Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2020, RV/6200002/2018

Bindungswirkung und vZTA

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Walter Summersberger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Lux, Lange Weg 118, 3090 Overijse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Salzburg vom , CRN: Bollette, betreffend Tarifierung von Wasserhängematten, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Zollabgabe wird neu mit € 16.018,57 festgesetzt. Die Tarifposition für das Einfuhrdatum der Zollanmeldung Bolletten-Nr. lautet neu: 3926 9092 90.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Antrag vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) durch ihren Vertreter die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft für eine "Wasserhängematte" unter Einreihung unter dem Code 9401 8000 000 der Kombinierten Nomenklatur .

In Feld 8 (Warenbeschreibung) des Antragsformulars "Za 275" heißt es:

"Wasserhängematte:

Sitzmöbel - Liege wie eine Hängematte aufgebaut; seitliche Konstruktion kann als Armlehne dienen.

Maße: ca. 178 x 94 cm

Boden aus Kunststoffnetz sorgt für Abkühlung

- aufblasbarer Ring mit Stoffummantelung bietet Haltbarkeit und Komfort

- integriertes Luftkissen
"

Mit der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) vom (gültig bis ) reihte das Zollamt Wien, Zentralstelle für Verbindliche Zolltarifauskünfte, diese Ware unter dem Code 6306 9000 90 ein.

Diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen.

Die Warenbeschreibung der genannten vZTA lautet:

"Campingausrüstung in Form einer Wasserhängematte - mit den Maßen von ca. 178cm x 94cm, - in der Mitte aus einem netzartig gestanzten Flächenerzeugnis aus Kunststoff bestehend (keine abgeknüpften Zellen, somit kein Erzeugnis der Position 5608), - um das Netz herum mit einem aufblasbaren Schlauch versehen, welcher mit einem Spinnstoff (Polyester, Nylon) überzogen und mit einem Kunststoffventil zum Aufblasen und Ablassen der Luft ausgestattet ist, - wird zum Liegen auf dem Wasser verwendet, stellt aufgrund der durchbrochenen Liegefläche keine Luftmatratze der Unterposition 6306 40 dar, - der mit Spinnstoff ummantelte, aufblasbare Schlauch wird im Hinblick auf die Verwendung (ermöglicht das Liegen auf dem Wasser) als wesensbestimmend angesehen. (sämtliche Angaben vom Antragsteller, Abbildung siehe Anlage)"

Die Bf. beantragte durch ihren direkten Vertreter mit der Anmeldung vom , CRN: Bollette beim Zollamt ZA im Informatikverfahren u.a. die Überführung von Wasserhängematten in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr (Code 4000 zum Feld 37 des Einheitspapiers) und gab im Feld 33 des Einheitspapiers als Warennummer "6306 9000 90" an.

Die Waren wurden in den freien Verkehr überlassen und der Bf. die buchmäßige Erfassung der Eingangsabgaben mitgeteilt (Zoll: 12% von 246,439,57 = € 29.572,75)

Mit Beschwerde vom wurde eingewendet, dass eine unrichtige Tarifposition zur Anwendung kam, richtig wäre: 95062900. Die Bf. begründet dies wie folgt:

Die Beschwerde wurde mit BVE des Zollamtes Salzburg vom , Zahl: 600000/xxxx/2017 als unbegründet abgewiesen. Dagegen wurde form- und fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht.

Erwägungen:

In stRsp des BFG kommt das Gericht zur Auffassung, dass die in Rede stehenden Wasserhängematten unter dem Code 3926 9092 90 in die Kombinierte Nomenklatur einzureihen sind (; ; ). In der E , RV/7200064/2016 verneinte das BFG eine Bindungswirkung der vZTA, weil in diesem konkreten Fall die Ware bereits am zur Einfuhr angemeldet wurde und somit die Zollförmlichkeiten vor der Auskunftserteilung erfüllt wurden.

Das BFG stellte im genannten Erkenntnis in sachverhaltsmäßiger Hinsicht fest, dass es sich bei der von der Bf. in der mündlichen Verhandlung dargelegten Wasserhängematte in den Maßen von ca. 178cm x 94cm um einen aufblasbaren Schlauch mit einem Kopfteil, beide aus Kunststoff und beide mit einem Kunststoffventil zum Aufblasen und Ablassen der Luft versehen, handelt. Der aufblasbare Schlauch ist mit einem Spinnstoffgewebe ummantelt. Die an den Schlauch angenähte Liegefläche (der Boden) ist ein netzartiges Spinnstoffgewirke. Der Gegenstand wird zum Liegen und "Abhängen" (daher auch Wasserhängematte) auf dem Wasser verwendet.

