Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.06.2020, RV/7100277/2019

Vermietung einer Musikschule - liegt ein BgA vor?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch RPW Wirtschaftstreuhand GmbH, Roseggerstraße 2 Tür 6, 3500 Krems an der Donau, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Umsatzsteuer 2007, 2008, 2009 und 2010 zu Recht:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde (im Folgenden "Bf.") erhielt mit Schenkungsvertrag vom xx.xx.xxxx von der Stadtkapelle A ein Grundstück in 1234 A, Adresse2 (Grundbuch 12345 A Stadt, EZ 2345), samt dem darauf befindlichen Gebäude, welches als Musikschule genutzt wurde. Am xx.xx.xxxx schloss die Bf. als Vermieterin diesbezüglich mit dem Gemeindeverband der Musikschule A (im Folgenden "Gvbd.") einen Mietvertrag ab. Am selben Tag schloss der Gvbd. mit der Stadtkapelle A in Bezug auf die Musikschule eine Nutzungsvereinbarung auf unbestimmte Zeit ab, die einen Kündigungsverzicht seitens des Gvbd. bis zum zz.zz.zzzz vorsieht.

Im Jahr 2012 fand bei der Bf. eine abgabenbehördliche Außenprüfung statt, welche u.a. die Umsatzsteuer der Jahre 2007 bis 2011 umfasste. Im Zusammenhang mit der Vermietung an den Gvbd. hielt der Prüfer in seinem Bericht unter Tz. 14 Folgendes fest: Der Gvbd. entrichte seit dem Jahr 2008 eine jährliche Miete iHv EUR 180,00 (für Gebäude und Einrichtung) zuzüglich USt. an die Bf. Die unter Pkt. VIERTENS 1) c) und d) des Mietvertrages angeführten Betriebskosten würden vom Gvbd. direkt getragen werden. Die Bf. behandele die Vermietung als fiktiven Betrieb gewerblicher Art gem. § 2 Abs. 3 vierter Teilstrich UStG 1994 - Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (Grund und Boden, Gebäude und Gebäudeteilen) durch öffentlich-rechtliche Körperschaften. Da das Mietverhältnis vor dem begründet worden sei, sei die Voraussetzung für dessen steuerliche Anerkennung zumindest die Deckung der laufenden Betriebskosten. Das Mietentgelt sei auf Grund der Option mit 20% der USt. unterzogen worden. Die Vorsteuer sei in Zusammenhang mit den Kosten für den vorgenommenen Um- und Zubau geltend gemacht worden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 KStG 1988 gelte die entgeltliche Überlassung eines Betriebes gewerblicher Art (BgA) als Betrieb gewerblicher Art. Ein fiktiver BgA liege demnach vor, wenn die betreffende Tätigkeit - würde sie von der Bf. selbst ausgeführt werden - einen BgA begründen würde. Die entgeltliche Nutzungsüberlassung führe nur hinsichtlich solcher Tätigkeiten zu einem BgA, die als privatwirtschaftlich iSd § 2 Abs. 1 KStG 1988 zu qualifizieren seien. Schulen, deren Erhaltung und Errichtung nicht den gesetzlichen Schulerhalter treffen würden (so genannte Privatschulen gemäß Art 14 Abs. 7 B-VG ), begründeten regelmäßig einen BgA. Keine Rolle spiele hierbei, ob der Privatschule Öffentlichkeitsrecht verliehen sei oder nicht ( zu einer Musikschule). Die Bf. habe die Unterrichts- und Ensembleräume bzw. den Orchestersaal nach modernsten akustischen Erkenntnissen eingerichtet und für dessen Möblierung gesorgt. Darüber hinaus seien die für die Organisation der Musikschule erforderlichen Räumlichkeiten (Sekretariat, Direktion und Lehrerzimmer) eingerichtet worden. Die Bf. überlasse den dem Grunde nach betriebsbereiten Musikschulbetrieb seit dem um den Jahresbetrag von EUR 180,00 (EUR 120,00 für das Gebäude und EUR 60,00 für mitvermietete Einrichtungsgegenstände) an den Gvbd., der dadurch mit den Schulbetrieb habe aufnehmen können. Für das Vorliegen einer Überlassung eines BgA sei es nicht erforderlich, dass sämtliche Betriebsgrundlagen übertragen würden. Die Frage der Entgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung sei nach jenen Grundsätzen zu entscheiden, die für BgA allgemein gälten. Von einer entgeltlichen Überlassung sei auszugehen, wenn Einnahmen von wirtschaftlichem Gewicht - nach ständiger Judikatur des VwGH iHv EUR 2.900,00 jährlich - vorlägen. Es seien somit im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für einen so genannten Überlassungs-BgA i. S. d. § 2 Abs. 2 Z 2 KStG 1988 nicht erfüllt. Die Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung einer Vermietung und Verpachtung eines Grundstückes durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts sei ebenfalls nicht gegeben, da die Miete die Verwaltungskosten gem. § 22 MRG iHv von rd. EUR 2,97/m2 und Jahr nicht decke. Es liege somit keine unternehmerische Tätigkeit der Bf. im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994 vor.

