Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2020, RV/5101372/2019

Vorbereitung auf einen Aufnahmetest zum Medizinstudium

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/5101372/2019-RS1
Die Vorbereitung auf einen Aufnahmetest zum Medizinstudium ist unabhängig von ihrem zeitlichen Umfang nicht als eigenständige Berufsausbildung im Sinne des FLAG zu werten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom zu VNR 001, mit dem zu Unrecht für das Kind K (VNR 002) für den Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 2.672,70 € zurückgefordert wurden, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beihilfendatenbank ist zu entnehmen, dass nach den gemäß § 46a Abs. 2 Zif. 4 FLAG von der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) übermittelten Daten der Sohn der Beschwerdeführerin am zum Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik zugelassen worden war. ECTS-Anrechnungspunkte abgelegter Prüfungen aus diesem Studium wurden von der JKU nicht gemeldet.

Am wurde die Beschwerdeführerin vom Finanzamt im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe aufgefordert, einen Studienerfolgsnachweis sowie ein Studienblatt/Studienbuchblatt ihres Sohnes zu übermitteln.

Am ging beim zuständigen Finanzamt das ausgefüllte Überprüfungsschreiben ein, dem lediglich eine Studienbestätigung der JKU für das Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik angeschlossen war. Demnach war der Sohn der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2018/19 als ordentlicher Studierender für dieses Studium gemeldet. Der vom Finanzamt geforderte Studienerfolgsnachweis wurde nicht erbracht.

Daraufhin wurden mit Bescheid vom , zugestellt am , von der Beschwerdeführerin die für ihren Sohn für den Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 2.672,70 € zurückgefordert. Begründet wurde die Rückforderung im Wesentlichen damit, dass der Besuch einer Universität alleine nicht ausreichend sei, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG anzunehmen. Hierzu müsse das ernstliche und zielstrebige nach außen erkennbare Bemühen treten, das Studium abzuschließen. Dies erfordere den Antritt zu den einschlägigen Prüfungen innerhalb angemessener Zeit. Trotz Aufforderung sei kein ernsthaftes und zielstrebiges Studium (Prüfungen) nachgewiesen worden. Daher bestehe für den angeführten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Darin brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ihr Sohn die letzten beiden Semester ordentlich die Uni besucht, sich jedoch während des Studiums entschlossen habe, Medizin zu studieren. Er habe sich parallel zum Wirtschaftsstudium für die Medizinaufnahmeprüfung vorbereitet. Er habe auch einen Kurs zur Vorbereitung besucht, sich diverse Bücher, Unterlagen und Apps besorgt, die Ihn bei seinem Vorhaben unterstützen sollten, die eine beachtlich finanzielle Belastung für sie bedeuten würden. So habe sich ihr Sohn nicht ganz allein auf das Wirtschaftsstudium konzentrieren können. Leider habe ihr Sohn trotz intensivem Lernen die Prüfung nicht geschafft und er versuche es das nächste Jahr erneut. Er habe sich noch nicht ganz vom Wirtschaftsstudium verabschiedet und sei an der Uni angemeldet geblieben. Falls es das nächste Mal nicht klappen sollte, werde er wieder anknüpfen. Sie könne die Ansicht des Finanzamtes nicht teilen, dass sie die Beihilfe zu Unrecht bezogen haben, da ihr Sohn nur gelernt habe und trotzdem die erforderlichen Punkte nicht erreichen konnte.

Dieser Aufnahmetest zum Studium der Humanmedizin umfasst laut Information der JKU auf ihrer Homepage (https://www.jku.at/studium/studienarten/bachelordiplom/ba-humanmedizin/anmeldung-und-aufnahmeverfahren/#c85769) folgende Fachgebiete:

•Basiskenntnisse für medizinische Studien (Biologie, Chemie, Physik, Mathematik)

•Textverständnis

•Kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten (Zahlenfolgen, Gedächtnis und Merkfähigkeit, Figuren zusammensetzen, Wortflüssigkeit, Implikationen erkennen)

•Sozial-emotionale Kompetenzen (Emotionen erkennen, soziales Entscheiden)

Zum Inhalt dieses Tests wird näher erläutert:

Der Aufnahmetest Humanmedizin - MedAT-H ist ein schriftlicher Multiple-Choice-Test, welcher aus einer 4-teiligen Gruppentestung besteht:

Der Basiskenntnistest Medizinische Studien (BMS) besteht aus einem standardisierten Kenntnistest im Multiple-Choice-Format, anhand dessen das schulische Vorwissen über medizinrelevante Grundlagenfächer, insbesondere Biologie, Chemie, Physik und Mathematik erfasst wird.

