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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.07.2020, RV/6100104/2020

Beschwerde gegen Haftungsinanspruchnahme gem. §§ 9 und 80 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde des ***1***, vertreten durch ***2***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch ***3***, vom betreffend Haftungsinanspruchnahme gem. § 9 iVm § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdeführer gemäß den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung im Ausmaß von € 45.681,23 herangezogen wird.

Zur Gliederung der Haftungssumme siehe in der Beilage, die einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom wurde der Beschwerdeführer (Bf) ***1*** gemäß den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschulden der Fa. ***4*** GmbH (kurz GmbH), FN ***5***, im Ausmaß von
€ 48.235,05, siehe Aufgliederung im Haftungsbescheid (überwiegend Umsatzsteuern, samt Nebengebühren), herangezogen.

In der Begründung wurde ausgehend von § 9 BAO im Wesentlichen auf die Bestimmung nach
§ 80 BAO und die aufgrund der ständigen Rechtsprechung geltenden Beweislastumkehr hingewiesen. Zu den abgabenrechtlichen Pflichten eines Vertreters gehöre es jedenfalls, dafür zu sorgen, dass die Abgaben (Erg. aus den Mitteln die er verwaltet) entrichtet werden.

Die im Spruch angeführten Abgabenschuldigkeiten seien bei der Primärschuldnerin uneinbringlich, da mit Beschluss vom ***6*** das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet (Erg. und deswegen auch aufgelöst) wurde.

Hingewiesen wurde darauf, dass der Bf mit Schreiben vom aufgefordert wurde, die Gründe für die Nichtabfuhr der Abgaben darzulegen. Dieses Schreiben sei mit Antwort vom ***6*** nicht ausreichend beantwortet worden, weshalb mit ein Ersuchen um Ergänzung erging. Diesem Ersuchen sei nur unzureichend nachgekommen worden.
Hingewiesen wurde darauf, dass wenn der Vertreters nicht nachweist, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, so könnten ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden.
Hingewiesen wurde er auch darauf, dass es dem Vertreter obliege entsprechende Beweisvorsorge zu treffen. Dies jedenfalls dann, wenn zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Tätigkeit Abgabenschulden aushaften.

Auf die im Haftungsbescheid zu treffende Ermessensentscheidung (welche zu Ungunsten des Bf getroffen wurde) wird verwiesen.

Die diesen Haftungsbeträgen zugrundeliegenden Abgabenbescheide wurden übermittelt.

Diesem Haftungsbescheid war der detaillierte Vorhalt vom (samt Aufgliederung der Abgabenschulden nach Fälligkeiten) betreffend die mögliche Heranziehung des Bf zur Haftung für ca. € 49.000,-- (Erg. im Wesentlichen der spätere Haftungsbetrag) vorangegangen.
Darin wurde explizit ausgeführt, dass wenn die Primärschuldnerin bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichende Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, werde der Bf ersucht, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssten alle damaligen Gläubiger der GmbH (auch die zur Gänze bezahlten), sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem seien alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.
Auf die aufgrund der ständigen Rechtsprechung dem Bf obliegende Nachweispflicht für die zur Verfügung stehenden Zahlungsmittel und in welchem Ausmaß andere Gläubiger befriedigt wurden - somit geltende Beweislastumkehr - wurde verwiesen.

Dieser Vorhalt wurde seitens des Bf mit Anbringen vom beantwortet.
Darin gab er bekannt, dass seine Tätigkeit als Geschäftsführer mit ***7*** geendet habe.
Zu Lohnabgaben 10 und 11/2016 führte er aus, dass seit 10/2016 keine Gehälter mehr ausbezahlt worden seien.

Mit dem Finanzamt Villach sei eine Ratenvereinbarung mit monatlich € 5.000.-- getroffen worden, welche so weit als möglich eingehalten wurde.

Lt. beiliegender OP-Listen Kreditoren per August und Oktober 2016 sei ersichtlich, dass bis auf Telefon A1 im August keine Lieferanten bezahlt wurden.

