Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.06.2020, RV/5101756/2017

Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5101756/2017-RS1
Für die Beurteilung von Anbringen kommt es unter anderem darauf an, wie die Parteierklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeiten nimmt (Ritz, BAO, § 85 Tz 1 mit Judikaturnachweisen). Kommt aufgrund des Alters des Antragstellers ausschließlich ein Eigenantrag im Sinne des § 6 Abs. 5 iVm § 6 Abs. 2 lit. d FLAG in Betracht, besteht eine untrennbare Verknüpfung von Grund- und Erhöhungsbetrag (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Tz 19). Angesichts dessen ist ein (nur mit Formular Beih1 gestellter) "Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe" dahingehend zu verstehen, dass sowohl die Gewährung des Grund- als auch des Erhöhungsbetrages begehrt wird.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***1***, vertreten durch Rechtsanwältin ***RA***, ***RA-Adr*** ***5***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu VNR ***2***, mit dem ein Eigenantrag des Beschwerdeführers vom auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Dezember 2015 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass dieser lautet: Der Eigenantrag vom auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe wird für den Zeitraum Dezember 2015 bis September 2016 abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der am ***3*** geborene Beschwerdeführer ***Bf1*** (vormals ***Bf1***) wurde mit Urteil des Landesgerichtes ***5*** vom wegen versuchter Vergewaltigung, schwerer Körperverletzung und versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt; ferner wurde eine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Der Beschwerdeführer befand sich seit in Haft.

Während dieser Anhaltung absolvierte der Beschwerdeführer die Berufsschule für den Lehrberuf Tischler und legte die Lehrabschlussprüfung in diesem Lehrberuf am erfolgreich ab.

Am wurde der Beschwerdeführer vorzeitig aus der Haft (Anstaltsunterbringung) entlassen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen ***6*** vom wurde der Beschwerdeführer wegen Vergewaltigung neuerlich zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und wiederum in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Während dieser Anhaltung heiratete der Beschwerdeführer am x.2011 ***4*** und nahm deren Familiennamen an; diese Ehe wurde am x.2016 wieder geschieden.

Am wurde der Beschwerdeführer aus der Justizanstalt ***7*** bedingt entlassen, nachdem ein fachärztliches Gutachten des Dr. ***11*** vom einen ausreichenden Abbau der spezifischen Gefährlichkeit bescheinigt hatte.

Mit einem undatierten, am beim Finanzamt eingelangten Formblatt Beih 1 beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung der Familienbeihilfe "ab Haftantritt". Neben der damaligen Anschrift und einer Bankverbindung wurde als Dienstgeber das AMS angeführt. Weitere Angaben finden sich auf diesem Vordruck nicht. Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrages 37 Jahre alt.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom diesen "Antrag auf Familienbeihilfe" für den Zeitraum "ab Dez. 2015" ab. Begründet wurde dies damit, dass die (damalige) Ehegattin des Beschwerdeführers für diesen unterhaltspflichtig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , in der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht beantragt worden war. Begründet wurde die Beschwerde zusammengefasst im Wesentlichen damit, dass der im Jahre 1995 damals 17-jährige Beschwerdeführer im Zuge eines Strafverfahrens mehrfach psychiatrisch-neurologisch untersucht und dabei festgestellt worden sei, dass er im Umgang mit anderen Menschen schwer gestört sei und klare Anzeichen von Neurosen und psychosomatischen Krankheiten gegeben seien. Weiters leide der Beschwerdeführer an einer intellektuellen geistigen Behinderung vom Grade einer Grenzdebilität (IQ = 76) und sei daher nicht in der Lage zu abstrahieren und komplizierte Gedankengänge zu erkennen. Zwischen den Jahren 2010 und 2015 sei der Beschwerdeführer mehrfach begutachtet worden. Es sei eine Störung des Sozialverhaltens und der Emotion mit Beginn in der Kindheit (ICD 10 F982), sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F61) mit dissozialen, passiv aggressiven, emotional instabilen, dependenten Anteilen, welche auch reaktiv-sadistische Elemente beinhaltet und Krankheitswert erreicht, diagnostiziert worden. Unter Berücksichtigung der Erkenntnis-, Kommunikations-, Affekt- und Handlungsstruktur, sowie der Willensbildung lägen beim Beschwerdeführer die forensisch-psychiatrischen Kriterien einer geistigen bzw. psychischen Abnormität höheren Grades vor. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen ***6*** vom sei der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren verurteilt und wurde gleichzeitig die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet worden. Seit seiner Entlassung aus derselben sei der Beschwerdeführer ohne Beschäftigung und ohne eigenes Einkommen. Der Beschwerdeführer habe über die gesamte Dauer seiner Haftstrafe bzw. Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher in der Justizanstalt ***8*** und in ***7*** gearbeitet und Einkünfte erwirtschaftet. Es seien 75 % der Arbeitsvergütung als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verwendet worden. Der Unterhalt des Beschwerdeführers sei daher nicht zur Gänze durch die öffentliche Hand gewährt worden. Die Ehegattin des Beschwerdeführers sei behindert (zu 100 % erblindet), was zu besonderen Kosten führe, da sie in ihrem Lebensalltag immer gegen Bezahlung auf fremde Hilfe und Unterstützung für teures Spezialequipment angewiesen sei. Ferner wäre sie für einen volljährigen, noch nicht selbsterhaltungsfähigen Sohn sorgepflichtig. Hinzu komme, dass sie beträchtliche Schulden habe, die sie monatlich mit einem Ratenbetrag von 900 € begleiche. Die Einkünfte der Ehegattin würden daher lediglich zur Bestreitung der eigenen bescheidenen Unterhaltsbedürfnisse ausreichen, weshalb keine Unterhaltspflicht gegenüber dem Beschwerdeführer bestehe. Auf Grund der gutachterlich erwiesenen umfassenden psychischen Störungen, die auch Krankheitswert erreicht hätten, sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Damit lägen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 iVm § 6 Abs. 2 lit. d FLAG vor. Es bestehe daher sowohl Anspruch auf die Familienbeihilfe, als auch auf den Erhöhungsbeitrag wegen erheblicher Behinderung.

