliche Gründe für Ihren Wohnsitz in ***7*** waren zumindest in der Lebensgemeinschaft mit Frau ***1***maßgeblicher als für Ihren Wohnsitz in Ungarn, zumal Ihre Lebensgefährtin sich wie Sie in Österreich aufhält und hier Erwerbseinkünfte erzielt. Aus Sicht der Abgabenbehörde liegt der Familienwohnsitz demnach in ***7*** und nicht in Ungarn. Aus Sicht der Abgabenbehörde liegen Besuchsfahrten zu Ihren Eltern bzw. Ihrem Wohnsitz in Ungarn vor. Ob dieser Wohnsitz tatsächlich in Ihrem Eigentum steht, wurde nicht nachgewiesen. Ebenso wenig wurden die Fahrten nach Ungarn nachgewiesen. Das Pendlerpauschale wäre demnach vom nächstgelegenen Wohnsitz in ***7*** aus zu berechnen. Aufgrund der Fahrtstrecke unter 2 Kilometern steht jedoch kein Pendlerpauschale zu. Vergleiche dazu ua die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7101656/2017."

Mit Schreiben vom brachte der Bf fristgerecht Anträge auf Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht ein und führte ergänzend aus:

Als Alleinstehender könnte er beim ungarischen Regierungsamt um eine Familienstandsbescheinigung bitten, was aber Monate andauern könne. Die Eltern seien enge Familienangehörige, was den ungarischen Lebensmittelpunkt stärke. Weiterhin könne er auch beim ungarischen Regierungsamt um den Grundbuchsauszug bitten.

"Ich bin aber der Ansicht, dass der Grundbuchsauzug für die Beurteilung nicht relevant ist. Ab ermöglicht das Gesetz Pendlerpauschale und Pendlereuro nicht nur für Tagespendler. Obwohl ich in Österreich einen Wohnsitz habe, befindet sich mein Familienwohnsitz in Ungarn. Als Alleinstehender kann ich auf Dauer Pendlerpauschale und Pendlereuro beantragen. Wie ich angegeben habe, fahre ich jede Woche nach Hause."

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Die Beschwerden wurden dem BFG mit Vorlagebericht vom mit dem Antrag auf Abweisung zur Vorlage gebracht.

Mit Ergänzungsersuchen vom und wurde der Bf seitens des Bundesfinanzgerichtes aufgefordert, folgende Unterlagen (deutsche Übersetzung) beizubringen und nachstehende Fragen zu beantworten:

- Nachweis eines Familienwohnsitzes in Ungarn durch Meldebestätigung.

- Steht die Wohnung in Ihrem Eigentum oder im Eigentum Ihrer Mutter? Weisen Sie dies mittels Grundbuchauszug nach.

- Beschreibung der Immobilie (Haus oder Wohnung), Größe in Quadratmeter, Anzahl der Zimmer. Haben Sie darin ein Zimmer zu Ihrer ausschließlichen Nutzung? Handelt es sich hiebei um Ihr Elternhaus?

- Zahlungsnachweis der gesamten Ihnen in den Streitjahren entstandenen monatlichen Kosten für das Eigenheim in Ungarn.

- Aufzählung der Personen, die die Immobilie dauerhaft bewohnen (Mutter, Vater etc). Handelt es sich hiebei um Eigentümer oder Mieter (Nachweis)? Tragen diese Personen auch die monatlichen Kosten der Immobilie?

-. Detaillierte Darlegung und Nachweis der Gründe, wieso die Wohnung in Ihrem Beschäftigungsort ***7***, die Sie gemeinsam mit Frau ***1*** (Lebensgefährtin?) mit Mietvertrag vom gemietet haben, nicht Ihr Familienwohnsitz sein sollte.

-. Belegmäßiger Nachweis und Aufstellung der entstandenen Kosten im Zusammenhang mit Familienheimfahrten.
-Bei einer Beförderung mit dem Auto: Fahrtenbuch, Kopie des Zulassungs- und Führerscheines, Treibstoffrechnungen, Mautbelege, Nachweise über zurückgelegte Kilometer etc.;

-Für die Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder sonstigen Mitfahrgelegenheiten: Anzahl der Fahrten unter Angabe von Datum und Nachweis der entstandenen Kosten.

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Mit Eingaben vom und führte der Bf in Beantwortung der Vorhalte des Bundesfinanzgerichtes nunmehr unter Vorlage des diesbezüglichen Grundbuchsauszuges aus, dass es sich bei der Immobilie in Ungarn um ein Familienhaus mit Garten in der Größe von 100 m2 handelt. Das Haus besteht aus 2,5 Zimmern, wobei dem Bf ein eigenes Zimmer zukomme.

Eigentümer des Gebäudes sind die Eltern des Bf, die auch für die Kosten aufkommen. Der Bf leiste angeblich auch einen Anteil, wofür jedoch keinerlei Nachweise erbracht und keine ziffernmäßigen Angaben gemacht wurden. Zur Vorlage gebracht wurde lediglich der Nachweis über eine einzige Überweisung an die Mutter des Bf - außerhalb des Beschwerdezeitraums - vom 14.08.2019 über den Betrag von € 280,00.

