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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2020, RV/3100242/2015

Pendlerpauschale bei einem ÖBB-Lokführer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend Einkommensteuer 2007 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe betragen:

Einkommen 2007: € 20.968,51; Einkommensteuer (nach Abzug der Absetzbeträge und der anrechenbaren Lohnsteuer): €-2.439,25 (Abgabengutschrift).

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang
  • In der Einkommensteuererklärung 2007 beantragte der Abgabepflichtige die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales iHv 1.179 € für eine einfache Fahrstrecke von 20,40 km. Mit Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2007 wurde dem Antrag nur teilweise entsprochen. Ein Pendlerpauschale wurde nur für jenen Teil der Strecke Wohnung - Arbeitsplatz berücksichtigt, für den kein Werksverkehr zur Verfügung gestanden sei.

  • In der gegen den angeführten Bescheid eingebrachten Berufung (Beschwerde) wurde eingewendet, die Inanspruchnahme des Werksverkehrs sei dem Beschwerdeführer wegen der "exponierten Dienstschichtzeiten des Lokfahrdienstes" nicht möglich gewesen.

  • Die Berufung (Beschwerde) wurde mit Vorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen, weil der Beschwerdeführer einen Teil die Strecke vom Wohnort zum Dienstort "an mehr als der Hälfte der Arbeitstage" mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen hätte können.

  • Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Berufung (Beschwerde).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

  • Der Beschwerdeführer wohnt in Wohnort. Er war im Jahr 2007 durchgehend als Lokführer bei der OeBB angestellt. Seine Arbeitsstätte ist der Bahnhof Bahnhof_L. Für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte machte er in der Einkommensteuererklärung 2007 ein Pendlerpauschale iHv 1.179 € geltend. Das Finanzamt ging im bekämpften Bescheid davon aus, dass er die Strecke vom Wohnort zum Dienstort (insgesamt 20,2 km) in zwei Etappen zurücklegte, indem er zunächst vom Wohnort zum Bahnhof_IP (1. Teilstrecke mit 3,4 km) und von dort weiter zum Bahnhof Bahnhof_L (2. Teilstrecke) gefahren sei. Auf der zweitgenannten Teilstrecke habe für ÖBB-Bedienstete ein Werksverkehr bestanden.

  • Im Erstbescheid vom hat des Finanzamt "das große Pendlerpauschale bis 20 km" iHv € 283,50 berücksichtigt (für die Teilstrecke Wohnung bis Bahnhof_IP).

  • Im Vorlageantrag beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung des erhöhten Pendlerpauschales für die einfache Wegstrecke Wohnung - Arbeitsstätte. Die einfache Wegstrecke sei 20,40 km lang. Er sei Lokführer bei der ÖBB. Sein Dienstort sei der Bahnhof Bahnhof_L. Dort erfolge der Dienstantritt und die Übergabe bzw. die Übernahme des Zuges. Er müsse die Strecke von der Wohnung zu seinem Dienstort "zum überwiegenden Teil des Lohnzahlungszeitraumes" mit dem eigenen Pkw zurücklegen, da ihm die Benützung der "arbeitgebereigenen Beförderungsmittel (ÖBB-Zug)" wegen seiner Dienstzeiten nicht möglich sei. In der Nacht halte am Bahnhof_IP kein Zug.

Beweiswürdigung

Der Beschwerdeführer hat seinem Vorlageantrag den Dienstplan für den Zeitraum bis angeschlossen. Ferner liegen Fahrplanauskünfte der ÖBB und eine "Traktion Fahrbetrieb - West" vor. Das Finanzamt hat ausgehend von diesen Unterlagen eine "Auswertung Fahrplan - Dienstzeit" erstellt und dem BFG vorgelegt. Das Finanzamt kommt in dieser Auswertung zum Ergebnis, dass das Begehren des 47Beschwerdeführers zu Recht besteht und ein Pendlerpauschale in Höhe von 1.032 € zu berücksichtigen ist.

Rechtliche Beurteilung

Gem. § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten (lit. a leg.cit.).

Zusätzliche Pauschbeträge (vgl. lit. b und c leg.cit.) sind zu berücksichtigen, wenn

- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder

- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Kilometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale).

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend (d.h. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein.

Die Pauschbeträge sind auch für Feiertage und für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub befindet (vgl. §16 Abs 1 Z 6 lit. c EStG 1988).

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit c iVm § 124 b Z 126 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 115/2005 wird ab der Veranlagung für 2006, wenn dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist und bei einer einfachen Fahrtstrecke von über 20 bis 40 km, ein Pauschbetrag von € 1.071,00 (ds. € 89,25 monatlich) berücksichtigt. Mit Wirkung ab wurde dieser Betrag auf € 1.179 (d.s. € 98,25 monatlich) erhöht (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit c iVm § 124 b Z 138 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 24/2007).