Mit Schriftsatz vom brachte die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für diesen einen (zusätzlichen) Antrag auf rückwirkende Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab ein. Begründet wurde dieser gleichlautend wie die Beschwerde. Über diesen Antrag wurde bisher vom Finanzamt nicht abgesprochen.

Am ersuchte das Finanzamt das Bundessozialamt (nunmehr Sozialministeriumservice) um Erstellung einer Bescheinigung im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG.

Im ärztlichen Sachverständigengutachten vom wurde nach durchgeführter Untersuchung des Beschwerdeführers am eine kombinierte Persönlichkeitsstörung und eine Intelligenzminderung festgestellt, was bei einer Einschätzung entsprechend der sozialen Einschränkung zu einem Grad der Behinderung von 70 % führe. Ferner wurde ein chronisches Schmerzsyndrom (tägliche Schmerzen im Gesicht linksseitig, keine Therapie) mit einem Grad der Behinderung von 30 % festgestellt. Dieses Leiden wirke aufgrund der geringen funktionellen Auswirkung nicht steigernd. Eine rückwirkende Einschätzung des Grades der Behinderung von 70 % sei ab 2005 möglich, da der Beschwerdeführer damals wegen Vergewaltigung zu acht Jahren Haft und Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt worden sei. Eine rückwirkende Anerkennung eines Grades der Behinderung von 50% sei ab 6/1996 möglich, da er damals wegen versuchter Vergewaltigung und versuchtem Mord zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt worden sei und "sonderbeschult" gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die dauernde Erwerbsunfähigkeit sei nach dem 21. Lebensjahr eingetreten; der Beschwerdeführer habe vor der ersten Haft als Hilfsarbeiter gearbeitet und während der Haft eine Tischlerlehre abgeschlossen. Aufgrund der sozialen und kognitiven Einschränkung werde er sich den Unterhalt am ersten Arbeitsmarkt nicht selbst verschaffen können, ein geschützter Arbeitsplatz sei notwendig.

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die Tischlerlehre erst am ***9*** und damit nach Vollendung des 21. Lebensjahres am ***10***) abgeschlossen hatte, ersuchte das Finanzamt das Sozialministeriumservice am unter Hinweis auf die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG um ergänzende Beurteilung, ob die dauernder Erwerbsunfähigkeit vor oder nach dem ***9*** eingetreten ist.

Im ärztlichen Sachverständigengutachten vom (Aktengutachten) wurden jedoch lediglich die im Gutachten vom getroffenen Feststellungen wiederholt.

Daraufhin wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde im Spruch als unbegründet ab. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass in der Beschwerde eine rückwirkende Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab beantragt werde. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen habe mit Gutachten vom bzw. festgestellt, dass ab ein Grad der Behinderung von 50 % bzw. ab von 70 % bestehe. Der Eintritt einer dauernden Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr bzw. während einer Berufsausbildung werde nicht bescheinigt. Da die Voraussetzungen "gem. § 2 Abs. 1 lit. c FLAG" für die erhöhte Familienbeihilfe nicht vorlägen, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen. Ein Eingehen auf die Unterhaltsverpflichtung der (früheren) Ehegattin und den Aufenthalt in der Haftanstalt (gemeint offenkundig: Tragung der Unterhaltskosten durch die öffentliche Hand) könne daher entfallen.

Mit weiterem Bescheid vom wurde der Antrag vom - aus der Begründung erkennbar - für den Zeitraum 9/1995 bis 12/2010 wegen Verjährung zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom richtet sich der Vorlageantrag vom . Der Beschwerdeführer sei am ***3*** geboren und von bis in Strafhaft gewesen. Während der Anhaltung in Haft bis zu seiner Enthaftung im 23. Lebensjahr sei die Fähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ebenfalls nicht gegeben gewesen. Warum eine dauernde Erwerbsunfähigkeit plötzlich während der Haft nach dem 21. Lebensjahr eingetreten sein soll und vorher nicht, sei völlig denkunlogisch. Auf Grund der sozialen/kognitiven Einschränkung sei jedenfalls davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer auch bereits vor dem 21. Lebensjahr den Unterhalt am Arbeitsmarkt nicht selbst verschaffen habe können. Eine fachkundige Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt könne auch nicht von einem Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin abschließend beurteilt werden. Zum Beweis der Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers am allgemeinen Arbeitsmarkt vor dem 21. Lebensjahr werde der Antrag auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie und Neurologie und auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Berufskunde gestellt.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Im Zuge einer vom Bundesfinanzgericht angeforderten Gutachtensergänzung vom stellte die ärztliche Leiterin des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, fest, dass der Beschwerdeführer die Lehre positiv abgeschlossen habe. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass eine dauernde Erwerbsunfähigkeit vor dem nicht bestanden habe. Eine Lehre bzw. Hilfsarbeitertätigkeit sei zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen.

In einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem Beschwerdeführer die Gutachtensergänzung zur Kenntnis gebracht und mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass vom Bundesfinanzgericht kein eigenständiges Beweisverfahren zur Frage, wann die dauernde Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers eingetreten ist, durchzuführen sei. Ferner wurde der bisherige Verfahrensgang zusammengefasst.

In der Stellungnahme vom verwies die Rechtsvertreterin darauf, es sei bereits im Jahr 1995 im Zuge einer Untersuchung festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer schwer gestört sei und klare Anzeichen von Neurosen und psychosomatischen Krankheiten gegeben wären. Weiters sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer an einer intellektuellen geistigen Behinderung vom Grade einer Grenzdebilität (IQ: 76) leide. Folglich sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage, zu abstrahieren und komplizierte Gedankengänge zu erkennen. Auch in weiteren Begutachtungen zwischen 2010 und 2015 sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer an einem gestörten Sozialverhalten und einer gestörten Emotion seit Beginn der Kindheit, sowie an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit dissozialen passiv aggressiven, emotionalen instabilen, dependenten Anteilen leide, welche auch reaktiv sadistische Elemente beinhalte und Krankheitswert erreiche. Daraus folge, dass auf Grund des komplexen Krankheitsbildes des Beschwerdeführers das zweite Gutachten (Aktengutachten) vom als nicht ausreichend angesehen werden könne, da nicht schlüssig nachvollziehbar sei, wie ein Gutachten in Bezug auf die Erwerbsunfähigkeit, noch dazu im Nachhinein, ohne Untersuchung des Beschwerdeführers erstellt werden kann bzw. inwiefern ein Gutachten, welches auf dieser Basis erfolgt, als schlüssig anzusehen sei. Der Beschwerdeführer habe zwar eine Lehre in der Haft abgeschlossen, dieser Lehrabschluss sei jedoch nicht mit einer gewöhnlichen Tischlerausbildung vergleichbar. Der Beschwerdeführer habe diese Lehre nur abschließen können, weil die Personen, welche die Prüfung abgenommen haben, seine persönlichen Umstände in kulanter Art und Weise berücksichtigt haben. Auf Grund dieses Lehrabschlusses habe der Beschwerdeführer formell die Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt erfüllt, doch zeigten die häufigen Arbeitgeberwechsel eindeutig, dass der Beschwerdeführer den realen Ansprüchen des Arbeitsmarktes nicht entsprochen habe. Zu keinem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer auf Grund seines gesundheitlichen Zustands den tatsächlichen Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen können. Daraus folge, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem ***10*** bzw. dauerhaft erwerbsunfähig gewesen sei bzw. gewesen sein müsse, da sein bereits vor dem 18. Lebensjahr festgestellter genetischer bzw. frühkindlicher Intelligenzdefekt (Oligophrenie/IQ ca. 76!) nicht kurzfristig abgeklungen sein werde. Eine plötzliche, vorübergehende eingetretene Hirnreifung des Beschwerdeführers sei nicht schlüssig erklärbar. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Oligophrenie des Beschwerdeführers tatsächlich auch aktuell noch gegeben sei. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer laut Aktengutachten dauerhaft außerstande sein werde, seinen Unterhalt selbst bestreiten zu können und dies mit sozialen/kognitiven Einschränkungen des Beschwerdeführers begründet wird, zeige eindeutig auf, dass die dauernde Erwerbsunfähigkeit beim Beschwerdeführer zu jeglichem Zeitpunkt gegeben war. Das Aktengutachten könne nicht schlüssig und vollständig erklären, inwieweit sich beim Beschwerdeführer die im Jahr 1995 als damals 17-jähriger im Zuge eines Strafverfahrens festgestellte psychiatrisch neurologische gravierende Störung inclusive Neurosen und psychosomatischen Krankheiten und der intellektuell geistigen Behinderung vom Grade einer Grenzdebilität (IQ : 76) noch vor dem vollendeten 18. Lebensjahr bzw. auch vor dem vollendeten 21. Lebensjahr derartig verbessert haben soll, dass der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch fähig gewesen wäre, sich seinen Unterhalt selbst zu verschaffen. Das Gutachten sei in keiner Weise nachvollziehbar und als mangelhaft zu bezeichnen.

Am ersuchte das Bundesfinanzgericht das Sozialministeriumservice neuerlich um ergänzende Stellungnahme und begründete dies wie folgt:

"Von der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wurden die beiliegenden ärztlichen Gutachten aus dem Jahr 1995 vorgelegt, die dem Sozialministeriumservice bei der Erstellung seiner Gutachten vom , sowie Ihrer Stellungnahme vom offensichtlich noch nicht vorlagen.