Im Zeitraum 9-11/2016 seien an das Finanzamt Zahlungen in Höhe von
€ 15.799,26 geleistet und im Verhältnis zu anderen Gläubigern bevorzugt behandelt worden.

Lediglich Bankverbindlichkeiten seien durch eine Haftungsinanspruchnahme von ihm selbst persönlich wesentlich reduziert worden.

Das Finanzamt sei somit keinesfalls benachteiligt, sondern bevorzugt behandelt worden.

Mit Ersuchen um Ergänzung des Finanzamtes vom wurde dem Bf mittgeteilt, dass die von ihm beigebrachten Unterlagen unzureichend seien.
Der Bf wurde aufgefordert eine Aufstellung nachzureichen, welche
die jeweiligen Abgabenarten, den Fälligkeitstag für jede einzelne Abgabe, die jeweiligen Finanziellen Mittel zum Fälligkeitszeitpunkt der jeweiligen Abgaben, den Stand der Gesamtschulden am Fälligkeitstag der Abgaben, den Stand der Abgabenschulden insgesamt zu den Fälligkeitstagen, die Tilgungsquote der Abgaben sowie die Tilgungsquote sämtlicher Verbindlichkeiten insgesamt.

Weiters wurde er ersucht die Ausführungen betreffend Reduzierung der Bankverbindlichkeiten entsprechend zu konkretisieren (z.B. wann war die Fälligkeit?).

Dieser Vorhalt wurde durch die ausgewiesene Vertreterin des Bf mit Anbringen vom dahingehend beantwortet, dass sich sämtliche Unterlagen in der BRD befänden weshalb um Fristverlängerung ersucht wurde.

Mit Anbringen vom teilte der Bf (selbst) mit, dass er über keine Unterlagen mehr verfügen würde.
Er versicherte, dass ab Mitte 2016 nur Zug um Zug Geschäfte getätigt worden seien. Gehalt habe er sich nur bei gleichzeitiger Liquidität für die Lohnnebenkosten ausbezahlt. Auf die Ratenvereinbarung mit dem FA Villach wurde wiederum verwiesen.

Weiters verwies er auf eine Haftungsforderung mit der seine Bank nach dem Konkurs in Höhe von € 25.000,-- auf ihn zugekommen sei und die er bezahlt habe.

Auf das weitere Vorbringen betreffend Kontokorrentkredit bei der Bank, seine Gehaltsforderung sowie Forderung betreffend Kilometergeld (welche noch offen seien) wird verwiesen.

Festgestellt wird, dass dazu außer einer Vereinbarung über die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit vom ***7*** keine Unterlagen vorgelegt wurden.

Gegen den oben angeführten Haftungsbescheid erhob der Bf durch seine ausgewiesene Vertreterin mit Anbringen vom das Rechtsmittel der Beschwerde.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Bf in seinem Schreiben vom dargelegt habe, dass hinsichtlich Finanzamt keine Gläubigerbenachteiligung vorliege, sondern im Gegenteil an das Finanzamt im Verhältnis zu anderen Gläubigern viel höhere Zahlungen erfolgt seien.
Wiederholt wurde, dass der Bf als einziger Angestellter für Oktober, November und Dezember kein Gehalt mehr bezogen hätte, weshalb die Lohnsteuer wegfallen müsste.

Bezüglich Unterlage wurde nunmehr ausgeführt, dass beim Bf durch das Finanzamt Linz bei einer Hausdurchsuchung sämtliche Unterlagen Beschlagnahmt worden seien, sodass es derzeit nicht möglich wäre den Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung zu erbringen. Es wurde daher um Fristverlängerung ersucht.

Nach bewilligter Fristverlängerung erfolgte mit eine Stellungnahme und wurden dazu die Beilagen (1-6) vorgelegt.
Darin wurde ausgeführt, dass die einzige Firma der nennenswerte Beträge bezahlt worden wären die ***8*** war, deren Leistungen Zug um Zug bezahlt werden hätte müssen. Andernfalls die erforderlichen Unterlagen zur Weiterfakturierung an Kunden (Zahlungseingänge iHv. € 175.860,00) nicht erfolgen hätten können.

