Beschwerde gegen das Verfügungsverbot
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter X. in der Beschwerdesache Bf. Graz über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Verfügungsverbot über gepfändete Forderungen zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Im angefochtenen Bescheid wurden durch Zustellung der angeschlossenen Pfändungsbescheide an den/die jeweiligen Drittschuldner die genannten Forderungen abgabenbehördlich gepfändet. Gemäß § 65 Abs. 1 Abgabenexekutionsordnung wurde dem Schuldner jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie die Einziehung der Forderungen untersagt. Dieses Verfügungsverbot erstreckt sich auch auf Pfänder, die etwa für diese Forderungen bestellt wurden. Weiters wurde festgehalten, dass gegen das ausgesprochene Verfügungsverbot gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 Abgabenexekutionsordnung kein Rechtsmittel zulässig sei. Der in der Rechtsmittelbelehrung genannte Rechtsmittelausschluss bezieht sich lediglich auf das mit diesem Bescheid ausgesprochene Verfügungsverbot. Als Abgabenschuldner stehe ihm das Recht zu, gegen die gleichzeitig an den jeweiligen Drittschuldner (die jeweilige Drittschuldnerin) ergangenen Pfändungsbescheide Beschwerde einzulegen. Bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen werde gemäß § 65 Abs. 1 (letzter Satz) Abgabenexekutionsordnung aufgetragen bzw. empfohlen, dem jeweiligen Drittschuldner (der jeweiligen Drittschuldnerin) unverzüglich allfällige Unterhaltspflichten sowie das Einkommen unterhaltsberechtigter Personen bekanntzugeben, damit der jeweilige Drittschuldner (die jeweilige Drittschuldnerin) diesbezüglich pfändungsfreie Beträge auch entsprechend berücksichtigen könne.
In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer (Bf.) Folgendes aus:
"Der Bescheid wurde ohne Rückschein an mich gesandt und hat mich nur durch Zufall erreicht, da bekannt ist, dass es Probleme mit der Postzustellung an meine Adresse gibt, ist ein Rückscheinverfahren der Zustellung notwendig!
Das Konto bei der Bank AG, ist mein Konto auf das meine Pension eingeht und welches praktisch total gepfändet ist ohne zu beachten, dass damit auch meine Mindestsicherung betroffen ist! Daher bitte ich um Freigabe der unpfändbaren Mindestsicherungsbeträge, auch für die Monate September und Oktober 2019, die wegen Krankheit nicht behoben werden konnten.
Hinweisen möchte ich darauf, dass das Geldinstitut keinerlei Auskunft über die Situation gibt und mich an das Finanzamt verwiesen hat, um Fragen zu beantworten oder Angaben zu machen, daher geht Ihre Aufforderung bezüglich § 65 Abs. 1 letzter Satz ins Leere!
Im Übrigen reagieren und argumentieren alle mit dieser Sache befassten Kreditinstitute gleich. Es gibt keine Auskunft (ausgenommen die Höhe des gepfändeten Betrages), Unterlagen, Schriftstücke oder dergleichen, um zu erfahren unter welchen Voraussetzungen weiter vorgegangen werden kann, sondern nur den Verweis, an das Finanzamt um das Problem dort direkt zu regeln!
Da das gesamte Verfahren bezüglich Abgabenrückstand und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch offen ist und noch kein abschließendes Ergebnis vorliegt, somit auch die eventuelle Höhe eines allfälligen Rückstandes nicht benannt werden kann, sehe ich auch keine Grundlage sämtliche Konten durch das Finanzamt zu pfänden! Hinweisen möchte ich darauf, dass es sich primär um Gelder meiner Mieter handelt welche somit ihre Wohnrechte nicht mehr uneingeschränkt wahrnehmen können, da die Betriebskosten und andere Ausgaben für die Liegenschaften inkl. Heizung nicht mehr bezahlt werden können!
Da ich in keinem Rechtsverfahren bzw. Finanzstrafverfahren als Beschuldigter angeklagt bzw. geführt bin, ist die Vorgehensweise des Finanzamtes Graz-Stadt, nach meiner Meinung, zumindest grob fahrlässig, rechtswidrig und greift auch in die Rechte der Mieter ein!