Nach Ansicht der Rechtsvertreterin sei aus diesen Gutachten aus dem Jahr 1995 ableitbar, dass der Beschwerdeführer aufgrund der darin getroffenen Feststellungen bereits zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig gewesen sei. Daran ändere auch die während der Haft abgeschlossene Tischlerlehre nichts.

Tatsächlich wird im Gutachten vom eine höhergradige psychische Abnormität und im Gutachten vom eine schwere Störung im Umgang mit anderen Menschen festgestellt, die gegen die Möglichkeit der Aufnahme einer geregelten Erwerbstätigkeit sprechen könnten."

Diesem Ergänzungsersuchen waren Ablichtungen der Gutachten Dr. ***12*** vom und Dr. ***13*** vom angeschlossen.

Das Sozialministeriumservice teilte dazu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom , beim Bundesfinanzgericht eingelangt per Telefax am , mit:

"Aus dem Gutachten Dr. ***12*** und Dr. ***13*** geht hervor, dass eine höhergradige psychische Abnormität und laut IQ-Test ein IQ von deutlich unter dem Durchschnitt besteht. Beide Gutachten treffen keine Aussagen über die Arbeitsfähigkeit des Klienten. Es kann daher auch seitens des SozMinService keine Änderung der Aussage über den Eintritt der Erwerbsfähigkeit vor dem 18./21. Lebensjahr getroffen werden."

Mit Beschluss vom wurde dem Finanzamt aufgetragen, ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) zur Frage einzuholen, ob die im Gutachten vom festgestellte voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor dem eingetreten ist. Begründet wurde dies im Wesentlichen wie folgt:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben auch die Gutachten der Ärzte des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen den an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Sie dürfen sich daher insbesondere nicht in bloßen Behauptungen erschöpfen (z.B. ; ).

Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhalts durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen (vgl. für viele ).

Hat das Gutachten des Sozialministeriumsservice die Frage zu beantworten, ob eine Person wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, muss das Gutachten daher erstens feststellen, ob die Person auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und zweitens, ob die für diese Erwerbsunfähigkeit kausale körperliche oder geistige Behinderung vor den im Gesetz genannten Zeitpunkten eingetreten ist. Diese Feststellung darf sich aber nicht in einer bloßen Behauptung erschöpfen, sondern muss sich mit den vorliegenden Beweismitteln so auseinandersetzen, dass dies für den Antragsteller, die belangte Behörde und das Gericht auch nachvollziehbar ist. Insbesondere muss eine gutachterliche Auseinandersetzung mit den aktenkundigen Befunden aus medizinischer Sicht erfolgen und ist vom Sozialministeriumsservice in einer Zusammenschau aller Beweismittel zu begründen, warum eine vom Sozialministeriumsservice diagnostizierte, einer selbständigen Unterhaltsverschaffung entgegenstehende Behinderung vor oder nach dem im Gesetz genannten Zeitpunkt eingetreten ist (vgl. ).

Die vom Sozialministeriumservice im gegenständlichen Verfahren bisher abgegeben ärztlichen Gutachten entsprechen diesen Anforderungen nicht. Die in der letzten Stellungnahme vom getroffene Feststellung, dass die Gutachten des Dr. ***12*** vom und Dr. ***13*** vom keine Aussagen über die "Arbeitsfähigkeit" des Beschwerdeführers treffen, ist zwar zutreffend und dem Bundesfinanzgericht auch durchaus bekannt; wären in den genannten Gutachten derartige Aussagen enthalten, hätte sich die Einholung einer diesbezüglichen Gutachtensergänzung durch das Sozialministeriumservice ohnehin erübrigt. Da dies aber gerade nicht der Fall ist, wurde um eine gutachterliche Auseinandersetzung mit diesen aktenkundigen Gutachten aus medizinischer Sicht im oben aufgezeigten Sinn ersucht. Da bisher weder eine solche gutachterliche Auseinandersetzung noch eine diesbezügliche, auf fachspezifisches Wissen gestützte Begründung erfolgten, ist die neuerliche Anforderung eines Gutachtens erforderlich."

Am wurde der Beschwerdeführer in der Landesstelle des Sozialministeriumservice untersucht. Im ärztlichen Sachverständigengutachten vom wurde die vorliegende voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers (neuerlich) bestätigt. Zur verfahrensgegenständliche entscheidenden Frage, wann diese eingetreten ist, wurde aber lediglich ausgeführt, es lägen "keinerlei Nachweise für die Arbeitstätigkeiten aus dem Zeitraum ab Schulabgang bis 1995, also bis zum Alter von 27 Jahren [richtig: 17 Jahren], vor, daher ist eine Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, für diesen Zeitraum nicht korrekt beurteilbar, da ja durchaus auch Menschen mit leichter Intelligenzminderung zu einer Hilfsarbeitertätigkeit als eigenständige Unterhaltsbeschaffung fähig sein können."

Nachdem das Finanzamt das Bundesfinanzgericht am über dieses neue Gutachten informiert hatte, wobei dem Finanzamt systembedingt nur die Metadaten übermittelt worden waren, wurde das volle Gutachten durch das Bundesfinanzgericht vom Sozialministeriumservice angefordert und anschließend der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers mit dem Ersuchen um Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.