Die belangte Behörde folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ die angefochtenen Bescheide.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde. Es sei unzutreffend, dass hinsichtlich des Hauses der Musik kein BgA vorläge, weil keine Einnahmen von wirtschaftlichem Gewicht - nach ständiger Judikatur des VwGH in Höhe von EUR 2.900,00 p.a. - erzielt worden seien. Die Umsatzgrenze sei allerdings nicht schematisch zu sehen, sodass Unregelmäßigkeiten in der Einnahmenerzielung, wie beispielsweise Anlaufphasen oder besondere Ereignisse, auszugleichen seien beziehungsweise auf einen längeren Beobachtungszeitraum Bedacht zu nehmen sei (vgl. Fuchs in Achatz, Die Besteuerung der Non-Profit Organisationen, Wien 2000, Seite 190). Gemäß VwGH sei bei der Erreichbarkeit der Umsatzgrenze von EUR 2.900,00 p.a. nicht auf eine Bau-, Investitions- und Anlaufphase abzustellen, sondern auf den in Aussicht genommenen Vollbetrieb (). Nach Legistik, ständiger Judikatur und Literatur könne als Anlaufphase jedenfalls ein Zeitraum von drei Jahren angenommen werden. Der UFS definiere überschaubare Zeiträume als solche von 9 Jahren bei Musikern und 10 Jahren bei der Vercharterung einer Segeljacht im Zusammenhang mit der Beurteilung einer Einkunftsquelle. Wenn der VwGH von einem längeren, überschaubaren Zeitraum spreche, so werde dieser jedenfalls länger als drei Jahre sein. Z.B. im Zusammenhang mit Immobilien 20 Jahre ab Beginn der entgeltlichen Überlassung und höchstens 23 Jahre ab dem erstmaligen Anfall von Ausgaben. Vom Prüfer werde weder ein Anlaufzeitraum von drei Jahren berücksichtigt noch werde auf einen längeren überschaubaren Zeitraum eingegangen. Weiters werde nicht berücksichtigt, dass auch nach Beginn des Mietverhältnisses noch Ausbauarbeiten und somit Kosten für das "Haus der Musik" angefallen seien. Konkret betreffe dies die Jahre 2008 bis 2010. Im Jahr 2008 seien insbesondere noch Zimmermannarbeiten und Arbeiten für den Innenausbau, der erst im Jahr 2010 abgeschlossen worden sei, angefallen. Eine - wie auch vom VwGH definierte - typische Anlaufphase, die noch keine volle Aufnahme der Tätigkeit ermöglicht habe. Ab dem sei eine volle Aufnahme der Tätigkeit möglich gewesen, mit der Konsequenz, dass die Bf. als Vermieterin das jährliche Mietentgelt weit über die relevante Einnahmengrenze von EUR 2.900,00 angehoben habe. Warum der Prüfer entgegen der Rechtsprechung des VwGH nicht einmal eine extrem kurze Anlaufphase (hier weniger als drei Jahre) berücksichtige und dies bei Vorliegen von Einnahmen mit wirtschaftlichem Gewicht nach weniger als drei Jahren, sei weder dem Bericht noch der Niederschrift zu Schlussbesprechung, die die Begründung für die relevanten Bescheide seien, zu entnehmen. Unter Berücksichtigung einer dreijährigen Anlaufphase seien folglich auf Grund der Vorschreibungen ab dem Jahr 2011 sowohl die notwendigen Einnahmen in Höhe von EUR 2.900,00 p.a. bei Vorliegen eines BgA als auch die notwendigerweise zu deckenden laufenden Betriebskosten in Höhe von rund EUR 2.500,00 p.a. bei Einordnung unter § 2 Abs. 3 vierter Teilstrich UStG erzielt worden, wobei auf Grund der ebenfalls vermieteten Mobilien gegenständlich von einem BgA ausgegangen werde. Im Prüfbericht werde ausgeführt, dass die Stadtkapelle A einen "Kostenzuschuss" in Höhe von EUR 25.000,00 geleistet habe. Gegenständlicher "Kostenzuschuss", dessen Zahlungsträger in Kopie beigelegt werde, könne keinesfalls als echter Zuschuss (von dritter Seite) eingeordnet werden, weil dieser vom Untermieter gewährt werde, nicht rückzahlbar sei und folglich jedenfalls ein steuerpflichtiger Leistungsaustausch auf Grund eines Entgelts von dritter Seite vorliege. Gegenständlicher "Kostenzuschuss" sei als dreijährige