2. Da in den Schreiben der Pfändung an die Geldinstitute, meine gepfändeten Kontostände ziemlich genau den aktuellen Kontoständen entsprechen, muss davon ausgegangen werden, dass meine Konten vom Finanzamt um die Höhe des am jeweiligen Konto verfügbaren Geldes festzustellen, zumal die Höhe der Pfändungen, laut der Kreditinstituten, bis auf den Cent genau, definiert und angegeben sind! Anders sind die Angaben des Finanzamtes nicht zu erklären, es wurde nicht der Kontostand insgesamt gepfändet, sondern eine bestimmte Summe in Bezug zum Kontostand! Da die Pfändung, in welcher Höhe auch immer, verfügt wurde, ist eine Angabe der Schuldhöhe gegenüber Dritten in keinem Fall für die Begleichung einer eventuellen Schuld relevant und verursacht nur Schaden für den eventuell Verpflichteten in welcher Hinsicht auch immer! Ob diese Weitergabe, der nur geschätzten offenen Beträge, mit dem Dateischutzgesetz übereinstimmt, ist eine eventuelle weitere Frage!
Des Weiteren ist die Angabe eines angeblichen Schuldbetrages, der nur geschätzt ist und auch auf Grund offener Rechtsmittel, sowie eines nicht abgeschlossenen Verfahrens, gar nicht konkret benennbar ist, ein grob fahrlässiges Verhalten, das massiv in meine Privatsphäre eingreift. Durch dieses Vorgehen, dass gegen das Datenschutzgesetz verstößt, erleide ich eine nicht unerhebliche Ruf- und Kreditschädigung.
Auszug aus der Seite des Bundesministeriums Finanzen
Wann darf man Konteneinschau nehmen?
Die Öffnung von Konten im Zuge von gerichtlichen Strafverfahren aber auch Finanzstrafverfahren ist aber wie bisher nur mit einer richterlichen Genehmigung möglich.
Eine Konteneinschau nach § 8 KontRegG kann auch in einem abgabenrechtlichen Ermittlungsverfahren durchgeführt werden, wenn
• begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen.
• zu erwarten ist, dass die Auskunft geeignet ist, die Zweifel aufzuklären und
• zu erwarten ist, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht.
Bevor das Bundesfinanzgericht einen Beschluss zur Konteneinschau fasst, ist der Abgabepflichtige anzuhören und seine Stellungnahme zu würdigen. Andere Behörden und Privatpersonen bekommen weder Auskunft aus dem Kontenregister noch Konteneinschau. Insofern besteht das Bankgeheimnis weiterhin. Jede Abfrage wird darüber hinaus dokumentiert und zehn Jahre aufgehoben.
https://www.bmf.gv.at/betrugsbekaempfung ....
Mir wurde keinerlei Mitteilung gemacht, die den Rechtsgrundlagen des Ministeriums entsprochen hätte, sondern es wurde mir einfach ein Beschluss jenseits dieser Vorgaben zukommen gelassen. Ich bin mit dieser Vorgangsweise in keinem Fall einverstanden und werde bei Bedarf rechtliche Schritte in Erwägung ziehen. Dies auch gegen die Kreditinstitute. Mit der höflichen Bitte um Aufhebung des erfügungsverbotes und um eine Mitteilung."
Mit Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid (Verfügungsverbot) wurde die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. In ihrer Begründung führt die belangte Behörde aus, dem Verfügungsverbot komme keine pfandrechtsbegründende (konstitutive), sondern nur eine deklarative Wirkung zu (). Gegen das Verfügungsverbot sei gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel unzulässig.
Gegen diese Entscheidung wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt. In seiner Begründung führte der Bf. Folgendes aus:
"Festhalten möchte ich, dass ich, abgesehen von den Bescheiden des Verfügungsverbotes mit keinerlei Verständigung (Bescheid) als pfandrechtsbegründendes (konstitutive) Urteil, Entscheidung oder welchen Titel auch immer, informiert wurde!
Bisher wurde vom Finanzamt mit keinerlei Antwort auf meine Beschwerden bzw. Schreiben eingegangen, sondern wurden diese einfach nicht zu Kenntnis genommen bzw. ignoriert!
Verweisen möchte ich auf mein Schreiben vom , in dem auf die Unpfändbarkeit meiner Mindestsicherung hingewiesen wurde! Auch die anderen Argumente blieben unbeachtet, wie zum Beispiel bereits getätigte Zahlungen oder Sicherstellung in einem Grundbuch. Die Auskunftsverweigerung des Finanzamtes kann ich nicht akzeptieren! Das Finanzamt bleibt einfach bei seinem Standpunkt und einer Summe, unabhängig aller Informationen und Argumente! In weiterer Folge bitte ich nunmehr, sicherheitshalber, umgehend um Kopien der Gerichtsbeschlüsse, die es den Geldinstituten ermöglichten, meine Konten zu öffnen, um dem Finanzamt meine Kontostände mitzuteilen um meine Konten in bestimmter Höhe zu pfänden!