Der Textverständnistest überprüft die Lesekompetenz und das Verständnis von Texten.

Der Testteil Kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten (KFF) besteht aus 5 Aufgabengruppen und umfasst kognitive Basisfähigkeiten und -fertigkeiten, die hohe prädiktive Validität für den erfolgreichen Abschluss des Diplomstudiums der Humanmedizin aufweisen:

Zahlenfolgen (ZF): Diese Aufgabengruppe misst die Fähigkeit, allgemeine Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, Implikationen zu verstehen und logische Schlüsse zu ziehen.

Gedächtnis und Merkfähigkeit (MF): Diese Aufgabengruppe misst die kognitive Fähigkeit, sich Inhalte figuraler, numerischer und verbaler Art einzuprägen, sodass auf diese bei Bedarf flexibel zugegriffen werden kann, indem sie in einer mittelbar anschließenden Testphase wiedererkannt und richtig zugeordnet werden.

Figuren zusammensetzen (FZ): Diese Aufgabengruppe misst die kognitive Fähigkeit, visuoanalytische sowie visuokonstruktive Leistungen zu erbringen.

Wortflüssigkeit (WF): Diese Aufgabengruppe misst die Flexibilität des Abrufs von Wissensinhalten aus dem semantischen Gedächtnis.

Implikationen erkennen (IMP): Diese Aufgabengruppe misst die Fähigkeit, aus Aussagen logisch zwingende Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Der Testteil Sozial-emotionale Kompetenzen (SEK) besteht aus 2 Aufgabengruppen im Multiple-Choice-Format, die wesentliche Aspekte sozial-emotionaler Kompetenzen erfassen:

Soziales Entscheiden (SE): Diese Aufgabengruppe misst die Eigenschaft, Entscheidungen in sozialen Kontexten hinsichtlich ihrer Bedeutung zu reihen. Erfasst wird ein Bereich, der besonders in der Medizin eine hohe handlungsleitende Relevanz hat.

Emotionen erkennen (EE): Diese Aufgabengruppe erfasst die Fähigkeit, auf der Grundlage einer Beschreibung von Personen und Situationen, zu erkennen, was eine bestimmte Person in einer gegebenen Situation wahrscheinlich fühlt.

Mit Ergänzungsersuchen vom forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, folgende Unterlagen bzw. Informationen nachzureichen:

Nachweis über eventuell abgelegte negative Prüfungen im Studienjahr 2017/18 im Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik; Nachweis über besuchte Lehrveranstaltungen (Bachelorstudium); Bestätigung über die Dauer des im Beschwerdeschreiben angeführten Vorbereitungskurses (Aufnahmeprüfung Humanmedizin); Aufstellung der täglichen Lernzeiten hinsichtlich des Bachelorstudiums und der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung Humanmedizin; Bestätigung über den Termin und die Teilnahme an den Aufnahmeprüfungen (Humanmedizin); Angabe, welche der Tätigkeiten zu welcher Zeit im Vordergrund stand (die Ausführungen müssten schlüssig und nachvollziehbar sein)

Am übermittelte die Beschwerdeführerin die nachstehenden Unterlagen:

• Rechnung der JKU vom über die Kosten für das Aufnahmeverfahren Humanmedizin 2018 über 110,00 €

• vier Rechnungen über medizinische Bücher zur Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung Humanmedizin

• Registrierungsbestätigung der JKU vom für das Aufnahmeverfahren zum Bachelorstudium Humanmedizin im Studienjahr 2018/19