Ein Widerruf der auch hier in Rede stehenden vZTA ist bislang nicht erfolgt.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörden, abgesehen von offenkundigen Tatsachen und von solchen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Verfahrensgang sowie der dargestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Ausgehend von den im Erkenntnis des , dargestellten Sachverhaltsannahmen und Ermittlungsergebnissen sieht das BFG den maßgeblichen Sachverhalt auch im hier vorliegenden Beschwerdefall als ausreichend geklärt an.

In dem Erkenntnis v. vorgelagerten mündlichen Verhandlung wurde die in der der Anmeldung zugrunde liegenden Handelsrechnung beschriebenen Ware von der Bf. dargelegt, in der Folge von den Parteien des Verfahrens und von den Richtern des entscheidenden Senates des BFG beschaut sowie zur Ware eine Warenbeschreibung aufgenommen.

Insbesondere aufgrund der Übereinstimmung sieht es das BFG auch im vorliegenden Fall als erwiesen an, dass die hier zu beurteilende Wasserhängematte in ihrer Beschaffenheit jener dem Erkenntnis vom , RV/7200064/2016, zugrundeliegenden Wasserhängematte entspricht. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Rechtslage

Artikel 12 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABL L 302 vom , (Zollkodex - ZK) lautete zum Zeitpunkt der Antragstellung und Erteilung der vZTA (auszugsweise):

"Artikel 12

(1) Auf schriftlichen Antrag erteilen die Zollbehörden nach Modalitäten, die im Wege des Ausschussverfahrens festgelegt werden, verbindliche Zolltarifauskünfte oder verbindliche Ursprungsauskünfte.

(2) Die verbindliche Zolltarifauskunft oder die verbindliche Ursprungsauskunft bindet die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten nur hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung bzw. der Feststellung des Ursprungs der Waren.

Die verbindliche Zolltarifauskunft oder die verbindliche Ursprungsauskunft bindet die Zollbehörden nur hinsichtlich der Waren, für welche die Zollförmlichkeiten nach dem Zeitpunkt der Auskunftserteilung erfüllt werden.

...

(3) Der Berechtigte muss nachweisen können, dass

- bei zolltariflichen Fragen die angemeldete Ware der in der Auskunft beschriebenen in jeder Hinsicht entspricht;

- ...

(4) Eine verbindliche Auskunft ist vom Zeitpunkt ihrer Erteilung angerechnet bei zolltariflichen Fragen sechs Jahre und bei Ursprungsfragen drei Jahre lang gültig. Abweichend von Artikel 8 wird sie zurückgenommen, wenn sie auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Antragstellers beruht.

(5) Eine verbindliche Auskunft wird ungültig, wenn

a) bei zolltariflichen Fragen:



iii) sie nach Artikel 9 widerrufen oder geändert wird und unter der Voraussetzung, dass der Berechtigte davon in Kenntnis gesetzt worden ist.

...

(6) Eine verbindliche Auskunft, die nach Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer ii) oder iii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) oder iii) ungültig wird, kann von dem Berechtigten noch sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung oder Inkenntnissetzung verwendet werden, wenn er vor dem Zeitpunkt der Annahme der betreffenden Maßnahme aufgrund der verbindlichen Auskunft einen rechtsverbindlichen und endgültigen Vertrag zum Kauf oder Verkauf der betreffenden Waren geschlossen hat. Handelt es sich jedoch um Erzeugnisse, für die eine Einfuhr- oder Ausfuhrlizenz oder eine Vorausfestsetzungsbescheinigung bei der Erfüllung der Zollförmlichkeiten vorgelegt wird, so tritt der Zeitraum, für den die betreffende Bescheinigung gültig bleibt, an die Stelle des Sechsmonatszeitraums. In dem in Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer i) und Buchstabe b) Ziffer i) genannten Fall kann in der Verordnung oder dem Abkommen eine Frist für die Anwendung des Unterabsatzes 1 festgelegt werden.

(7) Die zolltarifliche Einreihung oder die Feststellung des Ursprungs nach der verbindlichen Auskunft gemäß Absatz 6 gilt nur für die Festsetzung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.

…"

Eine Bindungswirkung greift auch nach dem neuen Zollrecht (Art 33 UZK).