In weiterer Folge wurde nach gewährter Fristerstreckung von der Vertreterin des Beschwerdeführers mit Eingabe vom ein umfangreiches (38-seitiges) klinisch-psychologisches und berufskundlich-arbeitspsychologisches Gutachten des Univ.-Prof. Dr. ***14*** ***15***, gerichtlich beeideter Sachverständiger für Klinische Psychologie, Berufskunde und Arbeitspsychologie, vom vorgelegt, in dem dieser mit ausführlicher Begründung zum Ergebnis gelangte, dass der Beschwerdeführer bereits vor Vollendung seines 21. Lebensjahres weder schulbar noch arbeitsfähig gewesen sei. Auch eine Beschäftigung am Regelarbeitsmarkt, beispielsweise als Hilfsarbeiter im Baugewerbe, Reinigungsgewerbe, in der industriellen Fertigung etc., sei aufgrund der gravierenden Persönlichkeitsdefizite nicht möglich gewesen.

Daraufhin trug das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt unter Anschluss dieses Gutachtens mit Beschluss vom auf, (nochmals) eine Ergänzung der bereits vorliegenden Gutachten des Sozialministeriumservice zur Frage einzuholen, ob die auch vom Sozialministeriumservice festgestellte voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers vor Vollendung seines 21. Lebensjahres bzw. vor dem eingetreten ist.

Im ärztlichen Sachverständigengutachtenvom , das dem Bundesfinanzgericht erst im Mai 2020 zur Kenntnis gelangte, schloss sich das Sozialministeriumservice der Ansicht des Univ. Prof. Dr. ***15*** an, und bestätigte, dass eine dauernde Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers bereits vor Vollendung seines 21. Lebensjahres eingetreten ist.

Im Zuge einer informellen Erörterung der Sach- und Rechtslage mit beiden Verfahrensparteien wurde der Verfahrensstand vom Bundesfinanzgericht am wie folgt zusammengefasst:

1) Zunächst ist im gegenständlichen Fall auf die nicht mehr ganz einfache Verfahrenslage Bedacht zu nehmen. Der beschwerdegegenständliche Antrag vom wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum 9/1995 bis 12/2010 wegen Verjährung zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs - soweit aus den vorgelegten Aktenteilen und den Eintragungen in der Beihilfendatenbank ersichtlich - in Rechtskraft. Für den Zeitraum ab 12/2015 wurde der Antrag mit Bescheid vom abgewiesen. Dieser Bescheid ist Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Insofern der Antrag vom den Zeitraum 1/2011 bis 11/2015 betrifft, wurde über diesen Antrag - soweit ersichtlich - erstinstanzlich noch nicht entschieden (in der Beihilfendatenbank ist außer dem Abweisungsbescheid vom kein weiterer Abweisungsbescheid angemerkt) bzw. ist diesbezüglich jedenfalls noch keine Vorlage einer weiteren Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erfolgt. Ferner wurde mit Schriftsatz vom ein weiterer Antrag - und zwar auf rückwirkende Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab 7/2011 - gestellt, über den das Finanzamt (laut Anmerkungen in der Beihilfendatenbank) auch noch nicht entschieden haben dürfte; auch hier ist jedenfalls noch keine Vorlage an das BFG erfolgt.

Betreffend den Zeitraum 1/2011 bis 11/2015 ist daher das Verfahren noch in der Zuständigkeit des Finanzamtes, über den Zeitraum ab 12/2015 wird das BFG mit Erkenntnis zu RV/5101756/2017 entscheiden. Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen erstrecken sich auf den gesamten Antragszeitraum ab 1/2011; soweit Zeiträume betroffen sind, über die noch vom Finanzamt abzusprechen ist, sind sie selbstverständlich völlig unpräjudiziell.

2) Zeitraum Jänner 2011 bis

In diesem Zeitraum befand sich der Beschwerdeführer noch in Haft (Entlassung: ). Ein Anspruch auf Familienbeihilfe ist ausgeschlossen, wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt des Kindes sorgt. Bei Strafhaft eines Kindes besteht daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe ( 2011/16/0173).

Im Erkenntnis Ro 2017/16/0004, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass von einer solchen überwiegenden Unterhaltsleistung durch die öffentliche Hand nicht ausgegangen werden kann, wenn im Zuge eines Maßnahmenvollzuges nach § 21 Abs. 1 StGB aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des § 324 Abs. 3 und 4 ASVG 80 % der Pension des Inhaftierten einbehalten werden und dieser Betrag dem Bund oder unmittelbar der Anstalt, in dem der Inhaftierte untergebracht ist, ausbezahlt werden.

