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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.06.2020, RV/7105407/2019

Unterhaltsabsetzbetrag bzw. Kinderfreibetrag bei Volljährigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

***Bf1*** (Beschwerdeführer, i.d.F. Bf.) bezieht Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
In der am eingebrachten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 stellte er unter Verwendung von Beilagen L 1k den Antrag auf Berücksichtigung folgender Beträge:
I.) D, geb. x.1998
- Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehörige Kind
II.) W geb. x. 2000
- Kinderfreibetrag für nicht haushaltszugehörige Kind
- Unterhaltsabsetzbetrag
III) J geb. x. 2013
- Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehörige Kind
- außergewöhnliche Belastungen (Kinderbetreuung) i.H.v. ,156.000,-,

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Bf. ersucht, die beantragten Kinderbetreuungskosten mittels Belegen nachzuweisen. Diese müssten u.a. den Zeitraum der Kinderbetreuung, Name und Anschrift der Kinderbetreuungseinrichtung sowie eine Aufteilung der bezahlten Beträge in Betreuungskosten und andere Aufwendungen enthalten.

Der Bf. beantwortete das Schreiben (Eingang ) und legte u.a. die Kopie von 11 Zahlungsbelegen für die Betreuung von J über gesamt € 1.560,- an den Kindergarten M, Adresse, vor.
Des Weiteren wurden 8 Zahlscheine (in Kopie) betreffend Alimentationszahlungen über gesamt PLN 8.000,- beigebracht.

Das Finanzamt Wien 4/5/10 erließ am einen Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für 2018.
In dem Bescheid fanden ein Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind, ein weiterer für ein nicht haushaltszugehöriges Kind sowie ein Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von € 350,40 Berücksichtigung.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Kinderfreibetrag für das Kind mit dem Geburtsdatum x.1998 nicht berücksichtigt werden konnte, nachdem für dieses Kind im Kalenderjahr 2018 kein Kinderabsetzbetrag zustehe.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid.
Der Bf. erläutert darin, alle vom Finanzamt angeforderten Unterlagen vorgelegt zu haben. Dennoch habe im Bescheid nur ein Kinderabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind sowie der Unterhaltsabsetzbetrag nur für ein Kind Berücksichtigung gefunden.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurden die im bekämpften Bescheid berücksichtigten Absetzbeträge, Kinderfreibeträge und Kinderbetreuungskosten der Höhe nach bezogen auf das jeweilige Kind verbunden mit der Frage, welche weiteren Anträge vom Bf. gestellt würden, dargestellt.

Der Bf. erläuterte daraufhin in seinem Schreiben vom , dass er einen Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderfreibetrag i.H.v. € 300,- für D beantrage, da er für 2 Kinder (D und W) Alimente zahle.
Der Eingabe wurde eine korrigierte Beilage L 1k betreffend D beigelegt, in dem nunmehr der Kinderfreibetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind sowie der Unterhaltsabsetzbetrag beantragt wurde.

Mit Ersuchen um Ergänzung (Schreiben des Finanzamtes vom ) wurde dem Bf. aufgetragen darzulegen, ob er für seine Kinder D und W für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2018 Kinderbeihilfen im Heimatland bezogen habe. Verbunden wurde dies mit dem Hinweis, dass der beantragte Unterhaltsabsetzbetrag für volljährige Kinder nur dann berücksichtigt werden könne, wenn Familienbeihilfe ausbezahlt werde.

Der Bf. erklärte mit Eingabe vom , dass volljährige Kinder in Polen keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hätten und er Alimente für die Dauer der Ausbildung zu zahlen habe. Dem Schreiben wurde eine beglaubigte Übersetzung einer Bescheinigung der Abteilung für Familienleistungen in Polen vorgelegt, in dem erklärt wurde, dass für die Kinder D und W im Jahr 2018 keine Familienbeihilfe mit Kinderzuschlägen sowie keine Erziehungsleistungen bezogen worden waren.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wird erläutert, dass Unterhaltsleistungen gemäß § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 an volljährige Kinder für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt werde, weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages oder als außergewöhnliche Belastung ausbezahlt werden könne, außer es handle sich um Aufwendungen, die beim Kind selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Für D werde der Kinderfreibetrag nicht berücksichtigt, da für sie der Kinderabsetzbetrag nicht für mindestens 7 Monate zustehe.

Mit Eingabe vom stellte der Bf. einen Antrag auf Entscheidung der Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Begründend führt er an, dass er für sein Kind monatliche Zahlungen i.H.v. 1.000,- PLN leiste. Aufgrund der Ausbildung (Studentin) würden als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende Zusatzkosten erwachsen. Der Bf. sei gesetzlich zu den Zahlungen verpflichtet.