Mietvorauszahlung einzuordnen, die zur Vorschreibung gelangt sei, bis die reduzierte Miete durch die volle Aufnahme der Tätigkeit ab dem erhöht worden sei. Die Verteilung der gegenständlichen Zahlung auf die Jahre 2008 bis 2010 decke jedenfalls die notwendigen Einnahmen in Höhe von EUR 2.900,00 p.a. Dem Bericht des Prüfers sei nicht zu entnehmen, warum diese Zahlung nicht als Mietvorauszahlung qualifiziert worden sei, obwohl der Betrag von EUR 25.000,00 im Bericht angeführt und als Kostenzuschuss bezeichnet worden sei. Der relevante Zahlungsträger verweise lediglich auf eine Vereinbarung, sei aber in jedem Fall als Einnahme zu werten. Die Bf. unterliege mit ihren Aufzeichnungen der Kameralistik, die keine Ertragsabgrenzungen kenne und daher auch keine Abgrenzungen auf den Leistungszeitraum vornehmen könne. Somit könne festgestellt werden, dass die Feststellungen des Prüfers im Zusammenhang mit der Vermietung "Haus der Musik" falsch seien, da wesentliche Tatsachen - Einnahmen von EUR 25.000,00 - unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des VwGH unberücksichtigt geblieben seien. Im gegenständlichen Fall seien die Voraussetzungen für einen BgA i.S. d. § 2 Abs. 2 Z 2 KStG 1988 eindeutig erfüllt. Es liege somit eine unternehmerische Tätigkeit der Bf. im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994 vor. Die Feststellung des Prüfers hätte folglich nicht in der Verwehrung der Vorsteuern, sondern in der umsatzsteuerpflichtigen Behandlung des "Kostenzuschusses" getroffen werden müssen.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit ihrer Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Laut Mietvertrag vom zwischen der Bf. als vermietende Partei und dem Gvbd. als mietende Partei bestehe der vereinbarte jährliche Mietzins aus dem Hauptmietzins für das Gebäude iHv EUR 120,00 und dem Entgelt für die mitvermieteten Einrichtungsgegenstände iHv EUR 60,00. Zur Vertragsdauer werde ausgeführt, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werde und die Bf. jedoch für einen Zeitraum von 55 Jahren auf ihr Kündigungsrecht verzichte. Somit könne dem Argument der Bf. hinsichtlich der Annahme einer Anlaufphase nicht gefolgt werden. Vielmehr sei eine Mieterhöhung erst mit Schreiben des Bürgermeisters vom yy.yy.yyyy auf Grund "einer Änderung der Mehrwertsteuer-Richtlinie" erfolgt, um "weiterhin in den Genuss einer Vorsteuer zu kommen". Werde, wie im gegenständlichen Fall, eine betriebstypische Einrichtung mitüberlassen, so sei von einer entgeltlichen Überlassung auszugehen, wenn Einnahmen von wirtschaftlichem Gewicht vorlägen; nach ständiger Judikatur des VwGH sei dabei von Einnahmen in Höhe von EUR 2.900,00 pro Jahr auszugehen. Laut Nutzungsvereinbarung zwischen dem Gvbd. als nutzungseinräumende Partei, der Stadtkapelle A als nutzungsberechtigte Partei und der Bf. als beitretende Partei sei das Nutzungsverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, die nutzungseinräumende Partei habe jedoch auf eine Kündigung dieses Vertrags vor Ablauf des 31. Dezembers 2062 verzichtet. Den Ausführungen der Bf., dass die EUR 25.000,00 Kostenzuschuss der Stadtkapelle A als Mietvorauszahlung (Entgelt von dritte Seite) zu sehen seien, sei zu folgen; allerdings habe die Bf. in ihren Ausführungen übersehen, dass die Aufteilung dieses Kostenzuschusses nicht auf die Prüfungsjahre beschränkt werden könne, sondern auf die Mietvertragsdauer umzulegen sei. Damit ergebe sich von 2007 bis zz.zz.zzzz (56 Jahre) ein Betrag von netto EUR 372,02 pro Jahr. Damit lägen aber keine Einnahmen von wirtschaftlichem Gewicht vor, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Überlassung eines Betriebes gewerblicher Art seien daher in den Beschwerdejahren 2007 bis 2010 nicht erfüllt.

