zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Aufschiebende Wirkung – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.05.2020, AW/2200003/2020

Aufschiebende Wirkung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R, in Vertretung des Richters R1, über den Antrag der A, Adresse, vertreten durch V, Rechtsanwalt, Adresse1, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zahl RV/2200008/2018, betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen erhobenen und zur Zahl RR/2200003/2020 protokollierten außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß § 25a Abs. 2 Z 1 VwGG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde der (nunmehrigen) Revisionswerberin gegen den Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zahl aa, teilweise Folge gegeben.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Die Revisionswerberin begründet ihren Antrag auf aufschiebende Wirkung damit, der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses bewirke unverhältnismäßige Nachteile. Die Zahlung der Aussetzungszinsen verschärfe die ohnehin höchst angespannte finanzielle
Situation der revisionswerbenden Partei ungemein. Gerade in Zeiten der ohnehin schlechten Wirtschaftslage im Zuge der Corona-Pandemie könnten die Insolvenz und damit die unmittelbare Liquidierung des Unternehmens die Folge sein, womit nicht nur die im Unternehmen vorhandenen Arbeitsplätze wegfielen, sondern dem Staat auch die vom Unternehmen zu leistenden Steuern und Abgaben nicht mehr zufielen. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung könnte diese Folge verhindert werden.

Auch bei einem Obsiegen im Hauptverfahren komme es außerdem zu keiner Rückerstattung allfälliger Zinsen durch den Bund. Eine analoge Anwendung der entsprechenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung würde vom Bundesfinanzgericht (BFG, RV/7200166/2013) abgelehnt. Gleichzeitig stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Als einziges Interesse sei das finanzielle lnteresse des Bundes an der Zahlung des Altlastenbeitrags auszumachen, welches gar kein öffentliches lnteresse im Sinne dieser Gesetzesbestimmung darstelle. Tatsächlich würden der öffentlichen Hand im dann unausweichlichen Liquidationsfall nicht nur die Altlastenbeträge selbst, sondern auch andere, vom Unternehmen abzuführende Steuern und Abgaben entgehen. Es liege damit sogar im öffentlichen Interesse, die aufschiebende Wirkung zu gewähren.

Die sofortige Fälligkeit der oben dargestellten Abgaben, die in Folge des Vollzugs des angefochtenen Erkenntnisses drohe, stelle auch deshalb einen unverhältnismäßigen Nachteil dar, weil die Folgen des Eingriffs (drohende Insolvenz mit Verlust von Arbeitsplätzen) im Fall der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses nicht wieder beseitigt werden könnten. Weiters erwiesen sich die der revisionswerbenden
Partei bei einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses drohenden Nachteile in Relation zu den Vorteilen der öffentlichen Hand durch eine rasche Zahlung der Aussetzungszinsen als jedenfalls unverhältnismäßig.

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet:
"Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."

Um die vom Gesetzgeber gemäß § 30 Abs. 2 VwGG geforderte Interessenabwägung
vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
erforderlich, dass der Antragsteller schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der
aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich
der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich
nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden
Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen. Ein bloßer Vermögensnachteil, der im Falle des
Obsiegens vor dem Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen wieder ausgeglichen werden
kann, ist für sich allein genommen noch kein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne
des § 30 Abs. 2 VwGG, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten (
Ra 2014/08/0012). Mit dem bloßen Vorbringen, die Zahlung der Aussetzungszinsen verschärfe die finanzielle Situation, ohne dies näher zu erläutern und mit Unterlagen zu belegen, wird nicht konkret dargelegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der unverhältnismäßige Nachteil ergibt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die
Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus der Verpflichtung zu einer Geldleistung ebenfalls
schon im Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung durch zahlenmäßige Angaben
über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu konkretisieren. Erst
die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom
Gesetz gebotene Interessensabwägung (). Dies auch in einer durch eine Pandemie verursachten wirtschaftlich besonderen Situation.

Mangels jeglicher (zahlenmäßiger) Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse der
Revisionswerberin konnte dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben werden. Darüber hinaus steht das im Antrag genannte Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes im Falle des Obsiegens vor dem Verwaltungsgerichtshof der Rückzahlung entrichteter Aussetzungszinsen nicht entgegen.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 30 Abs. 2 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:AW.2200003.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at