Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.06.2020, RV/7101717/2020

Abweisung eines Antrages auf Ausgleichszahlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausgleichszahlung für das Kind x - mangels Festlegung eines Endzeitpunktes - im Zeitraum vom bis zum sowie für das Kind y - mangels Festlegung eines Endzeitpunktes - im Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend die Nichtgewährung der Ausgleichszahlung für das Kind x im Zeitraum vom bis zum wird wie folgt abgeändert:

Soweit der abweisende Abspruch des angefochtenen Bescheides für oben genanntes Kind den Zeitraum vom bis zum umfasst, wird die Beschwerde als unbegründetabgewiesen, während der angefochtene Bescheid betreffend den Zeitraum vom bis zum aufgehoben wird.

Der angefochtene Bescheid betreffend die Nichtgewährung der Ausgleichszahlung für das Kind y im Zeitraum vom bis zum wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom stellte der die polnische Staatsbürgerschaft besitzende, in Österreich erwerbstätige, respektive Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehende Bf. - unter Bezugnahme auf den in Polen domizilierten Familienwohnsitz - den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) für das Kind x ab dem sowie für das Kind y ab dem . Hierbei konnte den, dem Antrag beigelegten Unterlagen entnommen werden, dass der Bf. zusammen mit seiner Lebensgefährtin und deren in Polen die Schule besuchende minderjährigen Tochter x am den im Antrag angeführten polnischen Familienwohnsitz begründet hat, wobei auch das im Februar 2018 geborene leibliche Kind des Bf. y seit dem an nämlicher Adresse gemeldet ist.

In der Folge wurde der Antrag des Bf. mit Bescheid vom , mit der Begründung, dass er mit der Kindesmutter nicht verheiratet sei, abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bf. gegen vorgenannten Bescheid Beschwerde, wobei er im Wesentlichen ins Treffen führte, dass - ungeachtet des Bestehens eines gemeinsamen Familienwohnsitzes - er für sowohl für seine Tochter, als auch seine Stieftochter überwiegend den Unterhalt trage.

Als Ergebnis eines unter anderem auf Vorlage der AMS-Karte abzielenden Vorhaltes wurde eine derartige, - den Zeitraum vom bis zum umfassende - Karte sowie eine ebenfalls diesen Zeitraum umfassende mit datierte AMS -Bezugsbestätigung des Inhalts nachgereicht, dass der Bf. vom bis zum ; vom bis zum ; vom bis zum ; vom bis zum ; vom bis zum sowie vom bis zum Notstandshilfe bezogen hat, bzw. diesem für den Zeitraum vom bis zum ein Vorschuss Kündigungsentschädigung zugezählt worden ist.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde über das Rechtsmittel des Bf. wie folgt befunden:

"Ihrer Beschwerde vom wird teilweise stattgegeben.

Für den Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 und April 2019 bis Mai 2019 wird Ihnen für beide Kinder die Ausgleichszahlung gewährt.

Der Zeitraum Februar 2016 bis Juni 2018, Jänner bis März 2019 wird für x1 und Februar 2018 bis Juni 2018, Jänner bis März 2019 wird für y1 nicht gewährt.

Begründung

Sachverhalt

"Sie sind polnischer Staatsbürger und in Österreich beschäftigt bzw. beziehen AMS Bezüge. Ihr Wohnsitz ist seit mit der Lebensgefährtin und Stiefkind x1 und seit auch mit dem Kind y1. Es wurde Ihnen die Familienbeihilfe für den Zeitraum aberkannt, weil Sie mit der Kindesmutter von x1 nicht verheiratet sind und ein gemeinsamer Wohnsitz erst seit 12/17 besteht. Ihrer Beschwerde haben Sie Unterlagen beigelegt und bitten um Überprüfung des Aktes.

Rechtliche Grundlagen:

Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 FLAG vorrangig die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2 Abs. 5 FLAG gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs. 1 FLAG, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Gemäß Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Gemäß Artikel 60 der VO (EG) Nr. 987/2009 ist bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.

Gemäß § 115 BAO trifft die Partei im Abgabeverfahren (was auch die Beihilfe einschließt) eine Mitwirkungspflicht. Diese wird umso größer, je weniger Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde offenstehen. Bei Auslandsachverhalten besteht daher eine erhöhte Mitwirkungspflicht.

Würdigung:

Unionsrechtlich ist die Beihilfe entweder der den Unterhalt (überwiegend) leistenden Person oder der haushaltsführenden Person zu gewähren. Wer anspruchsberechtigt ist, ist nach nationalem Recht zu beurteilen.

Entsprechend den nationalen Bestimmungen hat vorrangig jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein die Anspruchsvoraussetzungen erfüllendes Kind, zu dessen Haushalt

das Kind gehört. Der Tatbestand der "überwiegenden Kostentragung" (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG) ist als Anspruchsvoraussetzung subsidiär gegenüber dem Tatbestand der Haushaltszugehörigkeit (§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG). Jemand, der die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, ohne dass das Kind bei ihm haushaltszugehörig ist, hat nur dann (nachrangig) Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn das Kind bei keinem anderen Elternteil haushaltszugehörig ist.