Die Bf. beantragte die Vorlage an das Bundesfinanzgericht. Ergänzend brachte sie vor, aus dem einseitigen Kündigungsverzicht seitens der Bf. könne nicht abgeleitet werden, dass der im Rahmen der Beschwerde vorgebrachte Kostenzuschuss von EUR 25.000,00 der Stadtkapelle (als nutzende Partei) auf 56 Jahre zu verteilen sei, da dies aus keinerlei Unterlagen bzw. Bezahlungsbelegen des Kostenvorschusses hervorgehe.

In Folge legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor und verwies in ihrer Stellungnahme auf ihre Beschwerdevorentscheidung.

Im Zuge der durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte der steuerliche Vertreter der Bf. ergänzend vor, dass der Gvbd. 850 Stunden an Arbeitsleistungen erbracht habe. Diese seien ebenfalls als Mietvorauszahlung zu würdigen und iHv ca. EUR 17.000,00 anzusetzen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt

Die Bf. ist eine Stadtgemeinde, die mit Schenkungsvertrag vom xx.xx.xxxx von der Stadtkapelle A ein Grundstück in 1234 A, Adresse2 (Grundbuch 12345 A Stadt, EZ 2345), samt dem darauf befindlichen Gebäude erhielt. Dieses wurde als Musikschule mit einer Fläche von 781,50 m2 genutzt. Am xx.xx.xxxx schloss die Bf. in Bezug auf die bebaute Liegenschaft als Vermieterin mit dem Gvbd. einen Mietvertrag ab.

Dieser lautet auszugsweise wie folgt:


"ERSTENS

Mietgegenstand und Ausstattung

1.) Die Bf. ist Alleineigentümerin des Grundstückes […]. Auf dem vorgenannten Grundstück […] befindet sich das derzeitige, von der Musikschule A, der Stadtkapelle A und dem Männergesangsverein A benützte Gebäude. Dieses soll umgebaut und neu gestaltet sowie durch einen auf dem vorgenannten Grundstück […] errichteten Zubau erweitert werden. Nach diesem Umbau und der Neugestaltung des Gebäudes wird dieses von der Bf. auf Grund des gegenständlichen Mietvertrages an den Gemeindeverband der Musikschule A vermietet und von einer gesonderten Vereinbarung zur Nutzung durch die Stadtkapelle A überlassen werden […]

ZWEITENS

Verwendung des Mietgegenstandes

Die vermietende Partei vermietet und die mietende Partei mietet den zu "Erstens" bezeichneten Mietgegenstand zur Nutzungsüberlassung an die Stadtkapelle A und an den B.

DRITTENS

Vertragsdauer

1.) Das Mietverhältnis beginnt mit dem Tage der baulichen Fertigstellung des Mietobjektes und dessen Übergabe an die mietende Partei unmittelbar nachfolgenden Monatsersten und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jeder Vertragsteil ist berechtigt, dieses Mietverhältnis zum Ende eines jeden Monates unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist mittels eingeschriebenen Briefes aufzukündigen. Die Bf. verzichtet jedoch auf dieses Kündigungsrecht für einen Zeitraum von fünfundfünfzig (55) Jahren.

