Trotz Antrages keine Veranlagung eines beschränkt Steuerpflichtigen zur Einkommensteuer
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RV/7100129/2017-RS1 | Wurden Einkünfte aus Gewerbetrieb als Mitwirkender an Unterhaltsdarbietungen bereits gemäß § 99 EStG 1988 besteuert und ist die Gage des Künstlers wirtschaftlich Teil der Bemessungsgrundlage, gelten die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit somit gemäß § 98 Abs 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988 als bereits erfasst. Das Vorliegen von Einkünften ist Voraussetzung einer Veranlagung eines beschränkt Steuerpflichtigen. Trotz Antrages des Künstlers hat aufgrund des Fehlens von zu erfassenden Einkünften keine Veranlagung gemäß § 102 Abs 1 Z 3 EStG 1988 zu erfolgen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter GK in der Beschwerdesache Bf, BfAdr, vertreten durch stV, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2005 zu Recht:
I.
Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
II.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) in Verbindung mit § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) ist zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Das Verfahren stellt sich wie folgt dar:
Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2005 vom
Die steuerliche Vertreterin beantragte die Veranlagung für die nichtselbständigen Bezüge des Beschwerdeführers aus der Tätigkeit im Sinne des § 99 Abs 1 Z 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG), von denen 20% Lohnsteuer einbehalten wurde. Es wurde die Anzahl der bezugs- oder pensionsauszahlenden Stellen mit "1" angegeben.
Ergänzungsersuchen vom
Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer zur Stellungnahme auf, da eine österreichische Lohnsteuer im Wege der Veranlagung nur dann angerechnet werden kann, wenn sie vom Arbeitgeber auch abgezogen wurde.
Nachdem für die Mitwirkung als Chor- bzw. Orchestermitglied des Theater1 eine allfällige Steuerpflicht als abgegolten erscheine (mit Verweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts RV/7101272/2013), komme die Ausstellung eines Lohnzettels (mit einer anrechenbaren Lohnsteuer) nicht in Betracht.
Beantwortung Ergänzungsersuchen vom
Nach mehreren Fristverlängerungsansuchen wurde folgendermaßen Stellung genommen:
"Herr Bf wirkte im Jahr 2005 an den Opernfestspielen in OrtOper als Musiker mit. Herr BfNachname hatte keinen Vertrag mit der Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG. Letzterer wurde jedoch durch das Bundesfinanzgericht mit Entscheidung vom , RV/7101272-W/2013 Abzugsteuer gemäß § 99 EStG für die Mitwirkung des Künstlers vorgeschrieben.
Der Gastspielvertrag für 2005 wurde zwischen der Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG und der Ges1 abgeschlossen. Im Rahmen dieses Vertrags trat Herr BfNachname als Musiker in OrtOper auf.
Herr BfNachname erzielte im Jahr 2005 keine weiteren Einkünfte in Österreich. Er hat schriftlich bestätigt, dass er im Kalenderjahr 2005 in Österreich nicht mehr als 2.000 € Einkommen - abgesehen von steuerlich geltend zu machenden Reisespesen - erzielte. Somit beträgt seine österreichische Einkommensteuer Null. Die Abzugsteuer stellt nur eine "Vorauszahlung" dar und kann auf die österreichische Einkommensteuer angerechnet bzw. rückerstattet werden.
Es wurde für Herrn BfNachname sehr wohl Abzugsteuer abgeführt, nämlich vom Veranstalter, der Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG als Haftendem!
Die Steuerpflicht ist dann mit der Abzugsteuer abgegolten, wenn keine Einkommensteuererklärung bei beschränkter Steuerpflicht eingereicht wird."