Erwägungen

  • Die vorgelegten Nachweise (Dienstplan des Beschwerdeführers, ÖBB Fahrplan) zeigen, dass der Zurücklegung der Strecke Wohnung - Arbeitsplatz mit dem Zug (Werksverkehr) die Dienstzeitregelungen des Beschwerdeführers entgegenstanden (z.B. Dienstbeginn häufig bereits um 04:50 Uhr). Sachverhaltsmäßig ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die 20,4 Kilometer lange Strecke von seiner Wohnung zum Dienstort mit dem Pkw zurückgelegt hat. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des "großen Pendlerpauschales" lagen daher vor. Da auch das Finanzamt (mit Ausnahme der Monate Februar und Juni) zu diesem Ergebnis kam (vgl. die dem Bundesfinanzgericht vorgelegte "Auswertung Pendlerpauschale", in der die Berücksichtigung von Fahrtkosten im Wege des großen Pendlerpauschales angeregt wurde), erübrigt sich eine detailliertere Gegenüberstellung der Dienstzeiten und der Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Züge.

  • Soweit das Finanzamt die Inanspruchnahme des Werkverkehrs in den Monaten Februar und Juni für zumutbar gehalten und deshalb eine Kürzung des Pauschales vorgenommen hat, ist festzuhalten:
    Im Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass die sich aus § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und c EStG 1988 ergebenden Pauschbeträge auf Grund des Wortlautes des Gesetzes nicht schon dann nicht zustehen, wenn der Arbeitnehmer im Werkverkehr befördert werden könnte und ihm dies auch zumutbar wäre. Der vorletzte Satz des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stelle zur Beförderung im Werkverkehr sprachlich eindeutig auf die tatsächlichen Verhältnisse ab (vgl. das zitierte VwGH-Erkenntnis mwH).

  • Für die Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz waren daher € 1.125 als Werbungskosten zu berücksichtigen (Großes Pendlerpauschale für 20 - 40 km monatlich € 89,25 von Jänner bis Juni 2007 und monatlich € 89,25 von Juli bis Dezember 2007, ergibt in Summe € 1.125).

  • Das Einkommen 2007 und die darauf entfallende Abgabe waren wie folgt zu berechnen:

Einkommensteuer für 2007

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

Übermittelte Lohnzettel (KZ 245)

ÖBB 25.324,62 €

Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung

Auf den Pauschbetrag -1.125,00 €

Pauschbetrag für Werbungskosten -132,00 € 24.067,62 €

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung -1.688,49 €

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Gesamtbetrag der Einkünfte ..……………………………………………… 22.379,13 €

Sonderausausgaben (§18 EStG 1988)

Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen,

Wohnraumschaffung und -sanierung, Genuss-Scheine und

Junge Aktien (Topf-Sonderausgaben) -87,94 €

Kirchenbeitrag -95,68 €

Außergewöhnliche Belastungen:

Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988) -1.592,92 €

Selbstbehalt 1.592,92 €

Kosten für auswärtige Berufsausbildung von Kindern -1.320,00 €

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Einkommen ………………….………………………………………………… 20.875,51 €

Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:

(20.875,51 - 10.000,00) x 5.750,00 / 15.000,00 4.168,95 €

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Steuer vor Abzug der Absetzbeträge ….…………………………….. 4.168,95 €

Alleinverdienerabsetzbetrag ……………………………………………….. -494,00 €

Unterhaltsabsetzbetrag ………………………………………………………. -306,00 €

Verkehrsabsetzbetrag …………………………………………………………. -291,00 €

Arbeitnehmerabsetzbetrag …………………………………………………….. -54,00 €

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Steuer nach Abzug der Absetzbeträge ……………………………………. 3.023,95 €

Steuer sonstige Bezüge wie z.B. 13. Und 14. Bezug (220)

nach Abzug der darauf entfallenden SV-Beiträge (225) und

des Freibetrages von 620 € mit 6% …………………………………………… 199,22 €

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Einkommensteuer ……………………………………………………………... 3.223,17 €

Anrechenbare Lohnsteuer (260) ………………………………………………. -5.698,07 €

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Festgesetzte Einkommensteuer: -2.474,90 €

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  • Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen. Das Erkenntnis bewegt sich auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung (Bestehen der Möglichkeit, den Arbeitsweg mit dem Zug zurückzulegen) und der Beweiswürdigung. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Pendlerpauschale
OeBB-Lokführer
Werksverkehr
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100242.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at