2.) Die vermietende Partei ist berechtigt, diesen Mietvertrag ohne Rücksicht auf die vereinbarte Mietdauer und ohne vorangehende Kündigung mittels eingeschriebenen Briefes mit sofortiger Wirkung für aufgelöst zu erklären, wenn

a.) die mietende Partei den Mietzins durch zwei aufeinanderfolgende Monate auch nach Setzung einer Nachfrist von vierzehn Tagen nicht bezahlt,

b.) die mietende Partei das Mietobjekt nicht in gutem Zustand erhält und zum Nachteil der vermietenden Partei gebraucht.

3.) Die Kündigung kann immer nur den gesamten Mietgegenstand betreffen, sohin kann weder von Seiten der mietenden Partei noch der vermietenden Partei eine Teilkündigung des Mietgegenstandes vorgenommen werden.

VIERTENS

Mietzins

1.) Der vereinbarte jährliche Mietzins besteht aus:

a. ) dem Hauptmietzins für das Gebäude im Betrage von: … € 120,00

in Worten: Euro hundertzwanzig,

b.) dem Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände in der Höhe von: … € 60,00

in Worten: Euro sechzig,

c.) den für das Mietobjekt pro Jahr anfallenden Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben in der jeweiligen Höhe,

d.) den Heiz- und Warmwasserkosten in der jeweils anfallenden Höhe,

soweit alle diese Kosten unter c.) und d.) nicht allenfalls direkt von der mietenden Partei getragen werden,

e.) der Umsatzsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe, da die vermietende Partei für die Umsatzsteuerpflicht optiert.

Sollten nachträglich Betriebskosten an die vermietende Partei zur Belastung kommen, sind sie auch über die vereinbarte Vertragsdauer hinaus gegenüber der mietenden Partei nachverrechenbar."

Der Gvbd. zahlte im streitgegenständlichen Zeitraum die Miete für das Gebäude sowie die Einrichtungsgegenstände und trug direkt Betriebskosten für das Mietobjekt iHv etwa EUR 2.500,00 pro Jahr. Die Betriebskosten umfassten nicht solche nach § 22 Mietrechtsgesetz (MRG ).

Am xx.xx.xxxx schloss der Gvbd. mit der Stadtkapelle A in Bezug auf die Musikschule eine Nutzungsvereinbarung auf unbestimmte Zeit ab. Die Vereinbarung sieht einen Kündigungsverzicht seitens des Gvbd. bis zum zz.zz.zzzz vor. Ein Nutzungsentgelt wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Die Vereinbarung sieht lediglich die Zahlung anteiliger Betriebskosten, öffentlicher Abgaben, Heiz- und Warmwasserbereitungskosten iHv EUR 130,00 pro Monat vor.

Im Zusammenhang mit dem Umbau, Zubau bzw. mit der Sanierung des Gebäudes trug die Bf. in den Jahren 2007 und 2008 Kosten iHv EUR 1.221.496,35 netto und die Stadtkapelle A leistete im Dezember 2007 einen Zuschuss iHv EUR 25.000,00. Eine schriftliche Vereinbarung in Bezug auf diesen Zuschuss wurde nicht abgeschlossen. Im Zusammenhang mit den Arbeiten erbrachte der Gbvd. 850 Stunden an Arbeitsleistungen.

Mit Wirkung ab wurde die vom Gvbd. zu leistende Miete auf EUR 1.530,00 netto pro Monat erhöht. Dies wurde mit einer Änderung der Mehrwertsteuer- Richtlinie begründet, "um weiterhin in den Genuss einer Vorsteuer zu kommen".

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt einschließlich des Inhalts des notariell abgeschlossenen Mietvertrags sowie der ebenfalls notariell abgeschlossenen Nutzungsvereinbarung ergibt sich aus der Aktenlage sowie dem Vorbringen im Zuge der durchgeführten mündlichen Verhandlung und ist im Wesentlichen unstrittig. Die Erhöhung der Miete ab Jänner 2011 geht aus einem Schreiben des Bürgermeisters der Bf. vom yy.yy.yyyy hervor. Die Leistung des Zuschusses der Stadtkapelle A ist auf Grund eines aktenkundigen Kontoauszuges ersichtlich.

