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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.05.2020, RV/3100393/2019

Zurückweisung wegen verspäteter Beschwerdeerhebung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100393/2019-RS1
Wird eine Beschwerde von einer dazu nicht legitimierten Person in eigenem Namen eingebracht, ist ein nachträgliches "Auswechseln" der beschwerdeführenden Person fristwahrend nicht zulässig.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B****** gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ab Juni 2018

beschlossen:

I.

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen (§ 260 Abs 1 lit b BAO).

II.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang:

Mit Eingaben vom beantragte die Beihilfenwerberin die Auszahlung der Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für ihre am [Geb.Dat.] geborene Tochter [Name]. Beigelegt wurde eine Arbeitsbestätigung, nach welcher die Tochter seit Jänner 2018 in ungekündigter Stellung als Arbeiterin beschäftigt sei.

Das Finanzamt veranlasste die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens und einer Bescheinigung durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen.

Mit Bescheid vom wurden diese Anträge für den Zeitraum ab Juni 2018 abgewiesen. Dies unter Bezugnahme auf § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 und das ärztliche Gutachten (gemeint wohl: die Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen) vom , nach welchem bei der Tochter keine "dauernde Erwerbsunfähigkeit" vorliege.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Diese wurde von der Tochter in ihrem Namen eingebracht und (nur) von der Tochter unterzeichnet.
In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass sie seit Geburt an einer näher bezeichneten körperlichen Behinderung leide und daher nicht fähig sei, mehr als 25 Stunden pro Woche zu arbeiten und sich damit selbst zu erhalten.
Sie habe im Jahr 2014 ihren Hauptschulabschluss gemacht und danach keine Arbeit bekommen. Im Jahr 2016 habe sie an einem Kurs "für Jobsuche (Ausmaß 25 St./Woche)" teilgenommen. Während dieser sechs Monate habe sie die "erhöhte Familienbeihilfe" erhalten. Nach Abschluss des Kurses sei diese wieder eingestellt worden.
Sie wäre dann weiterhin auf Arbeitssuche gewesen und habe sich sodann auf eine Stelle beworben, für welche die "Einschätzung einer Behinderung von 50% Voraussetzung" gewesen sei. Diese Stelle habe sie erhalten und arbeite seit Jänner 2018. In ihren Tätigkeiten sei sie auf Grund der Behinderung aber eingeschränkt. Auch könne sie nicht lange stehen und nicht länger als fünf Stunden pro Tag arbeiten.
Sie wäre im Juli 2018 von einer ärztlichen Sachverständigen untersucht worden. Diese habe nur die Körpergröße und das Gewicht aufgenommen und in Nase und Ohren gesehen. Diese habe nicht gefragt, in welchem Bereich die Tochter arbeite und ob und wo sie Schmerzen habe. Die Befunde der Klinik habe die Ärztin erst Tage nach der Untersuchung erhalten. Sie hätte von der Ärztin kein Gutachten erhalten (Anmerkung: Das in Rede stehende Gutachten war der Beschwerde beigelegt!). Die Gutachten aus den Jahren 2011 und 2014 (Anmerkung: welche der Beschwerde ebenfalls beigelegt wurden) habe die Ärztin scheinbar nicht gesehen. Die in den letztgenannten Gutachten angeführten Beschwerden wären nicht geringer geworden. Die "damaligen" Ärzte hätten dies gesehen, die dritte Ärztin "nicht mehr". Beigelegt waren der Beschwerde auch eine Reihe ärztlicher Berichte aus den Jahren 2014 und 2015.

Das Finanzamt übermittelte die Beschwerde Anfang Dezember 2018 unter Anschluss sämtlicher vorgelegten Unterlagen und einem Sozialversicherungsauszug dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen und veranlasste die Erstellung eines neuen ärztlichen Gutachtens.
Gleichzeitig wurde ein Ersuchen um Ergänzung verfasst. Der Beihilfenwerberin wurde mitgeteilt, dass nur sie selbst berechtigt sei, eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid einzubringen. Aus diesem Grund werde sie ersucht, "die Beschwerde nochmals auszudrucken und mit Ihrer Unterschrift versehen an das Finanzamt" zu Handen der Sachbearbeiterin zu retournieren. Auch werde gebeten eine Bestätigung über die Dauer eines Kursbesuches der Tochter (in den Jahren 2015 und 2016) beizubringen.

Die Beihilfenwerberin kam dieser Aufforderung Ende Dezember 2018 nach.

In der Folge ersuchte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen das Finanzamt um Übermittlung des Pflegegeldbescheides betreffend die Tochter. Dieser Aufforderung kam das Finanzamt nach.