Die Reduktion bei der Bank (siehe angeführtes Bankkonto) sei durch eine Einzahlung des Bf erfolgt, da eine private Haftung für Kredite der GmbH geltend gemacht worden sei. Ansonsten hätten sich die Schuldenstände, wie aus Beilage 1 ersichtlich nur unwesentlich verändert. Auch bei Gläubigergleichbehandlung wären für die Tilgung der Finanzamtsverbindlichkeiten maximal 5-10.000,-- Euro zur Verfügung gestanden.
Es werde daher aufgrund der vorliegenden Unterlagen ersucht, den Haftungsbetrag auf 10 %, das seien € 4.895,76, zu beschränken.

Dieser Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom teilweise Folge gegeben und die Haftung auf € 45.624,96 eingeschränkt. Eine Begründung für die Einschränkung erfolgte nicht.

Im Übrigen wurde insbesondere darauf verwiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es Aufgabe des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die GmbH die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darauf (Beweislastumkehr).
Hingewiesen wurde auch darauf, dass der Bf bereits mit Vorhalt vom und mit Ersuchen um Ergänzung dazu aufgefordert worden war, die behauptete Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes glaubhaft zu machen und zwar durch Beibringung einer detaillierten Aufstellung.
Die mit vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.
Es gehe daraus nicht hervor, in welcher Höhe Mittel zur Verfügung gestanden hätten, wie sie verwendet worden seien und in welcher Höhe die Verbindlichkeiten vom Zp. der ersten Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bis zur Konkurseröffnung aushafteten.

Das beim Finanzamt Linz laufende Verfahren habe dagegen keinen Einfluss auf die Heranziehung zur Haftung.

Dagegen richten sich die durch die ausgewiesene Vertreterin des Bf eingebrachten Vorlageanträge vom (eingebracht beim FA Linz zur StNr. des Bf) und vom , in denen die Vorlage der "Beschwerdevorentscheidung" beantragt wurde.
Darin wurde vorgebracht, dass eine Begründung nachgereicht werden würde.

Mit Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes (Anm. in der BAO nicht vorgesehen) wurde die fehlende Begründung des Vorlageantrages urgiert.

Dieser Auftrag wurde mit Anbringen durch die ausgewiesene Vertreterin vom dahingehend beantwortet, dass aus den übermittelten Unterlagen ersichtlich sei, dass dem Finanzamt im Zeitraum Juni bis Oktober 2016 ein hoher Prozentanteil an Zahlungen geleistet wurde.
Auf die Bewilligung eines Zahlungserleichterungsansuchen, welches vom Bf bis zu seiner Abberufung eingehalten worden sei, wurde wiederum verwiesen.

Eingeräumt wurde, dass höhere Zahlungen an die Fa. ***8*** aus den bereits genannt Gründen erfolgt seien. Bei Zahlungen von € 110.000,-- hätten für Leistungen dieser Firma Erlöse in Höhe von € 175.860,-- erzielt werden können, welche für die Begleichung der Verbindlichkeiten herangezogen worden seien.

Auch bei völliger Gläubigergleichbehandlung wären für die Tilgung von Finanzamtsverbindlichkeiten maximal € 10.000,-- zur Verfügung gestanden und werde ersucht die Haftung auf diesen Betrag zu beschränken.

Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:

Aus dem Abgabenkonto der GmbH (aktuelle Rückstandsaufgliederung) ist zu ersehen, dass die Körperschaftsteuervorauszahlungen im Betrag von € 2.049,-- weggefallen sind und sich die Umsatzsteuer 2014 auf € 6.485,42 (somit um € 298,--) verringert hat. Der haftungsgegenständliche Abgabenrückstand verringert sich daher auf € 45.888.05.

Die Fälligkeit der Lohnsteuer 11/2016 iHv. € 206,82 liegt mit nach der Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion. Der Haftungsbetrag verringert sich daher auf € 45.681,23.