Bescheid vom , Übernahmebestätigung vom
Der Antrag auf Durchführung einer Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger wurde im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen:
"Voraussetzung zur Durchführung einer Veranlagung nach § 102 Abs 3 EStG ist jedoch, dass jene Person, welche die Veranlagung beantragt, auch tatsächlich beschränkt steuerpflichtige Einkünfte erzielt hat. Nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor, wenn die Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet worden ist. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich erfüllt, zumal der Beschwerdeführer persönlich in Österreich tätig geworden ist. Auch das im Jahr 2005 anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen (DBA-CSSR BGBl 1979/34) weist dem Staat, in dem der Künstler oder Musiker persönlich tätig geworden ist (Österreich), ein Besteuerungsrecht zu (Art 17 DBA-CSSR). Der letzte Satz des § 98 Abs 1 Z 4 EStG normiert jedoch, dass eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG zu unterbleiben hat, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 EStG erfasst wurden (siehe auch Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, VII/78; Kufner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 98 Anm 27).
Nach § 98 Abs 1 Z 3 letzter Spiegelstrich EStG liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei beschränkt Steuerpflichtigen vor, wenn es sich um Einkünfte als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen handelt. Somit unterliegen Einkünfte iSd § 98 Abs 1 Z 4 EStG dann nicht der beschränkten Steuerpflicht, wenn sie wirtschaftlich bereits bei einer anderen Einkunftsart erfasst wurden.
Die Einkünfte, die der Antragsteller als Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers erzielt hat, sind in wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits in der Vergütung an den ausländischen Opernproduzenten enthalten und unterlagen grundsätzlich der Abzugsteuer. Damit sind diese Einkünfte bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 EStG erfasst worden und es können keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG mehr vorliegen. Schon aus diesem Grund war der Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung abzuweisen."
Beschwerde vom ,eingelangt beim Finanzamt am selben Tag
Nach einem Ersuchen auf Verlängerung der Frist bis zum wurde Beschwerde mit folgender Begründung erhoben und um Stattgabe ersucht:
"Das Finanzamt FA* hat ursprünglich für den Zeitraum 2005 bis 2008 für die mitwirkenden Chorsänger und Orchestermusiker Lohnsteuer und keine Abzugsteuer vorgeschrieben. Somit war sowohl für die Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG als auch für die mit der Vertretung beauftragte Steuerberaterin und für alle beteiligten Musiker bis zur Änderung der Rechtsansicht durch das Finanzamt im Jahr 2012 nicht ersichtlich, dass Abzugsteuer vorgeschrieben werden könnte. Erst mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die ursprünglich vorgeschriebene Lohnsteuer gut geschrieben und anschließend für dieselbe Personengruppe Abzugsteuer im Haftungswege vorgeschrieben. Das Finanzamt berief sich dabei auf neue Erkenntnisse durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes E , 2007/08/0123. Im Jahr 2012 wurde somit erstmalig ein Bescheid mit einer neuen - anderen als bisher vorgeschriebenen - Abgabenart ausgestellt.
Dadurch, dass die Vorschreibung der Abzugsteuer für 2005 erst nach mehr als fünf Jahren erfolgte, machte das Finanzamt FA* eine weitere Verfolgung der Rechtsinteressen des ausländischen Auftragnehmers unmöglich, da ein Rückerstattungsantrag innerhalb von fünf Jahren bei den Finanzbehörden eingebracht werden muss. Jetzt soll nämlich aus dem Grund, dass Herr BfNachname entsprechend dem nunmehr bekämpften Bescheid nur Lohnsteuer, nicht aber Abzugsteuer rückfordern dürfte, der Rückersatz der österreichischen Steuer verweigert werden. Die Mitwirkenden, und somit auch Herr BfNachname, haben ohnehin im jeweiligen Ansässigkeitsstaat Steuern entrichtet, und es wurde ihnen keine österreichische Steuer angerechnet. Es handelt sich somit um eine Doppelbesteuerung einer einzigen Leistungsbeziehung.