Im neu erstellten ärztlichen Gutachten und der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 28. Feber 2018 wurde sodann wiederum festgestellt, dass die Tochter voraussichtlich nicht dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen des FLAG 1967 führte das Finanzamt aus, dass auch nach dem neuen ärztlichen Gutachten keine "dauernde Erwerbsunfähigkeit" vorliegt.

Daraufhin beantragte die Beihilfenwerberin mit einer - auf Grund des Verfahrensablaufes auch ihr zuzurechnenden - Eingabe vom die "Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag)", um einer allfälligen Fristversäumnis vorzubeugen. Es wäre von der Sachbearbeiterin in einem Telefonat zugesichert worden "nochmals ein Sachverständigengutachten" zuzuschicken, von dem die Beihilfenwerberin noch nichts wisse. Auch sei ihrerseits noch ein Gutachten ausständig, in dem eine Ärztin "die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit festhalten" werde. Dieses würde sobald als möglich nachgereicht. Die Tochter sei inzwischen seit Oktober 2018 ohne Arbeit und würden alle Befunde bezüglich ihrer Erkrankung im Finanzamt aufliegen.

Mitte Mai 2019 wurde ein ärztlicher Befund vom übermittelt. In diesem würden - so die Beihilfenwerberin - die Gründe der Erwerbsunfähigkeit der Tochter gut beschrieben. Auch sie selbst führte nochmals zusammengefasst die behinderungsbedingten Einschränkungen an und gab an, dass es nicht absehbar sei, ob es zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Einschränkungen kommen könne.

Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung.

2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der nachfolgend angeführte Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes.

a) Die Tochter der Beihilfenwerberin wurde am [Geb.Dat.] geboren und vollendete das 21. Lebensjahr daher am [Geb.Dat.+21]. Zu diesem Zeitpunkt stand die Tochter nach den eigenen Ausführungen in der Beschwerde jedenfalls nicht mehr in Berufsausbildung, sondern war auf Arbeitssuche, nachdem ein Berufsvorbereitungskurs mit beendet worden war.

b) Familienbeihilfe wurde für die Tochter der Beihilfenwerberin bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und für die Zeit des Vorbereitungskurses von September 2015 bis Juni 2016 gewährt.

c) In der Zeit von [von-bis] 2018 stand die Tochter der Beschwerdeführerin in einem Dienstverhältnis als Arbeiterin.

d) Betreffend die Tochter der Beihilfenwerberin wurden durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen mehrere medizinische Gutachten beauftragt und darauf basierend Bescheinigungen erstellt. Diese stammen aus den Jahren 2003, 2008, 2011, 2014, 2018 und 2019. In allen diesen Gutachten und Bescheinigungen wird festgehalten, dass die Tochter voraussichtlich nicht ständig außer Stande sein wird, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

3. Rechtslage:

§ 245 Abs 1 BAO bestimmt, dass die Beschwerdefrist einen Monat beträgt.

Nach § 246 Abs 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

§ 260 Abs 1 BAO bestimmt, dass die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht (§ 85 Abs 2 BAO).

Nach § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um einen bestimmten Betrag monatlich (§ 8 Abs 4 FLAG 1967).

Gemäß § 8 Abs 6 FLAG 1967 ist die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

4. Erwägungen:

Im vorliegenden Fall wurde mit Ausfertigungsdatum ein Bescheid an die Beihilfenwerberin erlassen, mit welchem ihr Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre oben genannte Tochter ab Juni 2018 abgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid wurde durch die Tochter in eigenem Namen Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wird auch mit keinem Wort erwähnt, dass die Tochter die Beschwerde im Namen ihrer Mutter einbringe.
Die Prüfung, ob eine Beschwerde oder ein Vorlageantrag von einem hiezu Berechtigten erhoben wurde, hat sich am äußeren Tatbestand bzw dem unzweideutigen Inhalt der Eingabe zu orientieren (vgl ; ; , bzw oder ). Gegenständlich wird ausdrücklich und unzweifelhaft darauf Bezug genommen, dass die Tochter ("Ich - [Name] - reiche hiermit gegen Ihren Bescheid Beschwerde ein …") selbst tätig wird. Da diese Beschwerde demnach nicht von einer Person, an die der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist, erhoben wurde, wäre sie nach § 260 Abs 1 lit a BAO als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Die Sachbearbeiterin des Finanzamtes hat dies Monate nach Einbringung der Beschwerde offenbar erkannt. Es wurde dementsprechend auch kein Mängelbehebungsauftrag nach § 85 BAO erteilt (welcher das Vorliegen eines verbesserungsfähigen Mangels voraussetzen würde), die Beschwerde aber auch nicht zurückgewiesen, sondern die Beihilfenwerberin angeleitet, "die Beschwerde nochmals auszudrucken" und zu unterschreiben, was von der Beihilfenwerberin auch Ende Dezember 2018 gemacht wurde.

