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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 19.06.2020, RV/2101059/2017

Verspäteter Vorlageantrag

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 beschlossen:

I. Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO iVm § 260 Abs 1 lit b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2016 fest.

Der vom Beschwerdeführer (Bf) dagegen erhobenen Beschwerde vom gab die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge.

Mit einem an das Bundesministerium für Finanzen gerichteten, keine Datumsangabe aufweisenden Schreiben, dessen Kuvert einen mit datierten Postaufgabestempel trägt, erhob der Bf einen "Einspruch zweites Mal". Dieses Schreiben, welches vom Bundesministerium für Finanzen an die belangte Behörde weitergeleitet wurde, wertete die belangte Behörde als Vorlageantrag.

In der Folge legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom stellte sie den Antrag, den Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen.

Über schriftlichen Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom teilte die belangte Behörde mit, die Beschwerdevorentscheidung vom ohne Zustellnachweis zugestellt zu haben.

Mit Schreiben vom hielt das Bundesfinanzgericht dem Bf unter Hinweis auf § 26 Abs 2 ZustG vor, dass von einer nicht fristgerechten Erhebung des Vorlageantrages auszugehen sei, und forderte den Bf auf, Angaben zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zu machen. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Am teilte der Bf dem Bundesfinanzgericht auf telefonischem Wege mit, kein weiteres Vorbringen zu erstatten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

Die mit datierte, automationsunterstützt erstellte Beschwerdevorentscheidung wurde dem Bf ohne Zustellnachweis zugestellt. Sie wurde am zur Post gegeben.

Am wurde vom Bf ein mit "Einspruch zweites Mal" tituliertes, an das Bundesministerium für Finanzen adressiertes Schreiben, welches keine Datumsangabe aufweist, zur Post gegeben. Nachdem es am beim Bundesministerium für Finanzen eingelangt war, wurde es von diesem unverzüglich an die belangte Behörde weitergeleitet, wo es schließlich am einlangte.

2. Beweiswürdigung:

Dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung ohne Zustellnachweis erfolgte, wurde von der belangten Behörde in Beantwortung eines diesbezüglichen Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes bestätigt.

Die Feststellungen betreffend die automationsunterstützte Erstellung und das Versanddatum der Beschwerdevorentscheidung stützen sich auf die im Finanzamtsakt dokumentierten "Bescheiddaten", die auch vom Bf nicht in Zweifel gezogen wurden.

Die festgestellten Datumsangaben betreffend das mit "Einspruch zweites Mal" titulierte Schreiben des Bf (Postaufgabe, Einlangen beim Bundesministerium für Finanzen, Einlangen bei der belangten Behörde) sind durch Postaufgabe- und Eingangsstempel belegt.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I (Zurückweisung):

Gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde. Diese Bestimmung ist gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO sinngemäß für Vorlageanträge anzuwenden.

Gemäß § 264 Abs 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Gemäß § 97 Abs 1 lit a BAO erfolgt die Bekanntgabe bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Gemäß § 98 Abs 1 BAO sind Zustellungen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nach dem Zustellgesetz, BGBl 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).

Im vorliegenden Fall erfolgte die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom auf postalischem Weg ohne Zustellnachweis. In einem solchen Fall ist der Zeitpunkt der Zustellung nach § 26 ZustG zu beurteilen (vgl ).

Gemäß § 26 Abs 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl , unter Hinweis auf Vorjudikatur). Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl , unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Die Beweislast betreffend die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung trifft im Falle entsprechender Behauptungen der Partei somit die Behörde (siehe etwa auch Ritz, BAO6, § 26 ZustG, Rz 3; Sutter, AnwBl 2008, 225).

Im vorliegenden Fall hat der Bf in seinem als Vorlageantrag zu wertenden Schreiben keine Angaben zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung gemacht. Dem von der belangten Behörde im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht gestellten Antrag, den Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen, ist der Bf nicht entgegengetreten. Mit Schreiben vom hielt das Bundesfinanzgericht dem Bf unter Hinweis auf § 26 Abs 2 ZustG vor, dass von einer nicht fristgerechten Erhebung des Vorlageantrages auszugehen sei, und forderte den Bf auf, Angaben zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zu machen. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet. Am teilte der Bf dem Bundesfinanzgericht auf telefonischem Wege mit, kein weiteres Vorbringen zu erstatten.

Damit liegen aber keine Behauptungen des Bf betreffend den Zeitpunkt der - unstrittig erfolgten - Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vor, die Zweifel iSd § 26 Abs 2 Satz 2 ZustG nach sich ziehen würden. Mangels solcher Zweifel richtet sich der Zeitpunkt der Zustellung nach der gesetzlichen Vermutung des § 26 Abs 2 Satz 1 ZustG.

Die mit datierte, automationsunterstützt erstellte Beschwerdevorentscheidung wurde am Dienstag, dem , zur Post gegeben. Sie gilt nach der "Drei-Tages-Regel" des § 26 Abs 2 Satz 1 ZustG als am Freitag, dem , zugestellt. An diesem Tag begann die einmonatige Vorlageantragsfrist zu laufen. Diese Frist hätte gemäß § 108 Abs 2 BAO grundsätzlich am geendet. Da dieser Tag ein Sonntag war, lief die Frist am Montag, dem , ab (§ 108 Abs 3 BAO).

Der Vorlageantrag wurde vom Bf erst am Montag, dem , somit eine Woche nach Fristablauf zur Post gegeben. Da schon die Postaufgabe (deutlich) außerhalb der Vorlageantragsfrist erfolgte, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, welche rechtlichen Folgen der Umstand nach sich zieht, dass der Vorlageantrag entgegen § 264 Abs 4 lit b BAO iVm § 249 Abs 1 BAO nicht an die belangte Behörde, sondern an das Bundesministerium für Finanzen adressiert war.

Der Vorlageantrag war daher gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO iVm § 260 Abs 1 lit b BAO als verspätet eingebracht zurückzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der obig zitierten, zu § 26 Abs 2 ZustG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 249 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101059.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at