Herr BfNachname erzielte im Jahr 2005 keine weiteren Einkünfte in Österreich. Er hat schriftlich bestätigt, dass er im Kalenderjahr 2005 in Österreich nicht mehr als 2.000 € Einkommen - abgesehen von steuerlich geltend zu machenden Reisespesen - erzielte. Somit beträgt seine österreichische Einkommensteuer Null. Die Abzugsteuer stellt nur eine "Vorauszahlung" dar und kann auf die österreichische Einkommensteuer angerechnet bzw. rückerstattet werden. Es wurde für Herrn BfNachname sehr wohl Abzugsteuer abgeführt, nämlich vom Veranstalter, der Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG als Haftendem. Auch wenn bis jetzt noch kein Betrag geflossen ist, werden im Zuge der Insolvenz der Gesellschaft und von dessen Gesellschafter Quotenzahlungen an das Finanzamt fließen, die auch die Abzugsteuer für das Jahr 2005 betreffen.
Die Steuerpflicht ist dann mit der Abzugsteuer abgegolten, wenn keine Einkommensteuererklärung bei beschränkter Steuerpflicht eingereicht wird."
Beschwerdevorentscheidung vom , Übernahmebestätigung vom
Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen:
"Sachverhaltsmäßig wird auf den angefochtenen Bescheid sowie auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom (Geschäftszahl: RV/7101272-W/2013) verwiesen. Entgegen des Beschwerdevorbringens wurde dem Beschwerdeführer weder Lohnsteuer noch Abzugsteuer nach § 99 EStG vorgeschrieben. Mitwirkender der Unterhaltungsdarbietung im Sinne des § 98 EStG war nicht der Beschwerdeführer, sondern das "Theater2-Theater". Der Rechtsträger des "Theater2 - Theater" ist mit den Einkünften beschränkt steuerpflichtig. Nach § 98 Abs 1 Z 3 letzter Spiegelstrich EStG liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei beschränkt Steuerpflichtigen vor, wenn es sich um Einkünfte als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen handelt. Der letzte Satz des § 98 Abs 1 Z 4 EStG normiert, dass eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG zu unterbleiben hat, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 EStG erfasst wurden. Genau dieser Sachverhalt liegt vor. Die Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit, die der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Durchführung einer Veranlagung nicht einmal ziffernmäßig erklärt hat, sind bereits von § 98 Abs 1 Z 3 EStG miterfasst. Nachdem davon ausgegangen wurde, dass der Beschwerdeführer keine (anderen) Einkünfte im Jahr 2005 in Österreich erzielt hatte, war der Antrag abzuweisen.
Vom österreichischen Auftraggeber (Veranstalter) wurde weder Steuer einbehalten und/oder abgeführt; deshalb wurde der Veranstalter zur Haftung herangezogen. Für die Anrechnung von Lohnsteuer auf die veranlagte Einkommensteuer genügt es zwar, dass der Betrag vom Arbeitgeber einbehalten wurde. Dazu ist zu bemerken, dass weder eine Lohnsteuer noch eine Abzugsteuer einbehalten wurde. Eine Anrechnung einer nicht einbehaltenen Steuer, die in weiterer Folge zu einer Rückerstattung führt, ist in § 46 EStG nicht vorgesehen."
Vorlageantrag vom , eingelangt beim Finanzamt am selben Tag
Die steuerliche Vertreterin beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Vorlagebericht vom
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
1. Zuständigkeit
Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat nicht erledigt. Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Die Rechtssache wurde am aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom der nunmehr zuständigen Geschäftsabteilung zugeteilt.
Da die Beschwerde zulässig ist, rechtzeitig eingebracht wurde und kein Anlass für eine sonstige Erledigung in Beschlussform gemäß § 278 BAO besteht, hat das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO in der Sache selbst zu entscheiden.
2. Streitpunkte
Strittig ist, ob eine Veranlagung der Einkommensteuer hinsichtlich des Beschwerdeführers als beschränkt Steuerpflichtigen zu erfolgen hat bzw. die Abzugsteuer auf die Einkommensteuer anzurechnen ist.
3. Sachverhalt
In Ergänzung des dargestellten Verfahrens ist folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festzustellen:
Die Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG waren im Jahr 2005 Veranstalter der Opernfestspiele in OrtOper. Zur Aufführung einer Oper wurde mit einer belgischen Gesellschaft (Ges1) am ein Gastspielvertag abgeschlossen. Die Organisation der Opernproduktion wurde an die Theater2-Theater weitergegeben. In- und ausländische Mitwirkende haben für ihr Engagement einen Vertrag mit dem Theater2-Theater abgeschlossen. Das Theater2-Theater war ein Einzelunternehmen des Schweizer Theaterproduzenten GF, der auch Gesellschafter/Geschäftsführer der belgischen Gesellschaft Ges1 war.