Da die Beihilfenwerberin insoweit den Anleitungen des Finanzamtes gefolgt ist, muss davon ausgegangen werden, dass diese Eingabe nunmehr - entgegen dem an sich klaren inhaltlichen Wortlaut - als Beschwerde der Beihilfenwerberin zu werten ist. Die Entscheidung des Finanzamtes erfolgte somit tatsächlich über diese Beschwerde, da in der Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich von einer Entscheidung über die Beschwerde der Beihilfenwerberin (und nicht von deren Tochter) gesprochen wird.

Da der bekämpfte Abweisungsbescheid unbestritten aber bereits im August 2018 ergangen ist und ein Auswechseln der Beschwerdeführerin nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist fristwahrend nicht mehr zulässig ist (vgl nochmals das Erkenntnis vom ), war die Beschwerde der Beihilfenwerberin vom gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als verspätet zurückzuweisen.

Ergänzend ist festzuhalten:

Nach den oben zitierten Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes käme für die Zuerkennung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung als einziger Anspruchsgrund jener des § 2 Abs 1 lit c iVm § 8 Abs 4 FLAG 1967 in Frage.

Dazu müsste die Tochter der Beschwerdeführerin einen Anspruch auf (den Grundbetrag an) Familienbeihilfe vermitteln. Dies wäre der Fall, wenn das Kind, neben dem Vorliegen anderer Voraussetzungen, wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres (das Vorliegen einer über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Berufsausbildung wird weder behauptet, noch ergeben sich diesbezügliche Hinweise aus dem Verwaltungsakt) eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Das Gesetz geht demnach klar davon aus, dass die Behinderung kausal für das geforderte "außer Stande sein" sein muss und dieser Umstand bereits vor Vollendung des - gegenständlich - 21. Lebensjahres gegeben sein musste (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Tz 19ff). Andere als behinderungskausale Gründe (wie zB mangelnde oder nicht spezifische Ausbildung, die Arbeitsplatzsituation, Arbeitswilligkeit oÄ - siehe zu einer vergleichbaren Rechtslage im Bereich der Invaliditätspension ) dürfen für die Beurteilung ebensowenig herangezogen werden, wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (etwa auch durch Folgeschäden) nach Vollendung des 21. Lebensjahres.

Die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist darüber hinaus (ausschließlich) durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Das nach dieser Bestimmung abzuführende qualifizierte Nachweisverfahren durch ein ärztliches Gutachten (vgl dazu , und , sowie ) hat sich darauf zu erstrecken, ob das Kind - für den vorliegenden Fall relevant - bereits vor Vollendung seines 21. Lebensjahres wegen einer körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande gewesen ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (vgl etwa ).

Im gegenständlichen Fall liegen mehrere ärztliche Gutachten und Bescheinigungen vor und wird in sämtlichen dieser Beweismittel nicht bestätigt, das die Tochter voraussichtlich ständig außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Insbesondere das im August 2018 erstellte ärztliche Gutachten ist dabei von Bedeutung, da dieses mehr als ein Jahr nach Vollendung des 21. Lebensjahres erstellt wurde und eben (auch) zu diesem Zeitpunkt festgestellt wird, dass "Erwerbsunfähigkeit" nicht besteht.

Der Beschwerdeführerin gelingt es mit ihren Beschwerdebehauptungen nicht, die Schlüssigkeit und Seriosität des Gutachtens zu erschüttern. So ergibt sich aus keinem der vorgelegten Befunde, dass die Tochter - wie behauptet - maximal 25 Stunden pro Woche arbeiten könne. Vielmehr wird im Bericht der Klinik vom klar festgehalten, dass von der Tochter auf Grund der Behinderung zwar nicht alle Tätigkeiten durchgeführt werden können, eine Bürotätigkeit aus medizinischer Sicht jedoch zumutbar wäre. Der ärztlichen Bestätigung der Klinik vom lässt sich zwar entnehmen, dass sich die Wahl einer passenden Ausbildung als schwierig gestalte, was offensichtlich auf eine Arbeitsfähigkeit hinweist. Darüber hinaus werden in dieser Bestätigung keine konkrete Aussage zur Arbeitsfähigkeit und schon gar nicht zu ausschlaggebenden medizinischen Gründen für das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit gemacht. Im Bericht vom wird darauf hingewiesen, dass eine "passende Lehrstelle" gefunden werden solle, die die Beeinträchtigungen der Tochter berücksichtigt. Somit ergibt sich auch aus diesem Bericht nicht, dass ein medizinischer (behinderungskausaler) Grund vorliegt, der einer adäquaten Erwerbstätigkeit entgegensteht.