Davon zu unterscheiden aber ist der Beitrag des Beschwerdeführers zu den Kosten des Strafvollzuges gemäß § 32 Abs. 2 StVG in Höhe von 75 % der jeweiligen Arbeitsvergütung, die ihm von der Anstalt, in der er untergebracht wurde, für die dort erbrachten Arbeitsleistungen bezahlt wurde. In diesen Fällen fließt keine Geldleistung an den Bund oder unmittelbar an die Anstalt, sondern die Anstalt selbst erbringt eine Geldleistung (Arbeitsvergütung) an den Inhaftierten, von welcher der Kostenbeitrag durch Abzug einbehalten wird (§ 32 Abs. 3 StVG). Dieser von der unterbringenden Anstalt einbehaltene Beitrag ändert somit nichts daran, dass der Bund für den Unterhalt des Beschwerdeführers während seiner Unterbringung im Maßnahmenvollzug gesorgt hat. Schließlich hat der Gesetzgeber nunmehr in § 6 Abs. 6 FLAG klargestellt: "§ 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969 , sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes , BGBl. Nr. 144/1969 , auf sie Anwendung finden." Gemäß § 1 Z 4 StVG ist Untergebrachter jede Person, an der eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme vollzogen wird.

Für den Zeitraum 1/2011 bis besteht daher mE kein Beihilfenanspruch des Beschwerdeführers.

3) Zeitraum bis

Nach seiner Entlassung aus der Haft war der Beschwerdeführer noch bis mit ***4*** verheiratet. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. b FLAG schließt ein Unterhaltsanspruch gegen den Ehegatten den Beihilfenanspruch aus. Ob die frühere Ehefrau des Beschwerdeführers tatsächlich Unterhalt geleistet hat, ist dabei unbeachtlich. Dass die Unterhaltspflicht des (früheren) Ehegatten einen Umfang erreichen müsse, der dazu führe, dass damit der überwiegende Unterhalt des Unterhaltsberechtigten abgedeckt würde, wird vom Wortlaut des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG nicht gefordert ( Ro 2014/16/0077).

Im Beihilfenverfahren ist nicht die exakte ziffernmäßige Höhe des Unterhaltsanspruches des Beschwerdeführers gegen seine damalige Ehefrau zu ermitteln, sondern zu klären, ob die Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten eine Höhe erreicht hatten, die unter Anwendung der von der zivilgerichtlichen Rechtsprechung erarbeiteten Prozentsätze zu einem Anspruch des Unterhaltsberechtigten führen. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten über jene hinausgehen, die zur Befriedigung der eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse hinausgehen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 6 Tz 11 ff; zu den Prozentsätzen wird auf die einschlägigen und unten zitierten Kommentare zum ABGB verwiesen).

In der Beschwerde vom und der Stellungnahme vom wurde das Bestehen einer Unterhaltspflicht der ***4*** gegenüber dem Beschwerdeführer im Wesentlichen damit verneint, dass diese behindert sei, für einen Sohn sorgepflichtig wäre und beträchtliche Kreditverbindlichkeiten bestünden. Die eigenen Einkünfte der ***4*** reichten daher nur zur Befriedigung ihrer eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse.

Auf krankheitsbedingten Mehrbedarf ist bei der gesetzlichen Unterhaltsbemessung zwar angemessen Bedacht zu nehmen, die Mehrkosten müssen aber konkret nachgewiesen, ärztlich als notwendig bestätigt werden und den allgemeinen Lebensbedarf übersteigende Aufwendungen zur Heilung oder Besserung der Krankheit und der Linderung von Schmerzen und Krankheitsfolgen darstellen (Smutny in Kletecka/Schauer, ABGB -ON, § 94 Tz 24 mit Judikaturnachweisen). Ein solcher Nachweis wurde nicht erbracht.

Der Unterhaltsanspruch eines konkurrierenden Kindes ist mit 4 % zu berücksichtigen und keinesfalls als Geldbetrag vom Einkommen vorabzuziehen (Stabentheiner in Rummel, ABGB , § 94 Tz 7 mit Judikaturnachweisen).

Zu den in der Stellungnahme vom erwähnten Kreditverbindlichkeiten der ***4*** von (damals) rund 155.000,00 € muss auf die restriktive Judikaturpraxis verwiesen werden. Zwar kann die Bemessungsgrundlage für den Unterhaltsanspruch durch Rückzahlungsraten für Kredite gemindert werden, wenn diese für bestimmte Zwecke aufgenommen wurden, beispielsweise für die Anschaffung oder Einrichtung der Ehewohnung oder zur Bestreitung von Auslagen, die auch dem Unterhaltsberechtigten zugutegekommen sind (Stabentheiner, aaO, § 94 Tz 9 mit Judikaturnachweisen). Dass die gegenständliche Kreditaufnahme zu solchen Zwecken erfolgt wäre, wurde aber nicht dargetan.

Angesichts dessen muss für den Zeitraum bis nach derzeitiger Sachlage mE vom Bestehen eines Unterhaltsanspruches des Beschwerdeführers gegenüber seiner ehemaligen Ehefrau ausgegangen werden, der in diesem Zeitraum gemäß § 6 Abs. 1 lit. b FLAG einen Beihilfenanspruch ausschließt.

4) Zeitraum ab

Im Zuge der Scheidung wurde im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung festgehalten, dass die Antragsteller wechselseitig auf Unterhalt verzichtet haben. Da ab dem Zeitpunkt der Scheidung somit § 6 Abs. 1 lit. b FLAG nicht mehr zur Anwendung gelangt, steht dem Beschwerdeführer ab Oktober 2016 ein Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe zu (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 6 Tz 9). Aufgrund der festgestellten dauernden Erwerbsunfähigkeit scheidet ein Überschreiten der Grenzen des § 6 Abs. 3 FLAG schon praktisch aus; es sind aber auch im Abgabeninformationssystem und in den Daten des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherung keinerlei Erwerbstätigkeiten des Beschwerdeführers ab Oktober 2016 gespeichert.