Auch das Theater1 hat im Mai 2005 einen Vertrag mit dem Theater2-Theater abgeschlossen und in weiterer Folge Chor- und Orchestermitglieder im Sommer 2005 zur Vertragserfüllung nach Österreich entsendet.
Der Beschwerdeführer war Arbeitnehmer des Theater1 und wurde als Musiker oder Orchestermitglied im Sommer 2005 nach Österreich entsendet, um an den Opernfestspielen OrtOper mitzuwirken. Er war persönlich weder Vertragspartner noch Arbeitnehmer der Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG.
Weder das Theater1 noch die Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG haben hinsichtlich der Tätigkeit des Beschwerdeführers einen Lohnzettel an die österreichische Finanzverwaltung übermittelt. Der Beschwerdeführer hat auch selbst keine inländischen Einkünfte bekannt gegeben, er hat lediglich erklärt, dass nicht mehr als 2.000,00 € an inländischen Einkünften erzielt wurden.
Der Beschwerdeführer war in Österreich steuerlich nicht erfasst, es wurde nur zwecks Beschwerdevorlage eine Steuernummer vergeben. Für den Beschwerdeführer wurde keine österreichische Lohnsteuer oder eine Abzugsteuer nach § 99 EStG einbehalten.
Gegenüber der Opernfestspiele OrtOper GmbH & Co KG wurde seitens des Finanzamtes FA* ein Haftungsbescheid vom betreffend Abzugsteuer gemäß § 99 Abs 1 Z 1 EStG 1988 für den Zeitraum Mai bis August 2005 erlassen. Aufgrund einer Beschwerde hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom (RV/7101272-W/13) zu Recht erkannt, dass die Opernfestspiele OrtOper einen ausländischen Mitwirkenden an einer Unterhaltungsdarbietung engagiert haben und dieser in Österreich mit dessen Einkünften steuerpflichtig ist. Bemessungsgrundlage des Haftungsbescheides war jener Betrag, den die Opernfestspiele OrtOper dem ausländischen Mitwirkenden bezahlt haben. Dieser ausländische Mitwirkende hat sodann die Gage für das Ensemble des Theater1 bezahlt, dem der Beschwerdeführer angehörte. Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts blieb unbekämpft.
Eine Veranlagung der Einkünfte des ausländischen Mitwirkenden mit Geltendmachung von Betriebsausgaben wurde weder beantragt noch amtswegig durchgeführt.
Am wurde eine Einkommensteuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige für den Beschwerdeführer eingebracht. Die steuerliche Vertreterin beantragte die Veranlagung für die nichtselbständigen Bezüge des Beschwerdeführers aus der Tätigkeit im Sinne des § 99 Abs 1 Z 1 EStG 1988, von denen 20% Lohnsteuer einbehalten wurde. Als "Bezugs-, pensionsauszahlende Stellen im Jahr 2005" wurde die Zahl "1" eingetragen.
4. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Akt, dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung und den Feststellungen des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom zu RV/7101272-W/13.
5. Rechtslage
§ 98 EStG 1988 idgF lautet auszugsweise:
"(1) Der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 3) unterliegen nur die folgenden Einkünfte:
1. ...
2. ...
3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23),
- für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder
- für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist oder
- bei dem im Inland unbewegliches Vermögen vorliegt.
Einkünfte
- aus kaufmännischer oder technischer Beratung im Inland,
- aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung und
- aus der gewerblichen Tätigkeit als Sportler, Artist oder als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen im Inland
sind jedoch auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist.
4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25), die
- im Inland oder auf österreichischen Schiffen ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (Z 2),
- aus inländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden.
Eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach dieser Ziffer hat zu unterbleiben, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach Z 3 erfaßt wurden.
…"
§ 99 Abs 1 Z 1 EStG 1988 idgF lautet:
"Die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger wird durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer):1. Bei Einkünften aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden."
§ 102 EStG 1988 idgF lautet:
(1) Zur Einkommensteuer sind zu veranlagen:
1. Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen, von denen kein Steuerabzug vom Arbeitslohn, vom Kapitalertrag oder nach den §§ 99 bis 101 vorzunehmen ist.
2. Steuerabzugspflichtige Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen, die
- zu den Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebes,
- zu den Einkünften aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter oder
- zu den Gewinnanteilen gemäß § 99 Abs. 1 Z 2 gehören.
3. Einkünfte, von denen eine Lohnsteuer nach § 70 Abs. 2 oder eine Abzugssteuer nach § 99 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 6 zu erheben ist, über Antrag des beschränkt Steuerpflichtigen. Dabei dürfen in den Fällen des § 70 Abs. 2 Z 2 Werbungskosten sowie in den Fällen des § 99 Abs. 1 Z 1 Betriebsausgaben nicht abgezogen werden, wenn sie ohne Beibringung eines inländischen Besteuerungsnachweises an Personen geleistet wurden, die hiemit der beschränkten Steuerpflicht unterliegen und die nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes mit umfassender Amts- und Vollstreckungshilfe gegenüber der Republik Österreich ansässig sind. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden.
Erfolgt eine Veranlagung nach den Z 1 bis 3, bleiben jene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Veranlagung außer Ansatz, von denen Lohnsteuer im Ausmaß von 20% des vollen Betrages einzubehalten war, sofern nicht ein Antrag auf Veranlagung dieser Einkünfte nach Z 3 gestellt worden ist. Bei der Veranlagung der steuerabzugspflichtigen Einkünfte nach Z 2 und 3 sind die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge anzurechnen.
(2) Bei der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger gilt folgendes:
1. Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4) oder Werbungskosten (§ 16) dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie mit diesen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
2. Sonderausgaben (§ 18) sind abzugsfähig, wenn sie sich auf das Inland beziehen. Der Verlustabzug (§ 18 Abs. 6 und 7) steht nur für Verluste zu, die in inländischen Betriebsstätten entstanden sind, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dienen. Er kann nur insoweit berücksichtigt werden, als er die nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünfte überstiegen hat.
3. Die §§ 34, 35, 38, 41 und 105 sind nicht anwendbar.
(3) Die Einkommensteuer ist bei beschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 33 Abs. 1 mit der Maßgabe zu berechnen, dass dem Einkommen ein Betrag von 8.000 Euro hinzuzurechnen ist. Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn angesetzte Absetzbeträge sind zu berücksichtigen.
(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 180/2004)"
6. Rechtliche Beurteilung (siehe I.)
§ 102 EStG 1988 regelt jene Tatbestände, bei deren Erfüllung - amtswegig oder antragsgebunden - eine Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger in der Einkommensteuer durchzuführen ist. Aus dem Wortlaut der Ziffern 1 bis 3 leg cit ist herauszulesen, dass jedenfalls als Voraussetzung einer Veranlagung im entsprechenden Veranlagungszeitraum Einkünfte vorliegen müssen.
Nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG 1988 liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 EStG 1988 unter anderem vor, wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Diese Voraussetzung ist in der konkreten Beschwerdesache grundsätzlich erfüllt, zumal der Beschwerdeführer aufgrund des festgestellten Sachverhalts persönlich als Musiker oder Orchestermitglied im Rahmen der Opernfestspiele in OrtOper in Österreich tätig geworden ist. Auch das im Jahr 2005 anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen (DBA-CSSR BGBl 1979/34) weist dem Staat, in dem der Künstler oder Musiker persönlich tätig geworden ist, ein Besteuerungsrecht zu (Art 17 DBA-CSSR).