• Rechnung der B-Holding samt Überweisungsbestätigung zum Vorbereitungskurs für die Aufnahmeprüfung Humanmedizin über 699,00 €; Kursdauer vom bis (80 Stunden)

• Bestätigung der JKU, dass der Sohn der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2017/2018 als ordentlicher Studierender des Bachelorstudiums Wirtschaftsinformatik gemeldet war

Da von der Beschwerdeführerin nicht alle angeforderten Unterlagen beigebracht worden waren, insbesondere fehlten Nachweise über besuchte Lehrveranstaltungen und abgelegte Prüfungen aus dem Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik sowie die geforderte Darstellung des Zeitaufwandes für dieses Studium und die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für das Medizinstudium, nahm das Finanzamt laut Aktenvermerk am telefonisch mit der Beschwerdeführerin Kontakt auf. Die Beschwerdeführerin sagte die Nachreichung der fehlenden Unterlagen bis zu und wurde darauf hingewiesen, dass andernfalls die Beschwerde als unbegründet abgewiesen würde.

Am reichte die Beschwerdeführerin folgende Unterlagen nach:

• Mitteilung der JKU vom , dass der Sohn der Beschwerdeführerin aufgrund der im Aufnahmetest Humanmedizin 2018 erworbenen Punkte leider keinen Studienplatz erhalten hat

• Kursprogramm des Vorbereitungskurses MedAT für die Aufnahmeprüfung Humanmedizin im Zeitraum November 2017 bis Juni 2018

Dieser Vorbereitungskurs orientierte sich strikt am oben dargestellten Inhalt des Aufnahmetests an der JKU und umfasste demzufolge einen "Basiskenntnistest für medizinische Studien" in den Fächern Mathematik, Chemie, Biologie und Physik sowie die Gebiete Textverständnis, Kognitive Fähigkeiten (Figuren zusammensetzen, Zahlenfolgen, Gedächtnistest, Wortflüssigkeit, Implikationen erkennen) und sozial-emotionale Kompetenzen (soziales Entscheiden, Emotionen erkennen). In der vorgelegten tabellarischen Aufstellung wird auch das zeitliche Ausmaß der einzelnen Vorbereitungsteilbereiche näher dargestellt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Als Zeiten der Berufsausbildung würden nur solche Zeiten gelten, in denen aus den objektiv erkennbaren Umständen darauf geschlossen werden könne, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse genüge nicht. Ziel einer Berufsausbildung sei es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es müsse das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Zwar werde ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg nicht schon dann in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch eine Zeit in Verzug gerate. Erfolge jedoch längere Zeit hindurch kein Antritt zu den vorgesehenen Prüfungen, liege keine Berufsausbildung vor. Es sei auch zu überprüfen, ob die Art der gewählten Ausbildung in zeitlicher Hinsicht eine genügend zielstrebige Berufsausbildung überhaupt ermögliche. Eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG setze auch voraus, dass die volle oder überwiegende Zeit der Auszubildenden beansprucht werde. Da weder die positive noch negative Ablegung von Prüfungen im Bachelorstudiums Wirtschaftsinformatik, noch ein Besuch von Lehrveranstaltungen nachgewiesen worden sei, liege insofern keine Berufsausbildung vor. Eine solche könne auch nicht in der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung Humanmedizin gesehen werden, da die Vorbereitungszeit auf die "Medizinprüfung" nicht die überwiegende Zeit des Kindes beansprucht habe. Die wöchentliche Vorbereitungszeit habe laut nachgereichten Unterlagen wöchentlich nur zwischen 9:10 und 12:30 Stunden betragen.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . Darin wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass es ihrem Sohn sehr wichtig sei, unbedingt Medizin studieren zu können. Er habe am sogar in Regensburg die Aufnahmeprüfung sowie am in Linz nochmals die Aufnahmeprüfung absolviert. Er habe sich für diese Aufnahmeprüfungen wieder akribisch vorbereitet und sehr viel Zeit und Geld in die Vorbereitung investiert. Da es heute nicht einfach sei, einen Studienplatz in Medizin zu bekommen, habe er sich auf diese gründlich vorbereiten und konzentrieren und deshalb das Wirtschaftsstudium zurückstellen müssen.