Nach derzeitigem Verfahrensstand wäre damit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde dahingehend stattzugeben, dass die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Abweisung auf den Zeitraum 12/2015 bis 9/2016 eingeschränkt wird. Ab 10/2016 wäre erhöhte Familienbeihilfe an den Beschwerdeführer auszuzahlen.

Beide Verfahrensparteien schlossen sich der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes an. Das Finanzamt erklärte sein Einverständnis noch im Mai 2020, die Vertreterin des Beschwerdeführers wies in ihrer Stellungnahme vom darauf hin, dass der Antragsteller im Hinblick auf die Verfahrensdauer und die damit notwendig gewordenen umfassenden Untersuchungen nunmehr damit einverstanden sei, dass die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab dem Zeitpunkt Oktober 2016 erfolgt. Es seien somit keine Einkommensnachweise zum Unterhaltsanspruch gegenüber der vorherigen Ehegattin ***4*** erforderlich. Der Beschwerdeführer habe auch keinen Kontakt mehr zu dieser, weshalb ihm auch keine Unterlagen zu ihrer Einkommenssituation zur Verfügung stünden.

Mit Eingabe vom wurde der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Zu klären war im vorliegenden Fall in sachverhaltsmäßiger Hinsicht die Frage, ob die festgestellte voraussichtlich dauernde Unfähigkeit des Beschwerdeführers, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung seines 21. Lebensjahres eingetreten ist.

Diese Frage konnte in einem weit über das übliche Ausmaß hinausgehenden Ermittlungsverfahren erst beantwortet werden, nachdem von der beschwerdeführenden Partei das umfangreiche Gutachten des Univ.-Prof. Dr. ***14*** ***15*** beigeschafft worden war. Das Sozialministeriumservice war zuvor trotz wiederholter Aufforderungen des Bundesfinanzgerichtes nicht in der Lage, zur verfahrensgegenständlichen Frage fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen, und getroffene Beurteilungen auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit fachspezifischem Wissen zu stützen. Erst nachdem das Gutachten des Dr. ***15*** vorlag, stellte das Sozialministeriumservice diesem folgend den Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres fest.

Hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes ab Dezember 2015 war noch zu klären, ob ein Unterhaltsanspruch des Beschwerdeführers gegen ***4*** bestand, mit der er bis verheiratet war. Im Zuge eines diesbezüglich vom Finanzamt durchgeführten Ermittlungsverfahren war festgestellt worden, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers in Deutschland als öffentlich Bedienstete ein monatliches Nettoeinkommen inklusive Kindergeld von rund 2.000,00 € (Entgeltnachweis für Jänner 2016) bezogen hat. Im Beschwerdeverfahren war geltend gemacht worden, dass aus den oben zitierten Gründen der Ehegattin des Beschwerdeführers von diesem Einkommen tatsächlich nur ein Rest verblieben sei, der zur Befriedigung ihrer eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse notwendig gewesen wäre. Dazu wurde vom Bundesfinanzgericht im Schreiben vom , Punkt 3, eingehend die Rechtslage dargestellt. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers trat in der Stellungnahme vom der Auffassung des Bundesfinanzgerichtes, dass bis zur Scheidung ein Unterhaltsanspruch des Beschwerdeführers gegen seine Ehegattin bestanden habe, nicht mehr entgegen. In der Scheidungsfolgenvereinbarung vom haben die Antragsteller wechselseitig auf Unterhalt verzichtet.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Rechtslage

Gemäß § 6 Abs. 1 FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG und § 6 Abs. 5 FLAG lauteten in der Fassung vor der mit in Kraft getretenen Änderung durch BGBl I Nr. 77/2018:

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie …

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden, …

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

§ 6 Abs. 2 lit. d, Abs. 5 und Abs. 6 FLAG 1967 lauten in der Fassung der mit in Kraft getretenen Änderung durch BGBl I Nr. 77/2018:

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie …

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969 , sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes , BGBl. Nr. 144/1969 , auf sie Anwendung finden, …

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes , BGBl. Nr. 144/1969 , sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes , BGBl. Nr. 144/1969 , auf sie Anwendung finden.

§ 8 Abs. 5, 6 und 7 FLAG 1967 bestimmen:

(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970 , in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung ) vom , BGBl. II Nr. 261/2010 , in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

(7) Die Abs. 4 bis 6 gelten sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

Erwägungen

1. Inhalt des verfahrensgegenständlichen Antrages und Sache des Erstbescheides

Der Beschwerdeführer beantragte mit dem am beim Finanzamt eingelangten Formblatt Beih 1 die Zuerkennung der Familienbeihilfe ab . Die Gewährung des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung wurde nicht ausdrücklich beantragt (dafür stünde das Formblatt Beih 3 zur Verfügung).