Der letzte Satz des § 98 Abs 1 Z 4 EStG normiert jedoch, dass eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG zu unterbleiben hat, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 EStG erfasst wurden. In den ErläutRV 474 BlgNR 13. GP zu § 98 EStG 1972 wird zum - im Wesentlichen unveränderten - letzten Satz der Z 4 leg cit ausgeführt, dass eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung nach den Z 3 und 4 vermieden werden soll. Für den exemplarischen Fall einer Arbeitskräfteüberlassung soll nach Kufner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 98 Anm 27 und Ehrke-Rabel in Hofstätter/Reichel, EStG § 98 Rz 66 eine Doppelbesteuerung vermieden werden, wenn das Gestellungsentgelt (in dem die Einkünfte des Arbeitnehmers enthalten sind) beim Gesteller bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 TS 5 EStG 1988 mit dem Bruttobetrag der Besteuerung unterworfen wurde. Auch für den Fall einer "Künstlergesellschaft" hat nach Rosenberger/Loidl/Moshammer (Beschränkte Steuerpflicht: indirekt erfasste Einkünfte SWK 34/2012, 1483) eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu unterbleiben und sind die Einkünfte auf Ebene der Arbeitskräfte bzw. der Künstler nicht ein weiteres Mal steuerlich zu erfassen, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits nach § 98 Abs 1 Z 3 EStG erfasst wurden. Lediglich beim Entfall einer steuerlichen Belastung zB aufgrund einer optionalen Veranlagung der "Künstlergesellschaft" lebt die Steuerpflicht der zuvor wirtschaftlich miterfassten Einkünfte wieder auf.
Nach § 98 Abs 1 Z 3 letzter TS EStG 1988 liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei beschränkt Steuerpflichtigen auch ohne Unterhalten einer inländischen Betriebsstätte oder der Bestellung eines ständigen Vertreters im Inland vor, wenn eine gewerbliche Tätigkeit als Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen ausgeübt wird. Einkünfte iSd § 98 Abs 1 Z 4 EStG 1988 unterliegen dann nicht der beschränkten Steuerpflicht, wenn sie wirtschaftlich bereits bei einer anderen Einkunftsart erfasst wurden. Gemäß § 21 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Die Einkünfte, die der Beschwerdeführer als Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers erzielt hat, sind in wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits in der Vergütung an den ausländischen Opernproduzenten enthalten, die als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 98 Abs 1 Z 3 iVm § 99 Abs 1 Z 1 EStG 1988 grundsätzlich dem Steuerabzug unterliegen.
Aufgrund des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom zu RV/7101272-W/13 ist eine Besteuerung durch die Inanspruchnahme des Schuldners der Einkünfte rechtskräftig erfolgt. In die Bemessungsgrundlage der diesbezüglichen Steuer wurde faktisch das Entgelt des Beschwerdeführers einbezogen, da auch ein diesbezüglicher Betriebsausgabenabzug in Höhe der Gage des Beschwerdeführers zB im Rahmen einer Veranlagung des ausländischen Empfängers der Einkünfte nicht geltend gemacht wurde. In teleologischer Interpretation des § 98 Abs 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988 ist daher aus Gründen der Vermeidung einer Doppelbesteuerung eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gesetzlich nicht vorgesehen.
Da keine Einkünfte des Beschwerdeführers zu erfassen sind, hat weder amtswegig noch auf Antrag eine Veranlagung zur Einkommensteuer zu erfolgen und ist daher in der Abweisung des Antrages auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung keine Rechtswidrigkeit zu sehen. Die Beschwerde ist folglich als unbegründet abzuweisen.
Da eine Veranlagung nicht durchzuführen ist, ist über eine eventuelle Anrechnung der abgezogenen Steuer nicht abzusprechen.
7. Zulässigkeit der Revision (siehe II.)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehlt, ob ein beschränkt Steuerpflichtiger gemäß § 102 Abs 1 Z 3 EStG 1988 auf Antrag zur Einkommensteuer zu veranlagen ist, obwohl die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 98 Abs 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988 wirtschaftlich bereits nach Z 3 leg cit erfasst wurden, ist die Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 102 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100129.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at