Des Weiteren wurden Fahrscheine "Ausflugstickets" für drei Zugfahrten Salzburg- Budapest und retour für das Jahr 2017 und 4 für das Jahr 2018 beigelegt. Weitere Fahrscheine habe der Bf nach eigenen Angaben bereits weggeworfen.

Seit Jänner 2018 sei ***1*** nicht mehr die Lebensgefährtin des Bf, weshalb sie nicht mehr seine Mietwohnung bewohne.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Strittig ist, ob die vom Bf. in den Streitjahren 2017 und 2018 jeweils geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten nach Ungarn in Höhe von € 1785 als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.

Der Bf. ist ungarischer Staatsbürger und erzielt in Österreich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Laut Abfrage im zentralen Melderegister hat der Bf. seinen Hauptwohnsitz seit August 2015 durchgehend in Österreich und ist seit in ***2*** abwechselnd im Haupt- bzw. Nebenwohnsitz gemeldet. Sein aktueller Arbeitgeber ist seit die Fa. ***4*** mit Sitz ebenfalls in ***4***. Laut Aktenlage wohnte der Bf von bis an dieser Adresse gemeinsam mit Frau ***1*** in einem gemeinsamen Haushalt.

Nachweise betreffend einen eigenen Haushalt in Ungarn (Grundbuchsauszug) sowie Kostennachweise hinsichtlich dieses behaupteten Wohnsitzes wurden trotz zweimaliger Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht nicht beigebracht.

Die vom Bf als Familienwohnsitz angegebene Immobilie in Ungarn, bestehend aus 2,5 Zimmern steht im Eigentum der Eltern, die sie ständig bewohnen und auch die Kosten dafür tragen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem seitens des Finanzamtes vorgelegten Verwaltungsakt und den ergänzenden Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei Ermittlung der Einkünfte Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-) ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des
§ 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.

§ 4 PendlerVO (BGBl II 276/2013) regelt den Begriff des Familienwohnsitzes wie folgt:

"(1) Ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988) liegt dort, wo
1. ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder
2. ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat.

(2) Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt."

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Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Aufwendungen für das Halten einer zweiten Wohnung am Arbeitsort (doppelte Haushaltsführung) und für Familienheimfahrten sind steuerlich anzuerkennen, soweit die Aufgabe des Familienwohnsitzes aus beruflichen oder privaten Gründen unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ergibt sich aus der jeweiligen Konstellation des Einzelfalles und muss individuell geprüft werden. Dies ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen, wobei ohne Belang ist, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes bereits früher zumutbar gewesen wäre oder nicht (vgl. ). Die Gründe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes sind daher jährlich von der Abgabenbehörde zu prüfen.

Ein Familienwohnsitz liegt dort, wo ein Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (z.B. Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Personen, die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mit bewohnt. Ein Zimmer bei den Eltern ist nicht als Haushalt anzusehen (vgl. ).

Familienwohnsitz ist nach der Rechtsprechung jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet (). Bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen ist es der Hauptwohnsitz.

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Wesentlich für die Berücksichtigung der Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung sind nicht bloß zwei Wohnsitze, sondern auch zwei Haushalte, die vom Steuerpflichtigen aufrechterhalten werden müssen.

Ein Familienwohnsitz liegt immer dort, wo ein in (Ehe) Partnerschaft lebender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen und seinen eigenen Hausstand hat.

Dass der Bf. in Ungarn tatsächlich einen über die Wohnmöglichkeit bei seinen Eltern hinausgehenden Haushalt geführt hätte, wurde vom Bf. weder entsprechend dargelegt noch nachgewiesen. Dazu wurde dem Bf. im Zuge des Beschwerdeverfahrens ausreichend Gelegenheit gegeben. Der Bf. stellt selbst außer Streit, in Ungarn über keinen eigenen Haushalt zu verfügen. Vielmehr würde er im Haus der Eltern, bestehend aus insgesamt 2,5 Zimmern, ein Zimmer zur Verfügung haben, wobei die Kostentragung durch die Eltern und Eigentümer des Hauses erfolge. Nachweise über tatsächlich geleistete Kostenbeiträge für eine entsprechende Haushaltsführung konnten mit Ausnahme einer Überweisung von € 280,00 am 14.08.2019 an die Mutter nicht beigebracht werden. Es ist daher unbedenklich davon auszugehen, dass der Bf. in den verfahrensgegenständlichen Jahren in Ungarn lediglich eine Wohnmöglichkeit anlässlich von Besuchen bei seinen Eltern hatte und somit über keinen eigenen Hausstand verfügt hat.

Bei dieser Sachlage besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die vom Bf. gemietete Wohnung in ***2*** nicht seinen Familienwohnsitz - im Jahr 2017 überdies gemeinsam bewohnt mit seiner Lebensgefährtin - bilden würde. Da demnach keine doppelte Haushaltsführung vorliegt, sind auch die Fahrten zwischen Salzburg und Ungarn nicht beruflich bedingt. Fahrten zum Besuch der Eltern sind keine Werbungskosten, sondern sind der privaten Lebensführung zuzurechnen .

Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes führt somit zum Ergebnis, dass die vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten im Ausmaß von € 1.785,00 vom Finanzamt zu Recht nicht als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 anerkannt wurden.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur gegenständlichen Frage, wann doppelte Haushaltsführung vorliegt und Familienheimfahrten anzuerkennen sind, existiert umfangreiche und eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100651.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at