Fest steht weiters, dass auch medizinische Sachverständige ihre Expertise im Wesentlichen nur anhand medizinischer (Vor-)Befunde erstatten können und es daher die Aufgabe der Beihilfenwerberin ist, diese Befunde vollständig vorzulegen. Im Bereich der Familienbeihilfe gilt gleichermaßen eine erhöhte Mitwirkungspflicht, wie bei der Inanspruchnahme abgabenrechtlicher Begünstigungen (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Tz 32). Das Erwecken von Zweifeln an gutachterlichen Feststellungen setzt eine konkrete inhaltlichen Auseinandersetzung unter Vorlage entsprechender zeitpunktbezogener Beweismittel voraus (vgl , unter Hinweis auf ).
Von der Beihilfenwerberin wurden in diesem Zusammenhang ärztliche Unterlagen nur aus den Jahren 2015 und früher vorgelegt und lediglich die Behauptung aufgestellt, die im Jahr 2018 begutachtende Ärztin hätte Befunde erst Tage nach der Untersuchung erhalten und Vorgutachten aus den Jahren 2011 und 2014 "scheinbar nicht gesehen". In diesem Zusammenhang muss jedoch festgehalten werden, dass im Gutachten des Jahres 2018, in welchem sich die begutachtende Ärztin auf ua einen Befund aus dem Feber 2016 stützt (neuere ärztliche Unterlagen konnten von der Beschwerdeführerin offenbar nicht vorgelegt werden), letztlich die Funktionsbeeinträchtigung ident mit den Vorgutachten festgestellt wurde und auch die Beihilfenwerberin selbst keine konkrete Fehlbegutachtung oder die Nichtberücksichtigung von vorgelegten Befunden behauptet. Zudem ist es durchaus zulässig, wenn sich die Sachverständige hinsichtlich der Fähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, auf eine aktuell ausgeübte Berufstätigkeit stützt (vgl idS ). Grundsätzlich ist es auch möglich, dass ein in einer "geschützten Behindertenwerkstätte" Tätiger sich selbst den Unterhalt verschafft; dies unabhängig davon, ob der Arbeitgeber von dritter Seite Zuschüsse erhält (vgl Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Tz 31). Umso mehr gilt dies, wenn eine Person zwar auf einem "Behindertenarbeitsplatz", dies aber in einem "normalen" Wirtschaftsbetrieb eingesetzt wird. Derartige Arbeitsplätze werden ja gerade mit der Intention geschaffen (und mit öffentlichen Geldern unterstützt), beeinträchtigten Personen die Möglichkeit zu bieten, ein selbstbestimmtes Leben führen und sich selbst den Unterhalt verschaffen zu können.
Dazu kommt vorliegend auch noch, dass die Tochter der Beschwerdeführerin im Jahr 2018 und auch im Jahr 2019 Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe bezogen hat. Voraussetzung für den Bezug derartiger Leistungen ist ua auch das Vorliegen von Arbeitsfähigkeit (vgl § 7 Abs 2 AlVG). In diesem Zusammenhang bestünde für die Tochter der Beihilfenwerberin die Möglichkeit, vom Arbeitsmarktservice angebotene und finanzierte aber auch in Eigenregie Qualifizierungsmaßnahmen zu absolvieren und Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche ihr die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit (wie zB die von der Klinik angeführte Bürotätigkeit) ermöglichen würde, bei der die bestehende Behinderung - im Gegensatz zu der von ihr ausgeübten überwiegend körperlichen Erwerbstätigkeit - zu keinen drastischen Einschränkungen führt.
Letztlich ist festzuhalten, dass im - nach Erstellung eines weiteren Gutachtens und einer Bescheinigung im Jahr 2019, in welcher weiterhin das Bestehen einer "dauernden Erwerbsunfähigkeit" verneint wurde - nachgereichten Befund der Klinik vom lediglich von einer "derzeit" vorliegenden Erwerbsunfähigkeit gesprochen und diese "erstens" mit der fehlenden Spezialisierung in der Ausbildung begründet wird. Mit keinem Wort wird dazu ausgeführt, dass diese Erwerbsunfähigkeit bereits früher oder gar vor Vollendung des 21. Lebensjahres bestanden hätte, vielmehr wird durch das Wort "derzeit" wiederum offensichtlich deutlich auf einen vorübergehenden Zustand hingewiesen. Da für das Bundesfinanzgericht die erstellten Gutachten und Bescheinigungen, insbesondere das Gutachten und die Bescheinigung aus dem Jahr 2018, als schlüssig und relevant anzusehen sind, und eine später (nach Vollendung des 21. Lebensjahres) möglicherweise eingetretene Verschlechterung der behinderungsbedingt vorliegenden Beeinträchtigungen für den Anspruch nach § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 nicht mehr zu berücksichtigen ist, hätte die Beschwerde, wäre sie rechtzeitig eingebracht worden, abgewiesen werden müssen.

5. Zulässigkeit einer Revision:

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung basiert auf der vorhandenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es war daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 6 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100393.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at