Für die Beurteilung von Anbringen (Anträgen) kommt es unter anderem darauf an, wie die Parteierklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeiten nimmt (Ritz, BAO , § 85 Tz 1 mit Judikaturnachweisen).

Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Antragstellung bereits 37 Jahre alt. In Betracht kam daher ausschließlich ein Eigenantrag im Sinne des § 6 Abs. 5 iVm § 6 Abs. 2 lit. d FLAG. Ein solcher Eigenanspruch setzt voraus, dass der Antragsteller wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. In diesem Fall steht auch der Erhöhungsbetrag gemäß § 8 Abs. 4 FLAG zu. Besteht also keine vor den genannten Zeitpunkten eingetreten Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, stehen weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht dagegen eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, stehen sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Tz 19).

Angesichts dieser untrennbaren Verknüpfung von Grund- und Erhöhungsbetrag in den Fällen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG ist der Antrag vom dahingehend zu verstehen, dass sowohl die Gewährung des Grund- als auch des Erhöhungsbetrages begehrt wurde. Die Sache des angefochtenen Bescheides ist insoweit durch den Antrag bestimmt. Insofern war der Spruch des angefochtenen Bescheides in der gegenständlichen Entscheidung entsprechend zu präzisieren.

Das Finanzamt wies den Antrag vom mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom für den Zeitraum ab Dezember 2015 ab.

Erst mit weiterem Bescheid vom wurde der Antrag vom - aus der Begründung erkennbar - für den Zeitraum 9/1995 bis 12/2010 wegen eingetretener Verjährung zurückgewiesen.

Über den Antrag vom wurde somit hinsichtlich des Zeitraumes 01/2011 bis 11/2015 bisher erstinstanzlich nicht abgesprochen. Ein erstmaliger Abspruch über diesen Zeitraum ist weder im Zuge eines Erkenntnisses durch das Bundesfinanzgericht zulässig, da damit das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt würde, noch im Zuge einer Beschwerdevorentscheidung, die durch ein nachfolgend ergehendes Erkenntnis ohnehin aus dem Rechtsbestand ausscheidet (die Begründung der verfahrensgegenständlichen Beschwerdevorentscheidung deutet fälschlicherweise in diese Richtung).

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht (außer in den Fällen des § 278) immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabebehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem für Berufungsentscheidungen in Geltung gestandenen § 289 Abs. 2 BAO. Die Änderungsbefugnis ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (Ritz, BAO , § 279 Tz 10 mit Hinweis auf ; und ). Im Spruch des angefochtenen Bescheides hat das Finanzamt ausdrücklich nur über den Zeitraum ab Dezember 2015 abgesprochen; damit ist aber auch die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes im gegenständlichen Verfahren auf diesen Zeitraum beschränkt (vgl. ).

2) Entscheidung in der Sache

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG liegen im gegenständlichen Fall vor, sodass dem Beschwerdeführer ein Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe zusteht.

Zu klären war, ab welchem Zeitpunkt dem Beschwerdeführer dieser Anspruch zusteht, insbesondere ob während aufrechter Ehe und nach der Scheidung der Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG zum Tragen kommt.

Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Punkte 3 und 4 der oben zitierten Darstellung der Sach- und Rechtslage vom verwiesen, der sich beide Verfahrensparteien angeschlossen haben.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Da ab dem Zeitpunkt der Scheidung aufgrund der Scheidungsfolgenvereinbarung vom der Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG weggefallen ist, steht dem Beschwerdeführer ab Oktober 2016 der Eigenanspruch auf erhöhte Familienbeihilfe zu.

Informativ wird noch darauf hingewiesen, dass bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen das Wohnsitzfinanzamt gemäß § 12 Abs. 1 FLAG eine Mitteilung auszustellen hat, dass ein Anspruch auf Bezug der (erhöhten) Familienbeihilfe besteht. Dieser Mitteilung kommt jedoch kein Bescheidcharakter zu (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG, § 12 Rz 5); eine bescheidmäßige Zuerkennung der Familienbeihilfe ist somit nicht vorgesehen, weshalb eine solche auch im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung nicht in Betracht kommt. Nur insoweit einem Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe nicht oder nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, ist ein Bescheid zu erlassen (§ 13 zweiter Satz FLAG). Aus diesem Grund kann sich insofern auch der Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses in zeitlicher Hinsicht nur auf jene Monate beziehen, in denen kein Beihilfenanspruch besteht und dem Antrag daher nicht stattgegeben wird. Der Umstand, dass sich die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes damit auf eine teilweise Aufhebung des Abweisungsbescheides beschränkt und im Spruch des Erkenntnisses keine explizite Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Oktober 2016 ausgesprochen werden kann, bedeutet aber keine Einschränkung der Rechtschutzinteressen des Beschwerdeführers. Wenn das Bundesfinanzgericht einer Beschwerde (teilweise) stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden gemäß § 25 Abs. 1 BFGG verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Das Finanzamt hat daher nach (teilweiser) Aufhebung eines Abweisungsbescheides gemäß § 13 FLAG die (erhöhte) Familienbeihilfe auszuzahlen (Wanke/Unger, BFGG , § 25 Anm 4; vgl. auch § 282 BAO, der die Abgabenbehörde verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen; vgl. auch ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Fall die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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