Gemäß Art. 56 UZK umfasst der gemeinsame Zolltarif, auf welchen sich die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen, u.a. die Kombinierte Nomenklatur nach der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87.

Gemäß Art. 172 Abs. 2 UZK ist, wenn nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung durch die Zollbehörden in Bezug auf alle Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, zugrunde zu legen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif, ABl. L 256 vom , in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2293/2016 v. , ABl L 2016/344, 79 (im Folgenden: KN-Verordnung) enthält in ihrem Anhang I (Kombinierte Nomenklatur), Teil II (Zolltarif) den Abschnitt VII (Kunststoffe und Waren daraus; Kautschuk und Waren daraus).

In Abschnitt VII enthält das Kapitel 39 ("Kunststoffe und Waren daraus") die Position 3926 ("Andere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914"), wobei für den KN-Code 3926 9092 90 ein Drittlandszollsatz von 6,5 % vorgesehen ist.

In Abschnitt XI (Spinnstoffe und Waren daraus) enthält das Kapitel 63 ("Andere konfektionierte Spinnstoffwaren; Warenzusammenstellungen; Altwaren und Lumpen") die Position 6306 ("Planen und Markisen; Zelte; Segel für Wasserfahrzeuge, für Surfbretter und für Landfahrzeuge; Campingausrüstungen"), wobei für den KN-Code 6306 9000 90 ("andere") ein Drittlandszollsatz von 12 % vorgesehen ist.

Die KN-Verordnung enthält in ihrem Anhang I (Kombinierte Nomenklatur), Teil I (Einführende Vorschriften) Titel I (Allgemeine Vorschriften) Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV).

Demnach sind die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften (AV 1).

Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehende Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht (AV 2b).

Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird nach der AV 3 wie folgt verfahren:

a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c) Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln (AV 6).

Im hier vorliegenden Fall erfolgte die Annahme der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr innerhalb der Geltungsdauer der vZTA. In der betreffenden Position der Zollanmeldung ist im Feld 44 des Einheitspapiers die genannte vZTA aber nicht angegeben.

Wird eine von der Zollbehörde erteilte vZTA gemäß Art. 34 Abs. 4 UZK zurückgenommen, so wirkt diese Zurücknahme mit Wirkung "ex tunc" bis zum Zeitpunkt der Erteilung zurück. Wird sie hingegen gemäß Art. 34 Abs. 5 UZK widerrufen, weil die erteilende Behörde später erkennt, dass sie die tarifarische Einreihung der Ware verfehlt beurteilt hat, so wirkt dieser Widerruf nur "ex nunc". Ein Widerruf oder eine Zurücknahme der hier in Rede stehenden vZTA ist zum heutigen Tag nicht erfolgt.

Für die Zeit der Gültigkeit der vZTA bindet diese gemäß Art. 12 Abs. 2 ZK (Art. 33 Abs. 2 UZK) die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten hinsichtlich der zolltarifarischen Einreihung. Die Bindungswirkung greift gegenüber dem Berechtigten, somit jenem, dem die VZTA erteilt wurde, (vgl. auch Schulmeister in Witte, Zollkodex6, Art. 12, Rz 19). Im Beschwerdefall ist dies die Bf.

Diese Bindungswirkung hätte zur Folge, dass trotz der im zitierten Erkenntnis des nachträglich erkannten Rechtswidrigkeit der vZTA die Abgabenberechnung im hier gegenständlichen Beschwerdefall auf der Basis dieser in Rechtskraft erwachsenen vZTA durchgeführt werden müsste.

Allerdings muss für eine Bindung der Zollbehörden an eine vZTA nachgewiesen werden, dass die angemeldete Ware der in der Auskunft beschriebenen in jeder Hinsicht entspricht.

Für die Reichweite der Bindungswirkung einer vZTA kann es auch nicht darauf ankommen, ob die darin beschriebenen Beschaffenheitsmerkmale einer Ware zolltariflich relevant sind oder nicht (vgl. BFH , VII B 205/03).

Anders als die in der vZTA beschriebene Wasserhängematte, die in der Mitte ein netzartig gestanztes Flächenerzeugnis aus Kunststoff aufweist, besteht die an den Schlauch angenähte Liegefläche (der Boden) der hier zu beurteilenden Wasserhängematte nach der vorliegenden Sach- und Beweislage aus einem netzartigen Spinnstoffgewirke.