Offensichtlich haben die Geldinstitute, wie sie selber behaupten, ohne Gerichtsbeschluss, unter Auftrag des Finanzamtes die Konten geöffnet. Bitte um Kenntnisnahme! Bis bin ich ortsabwesend und kann keine Post, auch Einschreiben, empfangen bzw. beheben!"
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendungen kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltsverpflichtungen und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekannt zu geben.
Gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ist ein Rechtsmittel unstatthaft gegen Bescheide, welche
1. dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellte Pfand untersagen (§ 65 Abs. 1 und 5).
Wie sich aus § 65 AbgEO ergibt, ist mit der erfolgten Pfändung das Verfügungsverbot an den Abgabenschuldner zu verbinden. § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO bestimmt, dass gegen dieses Verfügungsverbot ein Rechtsmittel unstatthaft, somit nicht zulässig ist.
Soweit der Bf. die Richtigkeit der Abgabenvorschreibung bestritten hat, ist auf die Bestimmung des § 12 Abs. 1 AbgEO zu verweisen. Demnach können gegen den Abgabenzahlungsanspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Exekutionstitels (Abgabenbescheid) eingetreten sind. Einwendungen, die sich gegen den Abgabenanspruch oder gegen die Höhe der Abgabe richten, sind im Bescheiderlassungsverfahren mit Beschwerde gegen die Abgabenbescheide und nicht gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO geltend zu machen. Im Vollstreckungsverfahren können keine Einwendungen gegen die Richtigkeit des Abgabenbescheides (mehr) erhoben werden (Liebeg, AbgEO, § 12 Tz. 3). Wiedereinsetzungsanträge haben keine aufschiebende oder hemmende Wirkung.
Die eher allgemein gehaltenen Hinweise auf ev. auf dem Konto erliegenden nicht behobenen Beträge aus der Mindestsicherung sowie Gelder von Mietern, die zur Zahlung von Betriebskosten bestimmt wären, reichen für allfällige Feststellungen nicht aus, um einen Eingriff in Pfändungsbeschränkungen zu erkennen. Der Bf. hat Pensionsbezüge und bezieht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der gegenständlichen Kontenpfändung geht ein von der belangten Behörde beim LGZ Graz gestellter Insolvenzantrag voraus, der in der Folge abgewiesen wurde, weil der Bf. bei seinem Rechtsvertreter einen Betrag von 55.000 € für die offene Steuerschuld hinterlegt habe. Daraufhin hat die belangte Behörde versucht, diesen Betrag exekutiv zu pfänden, was aber gescheitert ist, weil der Drittschuldner (Rechtsvertreter) mitgeteilt habe, das hinterlegte Geld vor Zustellung des Pfändungsbescheides dem Bf. vorher wieder rückausgefolgt und das Vertretungsverhältnis nunmehr beendet habe. Der Bf. ist daher nicht als zahlungsunfähig, sondern als zahlungsunwillig anzusehen. Den von ihm erhobenen Einwendungen kommt insgesamt keine Berechtigung zu. Auf die Bezugnahme auf das Kontenregistergesetz erübrigt sich, weil die Erhebungen der Finanzverwaltung zur Durchführung eines Abgabenverfahrens als berechtigt erscheinen. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 KontRegG sind Auskünfte aus dem Kontenregister im Wege elektronischer Einsicht zu erteilen, wenn es im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen ist sowie für abgabenrechtliche Zwecke den Abgabenbehörden des Bundes und dem Bundesfinanzgericht. Gemäß § 2 KontRegG enthält das Kontenregister lediglich allgemeine Daten und keine Konteninhaltsdaten wie Kontenbewegungen, Geschäftsverbindungen, etc. Solche können nur nach den Bestimmungen über die Konteneinschau bei Kreditinstituten von der Finanzverwaltung erfragt werden. Daher sind die Guthabenstände auf den Konten nicht bekannt und es werden regelmäßig auch Konten bei Kreditinstituten gepfändet, die über kein entsprechendes Guthaben verfügen. Die Pfändung einer nicht bestehenden Forderung (Bankguthaben) geht eben dann ins Leere und bleibt ohnedies wirkungslos (Liebeg, AbgEO, § 65, Tz. 8).Wie bereits oben ausgeführt ist die Erlassung eines Verfügungsverbotes durch das Gesetz gedeckt (§ 65 AbgEO) bzw. kann gegen dieses Verfügungsverbot auch kein Rechtsmittel mit Erfolg eingebracht werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 65 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 8 KontRegG, Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015 § 4 Abs. 1 Z 3 KontRegG, Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015 § 2 KontRegG, Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100082.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at