Folgende, nicht ohnehin bereits aktenkundige Unterlagen schloss die Beschwerdeführerin dem Vorlageantrag an:

• Einladung der Medizinischen Fakultät Heidelberg zur Aufnahmeprüfung am

• Registrierungsbestätigung zum Zulassungsverfahren Bachelorstudium Humanmedizin an der JKU für das Studienjahr 2019/20

• Rechnung der JKU vom zum Aufnahmeverfahrens Humanmedizin 2019 über 110,00 €

• Anmeldebestätigung zum Vorbereitungskurs MedAT-H Intensivkurs für die Aufnahmeprüfung Humanmedizin inkl. Überblick über die Kursinhalte und den Aufbau

Laut Kursbeschreibung war der MedAT-H Intensivkurs 2018 optimal auf das Aufnahmeverfahren der Medizinischen Universitäten 2018 in Österreich abgestimmt und bereitete den Kursteilnehmer gezielt in allen Testbereichen vor. Er deckte in 80 Unterrichtseinheiten sowohl die kognitiven Fähigkeiten, als auch das soziale Entscheiden, Textverständnis und die Wissensbereiche (Mathematik, Biologie, Chemie, Physik) ab und lieferte authentische Information zum Aufnahmetest in Inhalt, Ablauf und Gestaltung.

Am langte beim Finanzamt weiters eine Mitteilung der JKU vom ein, derzufolge der Sohn der Beschwerdeführerin einen Studienplatz im Bachelorstudium Humanmedizin, Studienort Linz, erhalten habe.

Der Beihilfendatenbank ist zu entnehmen, dass nach den gemäß § 46a Abs. 2 Zif. 4 FLAG von der JKU übermittelten Daten der Sohn der Beschwerdeführer am zum Studium der Humanmedizin an der JKU zugelassen wurde. Erst an diesem Tag endete auch seine am erfolgte Zulassung zum Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung derselben.

Dem Abgabeninformationssystem ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom die Entrichtung des noch offenen Rückforderungsbetrages in Raten bewilligt wurde.

Beweiswürdigung

Die Beschwerdeführerin hat trotz wiederholter Aufforderung durch das Finanzamt keinerlei Nachweise dafür erbracht, dass ihr Sohn das Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik an der JKU tatsächlich betrieben hat. Vorgelegt wurden lediglich die Meldungen zu diesem Studium (Zulassungsbestätigungen). Es wurde auch nicht glaubhaft gemacht, dass und welche Lehrveranstaltungen konkret überhaupt besucht worden wären. Ebenso wenig wurde behauptet oder belegt, dass ihr Sohn zu irgendeiner Prüfung in diesem Studium angetreten wäre. Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Würdigung dieser Umstände davon aus, dass der Sohn der Beschwerdeführerin zwar vom bis (somit vier Semester) zum Studium der Wirtschaftsinformatik an der JKU zugelassen war, dieses aber tatsächlich nicht betrieben hat.

Im Übrigen ergibt sich der unstrittige Sachverhalt aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, den Eintragungen in der Beihilfendatenbank sowie dem Abgabeninformationssystem, und den allgemein zugänglichen Informationen auf der Homepage der JKU.

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen (§ 26 Abs. 1 FLAG). Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 EStG iVm § 26 Abs. 1 FLAG auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge.

Erwägungen

1) Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik

Das Studium an einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung, insbesondere an einer österreichischen Universität, stellt eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar. Dies gilt allerdings nur dann, wenn dieses Studium auch tatsächlich betrieben wird. Die Zulassung zu diesem Studium allein genügt für die Annahme einer Berufsausbildung nicht. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich die Aussage in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, dass die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr gilt, nur auf das Erfordernis eines Studiennachweises, der für das erste Studienjahr ex-ante nicht erbracht werden kann. Der Entfall eines Kriteriums für den Studienfortgang im ersten Studienjahr lässt aber das Erfordernis, dass ein Studium überhaupt betrieben wird, um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, unberührt. Wenn über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus keine Aktivitäten in Richtung eines Studiums gesetzt werden, liegt keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG vor ().