Die Bf. brachte vor, dass der Zuschuss der Stadtkapelle A als dreijährige Mietvorauszahlung einzuordnen sei, und bezog sich auf eine mündliche Vereinbarung. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Bf. um eine Stadtgemeinde handelt und sonst notariell beglaubigte Verträge abgeschlossen wurden, geht das Bundesfinanzgericht nicht davon aus, dass eine mündliche Vereinbarung abgeschlossen wurde, wonach der Kostenzuschuss als dreijährige Mietvorauszahlung zu bewerten ist. Im Ergebnis wird der Bf. mangels Vorliegens einer schriftlichen Vereinbarung über den Kostenzuschuss der Stadtkapelle A oder sonstiger Unterlagen nicht gefolgt, wenn diese den Zuschuss als Mietvorauszahlung für einen Zeitraum von drei Jahren bezeichnet.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt 1: Abweisung

§ 2 Abs. 1 und 3 UStG 1994 lauten wie folgt:

"§ 2. (1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

[…]

(3) Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 ), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets

- Wasserwerke,

- Schlachthöfe,

- Anstalten zur Müllbeseitigung und

- zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie

- die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften."

§ 2 Abs. 1 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 24/2007 lautet wie folgt:

"§ 2. (1) Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist jede Einrichtung, die

- wirtschaftlich selbständig ist und

- ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht und

- zur Erzielung von Einnahmen oder im Falle des Fehlens der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr von anderen wirtschaftlichen Vorteilen und

- nicht der Land- und Forstwirtschaft (§ 21 des Einkommensteuergesetzes 1988 )

dient. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Die Tätigkeit der Einrichtung gilt stets als Gewerbebetrieb."

§ 21 Abs. 1 Mietrechtsgesetz (MRG ) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 21. (1) Als Betriebskosten gelten die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für

[…]

7. die im § 22 bestimmten Auslagen für die Verwaltung;"

§ 22 MRG lautet wie folgt:

"§ 22. Zur Deckung der Auslagen für die Verwaltung des Hauses einschließlich der Auslagen für Drucksorten, Buchungsgebühren u. dgl. darf der Vermieter je Kalenderjahr und Quadratmeter der Nutzfläche des Hauses den nach § 15a Abs. 3 Z 1 jeweils geltenden Betrag anrechnen, der auf zwölf gleiche Monatsbeträge zu verteilen ist."

Dieser Betrag betrug ab dem EUR 2,91/m2 (BGBl. II Nr. 296/2006 ) und ab dem EUR 3,08/m2 (BGBl. II Nr. 295/2008 ).

Fraglich ist, ob im streitgegenständlichen Zeitraum durch die Vermietung der bebauten Liegenschaft an den Gvbd. für die Bf. ein Betrieb gewerblicher Art iSd. § 2 Abs. 3 letzter Teilstrich UStG 1994 entstand.

Dem Wortlaut dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften stets als Betrieb gewerblicher Art iSd UStG 1994 gilt. Dies bedeutet, dass die Unternehmereigenschaft auch dann begründet wird, wenn sich die Tätigkeit wirtschaftlich nicht heraushebt und nicht von wirtschaftlichem Gewicht ist (; vgl. auch Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG, § 2 Rz 281, 322).

Es ist unstrittig, dass die Bf. eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist.

Ob eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstückes im bezeichneten Sinne vorliegt, ist nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Ein Bestandvertrag ist nach § 1090 ABGB ein Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält. Wesentlicher Bestandteil eines Bestandvertrages ist somit die Vereinbarung eines bestimmten Preises, also eines Entgelts für die Gebrauchsüberlassung. Eine Überlassung gegen einen bloßen Anerkennungszins oder gegen Ersatz der Betriebskosten reicht nicht aus, um einen zivilrechtlichen Bestandvertrag und damit eine umsatzsteuerliche Vermietung im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994 zu begründen (vgl. etwa jüngst ).