Das Bundesfinanzgericht erläuterte dem Bf. mit Schreiben vom zur beantragten Korrektur (Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages sowie des Kinderfreibetrages) betreffend D, dass eine solche infolge Überschreitung des 18. Lebensjahres seines Kindes nicht mehr zustehe.
Auch für die Tochter W sei festzustellen, dass sie mit Erreichen des 18. Geburtstages am volljährig geworden sei und der Unterhaltsabsetzbetrag nur für die Monate Jänner und Februar 2018 bzw., der Kinderfreibetrag zu Gänze nicht zustehe und der Bescheid mit dem zu erlassenden Erkenntnis entsprechend abzuändern sei. Der Bf. habe die Möglichkeit zur Zurücknahme des Rechtsmittels wobei es ihm alternativ unbenommen bleibe, Revision beim VwGH erheben.

Eine Antwort auf das Schreiben des BFG unterblieb.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 lautet (auszugsweise):
Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (
§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

§ 34 Abs. 7 Z 1 u. 5 EStG 1988 lauten:
Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:
1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

§ 106 Abs. 2 EStG 1988 lautet:
(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.

§ 106a Abs. 2 EStG 1988 lautet:
(2) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 ist bei Steuerpflichtigen, denen der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wird, von Amts wegen ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro jährlich zu berücksichtigen. In diesem Fall kann für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 300 Euro nur von jenem Steuerpflichtigen beantragt werden, der mehr als sechs Monate Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 hat.

Das BFG geht von folgendem Sachverhalt aus:
Die Kinder des Bf. D und W sind nicht haushaltszugehörig. Sie haben ihren Wohnsitz in Polen. Für beide wurde im Jahr 2018 weder in Österreich noch in Polen Familienbeihilfe ausbezahlt. D geb. x.1998 war im Jahr 2018 bereits volljährig, W geb. x.2000 wurde im Februar 2018 volljährig.
Der Bf. hat einen Wohnsitz in Wien und lebt dort mit seiner Gattin I.

Für die beiden Kinder (Töchter) ist auszuführen:

D
D war im gesamten Veranlagungszeitraum volljährig.
Nach der Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 (zB Krankheitskosten der Kinder) weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen. Ein Unterhaltsabsetzbetrag steht somit für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die - an sie selbst oder an Dritte - keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, nicht zu (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG 12. EL, § 33 Anm. 94; Doralt/Herzog, § 33 Tz 41, mit Verweis auf ).
Umstände, die darauf hinweisen würden, dass die Zahlungen der Bf. für Aufwendungen geleistet worden wären, die bei der Tochter als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen waren, wurden weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag geltend gemacht. Der Unterhaltsabsetzbetrag steht dem Bf. damit nicht zu.
Der Bezug des Kinderfreibetrages für nicht haushaltszugehörige Kinder ist gemäß § 106a Abs. 2 EStG 1988 wiederum von der Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages abhängig.
Da dem Bf. die Berechtigung für die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages fehlt, stand ihm auch der Kinderfreibetrag nicht zu.

W
W (geb. x.2000) wurde mit Erreichen des 18. Lebensjahres am x.2018 volljährig.
Eine Familienbeihilfe wurde weder vom Bf. noch von der leiblichen Mutter in Polen bezogen.
Da die Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder ausschließt steht dem Bf. der Absetzbetrag für Unterhaltsleistungen aliquot für 2 Monate zu.
Der Kinderfreibetrag steht gemäß § 106a abs. 2 EStG 1988 für ein Kind i.S.d. § 106 Abs. 2 EStG 1988 zu. Als Kinder gelten nach der do. Bestimmung solche, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zusteht. Da dem Bf. für seine Tochter Weronika im Jahr 2018 der Unterhaltsabsetzbetrag lediglich für 2 Monate zusteht, hatte er keinen Anspruch auf Gewährung des Kinderfreibetrages für W.

Die dem Bf. für seine Kinder zustehenden Ansprüche ermitteln sich wie folgt:

J:
- Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind € 440,-
- Kinderbetreuungskosten (a.g. Belastung) € 1.560,-

W:
- Unterhaltsabsetzbetrag (2 Monate): € 58,40

Die Höhe der Abgabe beträgt:


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2018
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
BUAK
2.213,15
A-Bau GmbH
15.278,78
Kontrollrechnung § 3 Abs. 2 EStG
3.578,58
Pauschbetrag f. Werbungkosten
-132,00
20.938,51
Gesamtbetrag der Einkünfte
20.938,51
Pauschbetrag f. Sonderausgaben
-60,00
a.g. Belastung
Kinderbetreuungskosten
-1.560,00
Kinderfreibetrag haushaltszugehöriges Kind
-440,00
Einkommen
18.878,51
Die Einkommensteuer beträgt:
0% für die ersten 11.000,-
0,00
25% für die weiteren 7.000,-
1.750,00
35% für die restlichen 878,51
307,48
Einkommensteuer
2.057,48
Einkommensteuer
2.057,48
abzügl. Unterhaltsabsetzbetrag
-58,40
abzügl. Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steue rnach Absetzbeträgen
1.599,08
anrechenbare Lohnsteuer
-2.098,05
-0,03
festgesetzte Einkommensteuer
-499,00

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis erging in Einklang mit den dargelegten rechtlichen Normen. Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht, sodaß eine Revision als nicht zulässig zu erklären war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105407.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at