Wie der Rückstandsaufgliederung vom (Zp. Ansuchen um ZE; in Höhe von
€ 51.967,91) zu entnehmen ist, waren alle Abgaben (überwiegend Umsatzsteuerbeträge; mit Ausnahme des SZA 2014, iHv. € 610,--, fällig am ) für die um Zahlungserleichterung angesucht wurde bereits vorher fällig (zB. USt 04/2016 bereits am ).
Der haftungsgegenständliche Säumniszuschlag 2016 iHv. € 544,43 war nicht im Rückstand enthalten.

Aus den vorgelegten Saldenlisten (zum 30. Juni bzw. ) ist zu ersehen, dass bei der vom Bf angesprochenen Bank (Konto 2820) im Juni 2016 ein Guthaben von ca. € 3.000,--, im Oktober 2016 ein Guthaben von ca. 38.000,-- bestand.
Die Lieferverbindlichkeiten (Konto 3300) betrugen zum ca.
€ 78.000,--.

Aus der vom Bf vorgelegten Aufstellung vom über Zahlungen, sowie der Verbindlichkeiten zum Stand 30. Juni bzw. ist folgendes festzustellen:

Zahlungen wurde ab dar - bzw. - gegenübergestellt.
Betreffend "Finanzamt" wurden Zahlungen von ca. € 22.000,-- angeführt.
Vom Juni bis Oktober stieg der Rückstand dennoch von ca.€ 35.900,-- auf ca.
€ 57.900,--, somit auf rd. 160%, an.
Sämtliche andere Schulden konnten bis auf diverse Lieferanten (hier Anstieg auf rd. 111% verringert werden; zB. GKK sowie Löhne und Gehälter).
Wesentliche Zahlungen iHv. € 110.000,-- erfolgten lt. Darstellung an einen einzelnen Gläubiger, sodass bei diesem der Schuldenstand auf 99% verringert werden konnte (siehe dazu auch das spezielle Vorbringen des Bf dazu).

Rechtslage und Erwägungen

§ 9 Abs. 1 BAO lautet:

Die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO lautet:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Zur teilweisen Stattgabe der Beschwerde ist auf die Verringerung des Haftungsbetrages (für K-Vz und USt 2014) in Höhe von € 2.347,--zu verweisen, sodass sich der Haftungsbetrag auf
€ 45.888,05 verringert.
Da der Bf seine Geschäftsführertätigkeit mit ***7*** beendet hat ist für die danach fällige Lohnsteuer 11/2016 iHv € 26,82 eine Haftung nicht auszusprechen.
Der Haftungsbetrag verringert sich daher auf € 45.681,23.

Im Übrigen kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu.

Unbestritten blieb, dass die Bf im Haftungszeitraum (vom bis ; Fälligkeitstage) Geschäftsführer der GmbH war und die nunmehr aushaftenden Abgaben bei dieser nicht eingebracht werden konnten. Dazu ist auf den Beschluss des Gerichtes vom ***6*** zu verweisen, wonach das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet und die Firma wegen Zahlungsunfähigkeit aufgelöst wurde.

Bezüglich der Umsatzsteuer 2014 blieb unbestritten, dass dem Bf zum Zeitpunkt der Fälligkeit, dem , keine oder keine ausreichenden Mittel für die Entrichtung zur Verfügung standen.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass bei Selbstbemessungsabgaben es maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären; maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob bzw. wann die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (siehe z.B. ).
Dazu wurden vom Bf im Sinne einer Beweislastumkehr keine Ausführungen gemacht. Dass die Festsetzung dieser Umsatzsteuer erst im Juni 2016 erfolgte (die Nachforderung betrug ca.
€ 30.000,--; Haftungsbetrag noch € 6.485,42) und somit allenfalls nur mehr die Mittel zur anteiligen Entrichtung vorhanden waren, ist daher ohne Relevanz.