Auf Grund der Aktenlage ergibt sich somit, dass Ihr Familienleistungsanspruch nach § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 i. V. m. Art. 67 VO 883/2004 und Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 durch den vorrangigen Familienleistungsanspruch der in PL zusammen mit dem Kind x1 im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindesmutter verdrängt wird (vgl. u.a. , Tomislaw Trapkowski; ; ).

Sie wohnen It. Bestätigung v. erst ab mit x1 im gemeinsamen Haushalt. Das an Sie versandte Ergänzungsersuchen vom wurde von Ihnen nur teilweise beantwortet, daher wurde laut Aktenlage entschieden. Es wurden Ihnen die Ausgleichszahlung für die Zeiten Ihrer Beschäftigung in Österreich gewährt in denen Sie sich durchgehend im Inland aufgehalten haben."

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG.

In der Folge wurde dem Bf. seitens des Verwaltungsgerichtes vermittels Schriftsatz vom nachstehendes vorgehalten:

"Sehr geehrter Herr,

es wird Ihnen freigestellt zu den Erwägungen des BFG unter Punkt 1 Stellung zu nehmen, bzw. werden Sie ersucht die unter Punkt 2 angeführte Verzichtserklärung (§ 2a Abs. 2 FLAG 1967) ihrer Lebensgefährtin Frau z bis zum nachzureichen, widrigenfalls das Verwaltungsgericht über die Beschwerde nach der Aktenlage befindet.

1. Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für das Kind x im Zeitraum vom bis zum

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom sowie in der Ihnen übermittelten Stellungnahme im Vorlagebericht des Finanzamtes vom werden Sie nochmals darauf hingewiesen, dass in Ermangelung des Bestehens eines gemeinsamen Haushalts mit obigem Kind eine Anspruchsberechtigung für nämlichen Zeitraum nicht zum Tragen kommt.

2. Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für das Kind x im Zeitraum vom bis zum sowie für das Kind y im Zeitraum vom bis zum

Betreffend die seitens der belangten Behörde in der Stellungnahme des Vorlageberichtes befürwortete Anspruchsberechtigung in dem unter Punkt 2 angeführten Zeitraum ist seitens des BFG - unter Bezugnahme auf den Art. 60 der VO (EG) Nr. 987/2009 demgemäß bei Anwendung der Art 67 und 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates (sprich unter die innerstaatlichen Vorschriften des FLAG 1967) fallen und dort wohnen - anzumerken, dass nach der Bestimmung des § 2a Abs. 1 FLAG 1967 Ihrer, überwiegend den gemeinsamen Haushalt führenden Lebensgefährtin Frau z der vorrangige Anspruch auf die unter Punkt 2 angeführten Familienleistungen zukommt, es sei denn, dass diese nach § 2a Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 zu Ihren Gunsten verzichtet.

In Ansehung obiger Ausführungen und der Tatsache, dass Ihr Antrag vom eine derartige Verzichtserklärung nicht beinhaltet, werden Sie ersucht dem BFG bis zum eine diesbezügliche, von Frau z unterfertigte Verzichtserklärung nachzureichen, widrigenfalls Ihre Beschwerde auch für die unter Punkt 2 angeführten Zeiträume abzuweisen ist."

Mit Eingabe vom reichte der Bf. die unter Punkt 2 des Vorhalts angesprochene, seitens seiner, den Haushalt am Familienwohnsitz führenden Lebensgefährtin unterfertigte Verzichtserklärung nach.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden, auf der Aktenlage bzw. dem Parteienvorbringen basierenden Sachverhalt zu Grunde:

Der die polnische Staatsbürgerschaft besitzende, in Österreich erwerbstätige, respektive Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehende Bf. hat am zusammen mit seiner Lebensgefährtin und deren in Polen die Schule besuchende minderjährigen Tochter x den im Antrag angeführten polnischen Familienwohnsitz begründet, wobei auch das im Februar 2018 geborene leibliche Kind des Bf. y seit dem an nämlicher Adresse gemeldet ist. Nach Aktenlage führt die Lebensgefährtin seit dem den am Familienwohnsitz domizilierten Haushalt und hat diese seit dem für das Kind x1 bzw. seit dem für das Kind y1 polnisches Erziehungsgeld bezogen.

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der seinen Anspruch auf Ausgleichzahlung mit dem Vorliegen eines gemeinsamen Familienwohnsitzes sowie der für das Kind x1 ab dem bewirkten überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten begründende Bf. auf Aufforderung des BFG eine seitens seiner Lebensgefährtin zu seinen Gunsten unterfertigte Verzichtserklärung auf Gewährung österreichischer Ausgleichszahlungen nachgereicht.