Die jedem Studenten eingeräumte und auch vom Gesetzgeber in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 (betreffend eine Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG) erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen, bedeutet zwar einerseits nicht, dass detaillierte Nachweise zu erbringen wären, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird. Andererseits kann diese akademische Freiheit aber nicht dahingehend aufgefasst werden, dass eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG durch Besuch einer in § 3 des StudFG genannten Einrichtung auch dann vorläge, wenn tatsächlich keine Aktivitäten in Richtung eines Studiums gesetzt werden ().

Aufgrund der im Rahmen der Beweiswürdigung festgestellten Umstände war davon auszugehen, dass der Sohn der Beschwerdeführerin das Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik an der JKU tatsächlich nicht im oben dargestellten Sinn betrieben hat. Die bloße Zulassung zu diesem Studium begründet noch keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

2) Vorbereitung auf den Aufnahmetest zum Studium Humanmedizin

In mehreren Studien ist nunmehr Voraussetzung für die Aufnahme als Student, dass vor dem eigentlichen Studienbeginn Aufnahmetests abgelegt werden. Paradebeispiel hierfür sind die Aufnahmetests für das Medizinstudium. Auch an der JKU wird daher für die Zulassung zum Humanmedizinstudium nicht nur die allgemeine Universitätsreife (z.B. Matura) gefordert, sondern auch ein positiver Abschluss des MedAT Aufnahmetests.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , oder ). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ().

Diese Kriterien erfüllen aber weder die Aufnahmetests zur Zulassung zum Medizinstudium selbst, noch die vom Sohn der Beschwerdeführerin besuchten Vorbereitungskurse zu diesen Aufnahmetests. Die fachliche Qualifikation für die Ausübung des Berufes als Arzt und das dafür erforderliche medizinische Fachwissen wird erst im Medizinstudium vermittelt. Im Vorbereitungskurs MedAT, den der Sohn der Beschwerdeführerin im Zeitraum November 2017 bis Juni 2018 besuchte, wurden "Basiskenntnisse" in den Fächern Mathematik, Chemie, Biologie und Physik "getestet". Der Vorbereitungskurs diente damit dem Test und allenfalls der "Auffrischung" der in den höheren Schulen bis zur Reifeprüfung erworbenen Kenntnisse in diesen Fächern. Den vorgelegten Kursunterlagen ist aber nicht zu entnehmen, dass darüberhinausgehendes Wissen vermittelt worden wäre. Auch der Aufnahmetest an der JKU selbst beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf einen "Basiskenntnistest" hinsichtlich des "schulischen Vorwissens" in den genannten Fächern. Die kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sowohl Gegenstand des Vorbereitungskurses als auch des vom bis besuchten Intensivkurses sowie des Aufnahmetests selbst waren, sind zwar für jedes Studium ebenso von Bedeutung wie die dargestellten sozial-emotionalen Kompetenzen, stellen aber keine fachspezifische Wissensvermittlung im Sinne einer konkreten Berufsausbildung dar.

Dazu kommt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgesprächs noch keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellen (vgl. Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Tz 45 zu Aufnahmeprüfungen; ; ).

Da aus all diesen Gründen die vom Sohn der Beschwerdeführerin besuchten Vorbereitungskurse zum MedAT Aufnahmetest somit schon grundsätzlich keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellen, kommt es auch nicht auf den zeitlichen Umfang dieser Vorbereitungskurse an. Die Vorbereitung auf eine Aufnahmeprüfung zum Medizinstudium ist (unabhängig von ihrem zeitlichen Umfang) nicht als eigenständige Berufsausbildung im Sinne des FLAG zu werten ().

Da sich der Sohn der Beschwerdeführerin somit im beschwerdegegenständlichen Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 in keiner Berufsausbildung im Sinne des FLAG befand, bestand in diesem Zeitraum kein Beihilfenanspruch der Beschwerdeführerin.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung derselben sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich (Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Rz 12 ff mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at