Der Bf wurde im Haftungsverfahren seitens des Finanzamtes im Vorhalt vom , im Ergänzungsersuchen vom , sowie im Haftungsbescheid selbst und in der BVE auf die im Übrigen geltende Beweislastumkehr hingewiesen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist die Gründe darzulegen, die ihn an der Entrichtung der Abgaben gehindert haben (siehe dazu zB. ). Andernfalls vom schuldhaften Verhalten des Geschäftsführers ausgegangen werden kann.
Dazu wurde seitens des Finanzamtes auch festgestellt, dass der Bf in seinen Vorbringen dem nicht in ausreichender Weise nachgekommen ist (insbesondere hinsichtlich der Darstellung und Verwendung der vorhandenen Mittel; zu den Fälligkeitszeitpunkten, bzw. parallel dazu die Entwicklung der Verbindlichkeiten).
Dem ist seitens des BFG beizupflichten, da eine Darstellung der zu den Fälligkeitszeitpunkten vorhanden Mittel und deren Verwendung zur Gänze fehlt.
Der Aufstellung vom fehlen Angaben bzw. Nachweise (Zahlungen, vorhandene Mittel) für den Monat Juni 2016, in dem wesentliche Beträge an Umsatzsteuer 04/2016 (lt. Haftungsbetrag noch € 26.261,56 und
€ 960,-- ), somit mehr als die Hälfte der rückständigen Abgaben fällig wurden.

Zudem liegen seitens des Bf widersprüchliche Aussagen vor, für die keine Nachweise erbracht wurden.
Beispielsweise sei das Finanzamt im Zeitraum 9-11/2016 durch Zahlungen von ca. € 15.800,-- im Verhältnis zu anderen Gläubigern ohnedies besser gestellt worden (Schreiben vom ). Aus der Aufstellung des Bf vom ergibt sich jedoch eine Schlechterstellung des Finanzamtes (Anstieg des Abgabenrückstandes auf 160%).
Bezüglich Buchhaltungsunterlagen wurde angegeben, dass diese in der BRD wären, in weiterer Folge wurde angegeben dass sie vom FA Linz beschlagnahmt worden seien.
Dazu ist ohnedies, wie schon vom Finanzamt ausgeführt wurde, auf die bestehende Beweisvorsorgepflicht zu verweisen, sodass der Bf durch fehlende Unterlagen nicht entschuldigt wird.
Eingestanden wurde jeweils, dass Zug um Zug Geschäfte getätigt wurden, sodass jedenfalls teilweise von 100% Befriedigung auszugehen ist. Ein Nachweis bzw. konkrete Aufstellungen dazu erfolgten nicht.
Unklar bleibt zudem dass Bankschulden vom Bf persönlich reduziert worden seien, wobei ein Zusammenhang mit dem gegenständlichen Haftungszeitraum (im Wesentlichen Juni bis Oktober 2016) nicht erkennbar ist.
Der Aufforderung des Finanzamtes (vom ) dies entsprechend zu konkretisieren kam der Bf nicht nach.
Zum einen sei die Reduktion (€ 25.000,--) erst nach dem Konkurs der GmbH erfolgt, zum anderen weist das Bankkonto lt. Saldenlisten für Juni und Oktober 2016 ohnedies ein Guthaben aus.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf der geforderten Nachweispflicht, dass die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt wurden, nicht nachgekommen ist. Auf ihm lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (siehe ).
Dazu erfolgten seitens des Bf lediglich Schätzungen, wonach der Haftungsbetrag auf 10% (€ 4.895,76) oder auf einen Betrag von € 10.000,-- (das sind ca. 22 % vom Haftungsbetrag lt. BVE) beschränkt werden möge. Konkrete nachvollziehbare Unterlagen (es fehlt schon eine Aufstellung für Juni 2016, bzw. der Nachweis der liquiden Mittel zu den Fälligkeitstagen) wurden nicht vorgelegt.