2. Rechtliche Beurteilung

Der unter Punkt 1 festgestellte Sachverhalt war vom Verwaltungsgericht wie folgt zu beurteilen:

2.1. Prüfung der Anspruchsberechtigung des Bf. für die Kinder x1 und y1 im Zeitraum vom bis zum sowie vom bis zum

Einleitend ist anzumerken, dass der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe (FB) - wie den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG zu entnehmen -, der Monat ist. Das Bestehen des FB-Anspruches für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein ().

Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen - wie die FB und der KAB - ist ein zeitraumbezogener Abspruch. Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum FB und damit auch der KAB zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum - das ist der Monat (§ 10) - zu beantworten (; ; ; ).

Ein derartiger Ausspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (; ; ).

In Ansehung vorstehender Ausführungen und der Tatsache, dass der den Anspruch des Bf. auf Ausgleichszahlung abweisende Bescheid der belangten Behörde lediglich den Beginn des Zeitraumes mit bzw. , jedoch keinen Endzeitpunkt ausweist, ist nämlicher Endzeitpunkt mit Bescheiderlassung festzulegen, so dass der abweisende Ausspruch für das Kind x1 somit den Zeitraum vom bis zum bzw. jener für das Kind y1 den Zeitraum vom bis zum umfasst bzw. den Verhandlungsgegenstand vor dem BFG in nämlichem Umfang begrenzt.

2.2. Rechtgrundlagen

2.2.1. nationales Recht

Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, haben nach § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Die Bestimmung des § 2a FLAG 1967 lautet:

§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

Nach der Bestimmung des § 2 Abs. 3 lit. c FLAG 1967 sind Stiefkinder einer Person Kinder im Sinne dieses Abschnittes.

Personen haben nach § 2 Abs. 8 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 3 FLAG 1967 legt zusätzliche Voraussetzungen für Personen und Kinder fest, die nicht österreichische Staatsbürger sind.

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 5 Abs. 3 FLAG 1967 für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 5 Abs. 4 FLAG 1967 für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichzahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, nach § 53 Abs. 1 FLAG 1967 in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

2.2.2. Unionsrecht:

Diese Verordnung gilt nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 umfasst der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung auch Familienleistungen.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben nach Art. 4 VO 883/2004 Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, gemäß Art. 7 VO 883/2004 nicht auf Grund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind bestimmt sich nach diesem Titel.

Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt nach Art. 11 Abs. 3 lit a VO (EG) 883/2004 Folgendes:

Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Eine Person hat nach Art. 67 erster Satz VO 883/2004 auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten nach Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen gemäß Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Abs. 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüberhinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Nach Z 1 lit. i des Beschlusses Nr. F1 vom zur Auslegung des Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 werden für Zwecke vorstehenden Artikels Ansprüche auf Familienleistungen auch dann als "durch eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst", wenn sie erworben wurden unter anderem wegen Arbeitslosigkeit solange Arbeitsentgelt in Zusammenhang mit diesem Versicherungsfall zu zahlen ist.

Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedsstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Anspruch auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Abs. 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger der vorrangig zuständig ist.

Nach Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaates, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

2.3. Rechtliche Beurteilung

2.3.1.Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für das Kind x im Zeitraum vom bis zum

In Anbetracht der an oberer Stelle zitierten Gesetzesstellen und der Tatsache, dass das Kind x1 in nämlichem Zeitraum evidenter Maßen nicht dem Haushalt des Bf. angehört hat, kommt eine Anspruchsberechtigung auf Ausgleichszahlung nicht zum Tragen. In diesem Zusammenhang ist der Bf. darauf zu verweisen, dass auch die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten auf Grund der in § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 determinierten Subsidiarität einen derartigen Anspruch nicht zu vermitteln vermag.

Der Beschwerde war daher in diesem Punkt der Erfolg zu versagen.

2.3.2. Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für das Kind x im Zeitraum vom bis zum

In Ansehung vorzitierter Gesetzesstellen und des gegenüber dem Verwaltungsgericht abgegebenen Verzichts der haushaltsführenden Lebensgefährtin gelangt das BFG in Übereinstimmung mit dem im Vorlagebericht geäußerten Antrag der belangten Behörde zur Überzeugung, dass eine Anspruchsberechtigung des Bf. als bestehend zu erachten ist.

Demzufolge erwies sich die Abweisung des Anspruchs als rechtswidrig, weswegen der auf obigen Zeitraum bezogene Abweisungsbescheid aufzuheben war.

2.3.3. Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung für das Kind y im Zeitraum vom bis zum

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen unter Punkt 2.3.2. auf welche, - schon um Wiederholungen zu vermeiden - verwiesen wird, erwies sich die Abweisung des Anspruchs als rechtswidrig, weswegen der auf obigen Zeitraum bezogene Abweisungsbescheid aufzuheben war.

Zusammenfassend war wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da sowohl die Verifizierung als auch die Falsifizierung des Anspruchs auf den Rechtsgrundlagen des FLAG 1967 und den unionsrechtlichen Vorschriften basiert.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2a Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2a Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101717.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at