Laut § 21 Abs. 1 Z 7 iVm § 22 MRG umfassen die Betriebskosten auch einen Betrag zur Deckung der Auslagen für die Verwaltung des Hauses. Dadurch wird dem Vermieter für seine Verwaltungsauslagen aller Art ein Pauschalbetrag als Betriebskostenpost ohne Rücksicht darauf zuerkannt, ob ein Verwalter bestellt ist, und ohne Rücksicht auf die tatsächliche Höhe dieser Auslagen (). Für das Jahr 2007 lag dieser Betrag bei etwa EUR 2.274,17 (EUR 2,91 x 781,50 m2) und für die Jahre 2008 bis 2010 bei EUR 2.407,02 (EUR 3,08 x 781,50 m2). Die vom Gvbd. getragenen Betriebskosten umfassten diese Beträge nicht. Diese Beträge übersteigen auch die vom Gvbd. im streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Mietzahlungen. Somit wurden die Betriebskosten vom Gvbd. nicht vollständig abgedeckt und es kann nicht von einem entgeltlichen Mietverhältnis ausgegangen werden.

Daher ist zu prüfen, ob die Musikschule ein sonstiger Betrieb gewerblicher Art der Bf. nach § 2 Abs. 3 UStG 1994 iVm § 2 Abs. 1 KStG 1988 war.

Wie von der belangten Behörde ins Treffen geführt, gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa ) eine Bagatellgrenze iHv EUR 2.900,00 zur Bestimmung einer Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht.

Diesbezüglich brachte der Bf. das Vorliegen einer Anlaufphase ins Treffen. Im Zusammenhang mit der Anwendung der Bagatellgrenze iHv EUR 2.900,00 findet ein Anlaufzeitraum im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/13/0097, Erwähnung, ohne näher darauf einzugehen, unter welchen Umständen ein solcher zu beachten ist. Aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes sprechen in der vorliegenden Beschwerdesache die konkreten Umstände des Einzelfalls gegen eine Berücksichtigung eines Anlaufzeitraums. Es fanden zwar im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeiten zur Fertigstellung der Musikschule statt. Im Mietvertrag vom xx.xx.xxxx ist jedoch keine Rede davon, dass der jährliche Mietzins iHv EUR 120,00 für das Gebäude und iHv EUR 60,00 für die Einrichtungsgegenstände nach Abschluss der Arbeiten erhöht werden sollte, was die Voraussetzung für die Überschreitung der Bagetellgrenze und somit für eine privatwirtschaftliche Tätigkeit der Bf. von wirtschaftlichem Gewicht gewesen wäre. Zwar wurde die Miete tatsächlich mit Wirkung ab Jänner 2011 erhöht. Diese Erhöhung wurde allerdings mit einer Änderung der Mehrwertsteuer- Richtlinie begründet, "um weiterhin in den Genuss einer Vorsteuer zu kommen", und nicht etwa mit der Fertigstellung der erforderlichen Arbeiten. Im Ergebnis kann daher dem Begehren der Bf. nicht gefolgt werden.

Des Weiteren führte die Bf. einen Kostenzuschuss der Stadtkapelle A iHv EUR 25.000,00 ins Treffen, welcher als dreijährige Mietvorauszahlung einzuordnen sei. Wie bereits festgestellt, liegen weder eine entsprechende schriftliche Vereinbarung noch sonstige Unterlagen vor, aus denen sich ergeben würde, dass der Kostenzuschluss als Mietvorauszahlung für einen Zeitraum von drei Jahren zu sehen ist. Da die Nutzungvereinbarung mit der Stadtkapelle A auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde und einen Kündigungsverzicht zu ihren Gunsten bis zum zz.zz.zzzz vorsieht, wird der belangten Behörde gefolgt, wenn diese von einer Aufteilung des Kostenzuschusses auf den Zeitraum bis einschließlich 2062 ausgeht und in Folge keine Einnahmen von wirtschaftlichem Gewicht annimmt.

Zuletzt brachte die Bf. vor, dass der Gbvd. 850 Stunden an Arbeitsleistungen erbracht habe, welche ebenfalls als Mietvorauszahlung zu würdigen und iHv ca. EUR 17.000,00 anzusetzen seien. Selbst wenn dieser Betrag als Mietvorauszahlung zu würdigen wäre, so wäre dieser auf einen Zeitraum bis zum Ablauf des Kündigungsverzichtes durch die Bf. aufzuteilen und es würden im Ergebnis keine Einnahmen von wirtschaftlichem Gewicht vorliegen. Daher erübrigen sich nähere Ausführung zur Einordnung der ins Treffen geführten Arbeitsleistungen des Gvbd.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt 2: Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da sich das Erkenntnis auf die oben genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, ist keine Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100277.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at