Da somit eine Gleichbehandlung der Gläubiger im Sinne der Beweislastumkehr seitens des Bf nicht nachgewiesen wurde, ist vom Verschulden des Bf auszugehen, welches kausal für die Nichtentrichtung der Abgaben anzusehen ist. Der Bf kann nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zur Gänze für die aushaftenden Abgaben herangezogen werden und ist diese somit zur Gänze auszusprechen.
An dieser Einschätzung ändert nichts, dass der Bf im Zeitraum Juli bis Oktober 2016 (unbestritten) nicht unerhebliche Zahlungen in Höhe von ca. € 22.000,-- an das Finanzamt geleistet hat.

Aus § 78 Abs. 1 und 3 EStG 1988 ergibt sich, dass wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen vereinbarten Arbeitslöhne nicht ausreichen, so ist die Lohnsteuer von den tatsächlich zur Auszahlung gelangten niedrigeren Beträgen zu berechnen und einzubehalten. In solchen Fällen dürfen Löhne daher nicht in voller Höhe ausbezahlt werden, sie sind anteilig zu kürzen und die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer zur Gänze zu entrichten.
Die gegenständlichen Lohnabgaben 09/2016 und 10/2016 wurden dem Finanzamt mittels Voranmeldung von der GmbH selbst bekannt gegeben.
Das für den September 2019 noch Lohn aus bezahlt wurde blieb unbestritten.
Dafür, dass im Oktober 2016 kein Lohn mehr ausbezahlt wurde, wurde kein Nachweis erbracht.

Die Unterlassung der Abfuhr der Lohnsteuer stellt damit eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten dar (siehe ).

Zum Einwand betreffend das im August 2016 beantragt und bewilligte Ratenansuchen ist auszuführen, dass nur ein rechtzeitiges - vor Fälligkeit der Abgaben - gestelltes Ansuchen ein Verschulden ausschließen kann (siehe dazu bzw. UFS Entscheidung zu RV/0716-L/04, im Umkehrschluss).
Da sämtliche Abgaben, mit Ausnahme eines Säumniszuschlages (betreffend
€ 610,76) bereits vor Stellung des Zahlungserleichterungsansuchens fällig waren, kommt eine Schuldbefreiende Wirkung dieses Ansuchens von vorneherein für diese Abgaben nicht in Frage. Von einem Verschulden ist bereits aufgrund der Nichtentrichtung zu den Fälligkeitszeitpunkten auszugehen.
Andererseits konnte das Ansuchen für im Rückstand nicht enthaltene Abgaben (Sz. 2016,
€ 544,43) keine Wirkung entfalten.
Die Frage eines rechtzeitigen Ansuchens um Ratenzahlungen stellt sich daher nur für den Säumniszuschlag 2014).

Wenn der Bf ausführt, dass das Zahlungserleichterungsansuchen im Wesentlichen eingehalten wurde, ist auf die Feststellungen aus dem Akteninhalt zu verweisen, wonach der Rückstand trotzt des Ansuchens und der unbestritten geleisteten Ratenzahlungen bis zur Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit sogar angestiegen ist (von ca. € 51.900,-- auf € 52.900).
Dem Finanzamt kann daher (wie in der Beschwerdevorlage ausgeführt) nicht entgegengetreten werden, wenn im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung davon auszugehen ist, dass diesem Ansuchens eine Gefährdung der Einbringlichkeit zugrunde lag, weshalb die erfolgte Bewilligung dieses Ansuchen zu Unrecht bewirkt wurde. Daran ändert auch die erst später erfolgte Nichteröffnung des Konkurses im Juni 2017 nichts.

Da somit eine Gleichbehandlung der Gläubiger im Sinne der Beweislastumkehr seitens des Bf nicht nachgewiesen wurde und auch keine weiteren relevanten Gründe vorliegen, ist vom Verschulden des Bf auszugehen, welches kausal für die Nichtentrichtung der Abgaben anzusehen ist.

Der vom Finanzamt zu Ungunsten des Bf getroffen Ermessensentscheidung ist zu folgen, da die Haftungsinanspruchnahme die einzige Möglichkeit darstellt, den Abgabenausfall zu kompensieren.

Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (der Beweislastumkehr wurde im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht nachgekommen; siehe z.B. , ebenso die VwGH Rechtsprechung zu Ratenansuchen), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100104.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at