Im Beschwerdefall ist daher eine Bindung an die vZTA zu verneinen, weil die am angemeldete Ware der in der Auskunft beschriebenen nicht in jeder Hinsicht entspricht. Schon im bereits erwähnten Erkenntnis vom , RV/7200064/2016, gelangte das BFG zur Auffassung, dass die in Rede stehenden Wasserhängematten unter dem Code 3926 9092 90 in die Kombinierte Nomenklatur einzureihen sind.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass es sich bei Campingausrüstungen um Erzeugnisse zum Campieren, zum Urlauben und Übernachten im Freien oder in Zelten handle, sodass Wassersportartikel oder Artikel, die ausschließlich im Wasser genutzt werden könnten und sollten und als Schwimmhilfe konstruiert seien, vom Begriff "Camping" nicht umfasst seien. Wasserhängematten würden vor allem im Sommer im See oder im Pool eingesetzt. Dadurch, dass man auf einem solchen Gegenstand immer leicht im Wasser hänge (daher auch der Name Wasserhängematte), werde der Körper immer angenehm kühl gehalten.

Im Vergleich zu einer klassischen Luftmatratze hänge der Körper dauerhaft leicht im Wasser; eine klassische Luftmatratze hingegen müsse komplett mit Luft gefüllt werden, bei einer Hängematte für das Wasser jedoch nur der äußeren Ring und das Kissen.

Da in die Position 6306 Planen und Markisen; Zelte; Segel für Wasserfahrzeuge, für Surfbretter und für Landfahrzeuge; Campingausrüstungen einzureihen seien, müsse eine diesbezügliche Einreihung bereits am Wortlaut der Position 6306 HS scheitern, weil dieser Gegenstand ihrem Zweck nach "zum Liegen und Abhängen auf dem Wasser" verwendet werden solle, daher nicht vorrangig ein Erzeugnis zum Campieren, zum Urlauben und zum Übernachten im Freien oder in Zelten sei.

Das vor dem BFG durchgeführte Beweisverfahren habe gezeigt, dass die Gegenstände nach der stofflichen Beschaffenheit und dabei vor allem nach ihrer Bedeutung in Bezug auf die Verwendung der Ware einzureihen sei. Eine solche Matte solle nur zum Liegen auf dem Wasser verwendet werden. Der Kunststoffanteil sei charakterbestimmend, weil er sowohl vom Gewicht her (die Komponenten aus Kunststofffolie würden ein Gewicht von 378 Gramm, die Spinnstoffummantelung und das Gewirke hingegen ein Gewicht von 118 Gramm haben) als auch funktionsmäßig als Schutz des Schwimmers vor dem Ertrinken den Spinnstoffanteil unzweifelhaft überlagere. Würde die Luftdichte des schlauchförmigen Kunststoffreifens versagen, wäre ein Überwasserhalten des Nutzers nicht möglich.

Der Kunststoffanteil könne ermittelt werden und verleihe der Ware auch ihren wesentlichen Charakter. Er überwiege gegenüber der Spinnstoffummantelung und gegenüber dem Gewirke sowohl im Hinblick auf die Funktion, das Gewicht und den Wert, weshalb die ..vorgenommene Tarifierung der Wasserhängematten ... als Waren der Position 6306 zu Unrecht erfolgt sei.

Da in die Position 9506 Geräte und Ausrüstungsgegenstände für die allgemeine körperliche Ertüchtigung einzureihen seien, müsse eine diesbezügliche Einreihung bereits am Wortlaut der Position 9506 scheitern, weil die Wasserhängematte ihrem Zweck nach zum Liegen und "Abhängen" auf dem Wasser verwendet werden solle. Die Wasserhängematte sei kein Gerät oder Ausrüstungsgegenstand für Gymnastik, Leicht- und Schwerathletik, für anderer Sportarten und Freiluftspiele und auch kein Schwimmbecken und kein Planschbecken.

Das BFG schließt sich diesen Ausführungen im Erkenntnis vom auch im vorliegenden Beschwerdefall an, sodass daher spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Berechnung der Zollabgabe lautet: 6,5% von 246.439,57 = 16.018,57. Der Differenzbetrag zu € 29.572,75 ist sohin der Bf. zu erstatten.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzliche Rechtsfrage ist nicht ersichtlich.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
DVO 1001/2013, ABl. Nr. L 290 vom S. 1
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 33 KN-VO, VO 2658/87, ABl. Nr. L 256 vom S. 1
Verweise
BFG, RV/6200039/2016
BFH , VII B 205/03
Schulmeister in Witte6, Art 12 Rz 19
BFG, RV/7200064/2016
BFG, RV/5200045/2016
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6200002.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at